Diese Arbeit untersucht die Frage, ob in der EU Solidarität oder Abschottung von innen und außen herrscht? Um diese Frage beantworten zu können, müssen zuvor folgende weitere Fragen beantwortet werden: Was wird unter Solidarität in der EU verstanden? Was hat die EU aufgrund der Flüchtlingskrise unternommen? Das Ziel der Arbeit ist es, diese Fragen zu beantworten. Beispielhaft wird zusätzlich die ungarische nationale Strategie näher in den Blick genommen. Da es sich um die Ausarbeitung zu einem Referat handelt, kann kein Anspruch auf Vollständigkeit erhoben werden.
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung
2 Begriffsbestimmung: Solidarität in der EU
3 Die Flüchtlingskrise
3.1 Die europäische Flüchtlingspolitik
3.2 Maßnahmen der EU-Mitgliedstaaten zur Bewältigung der Krise
3.3 Ungarns nationale Strategie
3.4 Ausblick
4 Fazit
Literaturverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Entwicklung der Zahl der Asylanträge in der EU
1 Einleitung
„Jeder weiß, dass es nötig ist, gemeinsam zu handeln, aber keiner möchte seinen nationalen Weg aufgeben.“ (Stratenschulte 2016, S. 154)
Die vielen Geflüchteten, die insbesondere Mitte 2015 Europa erreicht haben, stellen die Europäische Union (EU) vor eine große Herausforderung. So wurden während der sogenannten Flüchtlingskrise die Schwächen der bisherigen Regelung zur Flüchtlingsregistrierung und -verteilung offenbart (vgl. Baur 2017, S. 117 f.). Einige EU-Staaten zeigen aufgrund der Krise unsolidarisches Verhalten. Aber besonders die Länder der Visegrád-Gruppe (Polen, Tschechien, Slowakei und Ungarn) stechen mit ihren nationalen Strategien hervor (vgl. Müller-Brandeck-Bocquet 2016, S. 6 f.). In der gegenwärtigen politischen Debatte geht es daher vor allem um die Frage, wie solidarisch die EU ist (vgl. Zürn 2016, S. 10).
In diesem Zusammenhang stellt sich folgende Frage: Herrscht in der EU Solidarität oder Abschottung von innen und außen? Um diese Frage beantworten zu können, müssen zuvor folgende weitere Fragen beantwortet werden: Was wird unter Solidarität in der EU verstanden? Was hat die EU aufgrund der Flüchtlingskrise unternommen? Das Ziel der Arbeit ist es, diese Fragen zu beantworten. Beispielhaft wird zusätzlich die ungarische nationale Strategie näher in den Blick genommen. Da es sich um die Ausarbeitung zu einem Referat handelt, kann kein Anspruch auf Vollständigkeit erhoben werden.
Die vorliegende Referatsausarbeitung gliedert sich in drei Teile. Der erste Teil der Arbeit widmet sich der Definition des Begriffs Solidarität. Dabei soll die Solidarität in der EU näher beleuchtet werden. Im zweiten Teil wird die Flüchtlingskrise dargestellt. Zunächst wird ein allgemeiner Überblick über die europäische Flüchtlingspolitik gegeben. Anschließend werden Maßnahmen der EU-Staaten zur Bewältigung der Krise beschrieben. Danach wird beispielhaft die ungarische nationale Strategie skizziert und anschließend noch ein allgemeiner Ausblick gegeben. Ein Fazit rundet die Ausarbeitung ab.
2 Begriffsbestimmung: Solidarität in der EU
Wie in der Einleitung bereits kurz erwähnt wurde, geht es in der politischen Debatte überwiegend um Solidarität (vgl. ebd.). So plädieren einige Autoren/Autorinnen für eine solidarische Europäische Union (vgl. Busch et al. 2016, S. 48). Denn die EU-Mitgliedstaaten haben den Anspruch solidarisch zu sein. Bendiek und Neyer (2016) führen in ihrem Beitrag den EU-Vertrag sowie den Vertrag zur Arbeitsweise der EU an, um diesen Anspruch zu verdeutlichen:
„In der Präambel des EU-Vertrags (EUV) ist die Rede vom »Wunsch, die Solidarität zwischen ihren Völkern unter Achtung ihrer Geschichte, ihrer Kultur und ihrer Traditionen zu stärken«. Weiter wird hervorgehoben, dass die Solidarität allen Mitgliedstaaten gemeinsam sei (Art. 2) und die »Solidarität zwischen den Generationen« sowie »zwischen den Mitgliedstaaten« zu fördern sei (Art. 3 Abs. 3). Auch als Ziel ihrer internationalen Politik hat die EU Solidarität genannt (Art. 3 Abs. 5). Der Vertrag zur Arbeitsweise der EU (AEUV) kennt sogar eine eigene Solidaritätsklausel: »Die Union und ihre Mitgliedstaaten handeln gemeinsam im Geiste der Solidarität, wenn ein Mitgliedstaat von einem Terroranschlag, einer Naturkatastrophe oder einer vom Menschen verursachten Katastrophe betroffen ist.« (Art. 222 Abs. 1)“ (Bendiek und Neyer 2016, S. 1)
Der Anspruch auf Solidarität scheint innerhalb der EU-Mitgliedstaaten immer mehr zu bröckeln. Demgemäß zeigen ältere Krisen wie z. B. die Finanzkrise oder der Brexit das erneute Auftreten von unsolidarischem Verhalten einiger EU-Mitgliedstaaten. Als es im Jahr 2015 zur Flüchtlingskrise kommt, ist auch hier von einigen Ländern keine Solidarität zu sehen. Beispielsweise stellt die Frage, wie Geflüchtete verteilt werden sollen, bis heute einen Streitpunkt dar. So weigern sich die Länder Ungarn und Polen, die Beschlüsse der EU anzuerkennen (vgl. Beichelt 2017, S. 90; vgl. Bendiek und Neyer 2016, S. 1). Möglicherweise liegt der vermeintliche Mangel an Solidarität daran, dass der Begriff Solidarität unterschiedlich interpretiert werden kann:
„Nicht bezweifelt wird, dass Solidarität auf starker Verbundenheit fußt und eine Erwartung gemeinsamer Handlungen speist. Uneinigkeit herrscht indes darüber, ob Verbundenheit aus freien Stücken entsteht, erstritten werden kann oder mitunter sogar erzwungen werden muss. […] Eine solidarische Gemeinschaft hält zusammen und versucht alles zu verhindern, was ihre Mitglieder bedroht oder ernsthaft schädigt.“ (Bendiek und Neyer 2016, S. 1)
Demzufolge kann davon ausgegangen werden, dass die EU-Mitgliedstaaten momentan unterschiedliche Vorstellungen von Solidarität haben. Allerdings sollte an dieser Stelle hervorgehoben werden, dass eine vollkommene Solidarität in der EU noch nie gegeben war (vgl. ebd., S. 3 f.). Gegenwärtig gibt es noch keine Antwort auf die Frage, wie die EU-Staaten zu einem gemeinsamen Verständnis von Solidarität kommen bzw. zu einer solidarischen Gemeinschaft werden können (vgl. Bendiek und Neyer 2016, S. 1; vgl. Beichelt 2017, S. 90).
3 Die Flüchtlingskrise
Im nachfolgenden Kapitel geht es um die Flüchtlingskrise innerhalb der EU. Dabei wird zunächst ein allgemeiner Überblick über die europäische Flüchtlingspolitik gegeben und anschließend auf die Maßnahmen der EU-Mitgliedstaaten zur Bewältigung der Krise näher eingegangen. Zudem wird Ungarns nationale Strategie beispielhaft dargestellt und abschließend noch ein allgemeiner Ausblick gewährt.
3.1 Die europäische Flüchtlingspolitik
Im Jahr 2015 fliehen mehr als eine Million Geflüchtete in die EU. Die meisten Menschen stammen aus Syrien. Sie suchen aufgrund des Bürgerkriegs Zuflucht. Aber auch Menschen aus dem Irak, aus Afghanistan, Pakistan und Afrika erreichen, über den gefährlichen Seeweg, die EU (vgl. Stratenschulte 2016, S. 153 ff.). In Abbildung 1 wird der rapide Anstieg der Asylanträge in der EU im Jahr 2015 deutlich.
Abbildung 1: Entwicklung der Zahl der Asylanträge in der EU
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
(Europäische Kommission 2016/Quelle: Eurostat.)
Um den weiteren Verlauf der Flüchtlingskrise zu verstehen, muss zunächst die bestehende europäische Flüchtlingspolitik dargestellt werden. Allerdings gilt dabei zu beachten, dass die Pflicht Geflüchteten zu helfen und ihnen Schutz zu gewähren, keine spezielle europäische Verpflichtung ist. Dies wurde nämlich bereits von den Vereinten Nationen in der Genfer Flüchtlingskonvention (1951) und in dem hinzugefügten Protokoll (1967) beschlossen (vgl. UNHCR 2017, o. S.).
Aufgrund des Prinzips der Freizügigkeit und des Schengener-Raums innerhalb der EU haben Entscheidungen von einzelnen EU-Mitgliedstaaten auch Konsequenzen für die anderen EU-Länder. Deshalb ist die EU bemüht, ihr Verfahren zur Registrierung, Aufnahme und Anerkennung von Geflüchteten anzugleichen (vgl. Stratenschulte 2016, S. 153). Der Vertrag von Amsterdam, welcher 1999 in Kraft trat, klärt Asyl- und Flüchtlingsfragen (vgl. Busch et al. 2016, S. 8). Die Dublin-III-Verordnung regelt die Zuständigkeit des Asylverfahrens. Sie besagt, dass ein Geflüchteter den Antrag auf Asyl in dem EU-Land stellen muss, welches er/sie zuerst betreten hat. Dieses Land hat dann dafür Sorge zu tragen, den Asylsuchenden zu registrieren und den Asylantrag zu überprüfen. Zudem muss es sich um eine Unterkunft und die Versorgung kümmern (vgl. Stratenschulte 2016, S. 153).
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