Phasendiagramme und intermetallische Phasen
I Phasendiagramme
Anhand von Phasendiagrammen kann man ablesen, welche Phasen in einem System aus 1 oder mehreren Komponenten in Abhängigkeit zu den Bestimmungsgrößen Druck, Temperatur, Stoffmengenkonzentrationen vorliegen und wie sich die Komponenten untereinander verhalten.
Dabei gilt das Gibbs´sche Phasengesetz
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Dabei bedeuten : C - Anzahl der Komponenten im System, P - Anzahl der miteinander im Gleichgewicht stehenden Phasen, F - Anzahl der Freiheitsgrade.
Mit steigender Zahl der Komponenten nimmt die Anzahl der Bestimmungsgrößen und damit auch die Zahl der Freiheitsgrade zu. Will man dennoch 2- dimensionale Diagramme erhalten, müssen Bestimmungsgrößen konstant gewählt werden.
Bespiel 1 Komponente - H2O:
Sollen die3 Phasen - flüssig, fest, gasförmig - im Gleichgewicht stehen : F = C +2 - P =0 Sie sind also nur in einem Punkt im Gleichgewicht - dem Tripelpunkt. Sollen2 Phasen im Gleichgewicht stehen : F =1 - Druck oder Temperatur veränderlich.
Auf der X - Achse ist der Anteil von Gold aufgetragen, auf der Y - Achse die Temperatur.
Im oberen Teil des Diagramms liegt der Existenzbereich der Schmelze, im unteren Bereich der der
Mischkristalle. Dazwischen liegt der Bereich, in dem Schmelze und Mischkristalle nebeneinander existieren. Der Bereich wird nach oben von der Liquiduskurve und nach unten von der Soliduskurve beschränkt. Der Schnittpunkt der Isotherme mit der Liquidus - bzw. Soliduskurve gibt den Anteil der Metalle in Schmelze und fester Phase an. Wir können die Erstarrungstemperatur jeder beliebigen Schmelze aus dem Schmelzdiagramm ablesen und außerdem die Zusammensetzung der im Gleichgewicht zur Schmelze stehenden Mischkristalle bestimmen.
Die Vorraussetzungen für eine lückenlose Mischkristallbildung sind folgende:
1. beide Metalle kristallisieren im gleichen Gittertyp
Ag und Au kristallisieren im kubisch - flächenzentrierten Gitter
2. der Unterschied der Atomradien beträgt weniger als 15 % Ag hat einen Atomradius von 144,4 pm , Au von 144,2 pm
3. beide Metalle haben ähnliche Elektronennegativitäten Ag und Au haben eine EN von 1,4
2. Mischbarkeit im fl ü ssigen, Nichtmischbarkeit im festen Zustand
Beispiel: Bismut - Cadmium
- Es kommt zu keiner Mischkristallbildung, sondern zur kompletten Entmischung, die Soliduskurven liegen auf den Y - Achsen
- Je nach Zusammensetzung der Schmelz kristallisiert beim Abkühlen Cd oder Bi aus, der Schmelzpunkt sinkt bis zum eutektischen Punkt. Das ist der Schnittpunkt der Schmelzpunktkurven, an dem die gesamte Schmelze bei der eutektischen Temperatur erstarrt, es liegt dann ein Gemisch von Bi- und Cd - Kristallen vor - eutektisches Gemisch.
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3. Unbegrenzte Mischbarkeit im fl ü ssigen, begrenzte Mischbarkeit im festen Zustand
Beispiel : Kupfer - Silber
- Man betrachtet das eine Metall als das Lösungsmittel, das andere als Solvens.
- Dadurch, dass die Metalle im festen Zustand nur begrenzt ineinander löslich sind, bekommt man nur in bestimmten Bereichen Mischkristalle. Dazwischen liegt die Mischungsl ü cke.
- Die Löslichkeit der Metalle ineinander ist bei der eutektischen Temperatur am größten. Wird weiter abgekühlt, so kommt es zur kompletten Entmischung der Metalle.
4. Mischbarkeit im fl ü ssigen Zustand, Nichtmischbarkeit im festen Zustand, aber Bildung einer neuen Phase:
Beispiel : Magnesium - Germanium
- Hierbei tritt kein Gemisch von Mg, Ge und Mischkristallen auf, sondern ein Gemisch aus Mg, Ge und Mg2Ge, das in einer anderen Kristallstruktur kristallisiert als Mg - hexagonal -dichteste Packung - und Ge - Diamant - Struktur -, nämlich in der Fluorit- Struktur.
Weil die Komponenten nicht mischbar sind, erhalten wir im System2 Eutektika.
III Intermetallische Phasen
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1. Zintl - Phasen
Beispiel : NaTl
Zintl - Phasen werden von den elektropositiven Metallen der T1 - Gruppe und den vergleichsweise
elektronennegativen B - Metallen gebildet, dementsprechend ist der Bindungscharakter heteropolar.
Wichtig für die Bindungsverhältnisse ist die Valenzelektronenkonzentration pro AnionVEK:
Für eine Phase der Zusammensetzung MmXx mit e (M) Valenzelektronen von M und e (X) Valenzelektronen von X gilt :
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Ist VEK < 8, sprechen wir von polyanionischen Verbindungen, auf die die Zintl/Busmann/Klemm - Konzeption anwendbar ist, die besagt, dass die geometrische Anordnung der Atome in einer polyanionischen Verbindung der Anordnung in den Strukturen der Elemente der 4. - 7. Hauptgruppe entspricht, die die gleiche Zahl der kovalent gebundenen Nachbaratome haben. Um die Struktur einer Zintl - Phase zu bestimmen ist es notwendig, die Anzahl der kovalenten XX - Bindungen b(XX) zu bestimmen :
( b(MM) : Anzahl der kovalenten MM - Bindungen)
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Im Bespiel ist b(TlTl) = 4, tatsächlich bildet Tl ein Teilgitter analog der Diamant - Struktur, in der Kohlenstoff 4 Nachbaratome hat. In dieses Tetraeder sind die Na+ - Ionen eingelagert, die auch selber Tetraeder bilden. Die Koordinationszahl von Na und Tl ist jeweils 4.
Laves - Phasen
Beispiel : MgCu2
Laves - Phasen sind intermetallische Phasen der Zusammensetzung AB2, die typischerweise von Metallen der T – Gruppen gebildet werden. A ist deutlich größer als B, das Verhältnis der Atomradien rA/rB liegt in der Nähe des Wertes1,22. Dieses Verhältnis bestimmt die stöchiometrische Zusammensetzung. Die Struktur von MgCu2 lässt sich von der CsCl - Struktur ableiten Wird die Elementarzelle vom CsCl - Typ verachtfacht, so erhält man die Überstruktur vom CsCl-Typ mit den4 unterschiedlichen Gitterplätzen A, B, C,
D. Vergleicht man die Aufsicht auf die obere und untere Hälfte der Überstruktur mit der auf die obere und untere Hälfte der MgCu2 - Struktur, so erkennt man, dass die4 Gitterplätze folgendermaßen besetzt sind :
A : Mg B : Cu4 C : Mg D : Cu4
MgCu2 - Struktur
In dieser Struktur erhalten wir eine Raumerfüllung von 71 %, wobei die dichtesten Packungen von Magnesium und Kupfer nur jeweils eine Raumerfüllung von 74 % zulassen.
Dementsprechend hat die Laves - Phase eine höhere Dichte und somit einen Gewinn an Gitterenergie, was durch die stärkere Anziehung der ungleichen Atome zustande kommt.
Je größer der Unterschied zwischen den Elektronennegativitäten ist, desto stärker ist die Kompression in der Laves - Phase.
Für die beiden Atomsorten ergeben sich komplizierte Koordinationspolyeder, so genannte Frank - Kasper - Polyeder. Das sind Polyeder mit gleichen oder ungleichen Dreiecksflächen, wobei an jedem Eckpunkt mindestens 5 Dreiecke angrenzen. Diese Polyeder erlauben die Koordinationszahlen 12, 14,15 und 16. Mg hat die Koordinationszahl 16, jedes Mg - Atom ist von 4 Mg - Atomen, die ein Tetraeder bilden und von 12 Cu - Atomen umgeben, wobei die Cu - Atome Dreiecke bilden, die sich gegenüberliegen. Cu hat die Koordinationszahl 12 und ist von 6 Cu - und 6 Mg - Atomen umgeben, wobei die Cu - Atome 2 gegenüberliegende Dreiecksflächen bilden..
Hume - Rothery - Phasen
Beispiel Messing : Cu - Zn
Diese Phasen zeigen den strukturbestimmenden Einfluss der Valenzelektronenkonzentration auf die Struktur.
Die Abbildung zeigt die verschiedenen Modifikationen von Messing in der festen Phase in Abhängigkeit von der VEK, die mit zunehmendem Stoffmengenanteil von Zn steigt.
[Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] - Phase: Sie kristallisiert kubisch- flächenzentriert wie Cu, es sind bis zu 38 % Zn in Cu löslich und es entstehen Mischkristalle. VEK liegt zwischen 1 und 1,38
[Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] - Phase: Bei einem Stoffmengenanteil von 45 - 49 % Zn mit idealisierter Zusammensetzung CuZn entstehen Kristalle unter 470 °C im CsCl - Gitter, darüber im CsCl - Gitter mit statistisch besetzten Plätzen. VEK liegt bei 1,5
[Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] - Phase: Bei einem Stoffmengenanteil von 58 - 66 % Zn mit annähernder Zusammensetzung Cu5Zn8 entstehen Kristalle in einer komplizierten kubischen Struktur.
VEK liegt bei 1,62
[Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] - Phase: Bei einem Stoffmengenanteil von 78 - 86 % Zn mit annähernder Zusammensetzung CuZn3 bekommt man Kristalle in hexagonal - dichtester Packung.
VEK liegt bei1,75
[Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] - Phase: Es entstehen Mischkristalle im Zn - Gitter mit maximal 2% Cu in hexagonal - dichtester Packung VEK liegt zwischen 1,98 und 2.
Mit steigendem Anteil von Zn steigt die VEK an, es müssen also immer höhere Energieniveaus besetzt werden. Die Energie der FERMI - Grenze steigt. Die FERMI - Grenze ist das höchst besetzte Energieniveau (HOMO).
Irgendwann müssten antibindende Zustände besetzt werden, um das zu umgehen werden andere Strukturtypen gebildet, die eine höhere VEK erlauben.
IV Literatur
Gutmann/ Hegge Anorganische Chemie Müller, U. Anorganische Strukturchemie Riedel, Ernst Anorganische Chemie
West,A.R. Solid state chemistry and its applications
1 Phase : F =2, Druck und Temperaturveränderlich.
In binären Systemen kommt als neue Bestimmungsgröße die Stoffmengenkonzentration hinzu. In den
Phasendiagrammen werden die vorliegenden Phasen in Abhängigkeit von Temperatur und
Stoffmengenkonzentration aufgetragen, der Druck wird konstant gewählt (Normaldruck). Im folgenden werden solche binäre Systeme betrachtet.
Man kann einige Typen von intermetallischen Zweistoffsystemen unterscheiden :
II Intermetallische Systeme
1. Unbegrenzte Mischbarkeit im fl ü ssigen und festen Zustand
In diesem Fall kommt es beim Abkühlen der Schmelze zu einer sogenannten lückenlosen Mischkristallbildung, das heißt, es können Mischkristalle mit jeder Zusammensetzung der beiden Metalle entstehen, die Verteilung der Atome ist rein statistisch - es entstehen ungeordnete Legierungen.
Mischkristalle werden auch feste L ö sungen genannt.
Häufig gestellte Fragen
Was sind Phasendiagramme und wozu dienen sie?
Phasendiagramme zeigen, welche Phasen in einem System aus einer oder mehreren Komponenten in Abhängigkeit von Druck, Temperatur und Stoffmengenkonzentrationen vorliegen. Sie geben Aufschluss darüber, wie sich die Komponenten untereinander verhalten.
Was ist das Gibbs'sche Phasengesetz?
Das Gibbs'sche Phasengesetz lautet: F = C + 2 - P, wobei C die Anzahl der Komponenten, P die Anzahl der im Gleichgewicht stehenden Phasen und F die Anzahl der Freiheitsgrade darstellt.
Wie verhält sich H2O (Wasser) gemäß dem Phasengesetz?
Bei einer Komponente (H2O) und drei Phasen (flüssig, fest, gasförmig) im Gleichgewicht: F = 0 (Tripelpunkt). Bei zwei Phasen im Gleichgewicht: F = 1 (Druck oder Temperatur veränderlich).
Was sind die Voraussetzungen für eine lückenlose Mischkristallbildung?
- Beide Metalle kristallisieren im gleichen Gittertyp.
- Der Unterschied der Atomradien beträgt weniger als 15 %.
- Beide Metalle haben ähnliche Elektronennegativitäten.
Was passiert bei Mischbarkeit im flüssigen, aber Nichtmischbarkeit im festen Zustand?
Es kommt zu keiner Mischkristallbildung, sondern zur kompletten Entmischung. Beim Abkühlen kristallisiert je nach Zusammensetzung der Schmelze eine Komponente aus, bis zum eutektischen Punkt, an dem die gesamte Schmelze erstarrt.
Was versteht man unter einem eutektischen Punkt und einer eutektischen Temperatur?
Der eutektische Punkt ist der Schnittpunkt der Schmelzpunktkurven, an dem die gesamte Schmelze bei der eutektischen Temperatur erstarrt. Es entsteht ein eutektisches Gemisch aus den reinen Komponenten.
Was passiert bei unbegrenzter Mischbarkeit im flüssigen, aber begrenzter Mischbarkeit im festen Zustand?
Es entstehen nur in bestimmten Bereichen Mischkristalle, dazwischen liegt die Mischungslücke. Die Löslichkeit der Metalle ineinander ist bei der eutektischen Temperatur am größten.
Was passiert, wenn eine neue Phase gebildet wird, obwohl die Komponenten im festen Zustand nicht mischbar sind?
Es entsteht kein Gemisch der reinen Komponenten und Mischkristalle, sondern ein Gemisch der reinen Komponenten und einer neuen Phase mit einer anderen Kristallstruktur.
Was sind intermetallische Phasen?
Intermetallische Phasen sind Verbindungen zwischen zwei oder mehr Metallen mit einer definierten Zusammensetzung und Kristallstruktur.
Was sind Zintl-Phasen?
Zintl-Phasen werden von elektropositiven Metallen der T1-Gruppe und vergleichsweise elektronegativen B-Metallen gebildet. Der Bindungscharakter ist heteropolar.
Was ist die Valenzelektronenkonzentration (VEK) und wie wird sie berechnet?
Die Valenzelektronenkonzentration (VEK) pro Anion ist wichtig für die Bindungsverhältnisse in Zintl-Phasen. Sie wird berechnet als: (m * e(M) + x * e(X)) / x, wobei m und x die Stöchiometriezahlen der Metalle M und X, und e(M) und e(X) die Anzahl der Valenzelektronen von M und X sind.
Was sind Laves-Phasen?
Laves-Phasen sind intermetallische Phasen der Zusammensetzung AB2, die typischerweise von Metallen der T-Gruppen gebildet werden. Das Atom A ist deutlich größer als B, das Verhältnis der Atomradien rA/rB liegt in der Nähe des Wertes 1,22.
Was sind Frank-Kasper-Polyeder?
Frank-Kasper-Polyeder sind komplizierte Koordinationspolyeder mit gleichen oder ungleichen Dreiecksflächen, wobei an jedem Eckpunkt mindestens 5 Dreiecke angrenzen. Sie erlauben die Koordinationszahlen 12, 14, 15 und 16.
Was sind Hume-Rothery-Phasen?
Hume-Rothery-Phasen zeigen den strukturbestimmenden Einfluss der Valenzelektronenkonzentration auf die Struktur. Ein Beispiel ist Messing (Cu-Zn).
Wie beeinflusst die Valenzelektronenkonzentration (VEK) die Struktur von Hume-Rothery-Phasen (z.B. Messing)?
Mit steigendem Anteil von Zn steigt die VEK an, es müssen also immer höhere Energieniveaus besetzt werden. Um antibindende Zustände zu vermeiden, werden andere Strukturtypen gebildet, die eine höhere VEK erlauben.
Was ist der Unterschied zwischen geordneten und ungeordneten Legierungen (Mischkristallen)?
Bei ungeordneten Legierungen ist die Verteilung der Atome rein statistisch. Geordnete Legierungen haben eine definierte Anordnung der Atome in der Kristallstruktur.
Was versteht man unter einer lückenlosen Mischkristallbildung?
Lückenlose Mischkristallbildung bedeutet, dass Mischkristalle mit jeder Zusammensetzung der beiden Metalle entstehen können.
- Arbeit zitieren
- Marcos Schöneborn (Autor:in), 2001, Intermetallische Phasen und Phasendiagramme, München, GRIN Verlag, https://www.hausarbeiten.de/document/107006