Diese Arbeit untersucht die Fragestellung, ob und inwiefern Koffein Einfluss auf die Leistungs- und Konzentrationsfähigkeit ausgewählter Probanden bei der Implementierung des Stroop-Tests, in Abhängigkeit verschiedener Tageszeiten, nimmt.
Koffein gilt seit einigen Jahrhunderten aufgrund seiner leistungssteigernden Wirkung als Antrieb für Menschen im privaten sowie beruflichen Umfeld. Für viele ist die Tasse Kaffee besonders in ihrer morgendlichen Routine nicht mehr wegzudenken, doch welchen Effekt hat Koffein im Laufe des Tages auf die Leistungsfähigkeit des Menschen? Um dieser Fragestellung näherzukommen und diese in einem experimentellen Umfeld zu operationalisieren, untersucht die vorliegende Arbeit den Einfluss von Koffein auf die Ergebnisse des Stroop-Test unter Berücksichtigung zweier unterschiedlicher Tageszeitpunkte.
Unter 2.1 wird zunächst auf den von John Ridley Stroop entdeckten Stroop-Effekt, welcher die Aufmerksamkeit von inkongruenten visuellen Informationen messbar macht, eingegangen. Denn nicht zuletzt durch die vielfältigen experimentellen Variationen des Stroop-Tests wird dieser nicht mehr nur allein in der experimentellen Forschung eingesetzt, sondern erlangt zunehmend auch in der klinischen- sowie Einzelfalldiagnostik an Bedeutung.
Inhaltsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
1 Einleitung
2 Theoretischer Hintergrund
2.1 Der Stroop- Effekt
2.2 Physiologische und psychologische Wirkung von Koffein
2.3 Die tageszeitliche Leistungskurve des Menschen
2.4 Einordnung in den aktuellen Stand der Forschung
3 Methodik
3.1 Stichprobe
3.2 Forschungsdesign
3.3 Untersuchungsdurchführung
3.4 Erhebungsinstrument
3.5 Datenaufbereitung und statistische Verfahren
4 Ergebnisse
4.1 Prüfung der Hypothese H1
4.2 Prüfung der Hypothese H2
4.3 Prüfung der Hypothese H3
5 Diskussion
5.1 Zusammenfassung und Interpretation der Ergebnisse
5.2 Praktische Implikationen
5.3 Limitationen und Kritik
5.4 Fazit
6 Literaturverzeichnis
7 Anhang
Die Seminararbeit hat einen Umfang von5763Wörtern. Grundlage ist der Leitfaden zur formalen Gestaltung von Seminar- und Abschlussarbeiten, Stand Mai 2021.
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Chronotypen - Gegenüberstellung von„Lerchen“und„Eulen“
Abbildung 2: Online Stroop-Test
Abbildung 3: Ergebnisauswertung Stroop-Test
Abbildung 4: Normalverteilung der Einzelvariablen in zwei Subdatensätze des statistischen Auswertungsverfahren
Abbildung 5: Histogramm - Reaktionszeit in Sekunden mit Koffein
Abbildung 6: Histogramm - Reaktionszeit in Sekunden ohne Koffein
Abbildung 7: qq-Plot - Reaktionszeit in Sekunden mit Koffein
Abbildung 8: qq-Plot - Reaktionszeit in Sekunden ohne Koffein
Abbildung 9: H1 - Normalverteilung mittels Shapiro-Wilk-Tests für Koffein
Abbildung 10: H1 - Normalverteilung mittels Shapiro-Wilk-Tests für Koffeinfrei
Abbildung 11: Ungepaarter t-Test bzgl. der Einflussnahme von Koffein auf die
Abbildung 12: Ergebnisquote in Prozent mit Koffein
Abbildung 13: Ergebnisquote in Prozent ohne Koffein
Abbildung 14: qq-Plot Ergebnisquote mit Koffein
Abbildung 15: qq-Plot Ergebnisquote ohne Koffein
Abbildung 16: H2 - Normalverteilung mittels Shapiro-Wilk-Tests für Koffein
Abbildung 17: H2 - Normalverteilung mittels Shapiro-Wilk-Tests für Koffeinfrei
Abbildung 18: Mittelwert anhand Mann-Whitney-U-Tests für Koffein
Abbildung 19: Mittelwert anhand Mann-Whitney-U-Tests für Koffeinfrei
Abbildung 20: Mittelwert anhand Wilcoxon-Tests für vormittags
Abbildung 21: Mittelwert anhand Wilcoxon-Tests für nachmittags
Abbildung 22: Mittelwerterhebung der Reaktionszeit und Ergebnisquote anhand des mean-Befehls für 4 Variablen
Abstract
Der sogenannte Stroop-Effekt steht für ein experimentalpsychologisches Phänomen, welches das Konzept einer automatisierten Aufmerksamkeitsreaktion untersucht. Die vorliegende Arbeit untersucht die Fragestellung, ob und inwiefern Koffein Einfluss auf die Leistungs- und Konzentrationsfähigkeit ausgewählter Probanden bei der Implementierung des Stroop-Tests, in Abhängigkeit verschiedener Tageszeiten, nimmt. Die durchgeführte, wissenschaftliche Untersuchung baut hierbei auf der Datenerhebung in Form eines Experiments auf, in dessen Rahmen vier Probanden im Alter zwischen 23 und 31 Jahren in einem Zeitabschnitt von insgesamt fünf Tagen, jeweils morgens und abends, eine Tasse Kaffee tranken, bevor sie den Stroop-Test durchführten. Anhand der Datenerhebung wird folglich geprüft, ob sich die mittlere Reaktionsgeschwindigkeit sowie die Antwortquote verbessert und somit beeinflusst werden kann. Die Probanden wurden in Kontroll- und Experimentalgruppe eingeteilt, wobei Teilnehmerinnen und Teilnehmer der zweitgenannten Gruppe unwissentlich koffeinfreien Kaffee als abhängige Variable verabreicht bekamen. Mit Hilfe der Statistiksoftware R wurden alle erhobenen Daten analysiert und hinsichtlich der folgenden drei Hypothesen ausgewertet:
H1: Die durchschnittliche Reaktionszeit im Stroop-Test sinkt mit der Einnahme von Koffein.
H2: Die durchschnittliche Ergebnisquote im Stroop-Test steigt mit der Einnahme von Koffein.
H3: Die Tageszeit hat einen Einfluss auf die durchschnittliche Reaktionszeit sowie die Ergebnisquote im Stroop-Test.
Keine der drei untersuchten Hypothesen ergab, unter Verwendung des gebilligten Signifikanzniveaus, ein signifikantes Ergebnis. Allerdings gilt es hierbei festzuhalten, dass die Probanden mit Koffein eine im Mittelwert niedrigere Reaktionszeit aufwiesen als die Experimentalteilnehmer. Die Aufnahme von Koffein führte schlussfolgernd zu einer niedrigeren Reaktionszeit im Stroop- Test. Die Untersuchung der Ergebnisquote im Stroop- Test konnte keine signifikanten Ergebnisse hervorbringen. Vielmehr lag die Ergebnisquote ohne Koffein marginal höher als die Ergebnisquote der Kontrollgruppe. Die Aufnahme von Koffein scheint also die Reaktionsgeschwindigkeit positiv zu beeinflussen, nicht aber die Fehlerquote beim Lösen von Aufgaben. Weitere, umfangreichere Testreihen könnten hierbei zu konsistenteren Ergebnissen führen. Abschließend wurden die Auswirkungen der Tageszeit auf die Reaktionsgeschwindigkeit sowie die Ergebnisquote gemessen. Auch hier fanden sich keinerlei Signifikanzen in Bezug auf die Ergebnisse. Die Reaktionszeiten um 15 Uhr, verglichen mit den Reaktionszeiten um 9 Uhr, waren leicht niedriger.
1 Einleitung
Koffein gilt seit einigen Jahrhunderten aufgrund seiner leistungssteigernden Wirkung als Antrieb für Menschen im privaten sowie beruflichen Umfeld. Für viele ist die Tasse Kaffee besonders in ihrer morgendlichen Routine nicht mehr wegzudenken, doch welchen Effekt hat Koffein im Laufe des Tages auf die Leistungsfähigkeit des Menschen? Um dieser Fragestellung näherzukommen und diese in einem experimentellen Umfeld zu operationalisieren, untersucht die vorliegende Arbeit den Einfluss von Koffein auf die Ergebnisse des Stroop-Test unter Berücksichtigung zweier unterschiedlicher Tageszeitpunkte. Unter 2.1 wird zunächst auf den von John Ridley Stroop entdeckten Stroop- Effekt, welcher die Aufmerksamkeit von inkongruenten visuellen Informationen messbar macht, eingegangen. Denn nicht zuletzt durch die vielfältigen experimentellen Variationen des Stroop- Tests wird dieser nicht mehr nur allein in der experimentellen Forschung eingesetzt, sondern erlangt zunehmend auch in der klinischen- sowie Einzelfalldiagnostik an Bedeutung. Des Weiteren wird auf die physiologische und psychologische Wirkung von Koffein eingegangen sowie unter 2.3. die theoretischen Grundlagen der individuellen Leistungsfähigkeit des Menschen in Abhängigkeit der Tageszeit erläutert. Im Kapitel 2.4. werden in Anlehnung an den aktuellen Stand der Forschung die drei Forschungshypothesen, basierend auf der zuvor erfolgten theoretischen Grundlage, erstellt. Das 3. Kapitel bildet den Methodik-Teil dieser Arbeit ab und beschreibt neben der Stichprobe sowohl das Forschungsdesign als auch Forschungsmethodik. Aufbauend auf der Darstellung des ausgewählten Erhebungsinstrument in Form des Online- Stroop- Tests wird abschließend die statistische Datenaufbereitung sowie die Verwendung statistischer Verfahren mit dem Analyseprogramm R erläutert. Anschließend werden die Ergebnisse im 4. Kapitel anhand der vorab formulierten drei Hypothesen geprüft und im folgenden Kapitel zusammengetragen und interpretiert. Danach werden neben praktischen Implikationen auch Kritikpunkte sowie mögliche Fehlerquellen genannt, bevor die Arbeit unter Bezugnahme aller Erkenntnisse mit einem Fazit abschließt.
2 Theoretischer Hintergrund
2.1 Der Stroop- Effekt
Der Stroop- Effekt ist ein, im Jahre 1935 entdecktes experimentalpsychologisches Phänomen, welches das Konzept einer automatisierten Aufmerksamkeitsreaktion untersucht. Die Besonderheit des erstmals von John Ridley Stroop erfassten Effekts beruht hierbei auf dessen Doppelcharakter, da er sowohl als Untersuchungsgegenstand als auch als Untersuchungsmittel fungiert. Der Stroop-Test verdeutlicht, dass unbekannte und irreguläre Handlungsschritte im Vergleich zu routinierten und ausgebildeten Tätigkeiten, welche auf einem automatisierten Handlungsmuster basieren, eine höhere Aufmerksamkeitsspanne sowie eine längere Bearbeitungszeit erfordern.1Die klassische Stroop- Aufgabe besteht darin, dass Probanden die Farbe eines geschriebenen Wortes so schnell wie möglich wiedergeben sollen. Ist die Farbe mit dem Wort kongruent, beispielsweise das Wort „blau“ ist in der Farbe blau hinterlegt, fällt es den Experimentalteilnehmern leicht, eine schnelle Lösungsantwort zu geben. Ist jedoch das Wort und die Farbe inkongruent, beispielweise das Farbwort ist „blau“ und in roter Druckfarbe abgebildet, kommt es zu einer verzögerten Farbwiedergabe, die mit einer deutlich erhöhten Anstrengung und Fehlerquote einhergeht. Der automatisierte Leseprozess eines Wortes lässt sich nur unter Anstrengung unterdrücken und auf die reine Farbwiedergabe beschränken. Der Stroop- Effekt beschreibt somit die Interferenz zwischen dem automatisierten Lesen und der Verarbeitung zusätzlicher Informationen, die sich auf das gelesene Wort beziehen.
2.2 Physiologische und psychologische Wirkung von Koffein
Koffein ist weltweit eine der am meisten konsumierten psychoaktiven Substanzen und erfreut sich dank seiner anregenden, aktivierenden Wirkung seit Jahrtausenden großer Beliebtheit. Erste Datierungen des Kaffeeanbaus werden auf das 12./13. Jahrhundert geschätzt.2Doch was hat es mit der Substanz auf sich, die für so viele Menschen als täglicher Schmierstoff für den Alltag gilt? Chemisch zählt das bitter schmeckende und geruchlose Pulver zur Gruppe der Methylxanthine (1,3,7-Trimethylxanthin) und kommt in zahlreichen Beeren, Samen und Blättern von koffeinhaltigen Pflanzen wie dem Kaffeestrauch vor.3Die wichtigsten Quellen von Koffein sind Kaffee, Tee, Mate, Guarana, Kolanuss und Kakao. Gleichzeitig gehört er zu den Alkaloiden und fungiert für die Pflanze als eine Art natürliches Insektengift. Abhängig von der Sorte der Kaffeebohne enthält Kaffee im Schnitt 1% bis 2,6% Koffein. Alle koffeinhaltigen Erfrischungsgetränke werden in Deutschland laut der Fruchtsaft-, Erfrischungsgetränke- und Teeverordnung bis maximal 320 Milligramm pro Liter gedeckelt. Beim Trinken einer Tasse Kaffee werden etwa 50 bis 100 Milligramm Koffein konsumiert. Nach dem Verzehr dessen oder eines anderen koffeinhaltigen Getränks wird dann der Koffeinkomplex durch die Magensäure gespalten, sodass das Alkaloid in freier Form vorliegt. Anschließend erfolgt eine schnelle Resorption über den Magen und den Zwölffingerdarm (Duodenum) und nach etwa einer halben Stunde ist die maximale Blutkonzentration erreicht. Die Resorptionsgeschwindigkeit des Koffeins kann sich durch die Einnahme einer Mahlzeit, Zucker und einem niedrigen pH-Wert bis zu mehreren Stunden verzögern. Die Halbwertszeit von Koffein beträgt generell etwa drei bis sieben Stunden. Allgemein ist der Abbau des Koffeins von Person zu Person unterschiedlich und kann beispielweise durch Rauchen beschleunigt werden. Der Konsum von Koffein wirkt in üblicher Dosierung von 50 bis 200 Milligramm in erster Linie anregend auf das sympathische Nervensystem. Dort blockiert es Adenosinrezeptoren und wirkt als Gegenspieler zu Adenosin. Die Folge ist der zentrale Stimulus von Atmung, Herztätigkeit und Stoffwechsel sowie der Anstieg der Körpertemperatur und des Blutdrucks. Außerdem wird der Blutdruck angeregt und die Blutgefäße im Gehirn verengen sich. Bei dauerhaft hohem und regelmäßigem Koffeinkonsum passt sich der Organismus mit einer Erhöhung der Adenosinrezeptoren und einer steigenden Toleranzwirkung an, wobei ein entsprechender Gewöhnungseffekt bereits nach zwei bis drei Tagen regelmäßiger Koffeinzufuhr einsetzen kann. Neueste Studien der Universität Basel zeigen sogar die temporäre Veränderung der Gehirnstruktur bei regelmäßigem Kaffeekonsum. So fand ein Forscherteam um Dr. Carolin Reichert und Prof. Dr. Christian Cajochen von der Universität in Basel heraus, dass sich die graue Substanz im Gehirn durch regelmäßigen Kaffeekonsum verringert.4Die graue Substanz ist dabei Teil des zentralen Nervensystems und besteht aus Zellkörpern von Nervenzellen. Zwar belegten die Ergebnisse der Studie nicht zwingend, dass der Konsum von koffeinhaltigen Getränken negative Auswirkungen auf das menschliche Gehirn hat, aber „offensichtlich verändert der alltägliche Koffeinkonsum unsere kognitive Hardware, was zumindest Anlass für weitere Studien geben sollte.“5. Die Auswirkungen von Koffein sind jedoch nicht nur physisch nachweisbar, sondern werden vor allem durch die psychoaktiven Reaktionen des Körpers sichtbar. Schon geringe Mengen wirken stimulierend. Müdigkeitserscheinungen werden verringert, Konzentrationsfähigkeit und Leistungsbereitschaft gefördert, motorische und kognitive Fähigkeiten wie die Lernfähigkeit nehmen zu. Eine Studie der Universität Baltimore zeigt, dass der Kaffeekonsum nach dem Lernen zur Verstärkung des Langzeitgedächtnisses führt.6160 Probanden wurden mehrere Gegenstände auf Bildern gezeigt, die in zwei Kategorein eingeordnet werden sollten. Anschließend bekam eine Hälfte der Probanden 200 Milligramm Koffeintabletten und die andere Hälfte ein Placebo. Nach 24 Stunden bekamen die Probanden die Bilder in gleicher, ähnlicher und abgewandelter Form erneut gezeigt und wurden von der Koffein-Gruppe deutlich besser wiedererkannt. Doch nicht nur kognitiv scheint Koffein positive Auswirkungen zu erzielen, es beeinflusst sogleich die Lebenszeit. In einer Forschungsreihe der Harvard School od Public Health wurden 200.000 Personen mittels einer Langzeitstudie7begleitet, deren Ergebnis durchaus überrascht. Laut Forschungsergebnissen leben Kaffeetrinker nicht nur länger, ebenso wurde herausgefunden, dass bis zu fünf Tassen täglicher Kaffeekonsum das Risiko an einer Herz-Kreislauf-Erkrankung zu sterben, verringern. Andere Studien belegen weitere Vorzüge des Koffeinkonsums, indem sie positive Auswirkungen auf die Erkrankungen Typ-2-Diabetes8sowie die Alzheimerkrankheit9nachweisen konnten. Doch das Koffein hat nicht nur Vorzüge, sondern kann bei hoher Dosierung zu unerwünschten, stressähnlichen Symptomen führen. Je nach individuellem Gewöhnungseffekt gibt es bei der Verträglichkeit große Unterschiede. Schon ab Dosierungen von 200 bis 300 Milligramm treten Symptome wie Unruhe, verminderte Konzentrationsfähigkeit, Nervosität und Schlafstörungen sowie Zittern und Erbrechen auf. Auch bei Koffein macht die Dosis das Gift. Die letale Dosis bei Erwachsenen liegt je nach Konstitution und Körpergewicht bei einer täglich konsumierten Menge von 10g Koffein. Dies entspricht in etwa einer Menge von 100 Tassen Kaffee am Tag.10
2.3 Die tageszeitliche Leistungskurve des Menschen
„Alle Menschen haben eine innere Uhr, aber nicht jede tickt gleich.“11Die Leistungskurve eines jeden Menschen ist losgelöst vom Tagesverlauf und kann sehr individuell ausfallen. Der Fachbereich, der sich dieser Thematik widmet, ist die Chronobiologie (chronos, Zeit), welche verschiedene Chronotypen unterscheidet. Die bekanntesten Ausrichtungen sind die „Eulen“ (Spätaufsteher) und „Lerchen“ (Frühaufsteher), welche in der folgenden Abbildung gegenübergestellt sind.
Abbildung 1: Chronotypen – Gegenüberstellung von „Lerchen“ und „Eulen“
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Chronotypen Wieden, M. (2016) Chronobiologie im Personalmanagement, 2. Auflage
Die innere Uhr des Menschen wird genetisch determiniert und beeinflusst zahlreiche Verhaltensaspekte wie Schlafenszeiten, physische Leistungsfähigkeit, organische und sogar kognitive Funktionen. Diese innere Uhr ist die Fähigkeit unseres Körpers, die Körperfunktionen auf eine Zeitspanne von 24 Stunden zu synchronisieren. Dieses Phänomen wird als zirkadiane Rhythmik bezeichnet. Das Wort ist eine Zusammenfassung aus dem lateinischen “circa” (ungefähr) und “dies” (Tag). In unserer heutigen, schnelllebigen Gesellschaft richtet sich unser Leben häufig gegen unsere innere Uhr. Lerchen sollten besonders ihre anspruchsvollen Aufgaben in die Morgenstunden legen, da sie zu der Zeit sehr leistungsfähig sind. Eulen hingegen werden erst gegen Abend aktiv und schöpfen zur späteren Tageszeit aus ihrem vollen Leistungsspektrum.
2.4 Einordnung in den aktuellen Stand der Forschung
Die Wirkungen des Koffeins auf den menschlichen Organismus sind vielfältig und sorgen nicht umsonst für einen stetig wachsenden Koffeinkonsum der Bevölkerung. Der deutsche Kaffeeverbrauch pro Kopf stieg allein in den vergangenen zwei Jahren von 166 Liter (2019) auf 168 Liter (2020) an.12 Das im Kaffee enthaltene Koffein ist eine psychoaktive Substanz, die im Kontext der täglichen Arbeit als Schmierstoff der Arbeitsbewältigung gilt. Doch wie wirkt Koffein auf die Leistung des Stroop-Tests unter Berücksichtigung der Tageszeit? In einer Studie der University of Wales Swansea13 aus dem Jahr 1996 wurden von einem Forschungsteam um Stephen Edwards und Carolyn Brice die Auswirkungen von 125mg und 250mg Koffein auf das Testergebnis im Stroop- Test gemessen. Die Kontrollgruppe bekam ebenso wie im vorliegenden Experiment ein entkoffeiniertes Placebo. Im Ergebnis konnte bei den genannten Dosierungsstufen keine Signifikanz in Bezug auf das Ergebnis des Stroop-Tests gezogen werden. Die Daten zeigten deutlich, dass Koffein weder die Stärke des Stroop-Effekts noch die Geschwindigkeit, mit der die Aufgabe erledigt wurde, beeinflussten konnte. Vier Jahre später veröffentlicht die Fudan University, Shanghai 2020 jedoch eine Studie14, deren Ergebnisse das genaue Gegenteil beweisen. Die verhaltensexperimentellen Ergebnisse an 31 Probanden, denen ein Stroop-Test vorgelegt wurde, zeigten, dass Kaffee die Reaktionsgeschwindigkeit und den Grad der Genauigkeit beim Lösen der Aufgabe signifikant beeinflussen konnten. Die vorliegende Arbeit untersucht daher, neben der potenziellen Einflussnahme von Koffein auf die Reaktionszeit und Fehlerquote der Probanden zusätzlich, ob die Tageszeit einen wesentlichen Einfluss auf das Ergebnis des Stroop-Tests nimmt. Die folgenden drei Hypothesen gilt es hierbei zu überprüfen:
H1: Die durchschnittliche Reaktionszeit im Stroop-Test sinkt mit der Einnahme von Koffein.
H2: Die durchschnittliche Ergebnisquote im Stroop-Test steigt mit der Einnahme von Koffein.
H3: Die Tageszeit hat einen Einfluss auf die durchschnittliche Reaktionszeit sowie die Ergebnisquote im Stroop-Test.
3 Methodik
3.1 Stichprobe
Zur Erhebung der Daten wurden nach direkter Ansprache vier Probanden im Alter zwischen 23-31 Jahren nach dem Zufallsprinzip in Form eines Losverfahrens in zwei Gruppen eingeteilt. Die Stichprobe bestand aus zwei Frauen und zwei Männern, welche regelmäßig Kaffee konsumieren. Alle Befragten wurden in Leipzig geboren und haben ebenda ihr Abitur abgelegt. Für den Erhebungszeitraum vom 17.05.2021 bis 21.05.2021 haben die Probanden am Morgen des ersten Testtages um 08:30 Uhr einen Link zur Durchführung des Tests per E-Mail erhalten. Aufgrund der, zu diesem Zeitpunkt bestehenden Corona-Verordnungen wurde die Einweisung und Hinweisführung bereits einen Tag zuvor per Videokonferenz durchgeführt. Die Versuchsteilnehmer waren einverstanden, den Test einheitlich über ein Smartphone durchzuführen, um mögliche Vor- oder Nachteile hinsichtlich der Bedienung und Ausführung unterschiedlicher technischer Geräte in der anschließenden Auswertung auszuschließen bzw. eingrenzen zu können.
3.2 Forschungsdesign
Die Daten wurden mittels eines Experiments erhoben, um numerische Ergebnisse zu erhalten, welche die Leistungen im Stroop-Test abbilden. Ziel ist es, durch die Auswertung der erhobenen Daten eine Verifizierung oder Falsifizierung der Hypothesen vorzunehmen und somit festzustellen, ob ein Zusammenhang zwischen dem Konsum von Koffein und der Reaktionsgeschwindigkeit sowie dem Ergebnis besteht. Als unabhängige Variablen wurde die Tageszeit sowie das Koffein definiert, welche die abhängige Variablen Reaktionsgeschwindigkeit und Ergebnis im Stroop-Test beschreiben.
3.3 Untersuchungsdurchführung
Die Versuchsteilnehmer erhielten am Vortag des ersten Testdurchlaufes von den Versuchsleitern pro Person eine Menge gemahlenen Kaffee, welcher für exakt 10 Tassen Kaffee ausreichend war, sowie einen Dosierlöffel. Jeweils eine Gruppe von zwei Testpersonen erhielt koffeinhaltiges Kaffeepulver, während die andere Gruppe von der identischen Marke ein entkoffeiniertes Produkt zur Verfügung gestellt bekam. Anschließend fand eine Videokonferenz statt, in der die Teilnehmer den Ablauf des Experimentes erläutert bekamen. Aufgrund der zufälligen Zuordnung war den Probanden nicht bekannt, ob sie zur Experimentalgruppe mit koffeinhaltigen, oder zur Kontrollgruppe mit entkoffeinierten Kaffee angehörten. Des Weiteren wurde zur Erhöhung der Vergleichbarkeit auf zusätzliche Süßungsmittel sowie Milch verzichtet. Der Test wurde so aufgebaut, dass die beiden Gruppen an den kommenden fünf Werktagen jeweils um 9 Uhr und 15 Uhr eine Tasse Kaffee zu sich nehmen und anschließend den Stroop-Test unter bekanntem Link aufriefen und durchführten. Nach Abschluss des Testes wurde den Probanden das Ergebnis direkt in einem separat geöffnetem Fenster im Browser angezeigt. Das Ergebnis wurde von den Probanden eigenständig in die dafür zur Verfügung gestellte Excel-Datei eingetragen und am Ende des Testzeitraums an die Versuchsleiter per E-Mail gesendet.
3.4 Erhebungsinstrument
Für die Durchführung des Experiments wurde der onlinebasierte Stroop-Test15 von Bernhard Gaul als Messinstrument ausgewählt und verwendet. Dieser bietet den Vorteil, dass die Regeln direkt unterhalb der Testoberfläche angebracht sind und von allen Probanden, unabhängig vom Erhebungsort und zusätzlich kostenfrei aufgerufen und ausgeführt werden können. Als Ergebnis gibt dieser Test die mittlere Reaktionszeit in Millisekunden und die prozentuale Angabe der richtigen Antworten aus. Der Fragenkatalog umfasst 60 Items, welche hier als Farbwörter bezeichnet werden, mit einer Auswahlmöglichkeit von den sechs Farben lila, orange, blau, gelb, rot und grün. Während des Tests wird der Proband angehalten, lediglich die jeweilige Schriftfarbe des Farbwortes zu beachten und dessen semantische Bedeutung zu ignorieren, woraus sich widersprüchliche Informationen ergeben. Durch das Bedienen der Schaltfläche „Neustart Level 2“ beginnt der Test, wobei den Probanden eine Vorbereitungszeit, zwischen dem Starten des Tests und dem ersten Farbwort, von drei Sekunden eingeräumt wird. Nach jeder gegebenen Antwort folgt dann ein neu eingefärbtes Wort. Im Level 1 des Tests ist die Anordnung der Auswahlmöglichkeiten starr, sodass hierbei ein gewisser Lerneffekt vermutet werden kann, der durch die zufällig neu angeordneten Antwortmöglichkeiten im Level 2 verhindert wird. Somit weiß der Proband in dieser Testvariante zu Beginn nicht, wo die gesuchte Farb-Taste der nächsten Frage platziert sein wird.
Der ausgewählte Test besitzt eine hohe Objektivität, da die Ergebnisse der Durchführung, Interpretation sowie Auswertung nicht beeinflusst werden können. Aufgrund dessen, dass die Erhebung der Daten zu standardisierten Messzeitpunkten, Fragestellungen und Ergebnissen stattfindet, kann dieser als reliabel bezeichnet werden. Die hohe Augenscheinvalidität ist gegeben, da die Probanden unmittelbar nach Abschluss des Tests sehen können, was dieser vorgibt zu messen. Somit sind aus der Sicht der Autoren alle Gütekriterien erfüllt und der Test als probates Messinstrument geeignet.
Abbildung 2: Online Stroop-Test
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 3: Ergebnisauswertung Stroop-Test
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: https://www.bernhard-gaul.de/spiele/stroop-test/stroop.php
[...]
1 Vgl. Stangl, W., Stroop-Effekt, 2021, o.S.
2 Vgl. https://www.kaffeeverband.de/de/kaffeewissen/geschichte, Zugriff am 06.07.2021.
3 Vgl. https://www.chemie.de/lexikon/Koffein.html, Zugriff am 06.07.2021.
4 Vgl. https://www.unibas.ch/de/Aktuell/News/Uni-Research/Regelmaessiger-Koffeinkonsum-veraendert- Hirnstrukturen.html, Zugriff am 06.07.2021.
5 https://www.unibas.ch/de/Aktuell/News/Uni-Research/Regelmaessiger-Koffeinkonsum-veraendert- Hirnstrukturen.html, Zugriff am 06.07.2021.
6 Vgl. https://www.aerzteblatt.de/nachrichten/57189/Koffein-staerkt-Langzeitgedaechtnis-in-Studie, Zugriff am 06.07.2021.
7 Vgl. https://www.aerzteblatt.de/nachrichten/64824/Kaffeetrinker-leben-laenger, Zugriff am 06.07.2021.
8 Vgl. Jiang, X. et al., Kaffee-Diabetes Mellitus Typ2, 2013, S.25-38.
9 Vgl. West, R.K. et.al., Koffein-Alzheimer, 2018, S.683 - 688.
10 Vgl. https://www.chemie.de/lexikon/Koffein.html, Zugriff am 06.07.2021.
11 Wieden, M., Chronobiologie, 2016, S.36.
12 Vgl. https://www.kaffeeverband.de/media/presse_pdf/PM_Kaffeemarkt2020.pdf, Zugriff am 06.07.2021.
13 Vgl. https://www.sciencedirect.com/science/article/abs/pii/0091305795021167, Zugriff am 06.07.2021.
14 Vgl. https://www.hindawi.com/journals/np/2020/8833134/, Zugriff am 06.07.2021.
15 Vgl. https://www.bernhard-gaul.de/spiele/stroop-test/stroop.php, Zugriff am 05.05.2021.