Bei Lehrkräften spielen Genderaspekte historisch und aktuell eine besondere Rolle. Dieser Beitrag beleuchtet die Entwicklung, Aspekte der Berufstätigkeit sowie der Geschlechtergerechtigkeit.
Gerade in der Lehrerprofession spielt das Geschlecht eine Rolle - sowohl in der Person des Lehrenden wie auch in seinem Unterricht. Die Arbeit beginnt mit der Begriffsklärung der Verwendung des Wortes "Gender". Anschließend wird auf die Historie der Lehrerin ein, denn die Geschichte ist nicht endgültig vorbei, sondern lässt sich in vielen Denkmustern wiederfinden. Historisch war der Lehrerberuf kein „Frauenberuf“. Wie verlief der Weg dorthin – und hat dies aktuelle Auswirkungen? Diese Arbeit möchte diese Fragen mit Hilfe der bestehenden Literatur klären.
Inhalt
1. Einleitung – Warum mit Gender beschäftigen?
2. Ausgewählte Punkte zum Thema Gender
2.1. Was ist „Gender“?
2.2. Frauenanteil heute und früher – Sind Lehrerinnen die besseren Lehrer?
2.3. Ist Geschlechtergerechtigkeit heute noch ein Thema?
3. Schlussfolgerung
Literaturverzeichnis
1. Einleitung – Warum mit Gender beschäftigen?
Ich habe in Gesprächen mit anderen Studierenden erfahren, dass viele von ihnen die Genderdebatte als überholt ansehen, als Relikt des Feminismus. Heute wäre doch alles vollkommen gleichberechtigt. Mit dem vorliegenden Seminarbeitrag bzw. der Ausarbeitung möchte ich dazu anregen, einige Punkte zu geschlechtsspezifischen Aspekten kurz anzusprechen. Gerade in der Lehrerprofession spielt das Geschlecht eine Rolle - sowohl in der Person des Lehrenden wie auch in seinem Unterricht.
Ich beginne mit Begriffsklärung der Verwendung des Wortes „Gender“. Können die Seminarteilnehmer automatisch davon ausgehen, dass sie „geschlechtergerecht“ unterrichten?
Anschließend gehe ich auf die Historie der Lehrerin ein, denn die Geschichte ist nicht endgültig vorbei, sondern lässt sich in vielen Denkmustern wiederfinden. Historisch war der Lehrerberuf kein „Frauenberuf“1. Wie verlief der Weg dorthin – hat dies aktuelle Auswirkungen?
Ich möchte diese Fragen mit Hilfe der bestehenden Literatur klären.
2. Ausgewählte Punkte zum Thema Gender
2.1. Was ist „Gender“?
Der Begriff „Gender“ hat keine allgemein eingeführte deutsche Entsprechung2. In der englischen Sprache kann zwischen „sex“, dem biologischen Geschlecht, und „gender“, dem sozialen Geschlecht, unterschieden werden, auch, wenn diese Unterscheidung im allgemeinen Sprachgebrauch nicht unbedingt eingehalten wird.3
„Wie wir uns als Männer und Frauen in einer Kultur verhalten, ist nicht zwangsläufig von der Natur vorgegeben, sondern bildet sich in jeder Epoche und in jeder Kultur auf eine bestimmte Weise neu heraus. Es stellt sich daher die Frage, wie Menschen in einer bestimmten Kultur und zu einer bestimmten Zeit zu „Männern“ und „Frauen“ gemacht werden.“4 Dies wird mit dem Begriff „Gender“ beschrieben.
Dagegen will „Doing gender“ begrifflich darauf hinweisen, dass Geschlechtsidentität in der Auseinandersetzung mit der kulturellen Umwelt erlangt wird. Dabei betont er die Eigenaktivität des Individuums und gerät in Gefahr die Illusion zu stützen, dass das Individuum die Möglichkeit hat, ob und wie es sich als geschlechtliches „definieren“ will.5
Aktuell wird in der Pädagogik vom „Gender Mainstreaming“ gesprochen. Gender Mainstreaming ist ein pädagogischer Perspektivenwechsel von der auf Mädchen gerichteten Defizithypothese und einer daraus ausgerichteten Mädchenförderung hin zu einer Berücksichtigung der Bedürfnisse, Potentialen und Entwicklungsmöglichkeiten sowohl von Jungen und Mädchen – also einer „Erziehung zur Gleichstellung von Frauen und Männern“.6 Aufgrund der begrenzten Möglichkeiten dieser Darstellung muss ich mich auf wenige Begriffe dieses Feldes beschränken.
2.2. Frauenanteil heute und früher – Sind Lehrerinnen die besseren Lehrer?
„ Es ist allgemein bekannt, dass im Bildungsbereich überwiegend Frauen tätig sind“, beginnt Kühn vom Statistischen Landesamt in Baden-Württemberg die Einleitung zu den aktuellsten Zahlen über Beschäftigung im Bildungswesen des Bundeslandes. Wenn man vom Geschlechterverhältnis der Studierenden an Pädagogischen Hochschulen ausginge (Frauenanteil im Wintersemester 08/09 72% - die der Professorinnen liegt allerdings erst bei 15%!7 ), stimmt man sofort zu. Die aktuelle Situation an allgemein bildenden Schulen lässt sich am Besten mit folgenden Zahlen demonstrieren:8
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Bei der ungekürzten Tabelle ist ersichtlich, dass in den 5 neueren Bundesländern der Frauenanteil schon heute bei über 80% liegt (die anderen Bundesländer haben ähnliche Zahlen wie Baden-Württemberg) – was in einigen Jahren vermutlich auch in Westdeutschland der Fall sein wird, wie sich aus den in der Einleitung genannten Zahlen folgern lässt. Der Frauenanteil auf alle Schularten bezogen liegt 2008 bei 67%, vor 10 Jahren waren es erst 58%9.
Woher kommt das?
Historisch betrachtet liegt ein weiter Weg hinter der Geschichte der Lehrer in. Ich gehe nur stichpunkartig auf mir besonders wichtig erscheinende Zeitpunkte ein, da ich aufgrund der Kürze der vorliegenden Arbeit und der Schwerpunktsetzung nicht weiter ausführen kann.
Im 19. Jahrhundert- in der von Industrialisierung geprägten Gesellschaft - wurden ledige Frauen höheren Standes nicht mehr in der als häusliche Arbeitskräfte benötigt. Zudem konnten nur ca. 40% der Frauen wegen des Frauenüberschusses einen standesgemäßen Partner ehelichen. Um trotz Widerstand der männlichen Lehrerschaft arbeiten zu können, musste die weibliche Lehrtätigkeit ideologisch begründet werden – Helene Lange postulierte die Idee der „geistigen Mütterlichkeit“ (Ursprung Breymann), die Frauen als besonders geeignet für Erziehung und Lehrtätigkeit auszeichnete.10 Bis dahin war das Volksschullehrerwesen ausschließlich männlich geprägt, Lehrerinnen gab es nur im Töchterschulwesen. Ausgehend von Preußen setzte sich jedoch die Anstellung der Lehrerinnen auch im Volksschuldienst durch (nicht nur in den Töchterschulen), beispielsweise in Württemberg ab 1858, in Baden ab 1880.11 Zuerst wurden die Lehrerinnen vor allem durch die Kirchen, die auch die Aufsicht über das Schulwesen hatte, ausgebildet, später gab es jedoch auch staatliche Seminare für die jungen Frauen.
Die Bildungsexpansion des 19. Jahrhunderts– damals ging es darum, dass alle Kinder eine Schule besuchen können - verlangte viele Lehrkräfte, die durch männliche Lehrkräfte allein nicht mehr gedeckt werden konnten. Frauen erhielten den Zugang zum Lehramt – allerdings wurde von ihnen verlangt, mit einer Eheschließung den Beruf aufzugeben - bekannt unter dem Schlagwort „Lehrerinnenzölibat“.12
[...]
1 vgl. Enzelberger
2 vgl. Fahrenwald, S.
3 vgl. Meyer, S.
4 Fahrenwald, S. 20f.
5 vgl. Rendtorff, 1999, S.
6 vgl. Blecher, S.
7 Kühn, S.
8 aus: www.statistik-portal.de
9 Kühn, S.
10 vgl. Enzelberger, S. 83f.
11 Godel-Gaßner 2011, S.
12 vgl. Enzelberger