Die vorliegende Arbeit untersucht die Sozialpädagogische Familienhilfe (SPFH) als eine Form der Hilfe zur Erziehung gemäß § 27 SGB VIII (KJHG). Dabei werden zunächst die Grundlagen und Ziele der SPFH dargelegt, einschließlich ihrer rechtlichen Verankerung und ihres Interventionsansatzes. Anschließend wird der Entstehungskontext der SPFH beleuchtet, der im Reformdiskurs der sozialen Arbeit der späten 60er Jahre wurzelt und auf die Reduzierung von Fremdplatzierungen von Kindern und Jugendlichen abzielte.
Besonderes Augenmerk liegt auf der Frage der Qualifikation der Fachkräfte in der SPFH und den damit verbundenen Herausforderungen. Die Arbeit stellt verschiedene Organisations- und Finanzierungsformen sowie konzeptionelle Ansätze der SPFH vor und diskutiert die Vielfalt der Qualifikationen der FamilienhelferInnen. Dabei wird die Bedeutung einer angemessenen Qualifikation für die Wirksamkeit und Professionalität der SPFH herausgestellt und mögliche Implikationen für die Praxis erörtert.
Inhaltsverzeichnis
Einleitung
1. Was ist Sozialpädagogische Familienhilfe?
2. Wie entstand Sozialpädagogische Familienhilfe?
3. Frage der Qualifikation
4. Entstehung und Team der Sozialpädagischen Familienhilfe in
5. Wer erhält Sozialpädagogische Familienhilfe?
6. Zielgruppen der Sozialpädagischen Familienhilfe Ludwigsburg
7. Ablauf eines Familienhilfeeinsatzes
8. Abgrenzung der Sozialpädagogischen Familienhilfe zu anderen
Vorteile der Sozialpädagogischen Familienhilfe
Nachteile der Sozialpädagogischen Familienhilfe
9. Zusatzprojekt der Sozialpädagogischen Familienhilfe in Ludwigsburg
10. Rechtliche Grundlagen
Die Umsetzung des § 36 SGB VIII
Welche Familien werden unterstützt
Belastende Faktoren in der Lebenssituation der Familien
11. Organisatorische Rahmenbedingungen
12. Finanzierung
13. Finanzierung der Sozialpädagogischen Familienhilfe in Ludwigsburg
14. Highlights der Sozialpädagogischen Familienhilfe Ludwigsburg
15. Erfolg der Hilfe in Ludwigsburg
16. Öffentlichkeitsarbeit in Ludwigsburg
17. Konzeption der Sozialpädagogischen Familienhilfe in Ludwigsburg
Eigene Stellungnahme von Ramona Höhne
Eigenen Stellungnahme von Linda Klebaum
Literatur
Anhang
Unterstützte Familien
Muster eines Hilfeplans
Darstellung der Planungsebenen
Einleitung
In der Lehrveranstaltung Sozialpädagogik III, Neuere Entwicklungen in der Jugendhilfe, in der unterschiedliche Projekte besichtigt und anschließend vorgestellt werden sollten, entweder als Referat oder als Hausarbeit, wurden wir auf unsere Projektstelle aufmerksam.
Aufgrund der Komplexität des von uns gewählten Projekts entschieden wir uns für eine Hausarbeit.
Es handelt sich bei dem von uns gewählte Projekt, um eine Einrichtung hier in Ludwigsburg, die Sozialpädagogische Familienhilfe, die ihren Sitz in der Karlstraße 24 hat.
Was nun Sozialpädagogische Familienhilfe genau sein sollte, war uns zum Zeitpunkt der Projektwahl noch ein relativ schwach umrissener Begriff. Die nähere Befassung mit diesem Bereich steigerte jedoch unser Interesse, so dass wir uns um einen Termin für ein Gespräch bei der Sozialpädagogischen Familienhilfe in Ludwigsburg bemühten.
Nach diesem Gespräch waren unsere Fragen größtenteils geklärt und wir konnten uns, gut informiert, unserer Hausarbeit widmen.
Während sich Ramona Höhne mit der Darstellung der Sozialpädagogischen Familienhilfe Ludwigsburg befasste, beschäftigte sich Linda Klebaum mit der Sozialpädagogischen Familienhilfe im Allgemeinen. Gestützt wurde dies alles durch das erwähnte Gespräch vor Ort und die Lektüre diverser Materialien.
1. Was ist Sozialpädagogische Familienhilfe?
Die Sozialpädagogische Familienhilfe ist eine Form der Hilfe zur Erziehung gemäß § 27 SGB VIII ( KJHG).
Sie ist eine aufsuchende, intensive und ambulante Hilfe zur Erziehung für Familien ( gültig seit dem 1.1.91 im SGB VIII ( KJHG)) und ist „kontra Auflösung von Familien“.
Die Pflichtaufgabe der öffentlichen Jugendhilfe ist in § 31, in Verbindung mit den Regelungen nach den §§ 27 ff, gesetzlich sanktioniert.
Sozialpädagogische Familienhilfe soll durch intensive Betreuung und Begleitung Familien in ihren Erziehungsaufgaben, bei der Bewältigung von Alltagsproblemen, der Lösung von Konflikten und Krisen sowie im Kontakt mit Ämtern und Institutionen unterstützen und Hilfe zur Selbsthilfe geben. Sie ist in der Regel auf längere Dauer angelegt und erfordert die Mitarbeit der Familie ( §31 KJHG).
2. Wie entstand Sozialpädagogische Familienhilfe?
Die Entstehung der Sozialpädagogischen Familienhilfe steht im Kontext des Reformdiskurses sozialer Arbeit ( Ende der 60er Jahre) und zwar entstand sie aus der Forderung der Reduzierung von Fremdplatzierung von Kindern und Jugendlichen und der Kritik am etablierten Heimwesen heraus.
Sozialpädagogische Familienhilfe - im Vergleich zu Heimunterbringung- bedeutet einen geringeren Kostenaufwand, den Erhalt der Familienstruktur und - vor allem - keine Fremdplatzierung.
„Während die ersten Einsätze, die von der Berliner Gesellschaft für Heimerziehung zu Beginn der 70er Jahre vermittelt wurden, noch eher pragmatischen Charakter in Form von Haushaltsfortführung zur Vermeidung kurzfristiger Heimunterbringung hatte, setze sich die Familienhilfe allmählich als sozialpädagogische Maßnahme durch. Die Berliner Senatsverwaltung finanzierte als erste Behörde dieses Modell über Honorarsätze und -kräfte. Die ersten Fachkräfte der Sozialpädagogischen Familienhilfe waren StudentInnen und arbeitslose AbsolventInnen sozialer und pädagogischer Berufe, die meist ohne einschlägige Erfahrungen in den Familien eingesetzt wurden.“
Ausgehend von Westberlin wurde seit Mitte der 70er Jahre diese Hilfeart eingerichtet.
3. Frage der Qualifikation
Die Frage nach der Qualifikation ist, unter anderem, durch das Kinder- und Jugendhilfegesetz festgelegt. In § 31 sind grundlegende Charakteristika dieser Hilfe zur Erziehung so bestimmt: Die Hilfe ist sozialpädagogisch gekennzeichnet, sie soll Hilfe zur Selbsthilfe sein und eine Begleitung und Betreuung von Familien ( in umfassender Hinsicht und längerfristig) darstellen.
Es soll eine Qualifikation gegeben sein, die Vielseitigkeit, Flexibilität und Integration verschiedenster Methoden gewährleistest.
In der Praxis haben FamilienhelferInnen jedoch keinenfalls immer die notwendigen Qualifikationen ( vgl. mit der Anfangssituation der Sozialpädagogischen Familienhilfe).
Sozialpädagogische Familienhilfe wird auf der Basis sehr unterschiedlicher Organisations- und Finanzierungsformen und konzeptioneller Vorstellungen durchgeführt. Sie wird von freien oder öffentlichen Trägern angeboten, die Familienhelfer sind festangestellt, befristet oder arbeitet auf Honorarbasis. Entsprechend unterschiedlich sind auch die Qualifikationen der FamilienhelferInnen. Die meisten (zwischen70 und 80%) arbeiten mit der Qualifikation Sozialpädagoge/Sozialarbeiter.
Generell ist die Qualifikation nicht auf dem notwendigen Niveau, zumal manchmal Honorarkräfte oder gar Laien eingesetzt werden.
Eine Sozialpädagogische Familienhilfe, die ihrem Namen gerecht wird, ist eine solche, die an den Alltag der Familien anknüpft, Anknüpfung an inner- und außerfamiliären Ressourcen und die Möglichkeit der Auseinandersetzung der Familien mit den situationsspezifischen, sozialen und beziehungsmäßigen Anforderungen zu verbessern und konstruktiver zu gestalten sucht.
Was bedeutet dies nun für die Forderung einer bestimmten formalen Qualifikation als Voraussetzung für die Ausübung der Tätigkeit?
Es lösen sich einerseits bestimmte klare Grenzen ( hier therapeutische, dort sozialarbeiterische Tätigkeit) und die Abgrenzumg von sozialer Arbeit und systematisch orientierter Therapie wird undeutlicher. Allzu deutliche Konturen verschwimmen in einem systematischen Verständnis von Beratungsarbeit, es sind eher bestimmte Kompetenzen notwendig. Andererseits scheint die formale Qualifikation von Sozialarbeit/Sozialpädagogik eine gute Voraussetzung zu geben, die vielfältige Arbeitsbereiche integriert.
4. Entstehung und Team der Sozialpädagischen Familienhilfe in
Ludwigsburg
Das Landesjugendamt hat im Jahr 1977 das Projekt “Förderung der Arbeit mit Familien durch Familienhelfer” entwickelt. Das Projekt sozialpädagogischer Familienhilfe in Baden-Württemberg bestand bis Ende 1983.
Da das Kreisjugendamt Ludwigsburg während der Projektdauer gute Erfahrungen mit der Sozialpädagogischen Familienhilfe machen konnte, wurde sie fortgeführt.
Seit 01.01.1984 ist der Anstellungsträger, die Diakonie- und Sozialstation Ludwigsburg gGmbH, mit diesem Angebot beauftragt. Die Sozialpädagogische Familienhilfe war vorher in der Unteren Marktstraße 1, 71634 Ludwigsburg untergebracht, seit zwei Jahren verfügt sie über eigene Räume in der Karlstraße 24, in denen sie regelmäßig zur Teambesprechung zusammen kommen. Die Wohnung in Ludwigsburg kann außerdem für familienübergreifende Angebote genutzt werden. Diese Gründe sprechen unter anderen dafür, dass eigene Räume eine günstige Voraussetzung darstellen.
Das Team der Sozialpädagogischen Familienhilfe setzt sich aus insgesamt 25 fest angestellten MitarbeiterInnen, zwei PraktikantInnen und einer 100 % Stelle für die Bereichsleitung zusammen. Die Qualifikation der Angestellten teilt sich in 22 SozialarbeiterInnen/SozialpädagogInnen, drei DiakonInnen und zwei JahrespraktikantInnen auf. Für die Arbeit mit Familien ist ein breites Fachwissen erforderlich. Kenntnisse auf den Gebieten der Sozialpädagogik, Psychologie, Soziologie und des Rechts sind unerlässlich, ebenso die Fähigkeit, lebenspraktische Hilfe leisten zu können. Die FamilienhelferInnen sind zwischen 50 % und 100 % beschäftigt (entspricht 19 Vollzeitstellen) und werden nach BAT IVb bezahlt.
Die Arbeitszeiten teilen sich die sechs männlichen und 20 weiblichen MitarbeiterInnen auf eigene Verantwortung auf. Sie müssen am Ende jeden Jahres über eine bestimmte Arbeitszeit verfügen. Somit verteilt sich die Zeit folgendermaßen. Bei zwei Kontakten am Tag benötigt der/die sozialpädagogische FamilienhelferIn insgesamt ca. fünf bis acht Stunden mit und für die Familie. Zweidrittel dieser Zeit wird unter anderem für gemeinsame Arztbesuche, Ämtergänge, Einkäufe und die Zeit in der Familie aufgebracht. Die restlichen eindrittel der bewilligten Arbeitszeit werden für die Arbeit in den Familien, der Fahrzeit zu den betreuten Familien sowie der Teamzeit gewidmet.
Voraussetzung für eine erfolgreiche Arbeit der Sozialpädagogischen Familienhilfe ist, dass die Arbeit in einem Team organisiert wird. Die Einzelarbeit in den Familien macht ein hohes Maß an Vorbereitung, Reflexion und Austausch im Team erforderlich. Die regelmäßige Teambesprechung dient dabei der Reflexion der eigenen Rolle, dem Erfahrungsaustausch und der methodischen und konzeptionellen Weiterentwicklung der Arbeit.
Das Team trifft sich zweimal in der Woche, wo zusammen gefrühstückt und insgesamt dreieinhalb Stunden Organisatorisches besprochen wird. Die Dienstbesprechungen finden einmal monatlich statt und mindestens dreimal im Monat wird die anderthalb stündige kollegiale Supervision in Anspruch genommen. Diese mit maximal sechs MitarbeiterInnen besetzte Gruppe diskutiert hierbei über dargelegte Fälle oder einzelne Fragen. Die kollegiale Supervision zeigt somit verschieden Ansichten auf, die zur jeweiligen Lösung beitragen könnten. Regelmäßige Supervision sichert die Qualität der Arbeit. Darüber hinaus kann in besonderen Fällen eine spezielle Fachberatung eingeholt werden. Wenn es für die Arbeit notwendig und hilfreich erscheint, ist eine gemeinsame Supervision der zuständigen SozialarbeiterIn und der FamilienhelferIn möglich. Das ganze Team der Sozialpädagogischen Familienhilfe von Nord und Süd trifft sich einmal im Monat. Je nach Bedarf werden Arbeitsgruppen beansprucht und einmal im Jahr findet ein Klausurtag zur Reflexion und Weiterentwicklung der Arbeit statt.
Zu dieser familienübergreifenden Arbeit gehört auch die Zusammenarbeit mit anderen Institutionen, wie zum Beispiel das jährliche regelmäßige Treffen mit dem Jugendamt. Fortbildungen im Rahmen der Fortbildungs-Richtlinien der AVR/DWW sowie die Kooperation mit Jugendhilfeeinrichtungen, Sozialpädiatrie, Beratungstellen, Schulen, Kindergärten, Sozialpsychatrischen Dienst, Drogen-/ Suchtberatung und mit der Schuldnerberatung sind im Zuge der Gemeinwesenorientierung unerlässlich.
5. Wer erhält Sozialpädagogische Familienhilfe?
Die Zielgruppen der Sozialpädagogischen Familienhilfe sind vor allem sozial benachteiligte Familien, Familien, in denen eine dem Wohl des Kindes / Jugendlichen entsprechende Erziehung nicht zu gewährleisten ist. Und Familien in denen Probleme / Schwierigkeiten in mehreren Lebensbereichen auftreten
Durch Sozialpädagogische Familienhilfe werden hauptsächlich arme und häufig auch kinderreiche Familien betreut, wobei andere Familien nicht explizit ausgeschlossen sind, aber eher mit anderen familienunterstützende Maßnahmen versorgt sind.
Mit 'Armut' ist mehr gemeint, als materielle Mängel. Es bedeutet unter anderem eine Häufung von mindestens 2 Unterversorgungslagen im Bezug auf Einkommen, Bildung, Gesundheit, Wohnung, Arbeit, fehlender sozialen Partizipation oder mangelnde Verfügbarkeit sozialer und gesundheitlicher Dienste. Auch geht es nicht nur um die Schwierigkeiten eines einzelnen Kindes / Jugendlichen, auch wenn der Anlass der Hilfe das „Kindeswohl“ ist. ( KJHG § 27 (1))
Diese Hilfe bezieht sich grundsätzlich auf die Familie als Ganze. Sie ist mehrdimensional, d.h. sie orientiert sich am gesamten Familiensystem und an dessen sozialen Netzwerk mit seinen Erziehungs-, Beziehungs-, sozialen und materiellen Problemen und Ressourcen.
Die Familien unterliegen dem Druck von gesellschaftlichen Anforderungen, Herausforderungen, Verlockungen und Veränderungen, Offenheiten und Undurchschaubarkeiten.
Ein weiteres Problem ist, dass solche Familien nicht das gewohnte Klientel für Beratung und Therapie sind. Es gibt keine „passenden“ Beratungsformen. Dies wird beispielsweise schon 1982 in der Kritik Hemmingers an der Psychotherapie deutlich: „Wenn ich vom ersten Psychotherapeuten höre, der seine Praxis gelegentlich verläßt und sich mit einem Patienten in dessen Wohnung an den Kaffeetisch setzt, um über die anstehenden Probleme zu sprechen, werde ich beginnen zu glauben, daß es eines Tages doch so etwas wie eine funktionierende Psychotherapie geben könnte.“
Diese geforderten 'Tugenden' gehören in der Sozialen Arbeit, speziell in der Sozialpädagogischen Familienhilfe weitgehend zum Grundverständnis.
Nicht nur Sehen und Bewältigen der Schwierigkeiten, sondern Sehen und Fördern der Stärken der Familie ist ein wichtiger Aspekt.
Die Passung zwischen Familie, Gesellschaft und Sozialpädagogischer Familienhilfe ist wichtig. In einer Gesellschaft, in der Individualisierung einen zentraler Wert hat, bedeutet Passung aber nicht Anpassung, sondern Entscheidung über den eigenen Lebensentwurf. Die Sozialpädagogische Familienhilfe ist dementsprechend kein Anpassungsinstrumentarium der Öffentlichkeit, sondern eine Unterstützungsmöglichkeit für die Familie, einen eigenen Weg zu finden.
Die konkrete Ausgestaltung der Hilfe entwickelt sich in der Zusammenarbeit von Familie und Fachkraft.
Sozialpädagogische Familienhilfe hat eine Geh-Struktur; d.h. die Fachkräfte suchen die Familien in ihren Wohnungen auf, teilweise mehrmals in der Woche. Ein anderer Aspekt ist die große Flexibilität in den Zeitstrukturen.
6. Zielgruppen der Sozialpädagischen Familienhilfe Ludwigsburg
Die Zielgruppe der Sozialpädagogischen Familienhilfe sind Familien oder Alleinerziehende, die die im Rahmen des KJHG/SGBVII angebotene Dienstleistung in Anspruch nehmen möchten.
Die Lebenswelt von Familien, die Hilfe suchen, wird häufig bestimmt bzw. belastet durch:
"schlechte Wohnverhältnisse;
"Arbeitslosigkeit;
"schwierige wirtschaftliche Verhältnisse;
"soziale Isolation;
"Krankheit eines Familienmitgliedes;
"Änderung der Familienzusammensetzung bzw. Familienbeziehungen, usw.
Die Familien treten mit der Sozialpädagogischen Familienhilfe überwiegend per Anruf in Kontakt. Dort wird ihnen mitgeteilt, dass sie sich erst an das Jugendamt wenden müssen. Wenn die Familie diese Hemmschwelle, sich an das Jugendamt zu wenden, überwunden haben, ist es die Aufgabe des Amtes, die geeignete Hilfe für die Familie zu ermitteln. Die Sozialpädagogische Familienhilfe ist eine Hilfemaßnahme von vielen, somit können unter anderem auch Jugendhilfemaßnahmen oder Beratungen der Familie weiterhelfen. Öffentliche Institutionen, wie Kindergärten, Schulen oder auch Nachbarn melden bei der Sozialpädagogischen Familienhilfe Auffälligkeiten die sie beobachteten, diesen Mitteilungen muss das Jugendamt nachgehen.
Im Idealfall werden der Familienhilfe Hilfebedürftige durch das Jugendamt zugeführt. Grundsätzlich gilt das Prinzip der Freiwilligkeit, der Kooperationsbereitschaft aller Beteiligten und Mitwirkung gemäß § 36 KJHG SGB VIII, der Wunsch der Familien zu Veränderung und Verbesserung ihrer Lebenssituation, die Transparenz über die Zusammenarbeit zwischen Sozialpädagogischer Familienhilfe und Jugendamt und das gemeinsame Erarbeiten des Hilfeplans. Ohne diese Vorraussetzungen kann keine erfolgsversprechende Hilfe in der Familie geleistet werden.
Zu den Anfangszeiten der Gründung 1984 überwogen eher die unteren Schichten der Bevölkerung. Die gegenwärtige Tendenz offenbart jedoch einen zunehmenden Hilfebedarf. Auch Selbstständige nehmen mehr und mehr die Hilfe in Anspruch. Es werden fast 50 % Alleinerziehende, davon 10 % Väter, unterstützt. Monatlich suchen 120 Familien mit ungefähr 300 Kindern Unterstützung bei der Sozialpädagogischen Familienhilfe.
7. Ablauf eines Familienhilfeeinsatzes
Nach der Anfrage einer Familie beim Jugendamt, kommt es aus eigener Initiative zu einer Sitzung. Die Vorstellung der Familiensituation durch den/die SacharbeiterIn vom Jugendamt erfolgt in den Räumen der sozialpädagogischen Familienhilfe. Teilnehmer bei dieser Sitzung ist ein/e SozialarbeiterIn vom Jugendamt, die Bereichsleitung der sozialpädagogischen Familienhilfe und ein/e TeamvertreterIn der sozialpädagogischen Familienhilfe.
Nachdem die Vorstellung vollzogen ist, folgt das Erstgespräch. Hierbei wird die Familie in die Räume der sozialpädagogischen Familienhilfe nach Ludwigsburg eingeladen. Es soll deutlich gemacht werden, dass die Einrichtung kein Jugendamt ist. Die Familien sollen Vertrauen spüren. In der Regel erscheint die gesamte Familie zum Erstgespräch ( Kinder sollten möglichst auch dabei sein ), nur wenn es ihnen nicht möglich ist nach Ludwigsburg zu fahren, weil sie nicht mobil sind und/oder kleine Kinder haben, fahren die zuständigen Betreuer zu der Familie zum Erstgespräch nach Hause. An diesem Gespräch nimmt vorerst, wie oben schon erwähnt, die Familie und der/die zuständige FamilienhelferIn teil. Im Bedarfsfall wird die Bereichsleitung hinzugezogen. Ziel des Erstgespräches ist es, die Vorstellungen und Wünsche der Familie aufzunehmen und mit dem Angebot der Sozialpädagogischen Familienhilfe abzustimmen. Dabei werden erste Ziele für den später zu erstellenden Hilfeplan schriftlich festgehalten.
Der Hilfeplan selbst ist Grundlage einer zeit- und zielgerichteten Zusammenarbeit. Er soll dazu dienen, den Ablauf der Sozialpädagogischen Familienhilfe zu ordnen, Absprache in der Zusammenarbeit schriftlich festzuhalten und die Wirksamkeit der Sozialpädagogischen Familienhilfe zu überprüfen. Er enthält vier Ebenen, drei Planungsebenen und eine Handlungsebene. Die erste Ebene enthält das Globalziel, die zweite Ebene, die an der Zielerreichung beteiligten Personen und/oder Institutionen. Die dritte Planungsebene, welche die Teilziele enthält, erarbeitet der Familienhelfer gemeinsam mit allen Beteiligten der zweiten Ebene. Bei der Verteilung der Aufgaben an die beteiligten Familienmitglieder ist es stets Ziel die Betroffenen weitgehend zu beteiligen/ zu integrieren. Die Offenlegung ist notwendig, damit auf der vierten Ebene, der Handlungsebene, jeder seinen Anteil an der Erledigung der einzelnen Handlungsschritte kennt. (siehe Anhang: Muster eines Hilfeplans und Darstellung der Planungsebenen bei einem möglichen Familienzieles) Alle Beteiligten erhalten eine Ausfertigung. Die darin enthaltenen Daten unterliegen dem besonderen Vertrauensschutz (§ 65 KJHG SGB VIII).
Die im Hilfeplan formulierten Ziele sollten sich an den Ressourcen der Familie orientieren und nicht an den Problemen der Vergangenheit.
Ein positiv formuliertes Ziel, das Bestätigung verspricht, ist attraktiver als die Bewältigung eines Problems, mit dem man seit langem lebt.
Phantasie und Kreativität sollen angeregt werden:
vom Hinkommen zu guten Schulleistungen statt vom Wegkommen von schlechten;
vom Hinkommen zu freundschaftlichen Beziehungen statt vom Abbau aggressiven
Verhaltens;
vom Hinkommen zu einer gemütlichen Wohnung statt Wegkommen vom “Dreck”.
Die Ziele müssen für die Familie, für den Einzelnen einen hohen Wert darstellen. Das ist die Voraussetzung für eine engagierte Mitarbeit, ohne die ein Hilfeplan nicht realisiert werden kann.
Während den Gesprächen und dem Erstellen des Hilfeplanes durchläuft die Familie eine drei monatige Probephase, welche zur Abklärung der zukünftigen Zusammenarbeit, sowie im Besonderen zum Gegenseitigen Kennenlernen und zum Beziehungsaufbau zwischen Familie und dem zuständigen Familienhelfer dient.
Die Umsetzung und Vertiefung der in der Handlungsebene geplanten und erprobten Arbeitsinhalte und außerdem die Reflexion der Arbeitsziele basiert auf der Hauptphase. Im einzelnen nimmt der/die FamilienhelferIn in den Familien unter anderen folgende Aufgaben wahr: Unterstützung bei den Schularbeiten, Hilfe bei finanziellen Schwierigkeiten, Beratung in Erziehungs-, Entwicklungs- und Beziehungsfragen zwischen den Familienmitgliedern, sowie in Konfliktsituationen. Angebote zur Durchführung der Alltags- und Freizeitgestaltung, Mithilfe bei Behördenangelegenheiten, Zusammenarbeit mit Schule und Kindergarten, Anregungen zum Aufbau von Außenkontakten, Erschließung der Ressourcen im Gemeinwesen und Vermittlung von Kontakten zu anderen Beratungs- und Hilfsangeboten gehören ebenso dazu. In den meisten Familien dauert die Hauptphase im Durchschnitt 13 Monate an. Der längste Zeitraum in dem eine Familie in der Einrichtung in Ludwigsburg betreut wurde, betrug vier Jahre.
Das Hauptziel der Arbeit, die sich auf die gesamte Familie bezieht, ist es die Familienbeziehungen zu stärken und gleichzeitig die Sicherheit einzelner Familienmitglieder zu gewährleisten, zum Beispiel durch:
"Verbesserung der Lebensbedingungen und Entwicklungsmöglichkeiten für die Kinder und Jugendlichen;
"Förderung der Erziehungskompetenz der Eltern;
"Klärung der familiären Beziehungen und Bindungen;
"Hilfe bei der Organisation des Tagesablaufes bzw. der Haushaltsführung;
"Gegebenenfalls Hilfestellung zur Vermittlung anderer Hilfen.
Die Selbstständigkeit und Unabhängigkeit der Familie von der Familienhilfe wird Schritt für Schritt erarbeitet. Nachdem sich der/die zuständige FamilienhelferIn und die Familie über eine Beendigung der Sozialpädagogischen Familienhilfe einig sind, erfolgt allmählich ein zeitlich und inhaltlich reduzierter Einsatz der Sozialpädagogischen Familienhilfe. Der zeitliche Rahmen dieser Ablösungsphase entspricht etwa drei Monate.
8. Abgrenzung der Sozialpädagogischen Familienhilfe zu anderen
ambulanten Hilfen zur Erziehung
Ambulante Hilfen zur Erziehung zeichnen sich durch folgende Merkmale aus:
- der bisherige Lebensmittelpunkt des Kindes bleibt erhalten;
- die Familie und das nähere soziale Umfeld werden in die Hilfe mit einbezogen;
- der Hilfegewährung liegt eine einzelfallbezogene Entscheidung zugrunde;
- die Hilfe wird in der Regel von qualifizierten Fachkräften geleistet.
Einige der ambulanten Hilfsformen sind eher an einzelne, meist ältere Kinder oder Jugendliche gerichtet. Elternarbeit gehört hier zwar auch zum Konzept, jedoch hat sie nicht die zentrale Stellung wie etwa in der Sozialpädagogischen Familienhilfe oder bei der Erziehungsberatung. Hierzu gehören die Hilfen nach § 29 (Soziale Gruppenarbeit), § 30 (Erziehungsbeistandschaft / Betreuungshelfer) und § 32 (Tagesgruppe), die zwar der Elternarbeit einen hohen Stellenwert geben, jedoch auch den Hilfen gegenüber stehen, die zentral die Verbesserung der Bedingungen des unmittelbaren Lebensraumes der Kinder anstreben, mit dem Schwerpunkt der Förderung der Erziehungskompetenz der Eltern ( § 28, Erziehungsberatung und § 31 Sozialpädagogische Familienhilfe).
Grundsätzlich finden sich in Familien, die mit Sozialpädagogischer Familienhilfe unterstützt werden, Kinder mit Schwierigkeiten in allen möglichen Abstufungen und Variationen. Von Bettnässen, Schulschwierigkeiten, Auffälligkeiten durch Aggressionen, Diebstahl, sonstigen Verhaltensauffälligkeiten, Leistungsproblemen, Depressionen bis hin zu Suizidversuchen, Retardierung, Sprachrückständen usw.
Dennoch wird Sozialpädagogische Familienhilfe gewählt, weil die Schwierigkeiten der Kinder im Kontext der Familie gesehen werden und die Stärkung der Eltern sich positiv auf die Situation der Kinder auswirkt.
Sozialpädagogische Familienhilfe ist in ihrem Kern eine aufsuchende Hilfe . Die Nähe zum Alltag der Familie ist wesentlich größer als bei anderen Hilfen. Dadurch stellt sie einen massiven Eingriff in die Autonomie der Familie dar, kann aber durch die Präsenz in deren Lebensraum über die Familie wesentlich mehr erfahren. Den Familien wird eine Struktur vorgegeben. Gut 80% der Familien werden von Bezirkssozialarbeitern vermittelt.
Sozialpädagogische Familienhilfe ist eine eindeutig längerfristige Leistung. Die Familien sind meist „Multiproblemfamilien“.
Im Gegensatz dazu die Erziehungsberatung, als ein Beispiel für andere ambulante Hilfen. Sie findet hauptsächlich in einer Beratungsstelle statt und ist durch ihre größere Distanz auf die Bedürfnisse von Familien zugeschnitten, die diese Nähe nicht wollen/brauchen. Die Struktur wird seitens der Familie, nach eigenem Ermessen, eingehalten. Allerdings setzt diese Hilfe eine Verbalisierungsfähigkeit von Problemen in größerem Ausmaß voraus.
Die Familien selbst kommen zur Erziehungsberatungsstelle nur selten über das Jugendamt.
Diese Art von Hilfe ist von kurzfristiger oder mittelfristiger Natur, mit einem Mittelwert von ca. 10 Stunden pro Familie.
Auch wenn in der Erziehungsberatung komplexe Problemlagen und Mehrfachbelastungen in Familien zur Sprache kommen, herrscht hier vorwiegend eine Kombination von Erziehungs- und Beziehungsproblemen vor, die unabhängig von der sozialen Schicht der Familien ist. „Die Berater und Beraterinnen sehen am häufigsten eine Kombination von 'Erziehungs- und Beziehungsproblemen' in den Familien (fast 94%), nur ein kleiner Teil der Familien ist dem Typus der 'Multiproblemfamilien' zuzuordnen, bei denen verschiedene äußerer und innerfamiliäre Nöte und Probleme zusammenkommen ( soziale Probleme, materielle Not, Beziehungsprobleme und Probleme mit Erziehungsstil)“, so das Ergebnis einer Untersuchung von Erziehungsberatungsstellen in katholischer Trägerschaft (Kurz-Adam 1993b).
Die Verweigerung der Annahme traditioneller Angebote seitens der Familie liegt darin begründet, dass Depressionen, Lethargie sowie Hoffnungs- und Perspektivlosigkeit u.ä.m. es ihnen erschweren, auf Angebote mit einer Komm-Struktur zuzugehen. Die Angst, dass ihre Wertvorstellungen und Lebenserfahrungen nicht ausreichend Berücksichtigung finden, sie den Anforderungen an ihre Verbalisierungs- und Reflexionsfähigkeiten nicht nachkommen können bzw. wollen und dass eine Bearbeitung ihrer konkreten Probleme für die 'Hilfe' nicht im Vordergrund stehen könnte, stellt weitere Problempunkte auf.
Durch die Geh-Struktur der Sozialpädagogischen Familienhilfe wird ein Prozess des Motivations- und Vertrauensaufbaus in Familien, auch bei niedrigem Hoffnungspotential, begünstigst.
Es fällt oft leichter, ein Hilfsangebot in Anspruch zu nehmen, das zu einem kommt, d.h. in den familieneigenen Räumen stattfindet. Die Familienhelfer sind Gast und die Arbeit in der Familie fördert das Vertrauen zu den FamilienhelferInnen, da die Hilfe vertrauter und familiärer ist, als in einer Beratungsstelle.
Sozialpädagogische Familienhilfe knüpft an die lebensgeschichtlichen Erfahrungen der Eltern an. Was im Alltag miterlebt wird erspart lange Erklärungen von Problemen, die der Familie schwer fallen.
Sozialpädagogische Familienhilfe umfasst Beratung, Verhandlung, Beschaffung, Vertretung, Betreuung und notfalls Intervention in einem alltagspraktischen Kontext, wobei auch die alltagspraktischen Tätigkeiten - die ja nach Familie mehr oder weniger wichtig sind- in einem Beratungs- bzw. Familiendynamischen Kontext stehen. Hierin steckt wiederum eine wichtige Abgrenzung der Sozialpädagogischen Familienhilfe zu Formen ehrenamtlicher oder hauspflegerischer Tätigkeiten und zu spezialisierten Beratungen, wie beispielsweise der Schuldnerberatung.
Vorteile der Sozialpädagogischen Familienhilfe
Es besteht die Möglichkeit zur intensiven und kontinuierlichen Hilfe, die mit einer eigenständige Organisation und Arbeitsweise, d.h. es hat keinen Amtscharakter, ist unbürokratisch.
Eine Vertrauensbeziehung Sozialpädagogische Familienhilfe - Familie ist möglich.
Des weiteren gibt es einen ganzheitlichen Problemlösungsansatz, individuelle Hilfestellungen liegen vor. Es ist 'Arbeit in der Lebenswelt der Familie', die auf die Familie als Ganze bezogen ist.
Sozialpädagogische Familienhilfe entlastet die Bezirkssozialarbeit. Sie hat ein „großes, flexibles“ Zeitbudget und dient der Vermeidung von Fremdunterbringung.
Nachteile der Sozialpädagogischen Familienhilfe
Es herrschen lange Wartezeiten bei Bedarf und es gibt eine unzureichende Verfügbarkeit. Bei Kriesen fhelt die Flexibilität ( des Einsatzes) und es herrscht zu viel Bürokratie, bis die Sozialpädagogische Familienhilfe zum Einsatz kommt. Des weiteren erschwert die mangelnde personelle Ausstattung die Arbeit. Auch gibt es ein Nähe - Distanz - Problem durch die Arbeit in der Familie. Die ungeregelte Verantwortlichkeit zwischen Sozialpädagogischer Familienhilfe und Jugendamt ist der Familienhilfe ebenfalls nicht gerade zum Vorteil gereicht.
9. Zusatzprojekt der Sozialpädagogischen Familienhilfe in Ludwigsburg
Die Einrichtung in der Karlstraße 24 bietet noch ein zusätzliches Projekt an, die Erziehungsbeistandschaft. Dieser Erziehungsbeistand wendet sich an Kinder und Jugendliche mit sozialen, seelischen oder körperlichen Schwierigkeiten im Alter von ca. 10 Jahren bis zum Erreichen der Volljährigkeit. Die sozialpädagogischen Fachkräfte unterstützen und begleiten die Zielgruppe in folgenden Bereichen:
- Stärkung und Stabilisierung der Persönlichkeit des Kindes/Jugendlichen;
- Gestaltung des Alltags mit dem Kind/Jugendlichen und/oder den Eltern;
- Begleitende Gespräche mit den Eltern und/oder dem Kind/Jugendliche, um Konflikte zu lösen;
- Besprechung von Erziehungs- und Entwicklungsfragen;
- Schulische/berufliche Förderung des Kindes/Jugendlichen;
- Zusammenarbeit mit Schulen und Ausbildungsstätten;
- Aufbau von Außenkontakten (u.a. Freizeitgestaltung);
- Vermittlung von Kontakten zu anderen Beratungs- und Hilfsangeboten.
Das Zusatzprojekt hat viele Gemeinsamkeiten mit der Sozialpädagogischen Familienhilfe, so auch die wichtige Vorraussetzung der Bereitschaft möglichst aller Familienmitglieder und die Basis der Freiwilligkeit.
Die Möglichkeit Erziehungsbeistand in Anspruch zunehmen ist allerdings nicht die einzige im Landkreis, diese Form der Hilfe wird von mehreren Institutionen angeboten.
10. Rechtliche Grundlagen
In § 1 SGB I werden die grundlegenden Ziele des Sozialhilfegesetzes benannt. Der Gesetzgeber fordert von der öffentlichen Jugendhilfe, die zur Erfüllung dieser Aufgaben notwendigen Dienste und Einrichtungen rechtzeitig und ausreichend zur Verfügung zu stellen ( § 1Absatz2 SGB I). Die öffentliche Jugendhilfe hat die Gesamtverantwortung einschließlich der Planungsverantwortung. Diese Verantwortung besteht auch dann, wenn die Hilfeformen ausschließlich von freien Jugendhilfeträgern angeboten werden.
Die Umsetzung des § 36 SGB VIII
Der § 36 SGB VIII ist ein zentraler Schlüssel zu den Grundlagen des neuen Kinder- und Jugendhilferechts.
Weiterhin lassen sich auch Vorgehensweisen in der Praxis ausmachen, die den Vorgaben des § 36 SGB VIII durch ein weitgehend formalisiertes Verfahren zu entsprechen versuchen.
Welche Familien werden unterstützt
Es werden vorwiegend Einelternteilfamilien, Stieffamilien und Kinderreiche Familien unterstützt ( Verteilung siehe Anhang). Wobei 93% der Einelternteilfamilien aus alleinerziehenden Müttern bestehen, drei Viertel der Einelternteilfamilien entstanden durch Trennung und Scheidung.
Der Anteil der ausländischen Familien in der Sozialpädagogischen Familienhilfe ist insgesamt gesehen nur gering, im Vergleich zum Bevölkerungsanteil von13% in den alten Bundesländern 1996 (siehe Grafik).
Belastende Faktoren in der Lebenssituation der Familien
Ein entscheidender Faktor sind die niedrige Bildungsabschlüsse. 1/4 der Männer hat keinen oder einen niedrigen Bildungsabschluss ( Hauptschule 38%). Bei den Frauen sind die Zahlen niedriger.
Auch die Faktoren „ Niedriges Einkommen und Verschuldung „ spielen eine Rolle. Nahezu 2/3 der Familien sind verschuldet, einige haben meist schon den Offenbarungseid geleistet. 1/3 der Familien hat als Einkommen die Sozialhilfe bzw. ein Einkommen auf Sozialhilfeniveau, hochsignifikant dabei in Einelternteilfamilien. Bei weiteren 65% betrug die Einkommenshöhe maximal bis zum 1,5-fachen des Sozialhilfeniveaus. 97% hatten also ein niedriges Einkommen.
Des weiteren belastet die schwierige Wohnsituation. Fast die Hälfte der Familien kommt aus Wohnsituationen, die als problematisch benannt werden. Die Wohnungen sind zu klein und/oder zu teuer, renovierungsbedürftig, Räumungsklagen oder Streit mit den Nachbarn über die Lautstärke der Kinder,usw..
Zwischen problematischer Wohnsituation und der schlechten Einkommenssituation besteht ein signifikanter Zusammenhang.
Gut ein weiteres Drittel der Familien lebt in einem Sozialen Brennpunkt.
Als sonstige Belastung steht im Vordergrund, dass in nahezu einem Drittel der Familien mindestens ein Elternteil, hauptsächlich Männer,Suchtprobleme hat, vorwiegend durch Alkohol. Die Häufungen der Belastung gilt in drei Problembereichen. Diese sind Sucht ( mindestens eines Elternteils), Behinderung ( mindestens eines Familienmitgliedes - körperlich, geistig, psychisch, psychotisch) und die problematische wirtschaftliche Situation.
Als weiterer Hinweis auf schon länger bestehende familiäre Schwierigkeiten wurde die Länge der Betreuungsgeschichte der Familie durch ASD ( mehr als 6 Jahre) als Variable hinzugefügt. Bei 28% der Familien wurde eine der angegebenen Variablen genannt, bei 32% der Familien zwei. Bei 25% der Familien wurden drei der angegebenen Variablen genannt und bei 8% der Familien alle vier Variablen.
11. Organisatorische Rahmenbedingunge n
Organisatorische Rahmenbedingungen beeinflussen Fachlichkeit und Effizienz der Arbeit. Die Art und Weise und wie Hilfe vor Ort in organisatorischen Strukturen eingebunden ist, wie sie inszeniert wird, ist damit gemeint. Trägerform, Anstellungsverhältnis, Qualifikation der Fachkräfte, Möglichkeit der Zusammenarbeit im Team, Supervision, Praxisberatung, Fortbildungsmöglichkeiten, Spielräume für freizeitliche Flexibilität bis hin zu räumlichen und sächlichen Voraussetzungen der Arbeit fallen in diesen Bereich.
Es folgen erfolgsversprechende Bedingungen des Arbeitsgebietes.
Die Sozialpädagogische Familienhilfe ist auf einen Prozess der Hilfeplanung angewiesen, der vor allem für die Familien transparente Organisation hat, an den Familien orientiert ist und sie konsequent als „ExpertInnen ihres eigenen Lebens“ betrachtet. Es braucht kontinuitätsstiftende Arbeitsbedingungen, z.B. die Festanstellung der Fachkräfte.
Es muss als eine günstige Voraussetzung eine pauschale Gesamtfinanzierung gegeben sein. Des weiteren sollen, als sinvolle Voraussetzung, pro Ort, mindestens zwei Familienhelferinnen arbeiten, dies dient der gegenseitigen Rückendeckung und gibt Möglichkeit zur Co-Arbeit. Die Qualifikation „Sozialpädagogik/-arbeit“ ist im Hinblick auf Komplexität und Aufgabenfelder eine wetere geeignete Voraussetzung.
Die Arbeit sollte durch regelmäßige Supervision unterstützt und durch wöchentliche Teamsitzungen, gegenseitige Praxisberatung und regelmäßige Teilnahme an Fortbildungen und regionalen Arbeitskreisen ergänzt werden.
Eine Weiterentwicklung der Formen der familienübergreifenden Arbeit, beispielsweise Gruppenarbeit und Freizeitmaßnahmen mit Familien, ist wichtig. Dazu sind bestimmte Rahmenbedingungen, wie Räume, Zeit für diese Tätigkeiten und eine Finanzierung, die familienübergreifende Aktivitäten erlaubt, erforderlich.
Ein differenziertes Profil durch gemeinwesenorientierte Aspekte, wie Regionalisierung der Arbeit, stadtteilorientierte Arbeit, Klientennähe, Nähe zum Gemeinwesen, Entwicklung von methodischen Elementen zur Komm-Struktur zur grundsätzlichen Geh-Struktur, ist ebenfalls von Bedeutung. Auch sollte ein Etat zur Verfügung stehen, der finanzielle Mittel „für situative Kosten, wie z.B. Spielmaterial, kleine Zuwendungen und andere sozialpädagogisch planbare und begründete Aufwendungen“ enthält.
12. Finanzierung
Dieses Thema betrifft die öffentliche und die freie Jugendhilfe gleichermaßen, da Fragen der Rahmenbedingungen, des Arbeitsverhältnisses oder der Qualifikation damit verbunden sind. Sowohl von den Trägerstrukturen, wie vom Finanzmechanismus her, muss eine auf den Einzelfall ausgerichtete Flexibilität von Hilfeleistungen ermöglicht werden.
Form und Umfang der Finanzierung hat einen direkten Einfluß auf die Qualität dieser Hilfeform. Dies bedeutet natürlich nicht, dass eine Finanzierungsform, die günstige Rahmenbedingungen einschließt und flexibles Arbeiten gestattet schon die Qualität der Arbeit garantieren würde. Die durch die Finanzierungsform ermöglichten Rahmenbedingungen sind jedoch ein wesentlicher Teil des Qualitätsmanagments.
Wenn im Hilfeplanverfahren festgestellt wird, dass eine Sozialpädagogische Familienhilfe die geeignete Hilfeform ist, besteht ein Rechtsanspruch seitens der Leistungesberechtigten! Eine Kostenbeteiligung seitens der Leistungsberechtigten ist nicht vorgesehen.
Die Höhe und Art der Kostenerstattung bei einem freien Träger, durch den öffentlichen Jugendhilfeträger, ist im SGB VIII nicht vorgegebn. Es muß durch entsprechende Abkommen zwischen den Trägern geregelt sein.
Bei der Finanzierung gibt es folgende Finanzierungsformen:
- Pauschale Projektfinanzierung: Das Angebot eines freien Trägers von Sozialpädagogischer Familienhilfe wird, unabhängig von den Einzelfällen, finanziert, jedoch als eine Unterform mit einem Gesamtnachweis der geleisteten Stunden.
- Pauschale Einzelfallfinanzierung: Hier wird zwar nach Einzelfällen, aber dennoch pauschal nach Stunden-, Tages- oder Monatssatz abgerechnet. Für die jeweils betreuten Familien werden Zeitdeputate ausgehandelt und abgerechnet. Die Personalnebenkosten sind in diese Finanzierung einbezogen.
- Einzelfallfinanzierung: Hier handelt es sich um die berechneten Stundensätze von Honorarkräften. Es werden die tatsächlich abgeleistete Stunden gezahlt.
- Sonstige Finanzierung: z.B. über Arbeitsförderungsmaßnahmen ( ABM).
13. Finanzierung der Sozialpädagogischen Familienhilfe in Ludwigsburg
Für die Gewährung der Sozialpädagogischen Familienhilfe im Landkreis Ludwigsburg ist das Sozial- und Jugendamt nach § 31 KJHG SGB VIII zuständig. Die Hilfemaßnahme ist für die betreuten Familien kostenfrei.
14. Highlights der Sozialpädagogischen Familienhilfe Ludwigsburg
Bei der Sozialpädagogischen Familienhilfe in Ludwigsburg findet nicht nur ein “typischer” Familienhilfeeinsatz statt. Jeder hat die Möglichkeit an diversen Zusatzangeboten teilzunehmen.
Zur Unterstützung des guten Betriebsklimas und der Arbeitszufriedenheit findet jährlich ein großes Grillfest, wo 40 - 70 Familien teilnehmen, statt.
Der monatliche Müttertreff gehört ebenfalls zu einem besonderen Höhepunkt der Sozialpädagogischen Familienhilfe, denn es kommen unter anderen auch Mütter, die keine Familienhilfe mehr in Anspruch nehmen in den Räumen der Einrichtung in der Karlstraße zusammen. Die Gleichberechtigung gegenüber den Vätern soll nicht fehlen, jedoch sind solchen Treffen mühsamer.
Sogar Theaterbesuche werden gemeinsam durchgeführt. Mit dem gut organisierten Team können all diese familienübergreifenden Angebote ohne Probleme umgesetzt werden.
15. Erfolg der Hilfe in Ludwigsburg
Der Erfolg der Sozialpädagogischen Familienhilfe in Ludwigsburg ist insoweit vorhanden, dass die Betreuten nicht mehr oder nicht mit dem selben Problem erneut beim Jugendamt auftauchen. Außerdem gewährt das zuständige Jugendamt in Ludwigsburg der Sozialpädagogischen Familienhilfe eine positive Rückmeldung in Bezug auf ihre Arbeit. Die Einrichtung strebt selbst eine Erfolgskontrolle durch das Evaluieren an. Das erfolgt durch Einsetzen von Fragebögen, die mit Codenummern versehen in den Familien anonym beantwortet werden. Ziel ist es, entsprechend dem Anspruch der Lebensweltorientierung der Sozialpädagogischen Familienhilfe, Anregungen von Betroffenen ernstzunehmen, zu diskutieren und gegebenenfalls in Form neuer Konzepte, für mehr Effektivität, in die eigene Arbeit zu integrieren.
16. Öffentlichkeitsarbeit in Ludwigsburg
Die Sozialpädagogische Familienhilfe betreibt aus finanziellen Gründen laut dem Ludwigsburger Landratsamt eine geringe Öffentlichkeitsarbeit. Die betroffenen Familien werden erst durch das Jugendamt oder über Weitersagen von Bekannten aufmerksam auf die Sozialpädagogische Familienhilfe.
17. Konzeption der Sozialpädagogischen Familienhilfe in Ludwigsburg
Die erste Konzeption ist in Zusammenarbeit mit dem Jugendamt in einer kleinen Gruppe entstanden. Ab diesen Zeitpunkt an wurden sie immer wieder, entsprechend den Erfahrungen in der Praxis, in Teilen überarbeitet und erweitert. Es entstand unter anderen eine Kooperation mit dem Landratsamt zur Schuldnerberatung.
Eigene Stellungnahme von Ramona Höhne
Nach einem kurzen Anruf hatten wir den erwünschten Termin mit unserer Projektstelle. Wir besuchten die Sozialpädagogische Familienhilfe der Diakonie- und Sozialstation Ludwigsburg gGmbH in der Karlstraße 24 in 71638 Ludwigsburg an einem Donnerstagnachmittag, den 18.04.2002. Nach kurzer Unsicherheit des Standortes betraten wir das Gelände der Einrichtung, direkt neben dem CVJM in Ludwigsburg.
Wir wurden freundlich von einem uns zugeteilten Mitarbeiter empfangen. Herr Thomas zeigte uns zuerst die Räumlichkeiten und danach setzen wir uns mit Kaffee und Wasser versorgt in ein freies Zimmer. Unsere Fragen und die ausführlichen direkten Antworten füllten ganze zwei Stunden aus.
Nach diesem Besuch in der Sozialpädagogischen Familienhilfe kann ich mir unter der Bezeichnung - Sozialpädagogische Familienhilfe - etwas vorstellen. Die Arbeit, die mit großer Motivation und Begeisterung geleistet wird, ist gemeinsam mit dem Team gut durchorganisiert und kann so ohne weitere Probleme reibungslos verlaufen. Die Angebote die uns vorgestellt wurden, versprechen für die betreuten Familien eine Möglichkeit zur Veränderung ihrer konfliktreichen Alltagsituationen.
Es würden bestimmt einige Familien mehr das Angebot der Einrichtung dankend annehmen, wenn die Öffentlichkeitsarbeit intensiver durchgeführt würde. Nach Auffassung der Mitarbeiter ist es für das Landratsamt in Ludwigsburg nicht wichtig die Arbeit publik zu machen. Somit können viele Hilfebedürftige oder Familien in Problemsituationen nicht auf die Sozialpädagogische Familienhilfe zurückgreifen, weil sie nicht wissen, dass für sie solch eine Hilfeleistung vorhanden ist. Es wird in Kauf genommen, dass diese Familien eventuell noch tiefer abstürzen und es nicht mehr möglich ist Sozialpädagogische Familienhilfe anzubieten.
Trotz der fehlenden Öffentlichkeitsarbeit ist die Nachfrage der Familien nicht gering, aber vielleicht noch nicht ausreichend um in unserer Gesellschaft eine optimale Beziehung zueinander und miteinander in den Familien zu schaffen.
Eigenen Stellungnahme von Linda Klebaum
Nachdem wir in der Lehrveranstaltung unser „Projekt“ ausgewählt hatten, und der Termin zu einem Gespräch feststand, wartete ich mit Spannung darauf, zu erfahren, was denn nun genau SPFH sein würde. Eine klare Vorstellung hatte ich nicht. Nach dem 2 stündigen Gespräch mit Herrn Thomas, merkte ich, wie sehr mich dieser Bereich von Hilfe interessierte. Durch die weitere Beschäftigung mit Infomaterialien und dem Handbuch SPFH wurde mein Interesse immer mehr geweckt.
Als Resumee bleibt nur zu sagen, dass diese Arbeit sehr wichtig ist und eine Information für Bedürftige stärker zu fördern ist. SPFH ist, meines Erachtens, dadurch so gut geeignet, da sie der Familie hilft, mit der jetzigen Situation klarzukommen und den Menschen zu einer Lösung aus eigener Kraft antreibt. Gerade dadurch, dass diese Hilfe nicht die Probleme der Vergangenheit auszuwerten ersucht, liegt eine große Stärke.
Das Arbeitsfeld bietet ein breites Spektrum von unterschiedlichen Qualifikationsmerkmalen und muss sich auf jede Familie neu einstellen, was die Arbeit - so hoffe ich zumindest- nicht zu einem monotonen Ablauf macht.
Da mich das Thema sehr interessiert, werde ich mich auch weiterhin damit beschäftigen. Zunächst einmal mit einem in der SPFH Ludwigsburg absolvierten Praxissemester.
Literatur
Sozialpädagische Familien- und Erziehungshilfe: Marga Rothe; Kohlhammer, 1990
Informationsblätter der Sozialpädagogischen Familienhilfe: Erziehungsbeistandschaft und Sozialpädagische Familienhilfe und die Konzeption der Sozialpädagogischen Familienhilfe
Handbuch der Sozialpädagogische Familienhilfe:Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend; Kohlhammer, 1999
KJHG
Anhang
Unterstützte Familien
Muster eines Hilfeplans
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Darstellung der Planungsebenen
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
- Arbeit zitieren
- Linda Klebaum (Autor:in), 2002, Sozialpädagogische Familienhilfe, München, GRIN Verlag, https://www.hausarbeiten.de/document/108176