Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Motivationsbezogene Ansätze der Führung
2.1. Inhaltstheorien
2.1.1. Bedürfnispyramiden-Modell
2.1.2. Zwei - Faktoren - Theorie
2.2. Prozesstheorien
2.2.1. V-I-E-Theorie
3. Eigenschaftstheorie
4. Verhaltensorientierte Führungsmodelle
4.1 Eindimensionale Führungskonzeption
4.2. Zweidimensionale Führungskonzeptionen
4.3. Dreidimensionale Führungskonzeptionen
5. Situationsorientierte Führungsmodelle
5.1. Kontingenzmodell
5.2. Weg - Ziel - Theorie
6. Managementorientierte Führungsmodelle
6.1. Management by Delegation (Das Harzburger Modell)
6.2. Management by Exception
6.3. Management by Objectives
7. Zusammenfassung
1. Einleitung
„Richtiges“ Führen von Unternehmen war niemals einfach. Für die Unternehmen ist es heute noch komplizierter geworden - aufgrund einer Reihe von internen wie externen Entwicklungen. Wettbewerb und Technik, wirtschaftspolitische und gesellschaftliche Strömungen verursachen einen oft dramatischen Wandel der Rahmenbedingungen. Besonders die veränderten Wertordnungen der Menschen und ein zunehmender Wertepluralismus in den Gesellschaften des Westens erschweren die Führung, da diese Transformationsprozesse nicht an den Eingangspforten der Unternehmen haltmachen. Die Führungskräfte müssen die gewandelten Bewusstseinsformen der Menschen innerhalb und außerhalb der Unternehmen bedenken und ihr Führungsverhalten darauf einstellen. Manche überkommene Form der Führung muss aufgegeben werden. Je flexibler, je dynamischer, je innovativer Organisationen den neuen Herausforderungen begegnen wollen und müssen, desto mehr kommt es für sie darauf an, dass sie auf allen Verantwortungsebenen zeitgemäß geführt werden. Wie aber hat solche „zeitgemäß richtige“ Führung auszusehen? Und wie lässt sie sich, wenn schon bestens erkannt, auch in einer aufgabengerechten und leistungsbetonten Unternehmensorganisation wirksam implementieren? Welche Auswirkungen entstehen durch die verschiedenen Führungsmodelle auf die Mitarbeiter? Ideen und Konzepte dafür gibt es reichlich. Doch welche waren und sind so effektiv, dass sie die Klippen ihrer Realisierung mit Bravour überwunden und einer unvoreingenommenen Kritik ihrer Vorzüge und Nachteile standgehalten haben?1
In der vorliegenden Arbeit wird auf einige Führungsmodelle eingegangen. Zuerst werden neben der Eigenschaftstheorie die Motivationsansätze der Führung vorgestellt. Im Rahmen der verhaltensorientierten Führungsmodelle werden die verschiedenen dimensionalen Führungskonzepte näher erläutert. Des weiteren werden situationsorientierte sowie managementorientierte Führungsmodelle dargestellt. Eine Zusammenfassung schliesst die Hausarbeit ab.
2. Motivationsbezogene Ansätze der Führung
„Die Motivation umfasst alle Gegebenheiten im Menschen und im Umfeld des Menschen, die ihn zu einem bestimmten Verhalten bewegen. Mit ihr befasst sich die Motivationsforschung. Als Motivationsansätze können diejenigen Ansätze bezeichnet werden, die Motivation als eigenen Antrieb und als von aussen kommenden Anreiz stehen, der auf innere Antriebe abzielt (von Rosenstiel).“2
Es stellt sich grundsätzlich die Frage, ob das Mitarbeiterverhalten der Steuerung durch den Vorgesetzten überhaupt zugänglich ist und wenn ja, welche Anreize zur Lenkung eingesetzt werden können. Auf diese Fragen sollen die Motivationstheorien Antwort geben, wobei zwischen den sogenannten Inhaltstheorien und den Prozesstheorien zu unterscheiden ist. Inhaltstheorien versuchen zu erklären, was im Individuum oder in seiner Umwelt Verhalten erzeugt bzw. aufrechterhält.
Prozesstheorien versuchen zu erklären, wie ein bestimmtes Verhalten hervorgebracht, gelenkt, erhalten und abgebrochen wird.
2.1. Inhaltstheorien
2.1.1. Bedürfnispyramiden-Modell
Das Motivationsmodell nach Maslow (1977) war ursprünglich nicht als Theorie der Arbeitsmotivation konzipiert. In der Organisationspsychologie und später auch in der Betriebswirtschaftslehre hat diese Motivationstheorie besonders starke Beachtung gefunden. Das zentrale Thema dieser Theorie ist die Selbstverwirklichung.
Für die Systematisierung der Motive schlägt Maslow eine fünfstufige Bedürfnisstruktur vor, die hierarchisch geordnet ist. Die hierarchisch jeweils höher stehenden Bedürfnisse gewinnen erst an Bedeutung, wenn die hierarchisch niedrigeren grundsätzlich befriedigt sind.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: Bedürfnishierarchie nach Maslow
Die niedrigsten, aber auch zugleich dringendsten Bedürfnisse sind die physiologischen Bedürfnisse. Hierunter fallen die Grundbedürfnisse des Organismus nach Sauerstoff, Nahrung, Getränke, Ruhe, Schlaf, Sexualität. Sind die primären Bedürfnisse befriedigt, verlieren sie ihre motivierende Kraft. Auf der zweiten Stufe beginnen dann die Sicherheitsbedürfnisse zu dominieren. Sie beziehen sich auf Sicherheit vor physischen Gefahren (Gesundheit, Sicherheit am Arbeitsplatz) und die ökonomische Sicherheit (Sicherheit des Einkommens, Sicherung des Arbeitsplatzes, Sparverhalten, Altersversorgung) in einer stabilen Umwelt. Auf der dritten Stufe stehen die sozialen Bedürfnisse, die ihren Ausdruck im Anschluss an andere Menschen finden. Zu ihnen gehören der Wunsch nach Gruppenzugehörigkeit und Geselligkeit, nach Freundschaft und Zuneigung sowie die Akzeptierung durch die Mitmenschen. Wenn diese Bedürfnisse befriedigt sind, schliessen sich nach Meinung Maslows auf der nächsten Stufe die Bedürfnisse nach Wertschätzung an. Es handelt sich dabei um Ich-Bedürfnisse, die sich im Streben nach Selbstachtung oder Selbstwertschätzung und nach Anerkennung durch andere zeigen. Sie umfassen einmal die Betonung der Persönlichkeitsentwicklung sowie die Bedürfnisse nach Prestige, Macht und hohem sozialen Ansehen. An der Spitze dieser Pyramide stehen die Bedürfnisse nach Selbstverwirklichung. Sie erweisen sich im Streben nach Erfüllung eines Selbstkonzepts, in dem Bedürfnis, kreativ zu sein und im Rahmen der Tätigkeit eigene Fähigkeiten einzusetzen und weiterzuentwickeln sowie die eigenen Möglichkeiten voll zu verwirklichen.3
Das Konzept von Maslow fand und findet in der Managementtheorie und -praxis grosse Beachtung.
Die Theorie ist eine „Durchschnitts-Theorie“ in dem Sinne, dass - mit Ausnahme des Bereiches der Selbstverwirklichung - individuelle Unterschiede keine wesentliche Rolle spielen, sondern eher ganze Gruppen von Menschen betrachtet werden. In Abhängigkeit von vor allem den äusseren Bedingungen können grössere Gruppen von Menschen im Hinblick auf die bei ihnen aktivierte Stufe von Bedürfnissen beurteilt und entsprechende Handlungsanweisungen daraus entwickelt werden. Diese Möglichkeit einer eher globaleren Betrachtung macht das Konzept für den Managementbereich besonders geeignet. Massnahmen der Lohn- bzw. Anreizgestaltung, der Arbeitsgestaltung etc. sind nur zu einem geringen Teil imstande, auf individuelle Besonderheiten Rücksicht zu nehmen. Sie arbeiten vielmehr mit relativ allgemeinen Annahmen über die Motivation der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Maslow selbst sieht in der Aktivation immer höherer Bedürfnisse den geeigneten Weg für Unternehmen, ihre Mitglieder an sich zu binden und zu motivieren. Das sich selbstverwirklichende Organisationsmitglied ist in stärkerem Mass fähig und bereit, seine Talente und Fähigkeiten in den Arbeitsprozess einzubringen und damit zu Effizienz und Überleben der Organisation beizutragen.4
2.1.2. Zwei - Faktoren - Theorie
Die Motivator- Hygiene- oder Zwei-Faktoren-Theorie von Frederick H. Herzberg ist sowohl eine Theorie der Arbeitszufriedenheit als auch ein Ansatz der Arbeitsmotivation. Sie weist Ähnlichkeiten zum Bedürfnishierarchie-Ansatz von Maslow auf und steht wie dieser in der Tradition der humanistischen Psychologie. Herzberg geht davon aus, dass Menschen in einer grundsätzlichen Dualität stehen. Sie streben einerseits nach Wachstum und Selbstverwirklichung, nach Erweiterung ihres Horizonts. Andererseits sind sie bestrebt, Schmerzen und Unlust zu vermeiden.
Die in mehreren Schritten entwickelte Theorie versucht zu erklären, welche Faktoren die Entstehung von Arbeitszufriedenheit beeinflussen. Arbeitszufriedenheit wird nicht als eindimensionale Grösse von „Unzufriedenheit“ bis „Zufriedenheit“ aufgefasst. Vielmehr postuliert die Zwei-Faktoren-Theorie zwei unabhängige Dimensionen der Arbeitszufriedenheit: „Unzufriedenheit - Nicht-Unzufriedenheit“ und „Zufriedenheit - Nicht-Zufriedenheit“. Auf jede dieser beiden unabhängigen Dimensionen wirken verschiedene Gruppen von Faktoren. Hygienefaktoren, wie z. B. Unternehmenspolitik, Personalführung und Entlohnung, beeinflussen das Entstehen von Unzufriedenheit bzw. Nicht-Unzufriedenheit. Motivatoren, sind für Zufriedenheit bzw. Nicht-Zufriedenheit verantwortlich. Als Beispiele können hier Leistung, Anerkennung und interessante Arbeitsinhalte genannt werden.
Die Motivator-Hygiene-Theorie hat in der betrieblichen Praxis weite Verbreitung gefunden und sich zu einem bedeutenden Konzept entwickelt. Mehrere Gründe scheinen dafür verantwortlich. Zum ersten ist sie sehr einfach und unmittelbar einleuchtend. Zum zweiten kommt die Zurückstellung von Gehalt, Zulagen, Arbeitsbedingungen etc. zugunsten stärker inhaltlich ausgerichteter Aspekte der Arbeitstätigkeit der Kostenorientierung von Managern entgegen. Schliesslich liefern die mit dem Konzept verbundenen ethischen, moralischen und religiösen Anklänge eine Grundlage zur Legitimation des eigenen Handelns und Umgestaltens von Arbeitsplätzen. Zum anderen gibt es jedoch profunde Kritik an diesem Ansatz. Während die Theorie davon ausgeht, dass Motivatoren und Hygienefaktoren jeweils alle möglichen Ausprägungen auf den beiden Arbeitszufriedenheitsdimensionen bestimmen, zeigen die Daten etwas anderes. Sie belegen jeweils nur, dass Motivatoren mit extremer Zufriedenheit und Hygienefaktoren mit extremer Unzufriedenheit verbunden sind. Die Zwischenbereiche bzw. Übergänge, der neutrale Bereich der beiden Dimensionen wird dadurch nicht erfasst.5
Die Inhaltstheorien vermitteln Anhaltspunkte, welche Motive den Einzelnen bei seinem Handeln leiten. Sie geben keine Antwort auf das Zustandekommen und den Ablauf der Motivationsprozesse. Vorgesetzte, welche in der Personalführung aktive Anreize setzen und auf ihre Mitarbeiter einwirken, sollten deshalb nicht nur über die Inhaltstheorien, sondern auch über die Prozesstheorien Bescheid wissen.
2.2. Prozesstheorien
Wichtig, und neu im Vergleich zur Betrachtung der Motivinhalte ist, dass der Motivationsprozess nicht nur von der Bedeutung der Motive abhängig ist, sondern auch von den Erwartungen darüber, ob durch das eigene Verhalten eine bestimmte Leistung tatsächlich erreicht werden kann und zum gewünschten Erfolg führt.
2.2.1. V-I-E-Theorie
In weiteren Auseinandersetzungen mit den menschlichen Bedürfnissen, Motiven und der Motivation wurde festgestellt, dass die Aktivierung der menschlichen Bedürfnisse von weiteren Einflussfaktoren abhängt, die wiederum untersucht werden müssen. Nach der V-I-E- Theorie (Valenz-Instrumentalität-Erwartung) von Vroom spielt dabei die Wahrscheinlichkeit, mit der eine Erwartung des Mitarbeiters erfüllt wird, eine grosse Rolle. Menschliches Verhalten wird dabei als Entscheidungsverhalten interpretiert, der Mitarbeiter hat sich für eine von mehreren Handlungsalternativen zu entscheiden.
Vrooms Theorie gehört zu den sogenannten Instrumentalitäts- oder Erwartungstheorien. Sie hat auch Gültigkeit für die Arbeitsmotivation und ist daher für die Führungslehre von Bedeutung. Drei Komponenten des Motivationsgeschehens bilden das Kernstück dieser Theorie.
- Valenz (V): Sie drückt die Stärke der Bevorzugung bestimmter Objekte oder Handlungen für das Individuum gegenüber dem erreichbaren Ziel oder Endergebnis aus.
- Instrumentalität (I): Sie ist ein Schätzwert subjektiver Wahrscheinlichkeit, von der das Individuum meint, dass das Ergebnis eintritt. Der Wert der Instrumentalität kann zwischen -1 (d.h. der Handlungsausgang führt nicht zur Zielerreichung) und +1 (d.h. der Handlungsausgang führt zur Zielerreichung) liegen.
- Erwartung (E): Die Wahrscheinlichkeit des konkreten Handlungsausganges liegt zwischen 0 und 1. Die Erwartung drückt nun die Wahrscheinlichkeit aus, mit der dieses bestimmte Ergebnis erreicht werden kann.
Die Valenz des Handlungsergebnisses (Vj) ist dabei abhängig von der Valenz des Ergebnisses (Vk) und der Instrumentalität des Handlungsergebnisses (Ijk). Diese Überlegungen lassen sich in folgender Relation ausdrücken:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Vj = Valenz des Handlungsergebnisses j
Vk = Valenz des Entgeldergebnisses k
Ijk = Instrumentalität des Handlungsergebnisses j für das Erreichen des Endzieles k
Die Anstrengungen für die Handlung, das Ergebnis i zu erreichen, ergibt sich aus der folgenden Beziehung:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Fi = Anstrengungen für die Handlung des Ergebnisses i
Eij = Subjektive Wahrscheinlichkeit der Erwartung, dass die Handlung i zum Ergebnis führen wird [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten].
Vi = Valenz des Handlungsergebnisses j.
Diese Relation drückt aus, dass die Anstrengung eines Individuums, seine Ziele zu erreichen, eine Funktion seiner Erwartung und der Valenz, die dieses Resultat für den Betreffenden hat, ist.6 Der Mitarbeiter wird also eine hohe Leistung erbringen, wenn er
„(1) eine hohe Wahrscheinlichkeit darin sieht, dass seine persönlichen Bemühungen auch zu hoher Arbeitsleistung führen werden;
(2) eine hohe Wahrscheinlichkeit darin sieht, dass gute Arbeitsleistungen zu erwünschten persönlichen Zielen und Ergebnissen führt; und wenn er
(3) diese Ziele und Ergebnisse (z.B. Bezahlung) als positiv-attraktiv für sich empfindet“7
Die Erwartungs-Valenz-Theorien haben kaum in die Praxis Eingang gefunden. Sie werden offensichtlich seitens der Führungskräfte als wenig hilfreich, zu kompliziert und in ihren Schlussfolgerungen als wenig praxisnah eingestuft. Häufig wird auch betont, dass die Situation in der Praxis zu verwickelt und unklar ist, um mit einem solchen Konzept arbeiten zu können. Aus theoretischer Sicht handelt es sich bei diesen Ansätzen um relativ hoch entwickelte Konzepte. Sie werden gegenüber einfacher strukturierten Zugängen, wie etwa den Modellen von Maslow und Herzberg, der Komplexität sozialen Verhaltens eher gerecht.
3. Eigenschaftstheorie
„Die Eigenschaftstheorie („Trait-Theorie“) der Führung gilt als älteste, einfachste, am leichtesten einsehbare und lange Zeit dominierende Vorstellung von erfolgreichen und effizienten Führungspersonen. Sie ist ein vorwiegend charakterologischer und individualpsychologischer (personalistischer) Ansatz zur Erklärung von Führungsverhalten.“8 „Sie hebt bestimmte, stabile Persönlichkeitscharakteristika und Fähigkeiten des Führers als Determinanten des Führungserfolgs hervor, wohingegen den Merkmalen der Führersituation keine nennenswerte Bedeutung zugesprochen wird. Als erfolgsträchtig werden z.B. Eigenschaften wie Aktivität, Energie, Erziehung, Intelligenz, Aufstiegswille, Dominanz, Selbstvertauen und Kontaktfähigkeit ausgewiesen.“9 Die Ergebnisse eigenschaftstheoretischer Untersuchungen sind jedoch vorsichtig zu interpretieren, da zum einen im Mittel diese Zusammenhänge sehr niedrig sind. Selten werden durch einzelne Eigenschaften mehr als 10% der Erfolgsvarianz erklärt. Zum anderen zeigen sich zwischen den Studien erhebliche Streuungen, was auf methodische Mängel schliessen lässt. Problematisch stellt sich diesbezüglich wohl vor allem die Darstellung einer Beziehung zwischen einer nicht direkt beobachtbaren Merkmalsgruppe (z.B. Selbstvertrauen) und der Dimension Erfolg dar. Weitere Kritikpunkte, die gegenüber den Eigenschaftsansätzen genannt werden, sind neben der mangelnden Berücksichtigung der Situation, eine statische Betrachtungsweise und Nichtberücksichtigung der Interdependenzen von Charaktereigenschaften im Führungsprozess.10
Auch wenn die Eigenschaftstheorie der Führung mit Blick auf die obigen Kritikpunkte heutzutage sehr problematisch gesehen wird, so besitzt sie in der Führungs- und Personalpraxis noch einen sehr hohen Stellenwert. Klassische Beispiele hierfür sind Assessment Center, Beurteilungsbögen oder auch Persönlichkeitstests im Rahmen von Einstellungsverfahren.11
4. Verhaltensorientierte Führungsmodelle
Aufgrund der unbefriedigenden Ergebnisse der Eigenschaftstheorie wendet man sich in der verhaltensorientierten Führungsmodellen den Fragestellungen zu, wie sich erfolgreiche Führungskräfte verhalten und welche Handlungen vollzogen werden, um Effizienz und Arbeitszufriedenheit zu erreichen.
4.1 Eindimensionale Führungskonzeption
Das Führungskontinuum von Tannenbaum/Schmidt (siehe Abbildung 2) ist eines der bekanntesten verhaltensorientierten (eindimensionalen) Ansätze. Danach werden nach dem Grad der Mitarbeiterbeteiligung bei Entscheidungen sieben Führungsstile unterschieden. Auf dem einen Ende des Kontinuums wird autoritäre Führung durch stark zentralisierte Entscheidungsfindung und konzentrierte Macht abgebildet. Auf dem anderen Ende wird demokratische Führung bzw. autonome Willensbildung durch Entscheidungsfindung mit hohem Partizipationsgrad und Machtgleichstellung charakterisiert.
Auch wenn dieser Ansatz aufgrund seiner Eindimensionalität nur einen gewissen Realitätsbezug besitzt, so ist er doch als Basis für weitere Ansätze z.B. der kooperativen und delegativen Führung zu sehen. Gerade in den letzten Jahren lässt sich infolge einer veränderten Wertehaltung der Mitarbeiter und gegenüber den Mitarbeitern im Leistungsprozess, einer hohen Mitarbeiterqualifikation sowie einer dem gesellschaftlichen Wandel angepassten Sozial- und Arbeitsrechtsgesetzgebung eine Verstärkung kooperartiver und delegativer Modellansätze beobachten, die über reine Führungsstilbetrachtung hinausgehen. Die Rolle der Mitarbeiter hat sich dabei von einer eher abhängigen Variable hin zu einer mitgestaltenden Rolle verändert.12
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2: Führungskontinuum nach Tannenbaum/Schmidt
4.2. Zweidimensionale Führungskonzeptionen
Der zweidimensionale Stil bezieht sich auf zwei Verhaltensdimensionen in Form des sog. Managerial Grid. Dieses Verhaltensgitter der Führung von Blake/Mouton spiegelt die Wechselbeziehung zwischen den Führungsdimensionen „Produktionsorientierung“ (concern for production) und „Menschenorientierung“ (concern for people) wieder. Jede Dimension ist gekennzeichnet durch neun Ausprägungsgrade, wobei 1 die geringste und 9 die höchste Ausprägung bezeichnet. Damit lassen sich theoretisch insgesamt 81 Führungsstile unterscheiden. Von den Autoren werden nur die sog. Schlüssel-Führungsverhalten 1.1, 1.9, 9.1, 5.5 und 9.9 beschrieben.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 3: Verhaltensgitter von Blake / Mouton
Obwohl die Autoren einerseits eine Gestaltungsempfehlung für den Führungsstil 9.9 geben, weisen sie andererseits auf Einflussfaktoren für die Wahl des Führungsstils hin:
- Organisation, in der ein Mitarbeiter tätig ist
- Situation, in der er sich befindet
- Führungsvorstellungen des Führenden
- Persönlichkeit des Führenden
- Gelegenheit des Vorgesetzten, erlerntes Verhalten auf konkrete Führungssituationen anzuwenden.13
„Die Darstellung von Blake / Mouton zeichnet sich durch ihre einfache und übersichtliche Darstellung aus. In anschaulicher Weise wird der breite Spielraum möglicher Führungsstile abgebildet. Deshalb bildet es die Grundlage zahlreicher Managementseminare.“14
Kritisch wird in der Literatur angemerkt, dass ein Führungsstil für allgemeingültig deklariert und als universell effizient anwendbar empfohlen wird.
„Es ist die spezifische Situation zu berücksichtigen, in der das Führungsverhalten auftritt. Ein und derselbe Führungsstil kann aufgrund unterschiedlicher Umweltbedingungen zu ganz verschiedenen Ergebnissen führen.“15
„Feldexperimente haben ausserdem ergeben, dass zwischen einem bestimmten Führungsstil und den resultierenden Konsequenzen (z.B. Arbeitszufriedenheit, höhere Produktivität) keine eindeutige Beziehung besteht.“16
4.3. Dreidimensionale Führungskonzeptionen
Reddin unterscheidet in seinem Modell drei Dimensionen: Aufgabenorientierung (task orientation), Beziehungs-, bzw. Kontaktorientierung (relationship orientation) und Effektivität. Im Gegensatz zu Blake/Mouton bestreitet Reddin in seiner 3-D-Theorie der Führung die Existenz eines generell gültigen und „besten“ Führungsstils.17
Die vier Grundstile sind:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Ineffektive Stile sind mit folgenden Vorgesetzten verbunden:
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Effektive Stile sind mit folgenen Vorgesetzten verbunden:
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Die Situation wird durch folgende Einflüsse bestimmt:
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Der Ansatz von Reddin ist informativ, da er auf spezifische Führungsmerkmale hinweist. Ein und derselbe Führungsstil kann nämlich sowohl Erfolg wie Misserfolg mit sich bringen. Verschiedene Führungsstile können zum gleichen Erfolg führen. Dieses Modell ist als Instrument der Veranschaulichung in Führungsseminaren noch besser geeignet als das Verhaltensgitter, da es auf situative Bedingungen der Führung hinweist.
Kritisch ist allerdings anzumerken, dass in erster Linie die Führungskraft bzw. ihr Führungsverhalten betrachtet werden. Die Abhängigkeit des Führungsstils von den Merkmalen des zu Führenden bzw. der Gruppe wurde nicht analysiert. Die Merkmale der Persönlichkeit des Mitarbeiters sind für das Führungsverhalten des Chefs von hervortretender Bedeutung.18
5. Situationsorientierte Führungsmodelle
Ansätze, die rein eigenschafts- bzw. verhaltensorientiert sind, haben gezeigt, dass eine wichtige Dimension wie die „Situation“ hinsichtlich des Führungsverhaltens nicht aussen vor gelassen werden kann. Im Mittelpunkt situationstheoretischer Ansätze steht daher die Erfassung und Bestimmung konkreter situativer Faktoren, d.h. die Identifikation genauer Bedingungen, unter denen unterschiedliche Führungseigenschaften oder Verhaltensweisen von Führern sich als effizient erweisen können.
5.1. Kontingenzmodell
„Dieses Führungsmodell gehört zu den vieldiskutierten Führungsmodellen der Gegenwart. Es wird von Fiedler als Kontingenzmodell bezeichnet, weil unter dem Wort „contingency“ die Bedingtheit bzw. Abhängigkeit von verschiedenen Situationen verstanden wird. Das Ziel des Modells besteht darin, die Effektivität der Führung in Abhängigkeit von verschiedenen Situationen zu untersuchen.“19 Das Kontingenzmodell besteht aus drei wesentlichen Elementen: Wahrnehmungsmaße, Führungsstile, Situationskriterien.
Ein Wahrnehmungsmaß wurde zur Messung unterschiedlichen Führungsverhaltens entwickelt. Das LPC-Wahrnehmungsmaß (Least Preferred Coworker) misst das Ausmaß, in dem der Führende den am wenigsten geschätzten Mitarbeiter noch relativ wohlwollend beschreibt. Das besagt, dass der Führer rücksichtsvoll und beziehungsorientiert führt und umgekehrt.
Es wird zwischen zwei Führungsstilen unterschieden: Die aufgabenorientierte Führung befriedigt das Bedürfnis nach Aufgabenlösung und Zielerreichung. Dieser Führungsstil bezieht sich also auf die Leistungsorientierung. Die personenorientierte Führung befriedigt das Bedürfnis nach guten menschlichen Beziehungen zwischen Führer und Geführten. Der Führungsstil bezieht sich auf die Interaktion.
Der Führungsstil wird mit Hilfe der dargestellten Wahrnehmungsmaße ermittelt. Niederige LPC-Werte entsprechen der aufgabenorientierten Führung und hohe LPC-Werte passen zur Beziehungsorientierung. Darauf baut Fiedler ein Klassifikationssystem von Führungssituationen auf, die drei Kriterien beinhalten. Die Positionsmacht des Führers (+ = stark, - = schwach), Führer-Mitarbeiter-Beziehungen (+ = gut, - = schlecht), Aufgabenstruktur ( + = strukturiert, - = unstrukturiert).
Aus der Kombination dieser 3 Kriterien analysiert Fiedler acht Führungssituationen.
Nach Fiedler gibt es keinen allgemeingültigen Führungsstil, sondern es gibt nur Führer, die sich in bezug auf bestimmte Situationen nach einem bestimmten Stil richten.20
Zusammenfassend kann das Kontingenzmodell wie folgt beurteilt werden:
- Ausser den drei Situationskomponenten ist noch eine Reihe anderer situativer Grössen entscheidend. Auch im Hinblick auf den Führer sind weitere Charakteristika von Bedeutung.
- Das LPC-Maß hat sich als äusserst unausgewogene Grösse erwiesen.
- Auf Merkmale der Persönlichkeit des Geführten und dessen Verhalten wird kaum eingegangen. Auch der Gruppeneinfluss wird vernachlässigt.
Wegen der Klarheit des Aufbaus, der leichten Überprüfbarkeit und der Plausibilität ihrer Aussagen ist das Kontingenzmodell einer der meistuntersuchten sozialpsychologischen Theorien.21
5.2. Weg - Ziel - Theorie
Als eine andere Variante der situationsorientierten Führungsmodelle soll die Weg - Ziel - Theorie vorgestellt werden. Der Weg - Ziel - Theorie (Evans 1970, House 1971) liegen Aspekte der Erwartungstheorie der Motivation zugrunde, was zu einer Orientierung an Handlungsentscheidungen der Geführten führt. Grundlegend ist die Annahme, dass sich Menschen bei Vorliegen mehrerer Handlungsmöglichkeiten für die Alternative entscheiden, von der sie sich den grössten Nutzen versprechen. Dementsprechend wird ein Mitarbeiter den günstigsten Weg und die sinnvollste Methode wählen, um seine Ziele im Rahmen der Organisation zu erreichen.22
Prinzipiell hat der Führer zum einen die Möglichkeit, seine Führungsaufgabe dahin zu lenken, dass die subjektive Erfolgswahrscheinlichkeit des jeweiligen Mitarbeiters erhöht wird, d.h., dass Anstrengungen zu Leistung und Leistung zu Belohnung führt. Zum anderen kommt es darauf an, dass der Mitarbeiter mit erreichter Leistung auch die Erfüllung seiner persönlichen Wünsche verknüpft. Die wichtigste Aufgabe des Führenden liegt somit in der Weg - Ziel - Klärung bzw. der Situationsdiagnostik, um Aspekte des Motivationsgeschehens, d.h. Beweggründe für ein mögliches Verhalten, kenntlich zu machen.
Eine Führungsaktivität kann sich daher beispielsweise in dem Setzen und Vereinbaren von realistischen Zielen, die in Einklang mit den Mitarbeiterzielen stehen, und dem Abklären erforderlicher Wege zeigen, um dadurch Einfluss auf die subjektive Erfolgswahrscheinlichkeit des einzelnen zu nehmen (siehe hierzu auch unten Management by Objectives). Ebenso lässt sich daraus ableiten, dass z.B. ein bestimmter Führungsstil eher akzeptiert wird, je eher dieser Stil für das Erreichen bestimmter Zielvorstellungen des einzelnen instrumentell ist. Grundsätzlich hat dabei der Führende die Wahl zwischen einem direktiven, unterstützenden, partizipativen und leistungsorientierten Führungsverhalten.
So ist z.B. dann Partizipation angemessen, wenn Mitarbeiter eine herausfordernde und ausserdem schlecht definierte Aufgabe zu erfüllen haben, oder wenn die Mitarbeiter ein starkes Unabhängigkeitsbedürfnis zeigen.23
Positiv am Weg - Ziel - Ansatz erscheint vor allem die Hinwendung zu den Geführten und die Einflussnahme der Führungsperson auf unterschiedliche Gestaltungsbereiche. Ein wesentliches Problem dieser Ansätze wird jedoch in der mangelnden Einordnungssystematik von Situationen gesehen. Dies führt zum Fehlen konkreter Hinweise auf Merkmale von Entscheidungssituationen, in denen beispielsweise die Partizipation empfohlen wird.24
6. Managementorientierte Führungsmodelle
„Führungstechniken (Management-Konzeptionen) sind Konstrukte aus Regeln, Verfahren und Instrumente, die geschaffen und eingesetzt werden, um arbeitsteilige Institutionen effizienter zu führen. Ihnen liegt das Bestreben zugrunde, durch eine systematische Ordnung der Verfahrens-, Aktions- und Verhaltensweisen die Leistungsfähigkeit aller in der Unternehmung wirkenden Kräfte zu optimieren. Dies gelingt umso besser, je erfolgreicher die einzelnen Bestandteile aufeinander abgestimmt sind und systematisch gehandhabt werden.“25 In der Literatur wird eine Vielzahl verschiedener sogenannter Management-by-Techniken als Führungstechniken beschrieben, die in zwei Gruppen eingeteilt werden können:
Sachbezogene Führungstechniken:
Management by Alternatives, Management by Breakthrough, Management by Crisis, Management by Exception, Management by Innovation, Management by Objectives, Management by Results, Management by Systems.
Personenbezogene Führungssysteme:
Management by Conflicts, Management by Control and Direction, Management by Communication, Management by Delegation, Management by Information, Management by Motivation, Management by Participation, Management by Communication and Participation.
Davon sind folgende drei Führungstechniken in der Bundesrepublik vorherrschend:26
- Management by Delegation, und zwar in seiner konkreten deutschen Ausprägung, dem Harzburger Modell. Hierbei wird die Führung durch Aufgabendelegation vorgenommen.
- Management by Exception als Führung durch Ausnahmeregelung und
- Management by Objectives als Führung durch Zielvereinbarung
6.1. Management by Delegation (Das Harzburger Modell)
Wird vom Harzburger Modell gesprochen, dann ist damit das Führungskonzept von R. Höhn gemeint, das an der Akademie für Führungskräfte in Bad Harzburg entwickelt wurde. „Es ist ein geschlossenes Führungsmodell, dessen Zielsetzung in der Verhaltensänderung der Mitarbeiter im Sinne der „Führung im Mitarbeiterverhältnis“ zu sehen ist. Ausgangspunkt der Überlegungen von Höhn war die Feststellung, dass der traditionelle autoritäre Führungsstil unserer auf demokratischen Leitbildern beruhenden Staatsordnung nicht entspricht und den Ansprüchen und Fähigkeiten des heutigen, hoch qualifizierten und selbständig denkenden Menschen nicht gerecht wird.“27
„Durch „Führung im Mitarbeiterverhältnis“ sollen bei den Mitarbeitern brachliegende Motive aktiviert und selbständiges Handeln gefördert werden. Unternehmerisch denkende und handelnde Mitarbeiter sollen an die Stelle von Befehlsempfängern treten.“28 Kern des Modells ist die Aussage, dass jedem Mitarbeiter ein selbständiger Aufgabenbereich (management by delegation) einzuräumen ist. Die geschieht durch Delegation von Verantwortung. Aufgaben und Kompetenzen werden der Ebene der Hierarchie zugeordnet, wo sie ihrem Wesen nach hingehören. Voraussetzung sind hier exakte, personenunabhängige Stellenbeschreibungen. Selbständiges Handeln der Mitarbeiter ist nur innerhalb des als Ergebnis der Stellenbeschreibung zugewiesenen Bereichs möglich. Die zur praktischen Realisierung des Grundprinzips der Delegation erforderlichen Maßnahmen werden in der allgemeinen Führungsanweisung verbindlich festgelegt. Hierbei handelt es sich um schriftlich fixierte Regeln und Grundsätze, die die Pflichten und Rechte der einzelnen Mitarbeiter beschreiben.29
Das Harzburger Modell wird von vielen Autoren kritisiert. Unter anderem wird darauf hingewiesen, dass das Modell zu formal und bürokratisch sei, autoritäre Züge trage, Ressortdenken fördere, keine echte Partizipation der Mitarbeiter an wichtigen Entscheidungen ermögliche und aufgrund seines mechanistischen Charakters bei komplexer, dynamischer Umwelt nicht geeignet sei. Es darf angenommen werden, dass es Situationen gibt, in denen durch die Anwendung der Prinzipien des Harzburger Modells Organisationsvorteile erzielt werden können. „Festgehalten werden kann allerdings, dass ein Widerspruch unverkennbar ist, zwischen dem Anspruch des Harzburger Modells, das System autoritärer Führung durch ein auf Delegation von Handlungsverantwortung fußendes Konzept der Führung im Mitarbeiterverhältnis abzulösen, und der von Höhn propagierenden Praxis eines engmaschigen Netzes verbindlicher Führungsanweisungen, die den Entscheidungsspielraum des einzelnen Mitarbeiters in über Routineangelegenheiten hinausgehenden Belangen stark einschränken.“30
6.2. Management by Exception
Beim Management by Exception handelt es sich um ein Modell, bei welchem die Mitarbeiter innerhalb eines vorgegebenen Rahmens selbständig entscheiden dürfen. Es wird dadurch angestrebt, die Vorgesetzten im Unternehmen von Routinearbeiten zu entlasten. Es geht um die Führung nach dem Prinzip des Ausnahmenfalls.
Voraussetzungen für dieses Modell sind:
- Delegation der Aufgaben an die Mitarbeiter
- Festlegung des Ermessensspielraums der Mitarbeiter
- Festlegung der Ausnahmeregelung und der Aufgabengebiete
- Schaffung eines geeigneten Informationssystems
- Festlegung der Art des Eingreifens durch den Vorgesetzten31
Als positiven Aspekt kann man hier nennen, dass bei normal laufenden Prozessen die Kontrollaktivitäten reduziert und das Management entlastet werden. Darüber hinaus kann eine höhere Arbeitszufriedenheit erzielt werden, da innerhalb der gegebenen Toleranzen eine weitgehende Selbststeuerung der Mitarbeiter möglich ist.
Als negative Aspekte kann man hier anfügen, dass Prozesse, bei denen intellektuelle Fähigkeiten erforderlich sind, nur schwer in das Management by Exception eingliedern lassen. Kreativität und Initiative werden tendenziell den Vorgesetzen beibehalten. Die Ausrichtung ist auf die negative Zielabweichung begrenzt, positive Abweichungen bleiben weitgehend unbekannt. Dies kann schlechte Auswirkungen auf die Motivation haben.
6.3. Management by Objectives
Bei dieser Führungskonzeption wird die Führungsfunktion „Zielsetzung“ in den Mittelpunkt gestellt. Aus dem Gesamtziel einer Organisation werden Unterziele abgeleitet. Die Ziele werden nicht von oben nach unten definiert, sondern im sogenannten „Gegenstromverfahren“ von oben nach unten und umgekehrt zurück. Daher auch die Bezeichnung Zielvereinbarung und nicht Zielvorgabe. Das Zielsetzungsgespräch zwischen den Vorgesetzten und den Mitarbeitern ist dabei der Kern des Management by Objectives. Diese Ziele werden durch Leistungsstandards präzisiert, gemeinsam festgelegte Kontrolldaten dienen dazu, die Zielerreichung zu konrollieren. Auch die Massnahmen zur Zielerreichung werden durch den Mitarbeiter selbst bestimmt. Das Management by Objectives ist also ergebnis-, nicht verfahrensorientiert.32
Die Vorteile der zielorientierten Führung werden vor allem gerade in der Anpassungsfähigkeit und Zukunftsorientierung sowie in der höheren Aufgaben- und Leistungsorientierung durch Partizipation der Mitarbeiter gesehen. Aber auch die stärkere Entlastung der Führenden von operativen Entscheidungen, sowie die Erleichterung der unternehmenspolitischen Steuerungsfunktion und Koordination (Integration) aller Unternehmensteile wird als vorteilhaft eingestuft.33
Obwohl dieses Konzept einen sehr hohen Bekanntheitsgrad geniesst, stehen ihm aber auch eine Vielzahl von kritischen Aspekten entgegen. Zum einen lassen sich kaum Beispiele für dessen praktische Umsetzung finden. Zum anderen wird der hohe organisatorische Aufwand als besonders problematisch betrachtet. Ein Problem ergibt sich gleichermassen bei der Zurechenbarkeit der Zielerreichungsgrade mit Blick auf die Unabhängigkeit bzw. Interdependenz der Einzelleistungen verschiedener Mitarbeiter. Ebenso bleibt eine Koordinationswirkung neben der Zielfindung, die sich weitgehend auch aus der Abstimmung zwischen den Strategien, Strukturen oder Kulturen ergeben kann, unbeachtet.34
7. Zusammenfassung
Die Vielzahl angebotener Führungsmethodensysteme verunsichert oft den Praktiker. Führungskonzepte, wie die Management-by-Konzepte, werden in der Literatur beschrieben, in der Praxis bestehen darüber zum Teil noch unklare Vorstellungen. Viele dieser Techniken sind nur Teiltechniken, die nicht für sich allein praktizierbar sind. Sie müssen als Bausteine in ein System eingefügt werden, um befriedigend zu funktionieren.
Die Zukunft der Personalführung liegt, neben der wertevermittelnden Aufgabe, hauptsächlich in der Selbstverantwortung und Selbstverpflichtung des einzelnen Mitarbeiters. Die vielen Selbstbegriffe zur Kennzeichnung einer zukunftsorientierten Personalführung münden in der Vorstellung von mehr „Selbstführung“.
Das Gewicht verlagert sich von der klassischen „Fremdführung“ weg, hin zur „Selbstführung“ im Sinne von eigeninitiierter, zielkonformer Handlungslenkung durch die Mitarbeiter selbst. Der Führungsanspruch wird aber nicht aufgegeben. „Selbstführung“ ist vielmehr ein kontrolliert vorgegebenes Feld der Entscheidungsfreiheit in Unternehmungen. „Selbstführung“ ist damit ein kalkuliert eingesetztes Instrument der Führung. Sie ist der Führung keineswegs entglitten, sondern bewusst gewollt und wird aufgrund der erhofften Motivationswirkung als Mittel zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit eingesetzt. Trotz aller Technisierung wird der Mensch, ob als Mitarbeiter, Führungskraft oder Unternehmer, der ausschlaggebende Faktor für den Unternehmenserfolg bleiben. Deutlich wird dies auch an zukunftsweisenden Konzepten, wie etwa der „lernenden Unternehmung“ oder der „intelligenten Unternehmung“. Denn diese sind nur so „lernfähig“ bzw. „intelligent“, wie es ihre Mitarbeiter sind.
Entsprechend hat die Personalführung eine Schlüsselfunktion für die Zukunftssicherung von Unternehmen.
Literaturverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
[...]
1 Vgl. Koblitz, H.G., Zur Einführung, in: Harvard Manager, Führung und Organisation, Hamburg 1998, S.7.
2 Rahn, H.J., Unternehmensführung, Ludwigshafen (Rhein) 2000, S.54.
3 Vgl. Hentze, J./ Brose, P., Personalführungslehre, Stuttgart 1990, S. 43-44.
4 Vgl. Kasper, H., Mayrhofer, W., Führung, Wien 1993, S. 12-13.
5 Vgl. Kasper, H., Mayrhofer, a.a.O., S. 19-20
6 Vgl. Hentze, J./ Brose, P., a.a.O., S. 54-55.
7 Weinert, A.B., Lehrbuch der Organisationspsychologie, Wien 1987, S.276.
8 Prof. Dr. Delhees, K.H., Führungstheorien - Eigenschaftstheorie, in: Kieser, A. (Hrsg.), Handwörterbuch der Führung, Stuttgart 1987, S. 748.
9 Kieser, A., Oechsler, W.A., Unternehmungspolitik, Stuttgart 1999, S. 312.
10 Vgl. Hentze, J./Kammel, A./Lindert, K., Personalführungslehre, Bern 1997, S. 181ff. Vgl. Neuberger, O., Führen und geführt werden, Stuttgart 1995, S. 64ff. Vgl. Wunderer, R., Führung und Zusammenarbeit, Beiträge zu einer unternehmerischen Führungslehre, Stuttgart 1997, S. 54ff.
11 Vgl. Kieser, A., a.a.O., S. 312.
12 Vgl. Kieser, A., Oechsler, W.A., a.a.O., S. 316-317
13 Vgl. J. Hentze, P. Brose, a.a.O., S. 125-126.
14 Olfert/Steinbuch, Personalwirtschaft, Ludwigshafen/Rhein 1999, S.172.
15 Wunderer/Grunwald, Führungslehre, Berlin/New York 1980, S. 112.
16 Neuberger, O., Miteinander arbeiten - miteinander reden! Vom Gespräch in unserer Arbeitswelt, München 1987. S.98.
17 Vgl. Reddin, W.J., Das 3-D-Programm zur Leistungssteigerung des Managements, München 1977, S. 43.
18 Vgl. Rahn, H.-J., Betriebliche Führung, Ludwigshafen/Rhein 1992, S.98
19 Rahn, H.-J., a.a.O., S. 103.
20 Vgl. Rahn, H.-J., a.a.O., S. 105ff.
21 Vgl. Neuberger, O., Führungsverhalten und Führungserfolg, Berlin 1976, S. 78.
22 Vgl. Wunderer, R., Motivation als Führungsaufgabe. In: Berthel, J./ Groenewald, H.: Personalmanagement, zukunftsorientierte Personalarbeit, Landsberg/ Lech 1993, S. 17
23 Vgl. Vroom, V.H./ Jago, A.G., Führungsentscheidungen, Management der Partizipation in Organisationen, Stuttgart 1991, S.51. Vgl. Weinert, A.B., Lehrbuch der Organisationspsychologie, Menschliches Verhalten in Organisationen, München 1992, S. 372. Vgl. Oechsler, W.A., Personal und Arbeit, Einführung in die Personalwirtschaft, München 1997, S. 315ff. Vgl. Hentze, J./Kammel, A./Lindert, K., a.a.O., S.331ff.
24 Vgl. Hentze, J./Kammel, A./Lindert, K., a.a.O., S.117ff. Vgl. Wunderer, R., Die Förderung der Leistungsbereitschaft: Motivationstheoretische und führungspraktische Aspekte. In: Lattmann, Ch./ Probst, G.J.B/ Tapaernoux, F.: Die Förderung der Leistungsbereitschaft des Mitarbeiters als Aufgabe der Unternehmensführung, Heidelberg 1992, S. 95ff, 101. Vgl. Wiswede, G., Führungsforschung im Wandel. In: Wiendieck, G./ Wiswede, G.: Führung im Wandel, Neue Perspektiven für Führungsforschung und Führungspraxis, Stuttgart 1990, S. 19.
25 Berthel, J., Personal-Management, Grundzüge für Konzeptionen betrieblicher Personalarbeit, Stuttgart 1989, S.385.
26 Vgl. Töpfer, A., Unternehmensführung, - entwicklung, Entwicklungsperspektiven, in: Wirtschaftswoche 1979, S. 66-74
27 Hentze, J./ Brose, P., a.a.O. S. 227.
28 Höhn, R./ Böhme, G., Stellenbeschreibung und Führungsanweisung, Bad Harzburg 1966, S.54.
29 Vgl. Hentze, J./ Brose, P., a.a.O. S. 227.
30 Hentze, J./ Brose, P., a.a.O. S. 228.
31 Vgl. Rahn, H.-J., a.a.O. S. 124.
32 Vgl. Oehme, W., Handelsmanagement : eine Konzeption für die Führung des Operatingbereiches von Handelsunternehmen , Stuttgart 1993, S. 248
33 Vgl. Wunderer, R., Betriebswirtschaftslehre als Management- und Führungslehre, Stuttgart 1995, S.230.
34 Vgl. Rühli, E., Führungsmodelle. In: Kieser, A., Handwörterbuch der Führung, Stuttgart 1995, S. 760ff.
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- Frederik Gregory Pferdt (Autor:in), 2001, Führungskonzepte, München, GRIN Verlag, https://www.hausarbeiten.de/document/105413