„Die vom Staate ausdrücklich aufgenommenen Kirchengesellschaften haben die Rechte privilegirter
Corporationen.“ (Allgemeines Landrecht für die Preußischen Staaten: Zweyter Theil / Eilfter Titel
/ Erster Abschnitt § 17 – S.549)
Die Privilegierung der Kirchen im Bildungswesen Deutschlands (für diese Arbeit insbesondere der
Preußischen Staaten in ihren Vorgängern und Nachfolgern) ist in ihren Funktionen, Strukturen und
Begründungen das Ergebnis eines langen historischen Prozesses. Sie steht in Nachfolge und
Zusammenhang einer historisch gewachsenen und in unterschiedlichster Weise sich bis in das 20.
Jahrhundert immer wieder neu strukturierenden Verbindung von Staat und Kirche. Innerhalb dieser
Verbindungen war die Privilegierung der Kirchen (nicht nur) im Bildungswesen politisch gewollt
und kennzeichnete eine definierte Position und Funktion der Kirchen innerhalb des Bildungssystems
und damit der Gesellschaft als Ganzer.
Die Studienarbeit aus 2002 zeichnet zum einen die mit der Reformation als 'Geburtsstunde' eingeleiteten
Entwicklungen kirchlicher Privilegierung und damit Einflussnahme auf das Leben der Gesellschaft und
ihrer Bürger bis hin zur Auseinandersetzung zum Status der Kirchen im Bildungswesen in den neuen
deutschen Bundesländern und zum Konflikt um das Fach LER in Brandenburg nach.
Abschließend werden die Begründungen und Zielsetzungen weiterhin bestehender Privilegierung
diskutiert und auf ihre Wirkungen hin befragt? Denn sie bedeutet innerhalb der Bundesrepublik
Deutschland einen logischen Widerspruch zum Charakter eines weltanschaulich neutralen
Staates und sorgt reziprok zur Akzeptanz der Institutionen der Kirchen durch die Bevölkerung
für Konflikte.
Mit Vorschlägen zu einer adäquaten Beteiligung der Kirchen am gesellschaftlichen Diskurs jenseits
von Privilegierung schließt die Arbeit. An dieser Stelle kann die geführte Diskussion über das Jahr
2002 hinaus hoch relevant sein für die grundsätzliche Frage nach dem Recht, der Art, der
Legitimität und der Intensität der Macht in und durch Einflüsse religiöser Systeme auf die
Bürger einer freiheitlichen pluralen und säkularen Gesellschaft.
Inhaltsverzeichnis
- Vorbemerkungen und Einführung
- Die Privilegierung der Kirchen im deutschen Bildungswesen - Begriffsanalyse und Fragestellungen
- Zwei Beispiele heutiger Diskussion
- Stand der Diskussion
- Historische Skizze
- Obrigkeiten und Kirchen in der Reformationszeit
- Die Staatskirche im preußischen Staat
- Preußischer Staat und evangelische Kirche nach 1848
- Kirchen und Parteien in der Weimarer Republik nach 1918
- Kirchen als 'Erziehungsmächte' in der Zeit des Nationalsozialismus
- Restaurationen nach 1945
- Kirche und Gesellschaft am Ausgang des 20. Jahrhunderts
- Das Beispiel LER im Bundesland Brandenburg
- Schluss
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht die Privilegierung der Kirchen im deutschen Bildungssystem, insbesondere den konfessionellen Religionsunterricht an öffentlichen Schulen. Die Zielsetzung besteht darin, die historischen Hintergründe und die gegenwärtige Debatte um die Rolle der Kirchen im Bildungswesen zu analysieren und die zugrundeliegenden Interessen und Machtstrukturen aufzuzeigen.
- Historische Entwicklung der Privilegierung der Kirchen im Bildungssystem
- Begriffsanalyse von „Privilegierung“ im Kontext des Religionsunterrichts
- Gegenwärtige Diskussion um die Rolle der Kirchen im Bildungswesen und den konfessionellen Religionsunterricht
- Analyse der Interessen und Machtstrukturen, die die Privilegierung der Kirchen beeinflussen
- Der Vergleich verschiedener Positionen und Perspektiven in der Debatte
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einführung analysiert den Begriff der Privilegierung im Kontext des konfessionellen Religionsunterrichts und formuliert zentrale Forschungsfragen. Das Kapitel Historische Skizze beleuchtet die Entwicklung der Beziehung zwischen Kirche und Staat im deutschen Bildungssystem von der Reformation bis zum Ende des 20. Jahrhunderts, unter Einbezug von verschiedenen historischen Epochen und Ereignissen. Der Stand der Diskussion präsentiert verschiedene Positionen und Argumente in der Debatte um die Rolle der Kirchen im Bildungswesen, insbesondere den Konflikt zwischen dem Wunsch nach einem demokratischen Diskurs und den Interessen der Kirchen an der Beibehaltung des Status quo.
Schlüsselwörter
Konfessioneller Religionsunterricht, Kirchenprivilegierung, Bildungswesen, Staat und Kirche, historische Entwicklung, demokratischer Diskurs, Interessenkonflikte, Grundgesetz, Religionsfreiheit, Schulpolitik.
- Arbeit zitieren
- Michael Paul Haeussler (Autor:in), 2002, Die Privilegierung der Kirchen im deutschen Bildungswesen, München, GRIN Verlag, https://www.hausarbeiten.de/document/106778