Durch die Veröffentlichung der Arbeit von Richard Thaler und Cass Sunstein haben die Erkenntnisse der Verhaltensökonomie in der Verbraucherpolitik international an Bedeutung gewonnen. Dabei soll das Instrument Nudging, den Paternalismus und Liberalismus miteinander verbinden. Vor allem Großbritannien, Australien und die USA, haben das Instrument bereits vielseitig eingesetzt. In diesem Zusammenhang stellen sich folgende Fragen: Auf welche Instrumente kann die Verbraucherpolitik zurückgreifen? Was kann das Instrument Nudging zur Verbraucherpolitik beitragen? Ziel dieser Arbeit ist es, diese Fragen zu klären.
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung
2 Begriffsbestimmung: Verbraucherpolitik
3 Instrumente der Verbraucherpolitik
3.1 Allgemeiner Überblick über die Instrumente
3.2. Das Instrument „Verbraucherinformation“
3.3 Das Instrument „Verbraucherbildung“
3.4 Das Instrument „Nudging“
4 Schlussbetrachtung
Literaturverzeichnis
Anhang
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Verbraucherpolitik im Kanon der Politikfelder
Abbildung 2: Ziele der Verbraucherpolitik
Abbildung 3: Verbraucherpolitische Maßnahmen
1 Einleitung
„Für mich ist Verbraucherpolitik nicht erst dann gefordert, wenn auf den Märkten etwas schief gelaufen ist. Verbraucherpolitik bedeutet mehr als akuter Verbraucherschutz. Verbraucherpolitik ist eine Politik, die hilft, das Wirtschaftsgeschehen, das gesellschaftliche Leben und Verbrauchsgewohnheiten mit zu gestalten und, wo nötig, zu verändern.“ (Merkel 2009)
Dies fordert Angela Merkel in ihrer Rede auf dem zweiten Deutschen Verbrauchertag, im Jahr 2009. Der Staat ist nämlich seit den 1970er-Jahren bemüht den Schutz der Verbraucher/-innen durch eine geeignete Verbraucherpolitik zu verbessern. Aber wie Merkel erwähnt, geht es nicht nur um den Schutz der Verbraucher/-innen, sondern auch um deren Erziehung (vgl. Reisch und Sandrini 2015, S. 21 ff.).
Durch die Veröffentlichung der Arbeit von Richard Thaler und Cass Sunstein (2008) haben die Erkenntnisse der Verhaltensökonomie in der Verbraucherpolitik international an Bedeutung gewonnen. Dabei soll das Instrument Nudging, den Paternalismus und Liberalismus miteinander verbinden. Vor allem Großbritannien, Australien und die USA, haben das Instrument bereits vielseitig eingesetzt (vgl. Reisch und Sandrini 2015, S. 21 ff.). In diesem Zusammenhang stellen sich folgende Fragen: Auf welche Instrumente kann die Verbraucherpolitik zurückgreifen? Was kann das Instrument Nudging zur Verbraucherpolitik beitragen? Ziel der Arbeit mit dem Thema „ Instrumente der Verbraucherpolitik zwischen gesetzlichem Schutz und Verbrauchererziehung“ ist es, diese Fragen zu klären. Da es sich um die Ausarbeitung zu einem Referat handelt, kann kein Anspruch auf Vollständigkeit erhoben werden.
Die vorliegende Ausarbeitung gliedert sich in drei Teile. Der erste Teil der Arbeit widmet sich der Definition des Begriffs „Verbraucherpolitik“. Im zweiten Teil werden die Instrumente der Verbraucherpolitik näher in den Blick genommen. Zunächst wird ein allgemeiner Überblick über die Instrumente gegeben. Anschließend werden die Instrumente Verbraucherinformation, Verbraucherbildung und Nudging beschrieben. Schließlich folgt das Fazit.
2 Begriffsbestimmung: Verbraucherpolitik
Zuerst soll geklärt werden, was unter dem Politikbereich „Verbraucherpolitik“ verstanden werden kann. Allerdings ist es laut Kuhlmann nicht möglich eine eindeutige Definition zu finden, die alle Dimensionen der Verbraucherpolitik in den Blick nimmt (vgl. Kuhlmann 1990, S. 1).
Nach Scherhorn werden unter Verbraucherpolitik, „alle staatlichen oder staatlich geförderten Maßnahmen, die darauf abzielen, das Ungleichgewicht zwischen Produzenten und Konsumenten abzumildern und dem Konsumenteninteresse zu angemessener Durchsetzung zu verhelfen (bezeichnet).“ (Scherhorn 1975, S. 121)
Rischkowsky verwendet den Begriff der Verbraucherpolitik, synonym zu dem des Verbraucherschutzes. Denn der Schutz der Verbraucher/-innen, steht im Fokus der Verbraucherpolitik (vgl. Rischkowsky 2007, S. 26). Dabei soll Verbraucherpolitik die Verbraucher/-innen vor allem vor Unternehmen, die hauptsächlich auf ihren eigenen Gewinn bedacht sind, schützen (vgl. Hagen und Schlippenbach 2007, S. 397). Das Politikfeld der Verbraucherpolitik beschäftigt sich u. a. mit Rechts-, Sicherheits-, Wirtschafts- und Gesundheitsaspekten, betreibt aber auch Verbraucherforschung sowie Verbraucherbildung (vgl. Reisch 2003, S. 5). Es bestehen zudem Interdependenzen und komplexe Verbindungen zu anderen Politikbereichen (vgl. Hagen und Schlippenbach 2007, S. 401). Diese werden in Abbildung 1 dargestellt.
Abbildung 1: Verbraucherpolitik im Kanon der Politikfelder
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
(Eckert 2008, S. 33)
Die verfolgten Ziele der Verbraucherpolitik werden in Abbildung 2 kurz zusammenfassend genannt, da eine ausführliche Darstellung der Ziele den Rahmen dieser Ausarbeitung sprengen würde.
Abbildung 2: Ziele der Verbraucherpolitik
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
(Hagen und Schlippenbach 2007, S. 398)
3 Instrumente der Verbraucherpolitik
Im nachfolgenden Kapitel werden die Instrumente der Verbraucherpolitik beschrieben. Dabei wir zunächst ein allgemeiner Überblick über die Instrumente gegeben und anschließend auf die Instrumente Verbraucherinformation, Verbraucherbildung und Nudging näher eingegangen. Dadurch soll die Vielfalt des Instrumentariums verdeutlicht werden.
3.1 Allgemeiner Überblick über die Instrumente
Die Verbraucherpolitik kann vielfältige Mittel einsetzten, um ihre Ziele zu erreichen und vor allem, um die bestehende Informationsasymmetrie zwischen Verbraucher/-innen und Unternehmen zu reduzieren (vgl. ebd., S. 399). Einerseits gibt es weiche Instrumente wie Information, Beratung, Bildung und Organisation von Verbraucherinteressen. Andererseits gibt es harte Instrumente wie Steuern, Abgaben und die Regulierung durch das Recht (vgl. Hansen 2003, S. 3; vgl. Reisch und Sunstein 2017, S. 341). Hagen und Schlipppenbach (2007) unterteilen das Instrumentarium der Verbraucherpolitik in drei Bereiche. Diese unterscheiden sich in ihrer Intensität der Regulierung und der Bindung der Anbieter (siehe hierzu Abbildung 3).
Abbildung 3: Verbraucherpolitische Maßnahmen
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
(Hagen und Schlippenbach 2007, S. 399)
Der erste Bereich beinhaltet die freiwillige Selbstverpflichtung der Anbieter, welche durch die Angebotsseite reguliert wird. Dazu zählen beispielsweise Gütesiegel, zusätzliche Garantien oder Informationen durch die Anbieter. Da diese Maßnahmen die Problemlage zwischen Verbraucher/-innen und Unternehmen nicht komplett löst, sind weitere Instrumente notwendig. Deshalb wird der zweite Bereich durch den Staat reguliert und beinhaltet Instrumente, die Verbrauchter/-innen durch Informationen, Bildung und Organisationen unterstützen sollen. Dazu zählen u. a. Produkttestes, Informationsplattformen und die finanzielle Unterstützung von Verbraucherorganisationen (vgl. Hagen und Schlippenbach 2007, S. 399). Dennoch sind auch diese Maßnahmen nicht ausreichend, weshalb der dritte Bereich ebenfalls staatlich reguliert wird und gesetzliche Verordnungen und Richtlinien einschließt. Darunter fällt die gesetzliche Garantie, die Kennzeichnungspflicht bei Lebens- und Arzneimitteln, die direkte Produkt- und Herstellerhaftung, die Besteuerung von Tabak- und Alkohol sowie die Verpflichtung Grundpreise zu kennzeichnen. Allerdings sollten alle Instrumente durch beauftragte Behörden kontrolliert werden. Beispielsweise erfolgt dies im Lebens- und Arzneimittelbereich durch Gesundheits- und Gewerbeämter. Die Kontrollfunktion kann auch auf privatrechtliche Institutionen übertragen werden, wie es beispielsweise beim TÜV der Fall ist. Für die Autoren Hagen und Schlipppenbach ist die Mischung aus Selbstbindung der Unternehmen und verpflichtenden staatlichen Maßnahmen der richtige Weg, den die Verbraucherpolitik beibehalten sollte (vgl. ebd., S. 399 ff.).
Oft wird von Kritikern behauptet, dass sich Verbraucherpolitik negativ auf die wirtschaftliche Entwicklung eines Landes auswirkt. So wird hauptsächlich das Argument angeführt, dass der Wettbewerb durch sie zu stark eingeschränkt wird. Zum Beispiel erhöhen sich die Produktionskosten, wodurch die Preise von Waren steigen. Daraus resultiert zusätzlich eine geringe Innovationsfähigkeit. Dem kann entgegengesetzt werden, dass sich Verbraucherpolitik positiv auf das Vertrauen der Bürger/-innen gegenüber den Unternehmen ausübt. Dies erfolgt vor allem aufgrund einer Steigerung der Qualität von Waren und Dienstleistungen. Ferner setzt Verbraucherpolitik einen Anstoß, um angebotene Waren und Dienstleitungen attraktiver zu gestalten und setzt somit die Voraussetzung für innovative Ideen (vgl. ebd., S. 399 ff.).
Eine besondere Bedeutung wird der Instrumentenforschung zugeschrieben. Diese sollte die angewendeten Instrumente auf ihre Kosten, ihren Nutzen und ihre gesellschaftliche Akzeptanz überprüfen. Des Weiteren sollte der Informationsbedarf der Verbraucher/-innen erhoben sowie Überregulierung identifiziert werden. Auf die empirischen Untersuchungen aufbauend, sollte die Verbraucherpolitik kontinuierlich verbessert werden (vgl. Leonhäuser 2004, S. 11 ff.; vgl. Kenning und Oehler 2017, S. 325).
3.2. Das Instrument „Verbraucherinformation“
Durch das Instrument „Verbraucherinformation“ sollen Informationen für Verbraucher/-innen von „staatlicher Seite systematisch gestaltet und beeinflusst“ (Hansen 2003, S. 3) werden. Dies wird auf unterschiedlichen Handlungsebenen umgesetzt. So erfolgt die Verbraucherinformation produktbegleitend (z. B. über Warentests), mediengestützt (z. B. über Verbrauchersendungen in Radio und Fernsehen) oder durch persönliche Beratung (z. B. durch Verbraucherzentralen). Dabei stehen Informationen über Marken, Preise, Händler und Qualitäten von Waren und Dienstleitungen im Zentrum (vgl. Hansen 2003, S. 3; vgl. Weber 2010, S. 54 ff.). Hansen beschreibt die Aufgaben des Instruments wie folgt:
„Staatliche Verbraucherinformationspolitik definiert die Rahmenbedingungen innerhalb derer sich die Wirtschaft um eine objektive und sachgerechte Information der Verbraucher kümmern muss, regelt die Informationspflichten und -angebote von Behörden und Ämtern und fördert im Rahmen ihrer finanziellen Möglichkeiten eine dezidieret anbieterunabhängige Information und Beratung, die erforderlich ist, weil über gesetzliche Auflagen und freiwillige Selbstbindungen der Wirtschaft der Bedarf an Verbraucherinformationen nicht abgedeckt wird.“ (Hansen 2003, S. 3; Herv. i. Org.)
Die Dynamik und Komplexität der Informationen sowie des Marktgeschehens stellen die größte Herausforderung des Instruments dar (vgl. ebd., S. 3 ff.).
3.3 Das Instrument „Verbraucherbildung“
Ergebnisse der Verhaltensökonomie zeigen, dass Verbraucher/-innen nicht in allen Lebens- und Konsumbereichen vollständig informiert sein können. Zudem sind Verbraucher/-innen mit einer ständigen Informationsüberflutung konfrontiert. Aus diesem Grund ist Verbraucherbildung ein zentraler Bestanderteil der Verbraucherpolitik (vgl. Oehler 2017, S. 279). Bei der Verbraucherbildung handelt es sich um einen Bildungsbereich, der in direktem Zusammenhang mit den Alltags- und Lebensbedingungen der Gesellschaft steht (vgl. Oepping und Schlegel-Matthies 2007, S. 2). Dadurch soll erreicht werden, dass Menschen aktiv, selbständig, verantwortungsbewusst, kritisch, selbstbestimmt und nachhaltig handeln. Die zentrale Aufgabe der Verbraucherbildung ist es somit, Verbraucher/-innen dazu zu befähigen, sich Informationen je nach Problematik sowie Situation einzuholen und diese nach Wichtigkeit und Relevanz selektieren zu können. Es geht daher mehr um Selbsterziehung, als darum, massenhaft Wissen zu vermitteln (vgl. Oehler 2017, S. 279 ff.; vgl. Weber 2010, S. 56). Daraus wird ersichtlich, dass Verbraucherbildung Basiskompetenzen für eine erfolgreiche Alltagsbewältigung vermitteln soll (vgl. Schlegel-Matthies 2006). Es wird immer häufiger die Forderung gestellt, Verbraucherbildung zu institutionalisieren. Dies könnte beispielsweise als fächerübergreifendes Schulfach in allgemeinbildenden und beruflichen Schulen realisiert werden. Da Verbraucherbildung als lebensbegleitendes Lernen angesehen werden kann, ist Verbraucherbildung auch in der Erwachsenenbildung von großer Bedeutung (vgl. Oehler 2017, S. 288 f.). Inhaltlich sollte vor allem auf Konsumfragen und Konsumprobleme sowie auf Finanzfragen und Finanzprobleme eingegangen werden. Dabei sollen ökonomische, ökologische und soziale Aspekte behandelt werden (vgl. Schlegel-Matthies 2006).
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