Der Erste Weltkrieg forderte viele Todesopfer und veränderte das Leben der Menschen in Deutschland grundlegend. Ein neuer Typus Frau bildetet sich gesellschaftlich hervor: die neue Frau. Diese war berufstätig, selbstständig, trug einen Bubikopf und hatte eine Zigarette im Mund. Zumindest ist dies die Information, die der Forschung durch die damalige Literatur überliefert wird. Kritiker behaupten jedoch, dass die Literatur zu dieser Zeitspanne der einzige Ort sei, an dem diese neue Frau existiert. Die Historikerin Atina Grossmann macht deutlich, dass es sich bei der neuen Frau nicht nur um eine mediale Konstruktion handelt, sondern um einen Teil der Frauen in der Weimarer Republik, die sich neu in die Gesellschaft integrieren wollten. Im Zuge dieser Veränderung entstand das Werk „Schicksale hinter Schreibmaschinen“, das von Christa Anita Brück im Jahr 1930 geschrieben wurde. Es kann hierbei jedoch nicht festgelegt werden, ob das Buch durch die Gesellschaft beeinflusst wurde, oder ob es die Intention hatte die Gesellschaft zu verändern. Die Protagonistin in Brücks Werk ist die Stenotypistin Frau Brückner. Sie versucht ein besseres Leben für sich aufzubauen, indem sie ehrgeizig daran arbeitet eine sogenannte Lebensanstellung zu erhalten. Ihre Bestrebungen werden von der männlich dominierten Arbeitswelt belächelt und sie bekommt nicht die Vergütung, die ihren Leistungen und ihren Fähigkeiten entsprechen.
Innerhalb der vorliegenden Abhandlung soll die Fragestellung beantwortet werden, inwieweit man die Protagonistin in „Schicksale hinter Schreibmaschinen“ als neue Frau bezeichnen kann. Um dieser Fragestellung gerecht zu werden, muss zunächst die neue Frau definiert werden. Des Weiteren sollte berücksichtigt werden, dass es sich bei dem Roman um einen fiktiven Text handelt und er rezeptionsästhetisch von der erzählerischen Vermittlung abhängig ist. Es ist ein narratives Konstrukt und keine Dokumentation. Aus diesem Grund ist es unabdinglich eine Basis für dieses Konstrukt zu schaffen. In der vorliegenden Abhandlung ist diese Basis das Werk von Wolf Schmid, der die wichtigsten perspektivischen Modellierungen erläutert.
Inhaltsverzeichnis
Einleitung
Einordnung in den historischen Kontext
Das Konstrukt der neuen Frau
Erzählperspektiven und Erschließung des narrativen Konstrukts
Die Erzählperspektive im Roman „Schicksale hinter Schreibmaschinen“
Analyse der Frauenfiguren
Analyse der neuen Frau im Roman
Fazit
Literaturverzeichnis
Einleitung
Der Erste Weltkrieg forderte viele Todesopfer und veränderte das Leben der Menschen in Deutschland grundlegend. Ein neuer Typus Frau bildetet sich gesellschaftlich hervor: die neue Frau. Diese war berufstätig, selbstständig, trug einen Bubikopf und hatte eine Zigarette im Mund.1 Zumindest ist dies die Information, die der Forschung durch die damalige Literatur überliefert wird. Kritiker behaupten jedoch, dass die Literatur zu dieser Zeitspanne der einzige Ort sei, an dem diese neue Frau existiert. Die Historikerin Atina Grossmann macht deutlich, dass es sich bei der neuen Frau nicht nur um eine mediale Konstruktion handelt, sondern um einen Teil der Frauen in der Weimarer Republik, die sich neu in die Gesellschaft integrieren wollten.2 Im Zuge dieser Veränderung entstand das Werk „Schicksale hinter Schreibmaschinen“, das von Christa Anita Brück im Jahr 1930 geschrieben wurde.3 Es kann hierbei jedoch nicht festgelegt werden, ob das Buch durch die Gesellschaft beeinflusst wurde, oder ob es die Intention hatte die Gesellschaft zu verändern. Die Protagonistin in Brücks Werk ist die Stenotypistin Frau Brückner. Sie versucht ein besseres Leben für sich aufzubauen, indem sie ehrgeizig daran arbeitet eine sogenannte Lebensanstellung zu erhalten. Ihre Bestrebungen werden von der männlich dominierten Arbeitswelt belächelt und sie bekommt nicht die Vergütung, die ihren Leistungen und ihren Fähigkeiten entsprechen.4
Innerhalb der vorliegenden Abhandlung soll die Fragestellung beantwortet werden, inwieweit man die Protagonistin in „Schicksale hinter Schreibmaschinen“ als neue Frau bezeichnen kann. Um dieser Fragestellung gerecht zu werden, muss zunächst die neue Frau definiert werden. Des Weiteren sollte berücksichtigt werden, dass es sich bei dem Roman um einen fiktiven Text handelt und er rezeptionsästhetisch von der erzählerischen Vermittlung abhängig ist. Es ist ein narratives Konstrukt und keine Dokumentation. Aus diesem Grund ist es unabdinglich eine Basis für dieses Konstrukt zu schaffen. In der vorliegenden Abhandlung ist diese Basis das Werk von Wolf Schmid, der die wichtigsten perspektivischen Modellierungen erläutert.5
Einordnung in den historischen Kontext
In den Jahren nach Kriegsende war die Lage für die deutsche Bevölkerung beschwerlich. Die Menschen litten unter der Trauer um ihre verlorenen Familienangehörigen und Freunden. Die politischen Unruhen erschufen eine Atmosphäre von Instabilität und verunsicherten die Bevölkerung. Des Weiteren waren die meisten BürgerInnen von der Inflation schwer getroffen und somit mittellos. Die Situation auf dem Arbeitsmarkt war für viele ebenfalls entmutigend, da die Arbeitslosenzahl immer mehr anstieg. Gepaart mit Hunger und Armut war die Situation in Deutschland von Hoffnungslosigkeit geprägt.6 Die Frauen erlangten durch die Lücke, die die gefallenen Männer in der Gesellschaft hinterlassen hatten, die Möglichkeit und Aufgabe sich vermehrt am Arbeitsleben zu beteiligen.
Es kam jedoch nach Kriegsende zu der Situation, dass die Frauen, die während des Krieges eine männliche Arbeitskraft ersetzt hatten, diesen Platz wieder für die Zurückkehrer aus dem Krieg bereitstellen mussten. Des Weiteren wurden die meisten Frauen in ihrer Rolle als Arbeitskraft nicht ernst genommen. Ihnen wurde keinerlei Verantwortung zugetraut.7 Die Stellung der Frau als arbeitende Person wurde in vielerlei Hinsichten kritisiert. Den Frauen, die nicht verheiratet waren, wurde vorgeworfen ihre eigentliche Aufgabe zu vernachlässigen, da sie meist keine Kinder bekamen. Frauen, die arbeiteten und verheiratet waren, wurden teilweise ebenfalls kritisiert, da es durch die Berufstätigkeit der Frau zu sogenannten Doppelverdienern in der Familie kam. Doppelverdiener wurden als etwas Negatives und Unfaires angesehen.8
Das Wahlrecht für Frauen wurde im Jahr 1918 schriftlich fixiert, trotzdem änderte sich die Situation innerhalb der politischen Landschaft nicht maßgeblich und es brachten sich zunächst nur wenige Frauen in der Politik ein. Wenn Frauen versuchten ihre Meinungen und Ansichten in die Politik zu integrieren, wurde sie meist nicht für als gleichwertiges Mitglied angesehen. Zudem wurden sie für ihr Verhalten von anderen Frauen kritisiert, denn nicht alle Frauen waren für die weibliche Teilnahme am politischen Geschehen.9
Das Konstrukt der neuen Frau
Schon vor dem Ersten Weltkrieg wurde die Stellung der Frau in der Gesellschaft kritisiert. Im Jahr 1865 kam es zur Gründung des Allgemein Deutschen Frauenvereins, der sich die Erwerbstätigkeit der Frau als Ziel setzte.10 In den Jahren 1865 - 1889 kam es zu einer partiellen Radikalisierung der Frauen. Die Intention hierbei war Zugang zu Bildung für Frauen zu schaffen und die Angleichung an die Standards für Männer in diesem Bereich. Der Begriff „Frauenbewegung“ sollte jedoch differenziert behandelt werden, da er eine Einheit von Frauen suggeriert. Es handelte sich hierbei vielmehr um verschiedene ideologische Strömungen.11 Beispielsweise gab es die radikalisierten Frauen, die die freie Ehe propagierten und die Sexualmoral revolutionieren wollten. Helene Lange und Gertrud Bäumer sprachen sich gegen diese Forderungen aus und versuchten die Emanzipation der Frau durch die „Kulturaufgabe der Frau“ zu rechtfertigen.12 Die Kulturaufgabe war in diesem Zusammenhang die Rolle der Mutter in der Gesellschaft. Es wurde argumentiert, dass die Frau ihre Mütterlichkeit nur ungenügend einsetzen dürfe und der Mütterlichkeit mehr Platz eingeräumt werden soll.13 Diese Argumentationsweise kam gut bei männlichen Kritikern an und erzielte auf diese Weise auch einige Erfolge, wie beispielsweise die Ausweitung der Bildung von Mädchen. Hier kann als Beispiel der Lette-Verein genannt werden, der die Emanzipation der Frau nur in einem gewissen Rahmen unterstützte. Die „naturgegebene“ Rolle der Frau sollte durch die Bildung unterstützt werden.14
Das Wahlrecht wurde weiterhin gefordert und in dem Kampf der Frauen ging es nun um die Etablierung der politischen Einflussnahme der Frau. Somit veränderte sich schon vor und während dem Ersten Weltkrieg die Rolle der Frau, dementsprechend lag keine plötzliche Entwicklung zur neuen Frau vor, es handelte sich vielmehr um eine stufenweise Veränderung. Besonders die Umstände während des Krieges, als die Frauen vermehrt die Heimatfront bildeten, veränderte sich das Selbstverständnis der Frauen. Nach dem Krieg wurden die viele Frauen wieder in ihre häusliche Arbeitswelt zurückgedrängt. Manche Frauen sahen nun aber ihre Unabhängigkeit in der Erwerbstätigkeit und setzten sich für ihre Überzeugungen ein.
Der neuen Frau werden bestimmte Merkmale zugesprochen, beispielsweise der Wunsch der Erwerbstätigkeit und somit auch der Unabhängigkeit gegenüber dem familiären Konstrukt. Des Weiteren wird sie meist mit dem äußeren Merkmal eines Bubikopfes und dem Zigarettenrauchen in Verbindung gebracht. Zunächst ist von dem Begriff der neuen Frau abzuleiten, dass es, wenn es eine „neue Frau“ gibt, es auch eine „ältere Frau“ geben muss.15 Die Frauen, die sich in den 1920er Jahren mit dem neuen bürgerlichen Konzept der neuen Frau identifizierten, waren der Auffassung, dass das „abgelaufene“ Konstrukt aus der Vergangenheit zu politisch war. Die politischen Ziele schienen für diese Frauen schon erreicht worden zu sein. Der Fokus lag nun vermehrt auf der persönlichen Gestaltung ihres Lebens.16 Die Frauen, die das ältere Konstrukt der neuen Frau befürworteten, kritisierten die neue Auffassung. Die Freizügigkeit, die bei manchen Definitionen der neuen Frau Teil war, wurde als würdelos empfunden.17 Auch die Anleitungsbücher für das korrekte Verhalten einer Frau wurden weiterhin gedruckt und fanden ihre Leser.18 Genau von diesem Konstrukt der idealen Frau wollten sich viele Frauen in den 1920er Jahren distanzieren. Die Frau sollte nicht mehr ein Ideal darstellen, sondern authentisch sein dürfen. Die Bandbreite der verschiedenen Auslebung von Weiblichkeit sollte in der Gesellschaft akzeptiert werden.19
Wie viele festgelegte Merkmale in der Realität zutrafen, kann nun nicht mehr beurteilt werden. Durch das Durchsetzen des Wahlrechts für Frauen kann aber davon ausgegangen werden, dass das gesellschaftliche Denken vereinzelt oder vielleicht sogar kollektiv einen neuen Ansatz bekommen hatte. Die neue Weiblichkeit wird auch repräsentativ für die neue Sachlichkeit gesehen.20 Das Konstrukt der neuen Frau war finanziell unabhängig und sie legte Wert auf den Abschluss einer Ausbildung. Im Jahr 1928 fasste Ilse Reike zusammen, was ein Mädchen benötigt, um zu einer Frau zu werden. Hierunter zählte sie nicht nur die konservativen Eigenschaften auf, sondern fügte noch das Bestreben hinzu eine Ausbildung absolviert zu haben.21
Drei Jahre zuvor hatte sie versucht die verschiedenen Frauentypen zu klassifizieren, um dann festzustellen, dass es keinen verbindlichen Typus gibt.22. Dohm stellte die These auf, dass Frauen typische Charaktereigenschaften einsuggeriert bekämen und dies dann soweit ginge, dass die Frauen diese sogar übernahmen.23 Christina Thürmer-Rohr sah die Frau hierbei jedoch nicht nur als Opfer, sondern auch als eine Art Mittäterin. Durch den internalisierten Sexismus ist der Konkurrenzkampf der Frauen untereinander ein ständiger Begleiter der Arbeitswelt.24
Dass die neue Frau schlussendlich scheitert, wird in der Literatur dargestellt. Jedoch kann das Scheitern der neuen Frau nicht als ein allgemeingültiges Merkmal angesehen werden. Die neue Frau kann sich in unterschiedlichen Variationen manifestieren und somit dienen die herausgearbeiteten lediglich zur Orientierung Das neue Körperbewusstsein und die Geburtenkontrolle waren Themen, die innerhalb dieser Periode, angesprochen und problematisiert wurden.25 Katharina Sykora nannte die neue Frau der Weimarer Republik eine Art Übergangswesen, das noch nicht die vollendete Subjektwerdung erfahren hatte.26 Der Fokus liegt hierbei auf dem kulturellen Selbst der Frau.27 In der Literatur wird meist eine Entscheidung der Protagonistin verlangt. Sie soll sich zwischen einem erfüllten Liebesleben oder ihrer Berufstätigkeit entscheiden.28 Ein weiteres Merkmal der neuen Frau ist der kritische Blick auf die Männerwelt.29
Das neue Bewusstsein der Frau manifestierte sich auch in den Romanen zu dieser Zeit.30 Der Fokus von „Schicksale hinter Schreibmaschinen“ liegt auf der Arbeitswelt und der Frau als Angestellte. Frauen wurden, trotz ihrer Arbeitsfunktion, meist als Objekte betrachtet.31 Oft wurden die Frauen negativ wahrgenommen und dies wurde dokumentiert.32 Sie durften keine Aufgaben mit Eigenverantwortung übernehmen und wurden auch nur notdürftig mit technischer Kenntnis ausgestattet.33 Dies wird deutlich, da Frauen auch kaum als Geschichtssubjekte wahrgenommen wurden.34
Erzählperspektiven und Erschließung des narrativen Konstrukts
Wolf Schmid weist auf die wichtigsten, perspektivischen Modellierungen hin.35 Zunächst stellt Schmid Franz K. Stanzels Modell vor, das in großen Teilen der Welt verwendet wird.36 Bei diesem Modell gibt es drei Oppositionen, die „Opposition der Person, die Opposition der Perspektive und die Opposition des Modus“.37 Insgesamt gibt es durch die Innen -und Außensicht der Oppositionen sechs Typen.38 Schmid stellte ebenfalls das Modell von Genette vor, welches Stanzels Modell kritisierte, da es nicht zwischen „voix“ und „mode“ unterscheidet.35 Die drei Stufen der Perspektiven von Genette teilen sich in die „Nullfokalisierung, der externen Fokalisierung und der inneren Fokalisierung“ auf.36 Jedoch übt Schmid auch an diesem Modell Kritik aus. Er kritisiert die Begrifflichkeiten, die Genette benutzt, da sie zu absolut und endgültig seien. Es wird immer aus einer Perspektive berichtet.37 Schmid bezieht in seine Analyse der vorherigen Modelle auch das Modell von Uspenskij ein. Hierbei handelt es sich um einen wichtigen Input aus dem Jahr 1970. Das Stratifikationsmodell ist ein Modell mit mehreren Ebenen für die Perspektive.38 Uspenskij definierte vier Ebenen: „Die Ebene der „Wertung“ oder der „Ideologie“, die den „Wertungsstandpunkt“ oder die „ideologische Perspektive“ figuriert, Die Ebene der Phraseologie, die Ebene der „raum-zeitlichen Charakteristik“ und die Ebene der Psychologie.39 “ An diesem Modell kritisierte Schmid, dass die Außen -und Innenperspektive problematisch definiert sei. Er ist der Annahme, dass eine Ebene nicht nur einer Perspektive zugeordnet werden kann, sondern, dass die Ebene von einer äußeren und von einer inneren Perspektive betrachtet werden kann.40
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Laut Wolf Schmids Modell kann eine Situation aus mehreren Perspektiven betrachtet werden, keine Perspektive ist unmöglich.41 In seinem Modell definiert Schmid zunächst „das Geschehen als Objekt der Perspektive“42. Das Erfassen wird durch die inneren und äußeren Faktoren beeinflusst. Hier liegt auch der Unterschied zu den traditionellen Modellierungen, denn diese hatte zunächst nur eine Perspektive. Um die verschiedenen Perspektiven eindrücklicher erklären zu können, erörtert er sie in Bezug auf einen Straßenunfall.
Er differenziert hierbei „räumliche Perspektive, ideologische Perspektive, zeitliche Perspektive, sprachliche und perzeptive Perspektive “.43 Der Bezug vom Erfassen und Wiedergeben wirkt auf ein Subjekt und erschafft die Perspektiven. Durch die verschiedenen Perspektiven können unterschiedliche Fragen beantwortet werden. Die äußere Perspektive beantwortet beispielsweise die Frage: „Wie ist der Unfall passiert?“.
Jedoch sind hierbei auch unterschiedliche Aussagen möglich, mitunter ist es relevant, wo der Augenzeuge gestanden hat. Die ideologische Perspektive gibt durch ihre Beschreibung eine Wertung ab. Es handelt sich also um eine subjektive Herangehensweise des Verfassers. Dadurch, dass diese Person sich das Wissen und die Information „aussucht“ und entscheidet welche Information in den Text kommt, entstehen unterschiedliche Darstellungen von ein und derselben Situation.44
Die zeitliche Perspektive ist durch den „Abstand zwischen dem ursprünglichen Erfassen und späteren Erfassens- und Wiedergabe-akten“ geprägt.45 Für das Beispiel mit dem Unfall bedeutet das, dass die hypothetischen Zeugenaussagen in unterschiedlichen Abständen nach dem Unfall getätigt werden. Schmid weist darauf hin, dass durch das verzögerte Wiedergeben die Information entweder verfälscht, reflektiert oder neu aufgefasst werden kann.46 Die sprachliche Perspektive bezieht sich auf die unterschiedlichen Arten der Wiedergabe von einer Situation. Aufgrund unterschiedlicher Intonationsarten und Wortwahl können sich aus ein und derselben Situation eine Vielzahl von Darstellungen ergeben.
Bei der perzeptiven Perspektive geht es um die Person, die die Auswahl der Information vornimmt. „Wer zeigt hier welche Ansicht?“, ist die entscheidende Frage. Hierbei sind faktuale und fiktionale Texte zu unterscheiden. Bei fiktionalen Texten kann der Verfasser in die Rolle einer dritten Person schlüpfen. Dies ist bei faktualen Texten nicht möglich. Meist sind die perzeptive Perspektive und die räumliche Perspektive miteinander verknüpft. Jedoch ist das nicht nötig, dies zeigt Schmid eindrucksvoll in dem Beispiel eines Dämons, der zwar perspektivisch den Platz einer fiktiven Person eingenommen hat, räumlich jedoch nicht zu sehen ist.47
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1 HERZOG, Susanne: Die Neue Frau, 2014: https://www.dhm.de/lemo/kapitel/weimarer-republik/alltagsleben/die- neue-frau.html, aufgerufen am 4.05.20.
2 BARNDT, Kerstin: Sentiment und Sachlichkeit: der Roman der Neuen Frau in der Weimarer Republik, Köln/Wien, 2003, S. 14.
3 BRÜCK, Christa Anita: Schicksale hinter Schreibmaschinen, 2012, S. 2: https://autonomie-und- chaos.de/images/pdf/auc-54-christa-anita-brueck.pdf.
4 BRÜCK, Christa (2012): S. 19-21.
5 SCHMID, Wolf: Elemente der Narratologie, Berlin, 2014.
6 OBSCHERNITZKI, Doris: „Der Frau ihre Arbeit!“. Lette-Verein. Zur Geschichte einer Berliner Institution. 1866 bis 1986, Berlin, 1978, S. 150 - 151.
7 FREVERT, Ute: Traditionale Weiblichkeit und moderne Interessenorganisation: Frauen im Angestelltenberuf 1918-1933, in: Geschichte und Gesellschaft, 7(3/4), 1981, S. 512.
8 Ebd.
9 HEINSOHN, Kerstin: "Grundsätzlich" gleichberechtigt. Die Weimarer Republik in frauenhistorischer Perspektive, in: Aus Politik und Zeitgeschichte (APuZ 18-20/2018), 2018, https://www.bpb.de/geschichte/deutsche-geschichte/weimarer-republik/277582/emanzipation, zuletzt aufgerufen am 10.05.20.
10 BUSSEMER, Herrad U.: Bürgerliche Frauenbewegung und männliches Bürgertum 1860 - 1880, in: Bürgerinnen und Bürger. Geschlechterverhältnisse im 19. Jahrhundert, hg. von Ute FREVERT, Göttingen 1988, S. 190.
11 GREVEN-ASCHOFF, Barbara: Die bürgerliche Frauenbewegung in Deutschland 1894 - 1933, in: Kritische Studien zur Geschichtswissenschaft 46, hg. von Helmut BERDING, Jürgen KOCKA und Hans-Ulrich WEHLER, Göttingen, 1981, S. 189 -190.
12 Ebd., S. 191.
13 Ebd., S. 41-42.
14 OBSCHERNITZKI, Doris (1978): S. 159-161.
15 DORGERLOHN, Annette, NOELL-RUMPLETES et al. : Die neue Frau: Herausforderung für die Bildmedien der Zwanziger Jahre, Berlin, 1993, S. 9-10.
16 DORGERLOHN, Anette (1993): S. 10.
17 DORGERLOHN, Anette (1993): S. 40.
18 Ebd., S.41.
19 Ebd., S.45
20 BARNDT, Kerstin :Sentiment und Sachlichkeit: Der Roman der Neuen Frau in der Weimarer Republik, 2003, S. 2.
21 DOGERLOHN, Anette (1993): S. 29.
22 DORGERLOHN, Anette (1993): S.49.
23 TEBBEN, Karin: Literarische Intimität. Subjektkonstitution und Erzählstruktur in autobiographischen Texten von Frauen, Tübingen, 1997, S. 117.
24 TEBBEN, Karin (1997): S. 117.
25 BARNDT, Kerstin (2003): S. 14.
26 BARNDT, Kerstin (2003): S. 18.
27 HERZOG, Susanne: Die Neue Frau, 2014: https://www.dhm.de/lemo/kapitel/weimarer- republik/alltagsleben/die-neue-frau.html, aufgerufen am 4.05.20.
28 BARNDT, S. 24.
29 HERZOG, Susanne: Die Neue Frau, 2014: https://www.dhm.de/lemo/kapitel/weimarer- republik/alltagsleben/die-neue-frau.html, aufgerufen am 4.05.20.
30 TEBBEN, Karin (1997): S. 116.
31 FREVERT, Ute (1981): S. 508.
32 Ebd.
33 FREVERT, Ute (1981): S. 512.
34 FREVERT, Ute (1981): S. 509.
35 SCHMID, Wolf: Elemente der Narratologie, Berlin, 2014.
36 SCHMID, Wolf (2014): S. 2.
37 SCHMID, Wolf (2014): S. 2.
38 Ebd.
39 Ebd., S. 14.
40 Ebd., S. 9-10.
41 SCHMID, Wolf (2014): S. 14.
42 Ebd.
43 SCHMID, Wolf (2014): S. 16-21.
44 Ebd., S. 16-17.
45 Ebd., S.18.
46 Ebd., S.18.
47 SCHMID, Wolf (2014): S. 20-21.