Im Rahmen dieser Arbeit soll, aufbauend auf theoretische Grundlagen, erarbeitet werden, wie Führungsethik innerhalb einer Organisation gestaltet werden kann. Der Fokus soll dabei auf den Bereich des Human Ressource Management gelegt werden. Es wird zunächst auf die grundlegende wissenschaftliche Erläuterung von Führungsethik eingegangen. Im Rahmen dessen erfolgen, sowohl eine Definitionsannäherung an die Begriffe „Ethik und Führung“ als auch eine Betrachtung von „Führungsethik“, im Gesamtkonstrukt. Die Darstellung des Standes der aktuellen Forschung zur Führungsethik soll ein tieferes Verständnis für die Thematik ermöglichen. Darauf aufbauend, sollen Nutzungspotenziale und Dilemmata von Führungsethik dargestellt werden, um darlegen zu können, welche Chancen und Hürden Führungskräfte und das Management bei der Gestaltung und Einsetzung von Führungsethik, innerhalb eines Unternehmens, erfahren können. Dies umfasst sowohl die Darlegung, wie der aktuelle Stand von Führungsethik im Unternehmen ermittelt werden kann, als auch eine Zusammenfassung von Empfehlungen für die Praxis.
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Vermerk
1 Einleitung
1.1 Problemstellung
1.2 Zielsetzung
1.3 Aufbau der Arbeit
2 Theoretische Grundlagen
2.1 Definitionsannäherung Führung, Ethik und Führungsethik
2.2 Dilemmata mit und innerhalb von Führungsethik
2.3 Modelle und Konstrukte zur Führungsethik
2.4 Legitimation, Nutzungspotenziale und Konsequenzen der Auseinandersetzung mit Führungsethik
3 Führungsethik in Organisationen
3.1 Messung von Führungsethik im Unternehmen
3.2 Ansatzpunkte zur Lösung des Spannungsfeldes zwischen Ethik und Erfolg und ethischer Dilemmata in der Führung durch das Management
4 Diskussion
4.1 Kritische Reflektion
4.2 Empfehlungen für die Praxis
5 Fazit und Ausblick
Literaturverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
bzw. beziehungsweise
ggf. gegebenenfalls
S. Seite
u. a. unter anderem
z. B. zum Beispiel
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Bezugsrahmen von Mitarbeiterführung im Spannungsfeld von Ethik und Effizienz
Abbildung 2: Konzeptionen ethischer Führung
Abbildung 3: Intuitiver Imperativ
Vermerk
In dieser Arbeit wird aus Gründen der besseren Lesbarkeit das generische Maskulinum verwendet. Weibliche und anderweitige Geschlechteridentitäten werden dabei ausdrücklich mitgemeint, soweit es für die Aussage erforderlich ist.
1 Einleitung
Die Wirtschaftsskandale der letzten Jahrzehnte waren so vielfältig, wie die Branchen der beteiligten Unternehmen und basieren doch alle auf dem vereinigenden Ziel der Gewinn- und Machtmaximierung (Voegtlin, Patzer & Schwerer, 2011, S. 2). So überwachte der Lebensmitteldiscounter Lidl systematisch seine Mitarbeiter, die Deutsche Bahn musste sich der Frage stellen, ob sie den geplanten Börsengang über die Sicherheit der Kunden gestellt hatte und Wirecard liefert aktuell die Story für einen ganzen Hollywood Streifen (Süddeutsche Zeitung, 2008; Süddeutsche Zeitung, 2020). Die Auseinandersetzung mit einem ethischen Bewusstsein innerhalb von ökonomisch motiviertem Handeln wird dabei vom Problembewusstsein einer breiten Öffentlichkeit zunehmend den Unternehmen oktroyiert. Im Kontext der ethischen Verantwortung von Unternehmen stellt sich auch die Frage nach der ethischen Verantwortung von einzelnen Führungskräften. Grundlage dafür ist die Verleitung durch Wettbewerb, Situationen von Machterhalt und Maximierung und Gewinnstreben, moralische Prinzipien den eigenen Vorteilen dynamisch anzupassen, wie es oben dargestellte Unternehmen getan haben.
1.1 Problemstellung
Führungskräfte müssen im Spannungsfeld von ethischer Verantwortung den Mitarbeitern, dem wirtschaftlichen Interesse der Organisation gegenüber und ihren eigenen Motiven, agieren. Dabei stellt sich einerseits die Frage, was Ethik gerade in Bezug auf Führung im wirtschaftlichen Umfeld für Wirkungen hat und anderseits, wie Führungsethik innerhalb von Unternehmen gestaltet und positiv ausgeschöpft werden kann. Dafür muss allerdings erst ein Verständnis für das Konstrukt von Führungsethik erschaffen werden, da Ethik und die damit verbundene Moral sehr subjektiven Einschätzungen unterworfen ist. Grundlage für die Legitimation liefern die kurz erwähnten Skandale und die damit verbundenen Konsequenzen für Unternehmen und einzelne Mitarbeiter. Ethisches oder unethisches Verhalten, sowie ethische Fragestellungen betreffen dabei jedes beteiligte Individuum in vielfältiger Weise. Dabei zeigt sich auch, dass Ethik keine eindeutigen und endgültigen Parameter zu ihrer Umsetzung liefert, was sich auch darin widerspiegelt, dass sie kulturellen Unterschieden unterworfen ist und demnach zu keinen unmissverständlichen Handlungsempfehlungen führt. Was eine weitere Problematik im Verständnis und in der Umsetzung von Führungsethik aufzeigt.
1.2 Zielsetzung
Im Rahmen dieser Arbeit soll, aufbauend auf theoretische Grundlagen, erarbeitet werden, wie Führungsethik innerhalb einer Organisation gestaltet werden kann. Der Fokus soll dabei auf den Bereich des Human Ressource Management gelegt werden. Es wird zunächst auf die grundlegende wissenschaftliche Erläuterung von Führungsethik eingegangen. Im Rahmen dessen erfolgen, sowohl eine Definitionsannäherung an die Begriffe „Ethik und Führung“ als auch eine Betrachtung von „Führungsethik“, im Gesamtkonstrukt. Die Darstellung des Standes der aktuellen Forschung zur Führungsethik soll ein tieferes Verständnis für die Thematik ermöglichen. Darauf aufbauend, sollen Nutzungspotenziale und Dilemmata von Führungsethik dargestellt werden, um darlegen zu können, welche Chancen und Hürden Führungskräfte und das Management bei der Gestaltung und Einsetzung von Führungsethik, innerhalb eines Unternehmens, erfahren können. Dies umfasst sowohl die Darlegung, wie der aktuelle Stand von Führungsethik im Unternehmen ermittelt werden kann, als auch eine Zusammenfassung von Empfehlungen für die Praxis.
1.3 Aufbau der Arbeit
Im nachfolgenden Kapitel soll zuerst ein theoretischer Bezug zum Thema „Führung“ und „Ethik“ sowie „Führungsethik“ in Organisationen hergestellt werden, um ein einheitliches Verständnis zu schaffen. Dies beinhaltet auch die Darstellung der aktuellen wissenschaftlichen Auseinandersetzungen mit den Dilemmata von Führungsethik und den aktuell in der Forschung veröffentlichen Konstrukten und Modellen zur Thematik. Darüber hinaus sollen die Legitimation und die Nutzungspotenziale von Führungsethik dargelegt werden.
Im Anschluss soll in Kapitel drei aufbauend, auf die theoretischen Grundlagen, die Möglichkeiten erarbeitet werden, wie das Spannungsfeld aufgelöst und Führungsethik in Unternehmen gestaltet und eingesetzt werden kann. Dies beinhaltet auch die Möglichkeiten zur Messung von Führungsethik.
Kapitel vier umfasst die wissenschaftliche Diskussion und kritische Reflektion von Führungsethik. Zudem sollen die für die Praxis, im Bereich des Human Ressource Management, relevanten Möglichkeiten Führungsethik ein- und umzusetzen dargelegt werden. Im Fazit und Ausblick wird der Bezug auf die generelle Implikation genommen.
2 Theoretische Grundlagen
Nachfolgend soll eine Definitionsannäherung, an die für diese Arbeit notwendigen Begrifflichkeiten von „Führung“ und „Ethik“, sowie eine Betrachtung beider Begriffe im gemeinsamen Kontext erfolgen. Anschließend sollen die Dilemmata mit und innerhalb von Führungsethik dargelegt werden. Darauf aufbauend soll der aktuelle Stand der Forschung, inklusive der aktuell in der Literatur diskutierten Konstrukte und Modelle, kurz vorgestellt werden. Im Anschluss sollen die Nutzenpotentiale der Auseinandersetzung mit Führungsethik dargestellt werden.
2.1 Definitionsannäherung Führung, Ethik und Führungsethik
Die Führungsethik verbindet die Dimensionen der Führung und der Ethik zu einem eigenen Konzept und bezieht sich dabei auf die Entscheidungsträger. Dabei stellt die Führungsethik die Frage nach einer „[…] menschenwürdigen und fairen Gestaltung der Beziehung zwischen Vorgesetzten und Mitarbeitern“ (Franken, 2019, S. 226). Um ein grundlegendes Verständnis zu schaffen, soll nachfolgend erst eine Definitionsannäherung an Ethik und im Anschluss an Führung erfolgen, da beide Definitionen das Grundverständnis für das Konstrukt von Führungsethik erst ermöglichen.
Definitionsannäherung: Ethik
Ethik ist eine Disziplin der Philosophie und beschäftigt sich mit der Theorie des moralischen Handelns (Pieper, 2007, S. 17). Die Ethik soll für diese Arbeit, ohne tiefgreifend auf die unterschiedlichen Typen des ethischen Argumentierens einzugehen, dargestellt werden. An dieser Stelle soll lediglich auf diese Disziplinen verwiesen werden, um den Umfang des Gesamtbildes von Ethik zu verdeutlichen. So lässt sich beispielsweise eine Differenzierung zwischen normativer Ethik und Metaethik vornehmen (Pauer-Studer, 2020, S. 15).
Das eigentliche Ziel von Ethik ist „[…] die gut begründete moralische Entscheidung als das einsichtig zu machen, was jeder zu erbringen hat und sich von niemanden abnehmen lassen darf – weder von irgendwelchen Autoritäten noch von angeblich kompetenteren Personen (Eltern, Lehrern, Klerikern u.a.)“ (Pieper, 2007, S. 15, 16). Dabei besagt die Ethik nicht „[…] was das Gute in concreto ist, sondern wie man dazu kommt, etwas als gut zu beurteilen“ (Pieper, 2003, S. 24). Es geht dabei um die Lehre des Verhaltens und Handelns und die Beurteilung dessen, ob gut oder böse, sittlich richtig oder falsch gehandelt wird oder wurde (Aßländer, 2011, S. 8; Küpper, 2011, S. 15, 16). Im Alltag wird für Ethik oft Moral als Synonym verwendet. Moral bewertet jedoch die Handlung, Zustände oder Haltungen nach Maßstäben, wie Wertorientierungen, Sinnvorstellungen, Sitten, Gebräuchen oder Prinzipien (Hesseler, 2011, S. 5). Die Ethik bezieht sich auf die der Moral zugrundeliegenden Prinzipien, Tugenden, Werte und Normen und bildet damit die Theorie der Moral (Pauer-Studer, 2020, S. 14).
Definitionsannäherung: Mitarbeiterführung
Mitarbeiterführung beinhaltet immer die interaktive Beziehung zwischen Menschen und ist geprägt durch die Notwendigkeit zwischen verschiedenen Interessen, Bedürfnissen und Zielen abzuwägen (Kuhn & Weibler, 2003). Dabei wird der Führungsbegriff in der Literatur oftmals synonym durch Personal-, Mitarbeiterführung oder Leadership ersetzt. Auf die indirekte strukturelle Führung, die durch Personalmanagement in Unternehmen umgesetzt wird, soll an dieser Stelle nicht näher eingegangen werden, allerdings soll vermerkt werden, dass beispielsweise auch Arbeitsstrukturen und Gerechtigkeit von Anreizsystemen ethischen Fragestellungen unterworfen werden sollten (Kuhn & Weibler, 2003).
Für diese Arbeit soll folgende Definition von Mitarbeiterführung zugrunde gelegt werden:
Personal- oder Mitarbeiterführung ist der Interaktionsprozess in einem Unternehmen, bei dem eine Führungskraft das Handeln, Denken und Fühlen der Mitarbeiter in einem Verantwortungsbereich (Arbeitsgruppe, Abteilung usw.) im Hinblick auf die gemeinsame Erreichung von Unternehmenszielen bzw. die für den Verantwortungsbereich mit Unternehmenszielen zusammenhängenden bereichsspezifischen Zielen zu beeinflussen und zu steuern versucht (Lieber, 2011, S. 23).
Mitarbeiterführung und die ethische Grundlage bezieht sich dabei auf die Förderung und Wahrung von Mitarbeiterbedürfnissen im Bereich der Arbeits- und Lebensqualität (Kuhn & Weibler, 2003). Dabei findet die Interaktion zwischen Führungskraft und Mitarbeiter wechselseitig statt, wobei auch schlechte Führung und das „Nicht-Führen“ eine Art von Führung darstellt (Lieber, 2001, S. 23, 24).
Definitionsannäherung: Führungsethik und unethische Führung
In Verbindung mit der vorab dargestellten Ethik stellt sich demnach die Frage, wann eine Führung bzw. eine Führungskraft ethisch agiert und wie in der asymmetrischen Machtverteilung zwischen Geführten und Führungskraft Ethik integriert werden kann. Wobei die Führungsethik (nach den meisten Autoren) die hierarchische Struktur als grundsätzlich gegeben betrachtet, sie „[…] fragt jedoch nach den normativen Voraussetzungen und Grenzen zumutbarer Führungsformen und Anweisungen unter dem moralischen Gesichtspunkt des Respekts vor dem humanen Eigenwert der Mitarbeiter als Personen“ (Ulrich, 2002, S. 1).
In der Vergangenheit wurde Ethik immerhin als eine Dimension von verschiedenen Führungsstilen, wie dem Transformationalem, dem Transaktionalem oder dem Authentischen betrachtet. Innerhalb der einzelnen Konstrukte ist allerdings nicht nur ethisches Verhalten beinhaltet, weswegen insbesondere von Brown, Treviño und Harrison ein Konzept der ethischen Führung entwickelt wurde (2005, S. 118). Die aktuelle Literatur versucht ethische Führung von einer weniger philosophischen Perspektive zu betrachten, als mehr eine praxisnahe Fokussierung zu erreichen. Hierauf soll in Kapitel 2.3 nochmals näher eingegangen werden.
Brown, Treviño und Harrison definierten dabei das Konstrukt der ethischen Führung, als „[…] the demonstration of normatively appropriate conduct through personal actions and interpersonal relationships, and the promotion of such conduct to followers through two way communications, reinforcement, and decision-making“ (2005, S. 120). Da das Konstrukt in der Literatur auf unterschiedliche Weise definiert wurde, soll für diese Arbeit folgende Definition von Führungsethik zugrunde gelegt werden: „Ethische Führung beschreibt eine Person, die von Mitarbeitern als ehrlich, integer, fair und vertrauenswürdig wahrgenommen wird und gleichzeitig als Führungskraft ganz bewusst das ethische Verhalten ihrer Mitarbeiter fördert und fordert und Abweichungen sanktioniert“ (Braun & Peus, 2014, S. 29). Demnach ist Führungsethik eine Reflektion von Führung innerhalb eines wirtschaftlichen Bezugsrahmens (Ulrich, 2002, S. 1). Dies bedeutet, dass ethische Führung gekennzeichnet ist durch das Befolgen von moralisch-ethischen Prinzipien (Kerschreiter & Eisenbeiss 2015, S. 27).
Damit Führung ethisch sein kann, bedarf es demnach Führungskräfte, die ethisch agieren möchten und dies auf Grundlage der Situation auch können bzw. dabei nicht behindert werden. Dabei beeinflusst ethische Führung insgesamt folgende drei Aspekte von Führung:
- Die Ziele, die eine Führungskraft verfolgt,
- die Mittel, die eingesetzt werden und
- die Auswirkungen, die das Verhalten hat (Yukl, 2013, S. 329).
Ob das Ziel, ein bestimmtes Mittel oder eine Auswirkung von Führungsverhalten ethisch ist, ist abhängig vom subjektiven Wertesystem des Betrachters. Aufgrund verschiedener Kulturen, Subkulturen und deren Veränderbarkeit im Zeitverlauf nutzen unterschiedliche Betrachter unterschiedliche Wertesysteme, somit ist ein objektiver und allgemeingültiger Maßstab für Ethik und Führungsethik nicht definierbar (Yukl, 2013, S. 329). Das Verhalten von Führungskräften kann dabei in einem Kulturraum ethisch vertretbar sein und in einem anderen als unvertretbar gelten. Auf diese Interaktion von Kultur und Ethik und die Problematik innerhalb dieser Beziehung soll in dieser Arbeit nicht vertiefend eingegangen werden.
Personalmanagement besteht meist aus einem hierarchischen Führungsverhältnis zwischen Führungskräften und Mitarbeitern. Um darin einen ethisch vertretbaren Anspruch zu genügen, versucht sich eine „[…] „Ethik des Führens“ stets am Prinzip der wechselseitigen Anerkennung als Mensch auszurichten“ (Maak & Ulrich, 2007, S. 381). Dabei soll eine praktisch gelebte Moral in den Arbeitstag integriert werden, dafür bedarf es aber auch einer Betrachtung und einem Verständnis von „unethischer Führung“.
Die Harvard Professorin Barbara Kellermann beschreibt unethische Führung (Unethical Leadership) wie folgt: „Unethical leadership fails to distinguish between right and wrong. Because common codes of decency and good conduct are in some way violated, the leadership process is defiled“ (Kellerman, 2004, S. 34). Demnach ist unethische Führung das Gegenteil von einer ethischen Führung, was auch die mangelnde Auseinandersetzung von generellem ethischem Verhalten in Führungssituationen mit einschließt. Im unternehmerischen Umfeld wird dabei oftmals von Verstößen im Bereich des Corporate Governance Prinzipien gesprochen, allerdings können sich dieses Fehlverhalten und Fehlentscheidungen auch auf einzelne Mitarbeiter beziehen bzw. auf dem Umgang mit Mitarbeitern (Banks, 2004, S. 3).
2.2 Dilemmata mit und innerhalb von Führungsethik
In der Regel sind die Interessen von Organisationen, Führungskräften und Mitarbeitern nicht kongruent zueinander. Viele Situationen fordern daher (1) die Schaffung von Enthusiasmus für eine riskante Strategie oder ein Projekt, (2) inklusive der Veränderung von zugrundeliegenden Überzeugungen und Werte von Mitarbeitern und (3) die Beeinflussung von Entscheidungen, damit einige auf die Kosten anderer profitieren (Yukl, 2013, S. 330).
Eine der Grundsätze von ethischer Führung ist, die Mitarbeiter darüber zu informieren, welchen Nutzen und Kosten sie von einem Wagnis erwarten können. „However, it is often difficult to find any objective basis for predicting the likely outcomes of an innovative strategy or project. If an obvious crisis already exists for the group or organization, expressing doubts and sharing complete information can create panic and ensure failure“ (Yukl, 2013, S. 330). Demnach besteht eines der Dilemmata darin, Mitarbeitern Probleme aufzuzeigen, ohne sie zu demotivieren. Dabei stellt sich die Frage in welchen Umfang und welche Informationen weitergegeben werden. „For example, should political leaders withhold information about a possible terrorist attack to avoid the risk of harm caused by a mass panic?“ (Yukl, 2013, S. 331). Diese Fragestellung, auf Führungskräfte bezogen, könnte beispielsweise der Umgang mit betriebsbedingten Kündigungen sein.
Ein weiteres Dilemma besteht durch das Beeinflussen von Werten und Überzeugungen. Einige Autoren sehen die Beeinflussung von Werten, Wahrnehmungen und Überzeugungen von Mitarbeitern durch Führungskräfte schon als grundlegend unethisch, auch wenn das Endergebnis positiv für diese Mitarbeiter wäre. „These writers question the implicit assumption that the leader knows what is best for followers, and there is concern about the misuse of power and control over information to bias follower perceptions about problems and events“ (Yukl, 2013, S. 331). Andere Autoren sehen es als die Aufgabe von Führungskräften den Erfolg und die Effizienz von Organisationen zu erhalten und dabei ist es faktisch erforderlich auch die Werte, Wahrnehmungen und Überzeugungen von Beteiligten zu verändern. Die ethische Frage stellt sich darin in welchem Umfang und in welcher Form Führungskräfte auf die Werte, Wahrnehmungen und Überzeugungen einwirken dürfen (Yukl, 2013, S. 331).
Weiterhin besteht ein Dilemma darin, dass durch einige Entscheidungen ein Vorteil für einige Mitarbeiter und ein Nachteil für andere Mitarbeiter entstehen können. Dies beinhaltet auch Entscheidungen, die zum Vorteil für bestimmte Stakeholder (beispielsweise den Unternehmensinhaber) sein können und für den Mitarbeiter eher zum Nachteil werden (Yukl, 2013, S. 331). Ethische Fragestellungen beinhalten Bemühungen konkurrierende Werte und Interessen in Einklang zu bringen und subjektive Urteile über Rechte, Rechenschaftspflichten und soziale Verantwortungen aufzuzeigen. Allerdings stellt sich dabei grundlegend die Frage, welche Vor- und Nachteile sich für die einzelnen Personen und Gruppen durch Entscheidungen einer Führungskraft ergeben.
Zusammenfassend stehen im Mittelpunkt der Führungsethik, Führungskräfte und Mitarbeiter und deren individuellen Normen und Werte, im Kontext von Unternehmenszielen und wirtschaftlichen Einflüssen. Das ethische Dilemma innerhalb der Führung von Mitarbeitern entsteht durch die asymmetrische Interaktionssituation zwischen zwei Organisationsmitgliedern und aus der Auswahl bzw. der Priorisierung verfolgter Ziele. Grundlage dieser Asymmetrie ist die Möglichkeit von Führungskräften auf Machtpotenziale (u.a. Weisungsbefugnis und Sanktionsmöglichkeiten, aber auch z.B. auf charismatische und Expertenmacht) zurückgreifen zu können, zu denen Mitarbeiter keinen Zugang haben (Enste & Wildner, 2015, S. 26; Kuhn & Weibler, 2003). Wobei gerade der organisatorische Erfolg, an den auch oftmals der persönliche Erfolg einer Führungskraft gebunden ist, zu einem zentralen Punkt des Spannungsfeldes wird, weil das Erreichen der Ziele als Erfolg von Führung gewertet wird. Demnach tragen Verantwortliche, sowohl „Erfolgsverantwortung“ als auch „Humanverantwortung“ dem Unternehmen und den Mitarbeitern gegenüber (Kuhn & Weibler, 2003). Daher ist die Führungskraft einem ständigen Abwägen zwischen oftmals schwer zu vereinbarenden Anforderungen wie Pflichten, Interessen, Ziele, Werte und Bedürfnisse verpflichtet. Die nachfolgende Abbildung zeigt das Spannungsfeld von Ethik und Effizienz, in dem Führungskräfte agieren müssen, visualisiert auf.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: Bezugsrahmen von Mitarbeiterführung im Spannungsfeld von Ethik und Effizienz
(Quelle: Kuhn & Weibler, 2003)
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