Ziel der Arbeit ist es, festzustellen, ob es einen erhöhten Handlungsbedarf im Sinne präventiver Maßnahmen zum Schutz vor übermäßigen Alkoholkonsum sowie dessen Folgen gibt. Dazu ist es notwendig, herauszuarbeiten, wie sich das Trinkverhalten in der deutschen Erwachsenen-Bevölkerung im Hinblick auf verschiedene Indikatoren gestaltet und welche Auswirkungen ein riskanter beziehungsweise schädigender Alkoholkonsum bei Betroffenen auf gesundheitlicher, sozialer sowie gesellschaftlicher und volkswirtschaftlicher Ebene hat. Des Weiteren wird dargelegt, welche gesundheitspolitischen Maßnahmen bereits unternommen werden, um der bestehenden Problemlage entgegenzuwirken, und welche Zielgruppen möglicherweise dabei mehr Beachtung finden sollten.
Obwohl nur die Hälfte der globalen Bevölkerung Alkohol trinkt, zählt der schädliche Konsum dieser berauschenden Substanz nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) zu den Hauptrisikofaktoren für die Entstehung von Krankheiten sowie vorzeitiger Sterblichkeit. So waren im Jahr 2016 zum Beispiel rund 3 Millionen Todesfälle weltweit, auf riskanten Alkoholkonsum zurückzuführen. Wenngleich die Alkohol-Trinkmengen hierzulande in den vergangenen Jahren deutlich zurückgegangen sind, gehört Deutschland im europäischen Vergleich dennoch zu den Ländern mit einem überdurchschnittlich hohen Konsum an reinem Alkohol. Am beliebtesten sind dabei Getränke, wie Bier mit einem Verzehr von 94,2l, gefolgt von 20l Wein sowie 5,4l Spirituosen und 3,4l Schaumwein. Während Abstinenzler häufig ihren Verzicht erklären müssen, findet das Trinken alkoholischer Getränke gesamtgesellschaftlich eine hohe Akzeptanz und wird als legitimer Bestandteil des sozialen Lebens unter Erwachsenen regelrecht zelebriert. Bier und Wein als deutsches Kulturgut dürfen auf keiner Feier fehlen. Dabei kann riskanter Alkoholkonsum aufgrund von Rauschzuständen oder auch starker Abhängigkeit schwerwiegende individuelle sowie gesellschaftliche Folgen haben.
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung
2 Alkohol und Alkoholabhängigkeit
3 Stand der Forschung
3.1 Empirische Daten zum Alkoholkonsum
3.2 Folgen des Alkoholkonsums
3.2.1 Alkoholbedingte Morbidität
3.2.2 Alkoholbedingte Mortalität
3.2.3 Soziale, gesellschaftliche und volkswirtschaftliche Auswirkungen
3.3 Theorien und Modelle
4 Präventionsmaßnahmen und Handlungsanweisungen
4.1 Das Nationale Gesundheitsziel
4.2 Handlungsempfehlungen
4.2.1 Verhältnisprävention
4.2.2 Verhaltensprävention
4.2.3 Besonders relevante Zielgruppen
5 Fazit und Ausblick
6 Literaturverzeichnis
1 Einleitung
Obwohl nur die Hälfte der globalen Bevölkerung Alkohol trinkt, zählt der schädliche Konsum dieser berauschenden Substanz nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) zu den Hauptrisikofaktoren für die Entstehung von Krankheiten sowie vorzeitiger Sterblichkeit (Anderson, M0ller & Galea, 2012, S. 1; WHO, 2018, S. 24). So waren im Jahr 2016 z. B. rund 3 Millionen Todesfälle weltweit, auf riskanten Alkoholkonsum zurückzuführen (WHO, 2018, S. 63).
Wenngleich die Alkohol-Trinkmengen hierzulande in den vergangenen Jahren deutlich zurückgegangen sind, gehört Deutschland im europäischen Vergleich dennoch zu den Ländern mit einem überdurchschnittlich hohen Konsum an reinem Alkohol (Lenge, Manz, Rommel, Schienkiewitz & Mensink, 2016, S. 2). Am beliebtesten sind dabei Getränke, wie Bier mit einem Verzehr von 94,2l, gefolgt von 20l Wein sowie 5,4l Spirituosen und 3,4l Schaumwein (Destatis, 2019).
Während Abstinenzler häufig ihren Verzicht erklären müssen, findet das Trinken alkoholischer Getränke gesamtgesellschaftlich eine hohe Akzeptanz und wird als legitimer Bestandteil des sozialen Lebens unter Erwachsenen regelrecht zelebriert. Bier und Wein als deutsches Kulturgut dürfen auf keiner Feier fehlen. Dabei kann riskanter Alkoholkonsum aufgrund von Rauschzuständen oder auch starker Abhängigkeit schwerwiegende individuelle sowie gesellschaftliche Folgen haben.
Ziel der Arbeit ist es festzustellen, ob es einen erhöhten Handlungsbedarf im Sinne präventiver Maßnahmen zum Schutz vor übermäßigen Alkoholkonsum sowie dessen Folgen gibt. Dazu ist es notwendig, herauszuarbeiten, wie sich das Trinkverhalten in der deutschen Er- wachsenen-Bevölkerung im Hinblick auf verschiedene Indikatoren gestaltet und welche Auswirkungen ein riskanter bzw. schädigender Alkoholkonsum bei Betroffenen auf gesundheitlicher, sozialer sowie gesellschaftlicher und volkswirtschaftlicher Ebene hat. Des Weiteren ist darzulegen, welche gesundheitspolitischen Maßnahmen bereits unternommen werden, um der bestehenden Problemlage entgegenzuwirken, und welche Zielgruppen möglicherweise dabei mehr Beachtung finden sollten.
Die in der vorliegenden Arbeit beschriebenen Daten und Fakten sind auf der Basis umfangreicher Literaturrecherche auf Datenbanken renommierter Aufklärungs- und Forschungsinstitute wie des Robert Koch-Institutes (RKI), des Statistischen Bundesamtes (Destatis), der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) sowie weiterer wissenschaftlicher Fachliteratur erfolgt.
Im anschließenden Kapitel werden zunächst die Begriffe riskanter und schädlicher Alkoholkonsum, Rauschtrinken sowie Alkoholabhängigkeit erklärt. Der darauffolgende Stand der Forschung soll auf der Basis epidemiologischer Daten einen Überblick über das Trinkverhalten der deutschen Erwachsenen-Bevölkerung vermitteln. Beachtet werden hier vor allem relevante Variablen, wie das Alter, das Geschlecht und der sozioökonomische Status. Die Folgen eines riskanten Alkoholkonsums auf individueller und gesellschaftlicher Ebene, auf gesundheitlicher, sozialer und wirtschaftlicher Ebene, welche ebenso im 3. Kapitel thematisiert werden, sollen die Wichtigkeit von Prävention auf diesem Gebiet unterstreichen. Theoretische Erklärungsversuche mit Hilfe wissenschaftlicher Theorien und Modelle geben zudem Aufschluss über die Entstehung einer Alkoholabhängigkeit und identifizieren mögliche Determinanten dafür. Die vorherigen Abschnitte dienen der Entwicklung von Handlungsanweisungen im Kapitel 4. Hier werden politische und gesundheitswissenschaftliche Handlungsfelder in der Verhältnis- und Verhaltensprävention erläutert sowie zwei bereits bestehende Best Practice Projekte beschrieben. In Hinblick auf Zielgruppenspezifische Prävention deuten die dargelegten Fakten auf zwei Gruppen hin, welche zum einen besonders gefährdet sind und zum anderen in der Alkoholprävention aus Sicht der Verfasserin nicht ausreichend beachtet werden. Insbesondere die Gruppe der Senioren wird im Rahmen der Entwicklung von Handlungsanweisungen näher beschrieben und es werden einige Lösungsansätze formuliert. Auch wird auf die Berufstätigen verwiesen, da es in der Arbeitswelt häufig zu schwerwiegenden Folgen riskanten Trinkens kommt. Die Arbeit schließt ab mit einem Ausblick und Fazit, in dem die vorliegenden Fakten kurz wiederholt und Hinweise auf nötige Forschungsfelder aufgezeigt werden, um die Thematik besser zu beleuchten.
2 Alkohol und Alkoholabhängigkeit
Reiner Alkohol (chemische Bezeichnung: Äthanol) ist ein Zellgift, welches sich schädigend auf alle Körperzellen sowie Organe auswirken kann (BZgA, 2019b; DGE, 2019).
Äthanol ist in zahlreichen Getränken enthalten und wird je nach Gewicht und Geschlecht des Konsumierenden sowie der zuvor aufgenommenen Nahrungsmenge, unterschiedlich schnell vom Körper verarbeitet. Alkohol ist eine psychoaktive Substanz, die insbesondere die Bereiche im Gehirn, welche die Emotionen und das Bewusstsein steuern beeinflusst (DHS, 2017b, S. 9).
Entsprechend der Konsummenge hat dies zunächst erwünschte (z. B. Entspannung) und bei gesteigerter Trinkmenge unangenehme bzw. bedrohliche Rauschzustände (z. B. Konzentra- tions-, Bewegungskoordinations- und Sprachstörungen oder aggressives Verhalten) bis hin zu schweren Alkoholintoxikationen zur Folge (Ladewig, 2002, S. 51; DHS, 2017b, S. 9). Da Alkohol ein Suchtmittel ist, besteht die Gefahr, bei riskantem Trinkverhalten u. a. in eine Abhängigkeit zu geraten. Allerdings lassen sich hierfür, aufgrund unterschiedlicher Verträglichkeiten keine allgemeingültigen Referenzwerte definieren (Seitz et al., 2013, S. 11). Die nachfolgenden Grenzwerte können dementsprechend nur der Orientierungshilfe dienen (DHS, 2017b, S. 15). Um die Begriffe riskanter Alkoholkonsum, schädlicher Alkoholkonsum, Rauschtrinken und Alkoholabhängigkeit voneinander abzugrenzen, werden diese anschließend erläutert.
Ein riskanter Alkoholkonsum richtet sich nach der jeweiligen Alkohol-Trinkmenge und liegt vor, wenn der Schwellenwert an getrunkenem reinem Alkohol/Tag von 12 g bei Frauen und 24 g bei Männern überschritten wird (Kreider & Rummel, 2018, S. 2). Dabei kommt es nicht nur auf die Trinkmengen, sondern auch auf die Trinkhäufigkeit an. Demnach korreliert ein regelmäßiger Verzehr oberhalb der angegebenen Referenzwerte deutlich mit einem erhöhten Morbiditäts- sowie Mortalitätsrisiko (Anderson et al., 2012, S. 5). Neben der Einhaltung der Grenzwerte wird empfohlen, zwei bis drei alkoholfreie Tage/Woche einzuhalten (Rummel & Kreider, 2018, S. 2).
Ein täglicher Alkoholkonsum von 40 g bei Frauen und 60 g bei Männern wird als schädlicher Alkoholkonsum bzw. Alkoholmissbrauch bezeichnet (Fachverband Sucht e. V., 2019).
Im weltweit gültigen Diagnosesystem ICD -10 ist Alkoholmissbrauch als Krankheit klassifiziert und wird gemessen an der Schädigung der psychischen sowie physischen Gesundheit des Betroffenen (Fachverband Sucht e. V., 2019). Dieses Krankheitsbild ist jedoch abzugrenzen von einer Alkoholsucht.
Auch beim Rauschtrinken (auch Binge-Drinking genannt) liegt eine deutliche Überschreitung der Referenzwerte vor (BZgA, 2019c). Wenn mindestens einmal im Monat eine Menge von 60 g reinem Alkohol und mehr konsumiert wird, bezeichnet man dies als Rauschtrinken (Lange, Manz & Kunz, 2017, S. 75). Dabei wird in kurzer Zeit möglichst viel Alkohol konsumiert mit dem Ziel betrunken zu werden (BZgA, 2019c). Das unkontrollierte Trinken kann zu einer akuten Intoxikation führen, welche u. a. gekennzeichnet ist durch Bewusstseins-, Wahrnehmungs-, Verhaltensstörungen sowie signifikanten kognitiven Beeinträchtigungen. Es kann je nach konsumierter Menge zu weiteren Komplikationen wie Krampfanfällen, Delir, Trauma, Aspiration von Erbrochenem und weiteren schweren gesundheitlichen Schäden führen (DIMDI - Deutsches Institut für Medizinische Dokumentation und Information, 2018).
Im ICD-10 Krankheitskatalog ist Alkoholsucht/Abhängigkeit (auch chronischer Alkoholis- mus) als Abhängigkeitssyndrom definiert. Aus riskantem Alkoholkonsum kann sich allmählich eine Abhängigkeit entwickeln. Die DHS weist darauf hin, dass der Grat zwischen Genusskonsum und Alkoholsucht außerordentlich schmal ist. Begründet wird dies u. a. mit der gesellschaftlichen Akzeptanz bis hin zur Betrunkenheit (DHS, 2018b, S. 2). Eine Alkoholsucht zeigt Symptome auf kognitiver, physischer sowie psychischer Ebene, ausgelöst durch wiederholten Substanzgebrauch. Bezeichnend dafür sind beispielsweise die Entwicklung einer sogenannten Toleranz, die Gewöhnung des Körpers an Trinkmengen und die daraus folgende Steigerung des Konsums. Dies bedingt ein starkes Verlangen des Betroffenen erneut zu trinken. Alkoholiker haben Schwierigkeiten den Konsum zu kontrollieren und trinken trotz schädlicher Effekte weiter (DIMDI, 2018). Um die Diagnose eines Abhängigkeitssyndroms stellen zu können, müssen nach dem ICD-10- Katalog mindestens 3 der genannten Kriterien innerhalb der letzten 12 Monate aufgetreten sein (Lindenmeyer, 2016, S. 7).
In welcher Ausprägung Alkoholabhängigkeit, -missbrauch, riskanter Konsum in der Erwachsenenbevölkerung vorkommen, wird nachfolgend mit Hilfe epidemiologischer Daten dargelegt.
3 Stand der Forschung
Dieses Kapitel soll über die Erkenntnisse der Wissenschaft in der vorliegenden Problematik informieren und Hinweise auf die Notwendigkeit der Entwicklung von Handlungsanweisungen für Alkoholprävention geben.
3.1 Empirische Daten zum Alkoholkonsum
Wie sich das Trinkverhalten der Erwachsenen in Bezug auf Genderverteilung, sozioökonomischem Status, Alter sowie anderen Determinanten, wie z. B. das Rauchen, verhält, wird nachfolgend auf Basis des Gesundheitsmonitorings, durchgeführt durch das Robert KochInstitut, dargelegt. Grundlage des Gesundheitsmonitorings ist die „Studie zur Gesundheit Erwachsener in Deutschland“ (DEGS & DEGS 1). Hier wurden Daten Erwachsener im Alter von 18-79 Jahren in den Jahren 2008-2011 erhoben und mit den Befunden der ersten DEGS- Welle verglichen.
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