Kann Überbehütung als Kindeswohlgefährdung betrachtet werden? In der Arbeit werde ich mich zunächst mit den theoretischen Grundlagen von Überbehütung beschäftigen. Hierfür definiere ich den Begriff und gehe weiterführend auf Merkmale ein, die dieses Erziehungsverhalten charakterisieren. Anschließen werde ich mit den potentiellen Auswirkungen von Überbehütung, um aufzuzeigen, welche Folgen dieses vermeintlich gut gemeinte Erziehungsverhalten für die Entwicklung von Kindern haben kann.
Mein zweites Kapitel widme ich der Frage, ob Überbehütung mit Kindeswohlgefährdung in Verbindung gebracht werden kann. Dazu beleuchte ich, warum Überbehütung einen Einschnitt in die Rechte von Kindern darstellt und untersuche, ob diese als Misshandlung betrachtet werden kann. Meine Arbeit schließe ich mit der Darstellung von Handlungsoptionen für pädagogische Fachkräfte in Kindertageseinrichtungen ab. Zum einen möchte ich einen Einblick geben, wie überbehüteten Kindern durch das Prinzip der Ermutigung zu mehr Selbstvertrauen verholfen werden kann. Zum anderen gehe ich näher auf den Aspekt der Arbeit mit überbehütenden Eltern ein. Zuletzt möchte ich herausfinden, wann Überbehütung kindeswohlgefährdende Tendenzen annimmt und wie in diesem Fall das Handeln von pädagogischen Fachkräften aussehen muss. Zur inhaltlichen Gestaltung dieses Kapitels führe ich ergänzend zu den Ausführungen der Literatur ein Interview. Ich erhoffe mir einen Einblick in die Aktualität des Themas in der pädagogischen Praxis und eine fachliche Einschätzung potentieller Handlungsoptionen.
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung
2 Theoretische Grundlagen zur Überbehütung
2.1 Definition
2.2 Merkmale
2.3 Prädisponierende Faktoren
2.4 Auswirkungen
3 Überbehütung als subtile Form der Kindeswohlgefährdung
3.1 Überbehütung als Einschnitt in Kinderrechte
3.2 Überbehütung als Form der seelischen Misshandlung
4 Handlungsoptionen für pädagogische Fachkräfte in Kindertageseinrichtungen
4.1 Pädagogische Arbeit mit überbehüteten Kindern – das Prinzip der Ermutigung
4.2 Elternarbeit im Kontext von Überbehütung
4.3 Pädagogisches Handeln bei Kindeswohlgefährdung durch Überbehütung
5 Fazit und Ausblick
Quellen- und Literaturverzeichnis
Anhang
A Dokumentation der Interviewvorbereitung und -durchführung
B Abbildungen
C Materialien.
1. Einleitung
Erst vor wenigen Jahren waren die Bücher „Verschieben Sie die Deutscharbeit – mein Sohn hat Geburtstag“ und „Ich muss mit auf Klassenfahrt – meine Tochter kann sonst nicht schlafen“ von Lena Greiner und Carola Padtberg (Greiner; Padtberg, 2017; 2018) in der Bestsellerliste des SPIEGEL. Ende letzten Jahres erschien der dritte Band dieser Reihe. Die Bücher entstanden durch eine Vielzahl von vermeintlich amüsanten Einsendungen zum Thema „Helikoptereltern“. Doch bereits in der Inhaltsangabe der Bücher wird deutlich, dass nicht alle über dieses Erziehungsverhalten lachen können, denn die Autorinnen stellen dar, „wie Erziehungsberechtigte ihren Kindern […] das Leben zur Hölle machen…“ (Greiner/Padtberg, 2017, Inhaltsangabe).
Trotz dieser drastischen Aussage spielt das Thema Überbehütung in der deutschsprachigen Fachliteratur eine marginale Rolle. Auch im Rahmen der Ausbildung zur*zum Staatlich anerkannten Erzieher*in wurde es nicht konkreter ausgeführt. Die Tatsache, dass eine Vielzahl der Anekdoten aus den oben genannten Büchern von Erzieher*innen stammen, veranlasst mich jedoch zu der Annahme, dass überbehütendes Erziehungsverhalten von Eltern durchaus ein Aspekt ist, mit dem sich pädagogische Fachkräfte regelmäßig konfrontiert sehen. Zudem stelle ich mir ausgehend von der oben zitierten Aussage des Buches die Frage, ob Überbehütung als Kindeswohlgefährdung betrachtet werden kann. Dieser möchte ich mich im Rahmen meiner Facharbeit widmen.
Dazu werde ich mich zunächst mit den theoretischen Grundlagen von Überbehütung beschäftigen. Hierfür definiere ich den Begriff und gehe weiterführend auf Merkmale ein, die dieses Erziehungsverhalten charakterisieren. Im Sinne der systemischen Sichtweise sehe ich es als wesentlich aufzuführen, welche Faktoren überbehütendes Erziehungsverhalten auslösen können. Aufgrund des begrenzten Rahmens dieser Arbeit werden diese lediglich kurz dargelegt. Anschließen werde ich mit den potentiellen Auswirkungen von Überbehütung, um aufzuzeigen, welche Folgen dieses vermeintlich gut gemeinte Erziehungsverhalten für die Entwicklung von Kindern haben kann.
Mein zweites Kapitel widme ich der Frage, ob Überbehütung mit Kindeswohlgefährdung in Verbindung gebracht werden kann. Dazu beleuchte ich, warum Überbehütung einen Einschnitt in die Rechte von Kindern darstellt und untersuche, ob diese als Misshandlung betrachtet werden kann.
Meine Arbeit schließe ich mit der Darstellung von Handlungsoptionen für pädagogische Fachkräfte in Kindertageseinrichtungen ab. Zum einen möchte ich einen Einblick geben, wie überbehüteten Kindern durch das Prinzip der Ermutigung zu mehr Selbstvertrauen verholfen werden kann. Zum anderen gehe ich näher auf den Aspekt der Arbeit mit überbehütenden Eltern ein. Zuletzt möchte ich herausfinden, wann Überbehütung kindeswohlgefährdende Tendenzen annimmt und wie in diesem Fall das Handeln von pädagogischen Fachkräften aussehen muss.
Zur inhaltlichen Gestaltung dieses Kapitels führe ich ergänzend zu den Ausführungen der Literatur ein Interview mit Frau K in ihrer Funktion als Fachberaterin für Kindertagesbetreuung eines freien Trägers. Ich erhoffe mir einen Einblick in die Aktualität des Themas in der pädagogischen Praxis und eine fachliche Einschätzung potentieller Handlungsoptionen.
2 Theoretische Grundlagen zur Überbehütung
2.1 Definition
Der Begriff Überbehütung wird in der deutschsprachigen Fachliteratur nicht klar definiert. Vielfach werden diesem Konzept die englischen Begriffe „Overprotection“ (vgl. Leber, 2002, S. 686) oder auch „Helicopter Parenting“ (vgl. Wilhelm; Esdar, 2014, https://www.hof.uni-halle.de/journal/texte/14_2.pdf, S. 67f.) synonym gesetzt.
Heilbrun charakterisiert „overprotective“ mittels seines Kontrollmuster – Modells zur Einordnung mütterlicher Erziehung durch hohe Kontrolle und hohe Unterstützung (vgl. Krohne; Hock, 1994, S. 46). Nach Levys empirischer Untersuchung zu „maternal overprotection“ gilt diese als störender Einfluss auf die kindliche Entwicklung (vgl. Leber, 2002, S. 686).
Wilhelm und Esdar beschreiben „Helicopter Parenting“ „als ein bezüglich des Entwicklungsstand unangemessenes Verhalten, welches das gleichzeitige Auftreten der vier Merkmale Überinvolviertheit, Autonomieeinschränkung, Überbehütung sowie externale Schuldzuweisung umfasst“ (Wilhelm; Esdar, 2014, https://www.hof.uni-halle.de/journal/texte/14_2.pdf, S. 69).
Im deutschsprachigen Raum prägte Joseph Kraus in seinem gleichnamigen Buch den Begriff der „Helikoptereltern“ als Bezeichnung für überbehütende Eltern. Gemeint sind hierbei Eltern, die wie Helikopter um ihr Kind kreisen mit dem Ziel, es stetig vor den potentiellen Gefahren dieser Welt beschützen zu können. Sie zeichnen sich dadurch aus, dass sie ihr Kind nicht aus den Augen lassen und immer bereit sind, im Sinne des Kindeswohls eingreifen zu können. In anderen Ländern werden diese Eltern auch als „Schneepflug-Eltern“, „Curling-Eltern“ oder „Bulldozer-Eltern“ bezeichnet. (Vgl. ZDF Neo [Hrsg.], 2019a, www.zdf.de/dokumentation)
Frick sieht in der Überbehütung kein für sich alleinstehendes Erziehungsverhalten, sondern ordnet diese als ein Modus der Verwöhnung ein. Er definiert sie als ein „Zuviel (z.B. an Sorge), ein Unangemessen (z.B. bezüglich Entlastung) und ein Zuwenig (z.B. an Zutrauen, Vertrauen, Ermutigung, Forderung)“ (Frick, 2018. S. 39).
Der Modus der Verwöhnung ist abhängig von der Persönlichkeit und der Lebenssituation der verwöhnenden Person. Weitere Modi der Verwöhnung neben der Überbehütung sind beispielsweise die überschwängliche Bewunderung des Kindes, die materielle Verwöhnung sowie die fehlende Grenzsetzung. (Vgl. ebd., S. 33 - 37)
Auf Grundlage dieser Beschreibungen meint Überbehütung in der vorliegenden Facharbeit ein Erziehungsverhalten, welches sich durch eine dem Entwicklungsstand des Kindes nicht entsprechende starke Kontrolle und hohe Unterstützung auszeichnet, infolge dessen die kindliche Entwicklung negativ beeinflusst wird. Der Begriff Helikoptereltern ist in diesem Sinne die Bezeichnung für die Ausführenden dieses Erziehungsverhaltens.
2.2. Merkmale
Überbehütendes Erziehungsverhalten zeichnet sich durch Überbesorgnis und Zweifel der Erziehenden aus, dass es das Kind nicht selbstständig schafft, bestimmte Aufgaben zu bewältigen oder Fähigkeiten eigenständig zu erlernen. Häufig wird diese Haltung den Kindern durch verbale Äußerungen wie „Das ist zu gefährlich für dich“ oder „Dafür bist du noch zu klein“ vermittelt. (Vgl. Frick, 2018, S. 29 - 31)
Dem Kind werden nicht nur die zu bewältigenden Aufgaben zu schnell abgenommen, sondern die Eltern versuchen, ihm möglichst alle Schwierigkeiten und Anforderungen des Alltags aus dem Weg zu räumen. Dies zeigt sich auch durch eine überdurchschnittliche Beteiligung der Eltern an wichtigen Entscheidungen. Durch diese Überinvolviertheit nehmen sie ihren Kindern nicht nur die Chance, sondern auch die Zuversicht und das Zutrauen, selbst einen Lösungsweg zu finden und mit Herausforderungen eigenständig umgehen zu können. Diese Autonomieeinschränkung liegt jedoch in positiven Absichten begründet. Es ist der Versuch der Eltern, ihren Kindern möglichst alle Frustrationserlebnisse zu ersparen. (Vgl. Frick, 2018 S. 33 - 35; vgl. Wilhelm; Esdar, 2014, https://www.hof.uni-halle.de/journal/texte/14_2, S. 69)
Um dies gewährleisten zu können, ist nach Kraus auch der Kontrollwahn als weiteres Merkmal überbehütenden Verhaltens anzuführen (vgl. ZDF Neo [Hrsg.], 2019b, www.zdf.de/dokumentation).
Ergänzt werden die benannten Merkmale durch die externale Schuldzuweisung. Treten im Leben der Kinder Schwierigkeiten auf, suchen überbehütende Eltern die Schuld bei anderen Personen, niemals aber beim Kind selbst (vgl. Wilhelm; Esdar, 2014, https://www.hof.uni-halle.de/journal/texte/14_2.pdf, S. 69).
2.3. Prädisponierende Faktoren
Im Sinne des systemischen Ansatzes ist es förderlich, die Faktoren zu kennen, die Eltern für ein überbehütendes Verhalten besonders anfällig machen. So ist es möglich, einen ganzheitlichen Blick auf die Familie zu erlangen und damit Handlungen der Eltern besser nachvollziehen zu können.
Für elterliche Überbehütung gibt es eine Vielzahl von Gründen, die Frick in vier Kategorien unterteilt. Dazu gehören Ursachen in äußeren Bedingungen, Ursachen in der Lebenssituation der Eltern beziehungsweise des Elternteils und Ursachen in der Persönlichkeit des Erwachsenen. Die vierte Kategorie sieht er in der Kombination mehrerer dieser Faktoren. (Vgl. Frick, 2018, S. 161)
Zu den äußeren Bedingungen gehören beispielsweise Krankheiten und Behinderungen der Kinder, die bei Eltern verstärkt Angst, Besorgnis und Fürsorge auslösen können. Auch Entwicklungsverzögerungen der Kinder können in diese Kategorie eingeordnet werden. Einzelkinder und Nachzügler*innen gelten ebenfalls als prädestiniert. (Vgl. ebd. S. 176; 180)
In der Lebenssituation der Eltern beziehungsweise des Elternteils begründet liegen unter anderem Schuldgefühle des Erwachsenen. Alleinerziehende Elternteile versuchen beispielsweise, mit ihrem überfürsorglichen Verhalten negative Folgen für das Kind durch die Abwesenheit des anderen Elternteils zu kompensieren. Es kommt auch vor, dass Elternteile mit ihrem Verhalten den Erziehungsstil des anderen ausgleichen möchten. (Vgl. ebd. S. 162) Zu dieser Kategorie zählen auch sehr unerfahrene Eltern, denen ihr Kind zerbrechlich erscheint und die es mit ihrem Verhalten schützen wollen (vgl. ebd. S. 168). Ein letzter Faktor ist eine für die Eltern unbefriedigende Lebenssituation. Das Kind erfüllt unter dieser Voraussetzung die unbewusste Funktion, eine Lücke zu füllen, die durch eine enttäuschte Partnerschaft oder soziale Isolation aufgrund der neuen Rolle als Elternteil entstanden ist (vgl. ebd., S. 169).
Gründe, die der Persönlichkeit des Erwachsenen zugeordnet werden können, sind beispielsweise die eigene unverarbeitete Lebensgeschichte. Eltern, die selbst eine lieblose Kindheit erlebt haben, möchten dies ihrem Kind ersparen und ihm möglichst optimale Startbedingungen bereiten. Aber auch eigene Ängste, die in der Biografie der Eltern begründet liegen, können zur Überfürsorglichkeit führen. So besteht bei überbehütenden Eltern oft die Befürchtung, dass dem Kind etwas zustoßen könnte, weil sie es nicht genügend auf die Herausforderungen des Lebens vorbereitet haben. (Vgl. ebd. S. 164f.; 167)
Weiterführend können elterliche Unsicherheit oder die Furcht vor der Ablehnung oder der Aggression des Kindes zur Überbehütung führen (vgl. ebd., S. 170f.).
Als Ursache, die in der Kombination mehrerer dieser Faktoren liegt, kann der ständig wachsende gesellschaftliche Leistungs- und Anspruchsdruck und die damit einhergehende Orientierung an der Perfektion angesehen werden (vgl. Frick, 2018, S. 168).
Wunsch unterscheidet im Gegensatz zu Frick zwischen prädisponierenden Fakten und prädisponierenden Situationen. Seiner Ansicht nach gehören zu prädisponierenden Fakten ähnlich den Ausführungen von Frick Einzelkinder, kranke und behinderte Kinder, Spätentwickler und Kinder mit Fehlentwicklungen, Nachzügler*innen sowie Adoptiv- und Pflegekinder (vgl. Wunsch, 2013, S. 106). Als prädisponierende Situationen sieht er den Kontakt zu den Großeltern, die Zeit nach akuten Erkrankungen und starke Konflikte im Lebensumfeld der Kinder an. Des Weiteren ordnet er hier Situationen ein, in denen ein „braves“, ruhiges Kind erwartet wird, beispielsweise in Gotteshäusern oder bei Beerdigungen. Überbehütung kann sich auch dann zeigen, wenn Eltern unter Zeitdruck stehen oder sie sich von anderen kritisch beobachtet fühlen. (Vgl. ebd., S. 109)
Der Diplom-Pädagoge Träbert stellt die Verunsicherung der Eltern als Ursache in den Vordergrund. Früher war der gesellschaftliche Konsens hinsichtlich der Erziehungsprinzipien größer. Heute hingegen gibt es durch die Medien eine Vielzahl teils widersprüchlicher Ratschläge zu diversen Fragen. (Vgl. Nawroth-Rapp, 2015, https://www.fr.de/fr-serien)
Frick äußert zu den prädisponierenden Faktoren aber deutlich, dass das Vorhandensein dieser Faktoren nicht definitiv etwas über das Ausmaß der Überbehütung aussagt. Dies sei abhängig von der Intensität, der Dauer, des elterlichen Bewusstseins, der Anzahl der Faktoren sowie von gegenwirkenden Umfeldfaktoren. (Vgl. Frick, 2018, S. 183f.)
2.4. Auswirkungen
Allgemein kann gesagt werden, dass sich überbehütendes Erziehungsverhalten ungünstig auf die kindliche Entwicklung auswirkt. Wie stark diese Auswirkung ist, kann jedoch nicht pauschal festgelegt werden (vgl. Frick, 2018, S. 73). „Das Kind ist nicht ein leeres, zu beschreibendes Blatt, das alle Einflüsse von außen ungefiltert … verinnerlicht, sondern es nimmt vom ersten Lebenstag an aktiv Anteil an seiner Entwicklung als Mitgestalter“ (ebd.), was bedeutet, dass alle Eindrücke „individuell, persönlich, subjektiv“ (ebd.) verarbeitet werden. Daher ist das Spektrum potentieller Auswirkungen elterlicher Überbehütung vielgestaltig, da Kinder unterschiedlich auf das Verhalten reagieren (vgl. ebd.). Wichtig ist zu beachten, dass die in diesem Kapitel folgenden Auswirkungen keine zwangsläufige Kausalität zur elterlichen Überbehütung aufweisen, sondern beispielswiese auch in einer dem Kind gegenüber autoritären oder gewalttätigen Erziehungshaltung begründet liegen können (vgl. ebd.). Ebenso sollte Beachtung finden, dass die folgenden Ausführungen aufgrund der bereits benannten Vielgestaltigkeit keinen Anspruch auf Vollständigkeit erheben.
Juul sieht die Folge überbehütender Erziehung vor allem in den Schwierigkeiten betroffener Kinder im Umgang mit anderen Kindern. Kinder verhalten sich dabei „entweder passiv oder dominierend“ (myToys.de [Hrsg.], 2015, https://blog.mytoys.de/).
Leber betont die Blockade der gesamten Entwicklung, die sich besonders in Unselbstständigkeit, geringem Selbstvertrauen, Ängstlichkeit, Unruhe und psychosomatischen Störungen äußern kann. Auch Schulangst sowie Leistungsversagen nimmt er in seine Aufzählung mit auf. (Vgl. Leber, 2002, S. 686)
Frick wird in seiner Beschreibung ausführlicher und listet eine Vielzahl potentieller Auswirkungen verwöhnender Erziehung auf. Wie in der Definition bereits beschrieben, sieht er Überbehütung als einen Modus der Verwöhnung (vgl. Frick, 2018, S. 39). In seinen Ausführungen differenziert er nicht explizit die Abhängigkeit der Auswirkungen von den einzelnen Modi der Verwöhnung. Die folgende Auswahl der Auswirkungen bezieht sich auf die Folgen der Überbehütung und basiert auf der Grundlage der in dieser Arbeit bisher gewonnenen Erkenntnisse.
Zunächst zeigen überbehütete Kinder eine große Anspruchshaltung und Bequemlichkeit. In ihrer Herkunftsfamilie haben die Kinder gelernt, dass ihre Eltern unangenehme Dinge für sie erledigen, weshalb sie diese Erwartungshaltung auch in anderen Lebensbereichen zeigen. Diese kindlichen Fehlhaltungen entwickeln sich häufig subtil und äußern sich beispielsweise dadurch, dass das Kindergartenkind dem*der Erzieher*in selbstverständlich seine Schuhe zum Schnüren vorhält. Um ihre Ansprüche durchzusetzen, zeigen Kinder zum Teil auch aggressive Verhaltensweisen. (Ebd., S. 75 f.) Dabei haben Kinder ein ausgesprochen egoistisches Interesse und der Blick für andere fehlt ihnen weitestgehend (vgl. ebd., S. 77).
Überbehütete Kinder zeigen einen Mangel an sozialen Fertigkeiten und Bereitschaften. Ihre kooperativen Fähigkeiten sind „nur rudimentär ausgebildet“ (ebd., S. 77). Sie weisen ein mangelhaftes Einfühlungsvermögen auf und auch das Gemeinschaftsgefühl ist kaum entwickelt (vgl. ebd.). Daraus kann innere und/oder äußere Einsamkeit folgen, da überbehütete Kinder „selber wenig Fähigkeiten besitzen, soziale und gleichwertige Beziehungen zu pflegen“ (ebd.). Bei Gleichaltrigen sind sie deshalb unbeliebt oder werden gemieden (vgl. ebd.).
Menschen, denen in ihrer Kindheit stets die Verantwortung abgenommen wurde, haben im Verlauf ihres Lebens Mühe, für sich selbst und ihr Handeln Verantwortung zu übernehmen. Dies äußert sich darin, dass sie Aufträge oder Vereinbarungen vergessen oder Räume in chaotischen Zuständen hinterlassen. (Vgl. ebd., S. 77f.) Auch die mangelnde intrinsische Motivation für Dinge, die keine Freude bereiten, zeigen Betroffene nicht nur in ihrer Kindheit, sondern auch als Erwachsene. Sie meiden Aktivitäten, die Anstrengung erfordern oder unangenehm sind. Der daraus resultierende mangelnde Einsatz führt dazu, dass beispielsweise keine Erfolge beim Lernen zu verzeichnen sind. Er kann sich aber auch darin widerspiegeln, dass überbehütete Menschen Probleme beim Aufbau und der Aufrechterhaltung längerfristiger Beziehungen haben. Unabhängig vom Lebensbereich verhindert er eigene wichtige Erfahrungen. (Vgl. Frick, 2018, S. 78, 81)
Wenn Betroffene Einsatz zeigen, resignieren sie bei jedem nicht sofort erkennbarem Erfolg. Sie zeigen wenig Geduld mit sich selbst und verfügen nur über geringes Durchhaltevermögen. (Vgl. ebd., S. 81)
Überbehütete Menschen verfügen kaum über die Fähigkeit der Selbststeuerung und -kontrolle. Selbstkontrolle ist jedoch die Voraussetzung dafür, mit Misserfolgen umzugehen und darauf mit angemessenen Problemlösestrategien zu reagieren. (Vgl. ebd., S. 85) Die Demütigung, die sie bei Misserfolgen erfahren, kompensieren sie, indem sie die Schuld anderen zuweisen. (Vgl. ebd., S. 81) Dieses Verhaltensmuster haben sie bereits in frühen Kindheitstagen von ihren Eltern übernommen.
Der inadäquate Umgang mit Misserfolgen führt außerdem zur Entstehung von immer wiederkehrenden Ängsten vor neuen Aufgaben und Anforderungen. Je mehr Übung den Betroffenen im Bewältigen von Herausforderungen fehlt, desto unüberwindbarer erscheinen sie. Daraus können starke Nervosität, Schlafstörungen oder andere psychosomatische Reaktionen folgen. (Vgl. ebd., S. 82 f.) Stark entmutigte Menschen „neigen hingegen eher zum Ausweichen, werden immer wieder krank, verschlafen … den Termin“ (ebd., S. 83).
Die Verunsicherung von Menschen, die bisher nie die Chance hatten, Eigenverantwortung zu übernehmen, führt dazu, dass sie sich vermehrt von anderen Menschen abhängig fühlen. Oft unbewusst suchen sie sich im Verlauf ihres Lebens wieder komplementär strukturierte Freund*innen oder Partner*innen. Dieses stark ausgeprägte Abhängigkeitsgefühl kann für die Betroffenen zum Teil unerträglich sein. (Vgl. ebd., S. 80)
Denn diese Abhängigkeit verstärkt das fehlende Zutrauen in die eigenen Fähigkeiten. Überbehütete Kinder und später Erwachsene glauben nicht an eigene Kräfte und Fähigkeiten. Sie unterschätzen ihre eigenen Potenziale. „Dadurch wird der Selbstständigkeitsradius im Leben massiv eingeschränkt, viele Möglichkeiten des Lebens werden nicht in Erwägung gezogen“ (ebd.) und es kann ein starkes Minderwertigkeitsgefühl entstehen. Dieses kann sogar dazu führen, dass Kinder Angst vor dem Erwachsenwerden haben. Diese Angst unterdrückt das natürliche Streben des Kindes. Es fehlt ihnen an Lebensmut und sie entwickeln die Tendenz, Entscheidungen auszuweichen. (Vgl. ebd.)
Durch die fehlenden Erfahrungen und Erfolgserlebnisse mangelt es den Kindern auch an Selbstwirksamkeitsüberzeugungen. Sie haben nicht das Gefühl, aktiv Einfluss auf ihre Umwelt nehmen und ihr Leben kontrollieren zu können. Für ein gesundes Selbstwertgefühl ist dies jedoch von großer Bedeutung. (Vgl. Frick, 2018, S.80) Der Mangel dieses Gefühls der Selbstwirksamkeit ist zudem „ein prädisponierender Faktor für spätere Depressionen“ (ebd.).
Neben dieser potentiellen Folge sollte als weitere langfristige Auswirkung auch die erhöhte Bereitschaft für Alkohol-, Medikamenten- bzw. Drogenmissbrauch erwähnt sein. Durch den Substanzmissbrauch können mit geringster Anstrengung „unangenehme Gefühlszustände unterdrückt und angenehme hervorgerufen werden“ (ebd., S. 83). Da es überbehüteten Menschen an alternativen Bewältigungsmechanismen fehlt, kann sich die Missbrauchs- und Suchtspirale verstärken. (Vgl. ebd.)
Wunsch beschreibt in seinen Ausführungen vier konkrete Kompetenzbereiche, die durch Überbehütung massiv beschränkt werden. Diese sieht er in der Ich-Stärke, der sozialen Kompetenz, der Kreativität sowie der Leistungsbereitschaft und -fähigkeit (vgl. Wunsch, 2013, S. 181). Schließlich lassen sich alle bisher aufgeführten Auswirkungen hier einordnen, weshalb festgehalten werden kann, dass im Kern die Ausbildung dieser vier Kompetenzbereiche bei überbehüteten Menschen nur mangelhaft erfolgen kann.
Frick stellt schlussendlich die These auf, dass überbehütete Kinder letztlich zu kurz kommen, auch wenn dies auf den ersten Blick paradox klingen mag. Jedoch fehlt es den Kindern an Freiraum zur selbstständigen Auseinandersetzung mit Problemstellungen und dem Finden eigener Lösungen. Dieser Mangel begleitet sie in den Begegnungen mit den Aufgaben des Lebens. Frick betitelt überbehütete Menschen passend als Zuschauer*innen ihres eigenen Lebens, da sie stets auf eine Veränderung warten, aber selbst in Passivität verharren. (Vgl. ebd., S. 109 f.)
3. Überbehütung als subtile Form der Kindeswohlgefährdung
3.1. Überbehütung als Einschnitt in Kinderrechte
Eltern, die ihr Kind überbehüten, verstoßen bei genauerer Betrachtung gegen gesetzliche Grundlagen (vgl. Wunsch, 2013, S. 88). §1627 BGB gibt vor, dass Eltern die elterliche Sorge „zum Wohl des Kindes auszuüben“ (Verlag C. H. Beck [Hrsg.], 2018, S. 128) haben. Auch Artikel 18 der UN-Kinderrechtskonvention weist in Absatz 1, Satz 2 und 3 darauf hin, dass in erster Linie die Eltern verantwortlich für die Erziehung und Entwicklung des Kindes sind und dabei „das Wohl des Kindes ihr Grundanliegen“ (Landeshauptstadt Dresden [Hrsg.], 2019, S. 194) ist.
§1626 BGB, Absatz 2 Satz 1 besagt, dass sie dabei „die wachsende Fähigkeit und das wachsende Bedürfnis des Kindes zu selbstständigem verantwortungsbewusstem Handeln“ (Verlag C. H. Beck [Hrsg.], 2018, S. 127) berücksichtigen sollen. Auch §1 SGB VIII betont, dass jeder junge Mensch „ein Recht auf Förderung seiner Entwicklung und auf Erziehung zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit“ (ebd., S. 17) hat.
Letztlich ist auch Artikel 2 des Grundgesetzes zu beachten, der vorgibt, dass jeder Mensch „das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit“ (ebd., S. 104) hat.
Auch wenn nicht alle aufgeführten Rechtsgrundlagen explizit als Kinderrechte deklariert sind, können diese als Rechtsprechung im Sinne von Kindern und Jugendlichen betrachtet werden, da sie die Ziele im Hinblick auf ihre Erziehung und Entwicklung vorgeben.
Werden die eben zitierten gesetzlichen Grundlagen mit den Merkmalen (Kap. 2.2) sowie den Auswirkungen (Kap. 2.4) von Überbehütung verglichen, so wird deutlich, dass überbehütendes Erziehungsverhalten gegen diese Rechte verstößt.
Durch ihre Überinvolviertheit und der Einschränkung der kindlichen Autonomie missachten überbehütende Eltern die Fähigkeit und das Bedürfnis ihrer Kinder zu selbstständigem Handeln. Aufgrund ihrer Bereitschaft, dem Kind zu bewältigende Aufgaben zu schnell abzunehmen, erhalten betroffene Kinder nicht die Möglichkeit, Selbstständigkeit zu erlernen und eigene Wege im Umgang mit Herausforderungen zu finden. Für die Bewältigung von Schwierigkeiten im kindlichen Alltag übernehmen stets die Eltern die Verantwortung. Durch die fehlende Notwendigkeit können Kinder auch keine Eigenverantwortung entwickeln, sondern bleiben, wie in Kapitel 2.4 beschrieben, häufig bis ins Erwachsenenalter abhängig von anderen Personen.
Da Überbehütung als Folge auch einen Mangel von sozialen Fertigkeiten und Bereitschaft sowie kindliche Egozentrik mit sich bringen kann, missachten Eltern mit ihrem Handeln auch die Erziehung des Kindes zu einer gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit.
Durch das aus der Überbehütung folgende fehlende Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten kann, wie bereits beschrieben, der Selbstständigkeitsradius so massiv eingeschränkt sein, dass in diesem Fall auch dem in Artikel 2 niedergeschriebenen Recht zur freien Entfaltung der Persönlichkeit nicht nachgekommen wird.
Daraus lässt sich schlussfolgern, dass durch Überbehütung die gesetzlich festgelegten Rechte der Kinder hinsichtlich ihrer Erziehung und Entwicklung nicht in vollem Umfang erreicht werden können. Wie stark diese Rechte beschnitten werden, hängt von der Intensität der Überbehütung ab.
Zudem kann daraus abgeleitet werden, dass durch die Nichteinhaltung dieser Rechte das Wohl des Kindes nicht vollumfänglich gewährleistet werden kann. Inwiefern Überbehütung eine Gefährdung des Kindeswohls darstellen kann, wird im folgenden Kapitel thematisiert.
3.2. Überbehütung als Form der seelischen Misshandlung
Um nachvollziehen zu können, weshalb Überbehütung eine Gefährdung für das Wohl des Kindes darstellen kann, muss zunächst der Begriff Kindeswohlgefährdung definiert werden. Dieser gilt, genau wie der des Kindeswohls, als unbestimmter Rechtsbegriff, was bedeutet, dass per Gesetz keine abschließende Definition vorliegt (vgl. Landeshauptstadt Dresden [Hrsg.], 2019, S. 10). In einem Beschluss aus dem Jahr 1956 definierte der Bundesgerichtshof Kindeswohlgefährdung als „eine gegenwärtige in einem solchen Maße vorhandene Gefahr, dass sich bei der weiteren Entwicklung eine erhebliche Schädigung mit ziemlicher Sicherheit voraussehen lässt“ (Prinz [Hrsg.], o.J., https://www.prinz.law/urteile/bgh/IV_ZB__32-56-ok, S. 5). Etwas detailreicher und präziser ist die Definition des Kinderschutz-Zentrums Berlin, die diesem Kapitel im Folgenden auch zugrunde liegen soll. Darin heißt es: „Kindeswohlgefährdung ist ein das Wohl und die Rechte eines Kindes […] beeinträchtigendes Verhalten oder Handeln bzw. ein Unterlassen einer angemessenen Sorge durch Eltern oder andere Personen in Familien oder Institutionen […], das zu nicht-zufälligen Verletzungen, zu körperlichen und seelischen Schädigungen und / oder Entwicklungsbeeinträchtigungen eines Kindes führen kann, was die Hilfe und eventuell das Eingreifen von Jugendhilfe-Einrichtungen und Familiengerichten in die Rechte der Inhaber der elterlichen Sorge im Interesse der Sicherung der Bedürfnisse und des Wohls eines Kindes notwendig machen kann“ (Kinderschutz – Zentrum Berlin e.V., 2011, S. 32).
Die Beeinträchtigung der Rechte des Kindes durch Überbehütung wurde im vorherigen Kapitel bereits hinreichend aufzeigt und gilt somit als erster Hinweis auf das Vorliegen einer Kindeswohlgefährdung. Weiterführend lässt sich anhand der Auswirkungen von Überbehütung (Kap. 2.4) auch feststellen, dass es sich um ein Verhalten von Eltern handelt, welches zu Entwicklungsbeeinträchtigungen des Kindes führt. Beispielhaft seien an dieser Stelle nochmal die fehlende Selbstwirksamkeitsüberzeugung sowie die gering ausgeprägte Selbstkontrolle genannt. Auch seelische Verletzungen werden durch Überbehütung hervorgerufen, wie zum Beispiel die bereits erwähnte wiederkehrende Angst vor neuen Anforderungen.
Inwiefern Eltern und Kinder in diesem Kontext unterstützt werden können und wann ein Eingriff in das Recht der Eltern zur Sicherung des Kindeswohls notwendig ist, wird in Kapitel 4.3 thematisiert.
Um nachzuweisen, dass es sich bei Überbehütung um eine Form der Kindeswohlgefährdung handeln kann, ist es notwendig, diese noch konkreter einzuordnen.
Es lassen sich verschiedene Gefährdungsformen unterscheiden. Der Dresdner Kinderschutzordner unterteilt diese in Vernachlässigung, Misshandlung, sexualisierte Gewalt/ sexueller Missbrauch und häusliche Gewalt.
Überbehütung lässt sich in diesem Kontext am ehesten der Misshandlung zuordnen. Pernhaupt und Czermak definieren Misshandlung im weitesten Sinn als „jede gewalttätige oder unnötig einengende Handlung an Kindern oder deren Vernachlässigung, als deren Folge Angst, seelisches Leid und / oder körperliche Verletzung auftreten. Die Misshandlung muss keine sofort feststellbaren seelischen oder körperlichen Spuren hinterlassen; die Auswirkungen einer Misshandlung können auch erst nach einer sehr langen Latenzzeit sichtbar werden“ (Pernhaupt; Czermak, 1980, S. 86, zit. nach Frick, 2018, S. 185). Durch die Einschränkung der kindlichen Autonomie liegt bei überbehütendem Verhalten von Eltern eine einengende Handlung vor. Im Kapitel 2.4 wurde zudem deutlich, dass die Auswirkungen auch erst im Verlauf des Lebens sichtbar werden können. Dies bestätigt die von Pernhaupt und Czermak getroffene Aussage hinsichtlich der Latenzzeit.
Der Dresdner Kinderschutzordner ordnet Misshandlung als „das Zufügen jeglicher Art von Gewalt (physisch, psychisch) unabhängig von der damit verbundenen Intention“ (Landeshauptstadt Dresden [Hrsg.], 2019, S. 13) ein. Die Form der seelischen Misshandlung ist gekennzeichnet durch „feindliche oder abweisende, ablehnende oder ignorierende Verhaltensweisen gegenüber dem Kind“ (ebd., S. 14) oder durch „überfürsorgliches entwicklungseinschränkendes Verhalten“ (ebd.). An dieser Stelle wird deutlich das Verhalten beschrieben, welches überbehütende Eltern zeigen.
Als potentielle Folgen seelischer Misshandlung werden psychische Störungen, Probleme in sozialen Beziehungen und Suchtverhalten aufgelistet. Des Weiteren spielen auch die nachhaltige Beeinträchtigung des Persönlichkeits- und Selbstwerterlebens des Kindes und die langfristige Verminderung von Selbstvertrauen und Selbstkontrolle eine Rolle. Zuletzt kann es auch zu Verhaltensauffälligkeiten, beispielsweise Aggressionen, kommen. (Vgl. ebd.)
Auch hier sind eindeutige Parallelen zu den in Kapitel 2.4 beschriebenen Auswirkungen der Überbehütung erkennbar. Zu beachten ist die klare Formulierung, dass Misshandlung unabhängig von der damit verbundenen Intention ist. Überbehütende Eltern haben nicht die Absicht, ihrem Kind Gewalt zuzufügen, sondern möchten es vor potentiellen Gefahren schützen und handeln mit positivem Vorsatz. Aus diesem Grund fällt es überbehütenden Eltern vermutlich schwer, die Gefahr ihres Handelns zu erkennen.
Auch Frick bringt Verwöhnung mit psychischer Misshandlung in Verbindung. Seiner Meinung nach sollte eine ausgeprägt verwöhnende Erziehung „als eine spezielle Variante der psychischen Misshandlung aufgeführt werden“ (Frick, 2018, S. 186). Weiter legt er dar, dass sich psychische Misshandlung und Verwöhnung „als zwei sich teilweise überschneidende Kreisflächen darstellen“ lassen, denn „nicht jede verwöhnende Erziehung hat den Charakter einer psychischen Misshandlung und umgekehrt“ (ebd., S. 187).
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