An internationale Zustellungen im Zivilprozess werden von verschiedenen Seiten unterschiedliche Anforderungen gestellt: Einerseits wünscht der inländische Kläger eine effiziente und zügige Zustellung, andererseits hat der Zustellungsempfänger im Ausland ein berechtigtes Interesse daran, das zuzustellende Schriftstück tatsächlich und auch rechtzeitig zu Gesicht zu bekommen und schließlich müssen die Konflikte, die sich aus dem Zusammentreffen der unterschiedlichen Rechtsordnungen ergeben, aufgeklärt werden.
Da die nationalen Prozessrechte diesen Anforderungen in ihren Regelungen nur unzureichend Genüge tun und meist den ausländischen Empfänger benachteiligen, wurden schon früh bi- und multilaterale Verträge geschlossen, um hier Abhilfe zu leisten. Wichtigstes internationales Vertragswerk sind die Haager Übereinkommen. Auch innerhalb der EU findet dieses internationale Regelungswerk Anwendung: Da das EuGVÜ kurz nach den Haager Übereinkommen erarbeitet wurde, hielt man seine Regelungen für ausreichend und begnügte sich mit einem Verweis auf diese. Da sich jedoch die Übermittlung von Schriftstücken nach den Haager Übereinkommen in der Praxis als zeitaufwendig und fehlerträchtig erwies, gibt es seit Anfang der 90er in der EU das Bestreben, die Haager Übereinkommen im Verhältnis der Mitgliedstaaten untereinander durch ein den Anforderungen des Binnenmarktes genügendes Zustellungsregelungswerk zu ersetzen. Verstärkt wurden diese Bemühungen durch die Aufnahme der Vereinbarung der justiziellen Zusammenarbeit im zivilrechtlichen Bereich in den EU-Vertrag. Ergebnis dieser Bemühungen ist die EU-Verordnung Nr. 1348/2000 über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke in Zivil- oder Handelssachen in den Mitgliedstaaten, die zum 31.5.2001 in Kraft getreten ist. In den nachfolgenden Ausführungen soll die Verordnung in den geschichtlichen und sachlichen Zusammenhang gesetzt und mit den Anforderungen an ein einheitliches europäisches Prozessrecht und den Einsatz moderner Technik verglichen werden.
Gliederung:
Einleitung
I Bedeutung der Zustellung im deutschen Recht
II. Die internationale Zustellung
(A) Das deutsche Konzept der Zustellung in das Ausland
(1) Zustellung als Hoheitsakt
(2) Die Zustellung gemäß §§ 199ff. ZPO
a. die tatsächliche ausgeführte Zustellung ins Ausland
b. öffentliche Zustellung
(3) Die Zustellung gemäß §§ 175ff. ZPO
a. Voraussetzungen der fiktiven Zustellung
b. Zustellung eines Versäumnisurteils nach § 175 ZPO
c. Analoge Anwendung von § 339 II ZPO
d. Zustellung nach § 199 auf Antrag der Partei
(B) Das französische Konzept der Zustellung in das Ausland
(C) Die Notwendigkeit internationaler Rechtshilfe bei Zustellungen
II. Die Haager Übereinkommen und andere völkerrechtliche Verträge als Rechtsgrundlage für die internationale Zustellung
(A) Die Haager Konferenz
(B) Die Haager Übereinkommen über den Zivilprozess
(1) Das Haager Übereinkommen über den Zivilprozess vom 17.7.1905
(2) Das Haager Übereinkommen über den Zivilprozess vom 1.3.1954
(3) Das Haager Übereinkommen über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke im Ausland in Zivil- und Handelssachen vom 15.11.1965
(4) Das Haager Übereinkommen über die Beweisaufnahme im Ausland in Zivil- oder Handelssachen vom 18.3.1970
(5) Vereinbarungen zur weiteren Vereinfachung des Rechtsverkehrs nach den Haager Übereinkommen
(B) Bilaterale Rechtshilfeabkommen
(C) Zustellungswege
(1) Die klassischen Wege der Übermittlung von gerichtlichen und außergerichtlichen Schriftstücken ins Ausland
a. Der diplomatische Weg
b. Der konsularische Weg
c. Der direkte Behördenweg
(2) Der Weg über „Zentrale Behörden“ nach dem Haager Zustellungsübereinkommen von 1965
(3) Die internationale Zustellung auf dem Postweg
(4) Weitere nach den Haager Konventionen vorgesehene Übermittlungswege
(D) Die Zustellungsverweigerung
(E) Beklagtenschutz durch Art. 15,16 HZÜ
(F) Das Verhältnis der Haager Konventionen zu nationalem Recht
III Die Zustellung innerhalb der Europäischen Union
(A) Haager Übereinkommen und EuGVÜ
(1) Art. 20 II,III EuGVÜ: Gerichtliche Kontrolle der Zustellung im Erkenntnisverfahren
(2) Art. 27 II, 47 I EuGVÜ: Gerichtliche Kontrolle der Zustellung im Anerkennungsverfahren Auslegung durch den EuGH
(3) Art. 27 I EuGVÜ: Prüfung eines Ordre Public Verstoßes
(B) Verstoß der Zustellungspraxis gegen das Diskriminerungsverbot aus Art 12 EG
(1) Verstößt die remise au parquet gegen das Diskriminierungsverbot?
(2) Verstößt § 175 ZPO gegen das Diskriminierungsverbot?
(3) Erfordernis der Gleichstellung der ausländischen Zustellungsurkunden mit inländischen aus Art 12 EG?
(C) Art 6 EMRK Recht auf ein „fair trial“
(D) Analyse der derzeitigen Situation der Zustellung innerhalb der EU
(E) Die Verordnung Nr. 1348/2000
(1) Hintergrund: Entstehung der Verordnung
a. der niederländische Vorschlag 1993
b. der französische Entwurf 1995
c. Das EZÜ vom 26.5.1997
(2) Inhaltliche Schwerpunkte der EuZustVO
(3) Kritik
(F) Anforderungen eines reformierten europäischen Zivilprozessrechts an die Zustellung innerhalb der EU
(1) Ratsbeschlüsse von Tampere
(2) Die EuGVVO
Resümee
Literaturverzeichnis:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Einleitung
An internationale Zustellungen im Zivilprozess werden von verschiedenen Seiten unterschiedliche Anforderungen gestellt: Einerseits wünscht der inländische Kläger eine effiziente und zügige Zustellung, andererseits hat der Zustellungsempfänger im Ausland ein berechtigtes Interesse daran, das zuzustellende Schriftstück tatsächlich und auch rechtzeitig zu Gesicht zu bekommen und schließlich müssen die Konflikte, die sich aus dem Zusammentreffen der unterschiedlichen Rechtsordnungen ergeben, aufgeklärt werden.
Da die nationalen Prozessrechte diesen Anforderungen in ihren Regelungen nur unzureichend Genüge tun und meist den ausländischen Empfänger benachteiligen, wurden schon früh bi- und multilaterale Verträge geschlossen um hier Abhilfe zu leisten. Wichtigstes internationales Vertragswerk sind die Haager Übereinkommen. Auch innerhalb der EU findet dieses internationale Regelungswerk Anwendung: Da das EuGVÜ kurz nach den Haager Übereinkommen erarbeitet wurde hielt man seine Regelungen für ausreichend und begnügte sich mit einem Verweis auf diese. Da sich jedoch die Übermittlung von Schriftstücken nach den Haager Übereinkommen in der Praxis als zeitaufwendig und fehlerträchtig erwies, gibt es seit Anfang der 90er in der EU das Bestreben, die Haager Übereinkommen im Verhältnis der Mitgliedstaaten untereinander durch ein den Anforderungen des Binnenmarktes genügendes Zustellungsregelungswerk zu ersetzen. Verstärkt wurden diese Bemühungen durch die Aufnahme der Vereinbarung der justiziellen Zusammenarbeit im zivilrechtlichen Bereich in den EU-Vertrag. Ergebnis dieser Bemühungen ist die EU-Verordnung Nr. 1348/2000 über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke in Zivil- oder Handelssachen in den Mitgliedstaaten, die zum 31.5.2001 in Kraft getreten ist. In den nachfolgenden Ausführungen soll die Verordnung in den geschichtlichen und sachlichen Zusammenhang gesetzt und mit den Anforderungen an ein einheitliches europäisches Prozessrecht und den Einsatz moderner Technik verglichen werden.
I Bedeutung der Zustellung im deutschen Recht
Unter dem Begriff der Zustellung versteht man den in gesetzlicher Form zu bewirkenden und zu beurkundenden Vorgang, durch den dem Adressaten Gelegenheit zur Kenntnisnahme eines Schriftstücks verschafft wird1. Gleichzeitig erhält der Veranlasser durch sie den urkundlichen Nachweis über Tatsache, Art und Zeit der Bekanntgabe.2 Die Zustellung geschieht also im Interesse beider Parteien.3 Es handelt sich dabei nicht um eine Prozeßhandlung sondern immer um einen öffentlich-rechtlichen Staatsakt.4
Diesem Staatsakt kommt erhebliche Bedeutung zu: Er dient insbesondere der Beachtung des Art. 103 I GG, dem Grundrecht auf rechtliches Gehör,5 und des Grundsatzes des fairen Verfahrens in dem er die tatsächliche Kenntnisnahme von einem prozessualen Vorgang gewährleistet. Außerdem knüpfen sich im deutschen Zivilprozessrecht wichtige prozessuale Wirkungen an die Zustellung: Eintritt der Rechtshängigkeit gemäß § 253 I mit §§ 261 I, 270 ZPO, Ersetzung der Urteilsverkündung gemäß § 310 III ZPO. In der Zwangsvollstreckung bewirkt die Zustellung wiederum die Eröffnung des Verfahrens und bereitet den Schuldner auf einen möglicherweise drohenden Zugriff vor (§ 750ff ZPO).
II. Die internationale Zustellung
Allgemein unterschieden werden Prozesse mit und ohne Auslandsbezug, so auch in der ZPO: Der Inlandsprozess ist hier als Normalfall geregelt und für den Auslandsprozess werden weitere Regelungen bereitgestellt.6
Unter der internationalen Zustellung versteht man die Zustellung an einen Empfänger im Ausland. Desweiteren werden die Zustellungen, für die völkerrechtliche Vorschriften gelten, wie z.B. Zustellungen an Personen die Immunität genießen (veralteter Ausdruck im Gesetz: Exterritorialität) oder Mitglieder ausländischer Truppen mit unter diesen Begriff gefasst.7
Allerdings wird der Begriff der Zustellung selbst hier noch weiter gefasst: Auch die moderne, großzügig gefasste Definition des „in gesetzlicher Form zu bewirkenden und zu beurkundenden Vorgangs, durch den dem Adressaten Gelegenheit zur Kenntnisnahme eines Schriftstücks verschafft wird“ berücksichtigt ja nicht, dass im internationalen Rechtsverkehr eine Zustellung auch formlos geschehen kann.8 Unter einer Zustellung ist demzufolge allgemein jeder Vorgang zu verstehen, durch den dem Adressaten Gelegenheit zur Kenntnisnahme eines Schriftstücks gegeben wird.9 Die in den europäischen nationalen Verfahrensrechten geregelten „traditionellen“ Formen der Zustellung sind umständlich: Ursprünglich konnten zwischenstaatliche Zustellungen nur über die Botschaften und Konsulate, oftmals nur bei freiwilliger Mitwirkung der Adressaten durchgeführt werden.10 Da diese Form der Zustellung kostenaufwendig, bürokratisch, zeitraubend und in vielen Fällen noch nicht einmal erfolgsversprechend ist, findet man darüber hinaus in den Prozessrechten sogenannte „fiktive“ Zustellungen. Bei der fiktiven Zustellung wird die Auslandszustellung durch eine Vornahme dieser im Inland unter bestimmten Voraussetzungen ersetzt.
(A) Das deutsche Konzept der Zustellung in das Ausland
Die deutsche ZPO verlangt in Verfahren vor den staatlichen Gerichten auch dann die förmlich beurkundete Zustellung, wenn eine Zustellung im Ausland erforderlich wird.11 Geregelt wird die Auslandszustellung in den §§ 199, 174, 175, 829, II, 835 ZPO.
(1) Zustellung als Hoheitsakt
Nach deutscher Auffassung handelt es sich bei der förmlichen Zustellung um einen staatlichen Hoheitsakt. Wenn es sich aber bei der Zustellung um einen Hoheitsakt handelt untersteht er damit den Grundprinzipien des internationalen Zivilprozessrechts, vor allem dem Territorialitätsprinzip.
Dieses Prinzip definiert den räumlichen Geltungsanspruch des Zivilprozessrechts: Es hat Gültigkeit innerhalb bestimmter Grenzen, unabhängig von der Nationalität der Beteiligten und unterwirft auch Ausländer seinen Gerichten. Als beschränkende Komponente verbietet es aber auch Amtshandlungen im Ausland.12 Auszugehen ist vom Souveranitätsprinzip: Jeder Staat hat seinen eigenen Hoheitsbereich, in dem nur er alleiniger Inhaber der Befugnis ist, staatliche Hoheitsakte vorzunehmen.
Daß es sich bei der Zustellung aber um einen Hoheitsakt wird allgemein vertreten13 aber nicht überzeugend begründet.
Schack argumentiert dagegen: Der Schutzschild, den der Staat über seinem Bürger aufbauen wolle, um ihn vor Übergriffen fremden Rechtes zu schützen, habe genau den gegenteiligen Effekt. Dadurch, dass die Zustellung der Klage verhindert wird und der Beklagte somit keine Information über das im Ausland anhängige Verfahren erhält, werde das rechtliche Gehör des (deutschen) Beklagten auf dem „Altar überzogener deutscher Souveraniätsvorstellungen geopfert“. Da ausländische Prozessordnungen nicht an die tatsächliche Zustellung knüpfen, sondern auch eine fiktive genügen lassen, läuft der nichtsahnende Beklagte Gefahr, Opfer eines ausländischen Versäumnisurteils und drohender Vollstreckung in sein ausländisches Vermögen zu werden, ohne sich mit prozessualen Mitteln wehren zu können.14
Die letztere Ansicht überzeugt schon aus praktischen Gründen: Vor allen im europäischen Justizraum sind grenzüberschreitende Prozesse an der Tagesordnung15. Höchstes Interesse des Beteiligten im Ausland muß aber immer sein, von dem Prozess überhaupt zu erfahren. Es lohnt sich also, zu differenzieren: Zwischen zuzustellenden Schriftstücken, die den Adressaten nur über den Beginn eines Verfahrens oder ein ergangenes Urteil informieren, ohne ihn zu zwingen, dieses anzuerkennen und zuzustellenden Schriftstücken, deren Inhalt dem Adressaten Strafen oder Ordnungsgelder androht, und somit tatsächlich fremde Hoheitsgewalt angreifen.
(2) Die Zustellung gemäß §§ 199ff. ZPO
a. die tatsächliche ausgeführte Zustellung ins Ausland
Weil die förmliche Zustellung aber als ein staatlicher Hoheitsakt betrachtet wird dürfen deutsche Zustellungsorgane auf dem Territorium eines auswärtigen Staates nicht tätig werden, es sei denn es geschieht mit dessen Zustimmung, zum Beispiel Zustellung durch den deutschen Konsul.16
Nach autonomen deutschem Recht erfolgt die Zustellung im Ausland also mittels Ersuchen der zuständigen Behörde des fremden Staates oder des in diesem Staate residierendem Konsuls oder Gesandten des Bundes. (§ 199 ZPO). Nachgewiesen wird die Zustellung durch das schriftliche Zeugnis der ersuchten Behörde oder des Beamten. (§ 202 II ZPO).
b. öffentliche Zustellung
Wenn die Auslandszustellung undurchführbar ist oder keinen Erfolg verspricht kann sie durch öffentliche Zustellung ersetzt werden. (§ 203 II ZPO). Die Zustellung hier ist insgesamt fiktiv, da nach der gesetzlichen Regelung eine Übermittlung an den Adressaten gar nicht erst versucht zu werden braucht und die Kenntnisnahme eher zufälliger Natur wäre.17 Voraussetzung für die öffentliche Zustellung ist allerdings, dass die Auslandszustellung unausführbar ist18, was z.B. der Fall ist wenn der um Rechtshilfe ersuchte Staat diese verweigert wird. Als ultima ratio, im Zweifel bedarf es des Nachweises der Undurchführbarkeit oder Erfolglosigkeit durch einen gescheiterten Versuch19, verstößt die öffentliche Zustellung dann auch nicht gegen Art. 103 I GG und ist somit auch nicht verfassungswidrig.20 Zu finden gilt eine „balancing-line“ zwischen verfassungsrechtlich garantierter Justizgewährung im Inland, Wahrung des rechtlichen Gehörs des Zustellungsempfängers im Auslands sowie der Einhaltung der Spielregeln eines „fair trials“21. Wenn also eine Anschrift des Zustellungsempfängers im Ausland bekannt, müssen die legitimen Interessen des Beklagten bzw. Antragsgegners dadurch geschützt werden, daß das zuzustellende Schriftstück neben der Zustellung per Einschreiben/Rückschein zugesandt wird; notfalls muss der Versand auch in neutraler Aufmachung erfolgen, wenn ansonsten befürchtet wird, dass das Schreiben nicht weitergeleitet wird.22
(3) Die Zustellung gemäß §§ 175ff. ZPO
Die Zustellung im Ausland ist entbehrlich, wenn gemäß § 175 ZPO die Zustellung an im Ausland befindliche Adressaten im Inland durch Aufgabe der Sendung zur Post bewirkt werden kann, also regelmäßig in einem bereits rechtshängigen Verfahren. Nach § 175 I S. 2 ZPO können diese Zustellungen in der Art bewirkt werden, daß der Gerichtsvollzieher das zu übergebende Schriftstück unter der Adresse der Partei im Ausland zur Post aufgibt. Sie unterscheidet sich dadurch von der Zustellung durch die Post, dass bei der Zustellung durch Aufgabe zur Post schon das Einwerfen in den Briefkasten die Zustellung bewirkt (§ 175 I S. 3 ZPO), während die Zustellung durch die Post eine beurkundete Übergabe an den Adressaten durch den Postboten erfordert.23 Der Unterschied besteht also lediglich in einer gesetzlichen Fiktion24. Da die Zustellung nach § 175 ZPO aber bereits am Ort der Aufgabe vollzogen wird, handelt es sich also auch dann, wenn der Adressat seinen Wohnsitz im Ausland hat, nicht um eine Auslandszustellung25.
Die §§ 174 II, 175 I S.2 ZPO dienen - im Interesse der Prozesswirtschaftlichkeit, aber auch des Justizgewährungsanspruchs des Klägers - einer zügigen Förderung des Rechtsstreits durch das Gericht und die Parteien. Gleichzeitig sollen sie der Gefahr unangemessener Verzögerungen bei solchen Verfahren vorbeugen, an denen Parteien mit Wohnsitz im Ausland beteiligt sind.26 Sie sanktionieren den Beklagten, der seiner Obliegenheit, einen Zustellungsbevollmächtigten zu benennen, nicht nachkommt und daher seine Prozeßförderungspflicht vernachlässigt27.
a. Voraussetzungen der fiktiven Zustellung
Das vereinfachte Zustellungsverfahren nach § 175 ZPO mit seiner Fiktionswirkung ist daher nur dann gerechtfertigt, wenn der Beklagte seiner prozessualen Obliegenheit, einen Zustellungsbevollmächtigten im Gerichtsbezirk, weder in der ersten mündlichen Verhandlung noch in einem vorher eingereichten Schriftsatz nachgekommen ist. (§§ 174 II, 175 I S.2 ZPO)
Nur vereinzelt werden diese Regelungen als „vertretbare Belastungen“ des ausländischen Beklagten im Vergleich zum Aufwand, der aus weiteren formellen Zustellungen entstehen würde, gewertet.28 Überwiegend werden sie stattdessen zu Recht kritisiert29: Zum einen wird die rechtzeitige Bestellung eine Zustellungsbevollmächtigten und damit die Erfüllung der Obliegenheit in vielen Fällen praktisch unmöglich sein30
b. Zustellung eines Versäumnisurteils nach § 175 ZPO
Zum anderen aber ist das Ergebnis der Anwendung dieser fiktiven Zustellung in vielen Fällen höchst problematisch, immer dann nämlich, wenn mit dieser Zustellungsmethode ein Versäumnisurteil zugestellt wird. Unabhängig von der Gefahr der Nichtanerkennung des deutschen Urteils im Auslands wegen eines ordre public Verstoßes durch die Diskriminierung der ausländischen Partei, sind der fiktiven Inlandszustellung auch Schranken aus Verfassungs- und Völkerrecht gesetzt.31
Nach der noch hM32 muss der ausländische Beklagte, im Gegensatz zum inländischen, noch nicht einmal auf seine Verpflichtung aus § 174 II ZPO hingewiesen oder über die Konsequenzen einer Nichterfüllung seiner Prozeßförderungspflicht unterrichtet werden: diese Obliegenheit bestehe ja vielmehr kraft Gesetzes33. Die hM stützt sich dabei auf die ausdrückliche Billigung des BVerfG34, allgemein im Zivilprozeß auf Rechtsmittelbelehrungen zu verzichten, obwohl erkannt wird, dass durch Unkenntnis der Verfahrensvorschriften leicht Verteidigungsrechte eingebüßt werden können.35 Die Gegenmeinung erwidert, dass § 174 II ZPO im Lichte des Art 103 I GG verfassungskonform zu ergänzen sei. Motiv des Gesetzgebers zwischen einem Zustellungsempfänger im Inland und im Ausland zu differenzieren sei die Verfahren mit einem Beteiligten im Ausland zu beschleunigen. Dies soll erreicht werden indem die umständliche Zustellung ins Ausland dadurch vereinfacht wird , dass der Empfänger im Ausland durch die Androhung der Sanktion der fiktiven Zustellung bewegt wird, seiner Prozeßförderungspflicht durch Benennung eines Zustellungsbevollmächtigten im Inland nachzukommen. Folgerichtig könne die Zustellungsfiktion erst zulässig sein, nachdem der Prozeßbeteiligte im Ausland von seiner Verpflichtung erfahren habe und dieser trotzdem nicht nachkomme.36 Andere Stimmen leiten eine Pflicht zur Belehrung des ausländischen Prozessbeteiligten aus Art 3 I GG37 oder dem in Art. 6 der EMRK garantierten Grundsatz des fairen Verfahrens ab.38
Für diese Argumentationen sprechen die Regelung der Unterrichtung des ausländischen Prozeßbeteilgten über seine Obliegenheit in § 34 III des Anerkennungs- und Vollstreckungsausführungsgesetzes (AVAG) zum Mahnverfahren und die (freiwillige) Verwendung von Formblättern mit einer Belehrung über den Inhalt der §§ 174,175 durch deutsche Gerichte.
BVerfG und BGH halten die Zustellung nach § 175 ZPO für verfassungsrechtlich unbedenklich39. Der BGH lehnt eine Auslegung des § 174 II dahingehend, dass eine Hinweis- oder Belehrungspflicht für das Gericht besteht, ab40. Er zwar stimmt der kritischen Lehre zu, dass durch die Zustellungsfiktion der wesentliche Zweck der Zustellung, Verschaffung von rechtlichem Gehör für den Zustellungsempfänger, Gewährleistung eines fairen Verfahrens, gefährdet werde, hält aber § 34 III AVAG für die Regelung eines Sonderfalls und nicht für einen auf das Klageverfahren anwendbaren allgemeinen Rechtsgedanken. Auch Art. 6 I EMRK mute dem Beklagten weitergehende Anstrengungen bei einem Verfahren im Ausland zu; die Ausgestaltung des fair-trial Grundsatzes bleibe den einzelnen Vertragsstaaten überlassen41. Allerdings mildert der BGH die Folgen der Zustellungsfiktion dadurch ab, dass er dem ausländischen Prozeßbeteiligten, der Notfristen aus der Zustellung eines Versäumnisurteils nach § 175 ZPO versäumt, in ständiger Rechtsprechung grundsätzlich ein Wiedereinsetzungsrecht in den vorigen Stand zugesteht. Es sei mit dem im Rechtsstaatgebot wurzelnden Grundsatz des fairen Verfahrens unvereinbar, einer im Ausland wohnenden Partei, die ein nach § 175 als zugestellt geltendes Urteil überhaupt nicht oder nach Ablauf der Fristen erhalten hat, die Wiedereinsetzung wegen Versäumung der Einspruchsfristen zu versagen, wenn ihr einziges Versäumnis ist, keinen Zustellungsbevollmächtigten bestellt zu haben.42
c. Analoge Anwendung von § 339 II ZPO
Ein anderer Ansatz um die harten Folgen der Zustellungsfiktion abzumildern ist, die Erweiterung der zweiwöchigen Einspruchsfrist bei Versäumnisurteilen nach mündlicher Verhandlung die gemäß § 339 I ZPO für alle Inlandszustellungen und somit auch für die fiktive Zustellung gilt. Angewendet werden soll stattdessen die individuell bestimmbare längere Frist des § 339 II ZPO, der normalerweise nur für Auslandszustellungen gilt.43 Dann soll vom Richter die Einspruchsfrist so bemessen werden, dass der ausländische Prozeßbeteiligte - unter Berücksichtigung der Länge der Postwege, einer u.U. notwendigen Übersetzung des Schriftstücks und einer kurzen Überlegungszeit - eine faire Chance hat, sich gegen das Versäumnisurteil zur Wehr zu setzen.44
Die Rechtsprechung45 lehnt diese analoge Anwendung mit dem Verweis auf den eindeutigen Gesetzeswortlaut ab: Nur wenn die Zustellung im Ausland bewirkt wird, findet § 339 II ZPO Anwendung. Allerdings soll eine im Wege der analogen Anwendung von § 339 II verlängerte Frist im Zweifelsfall aus Gründen des Vertrauensschutzes nicht unwirksam sein.46
d. Zustellung nach § 199 auf Antrag der Partei
Will eine Partei das Risiko der Nichtanerkennung der deutschen Entscheidung im Ausland vermeiden47, dann ist nach der hM auf Ihren Antrag nach § 199 zuzustellen, auch wenn die Voraussetzungen des § 175 gegeben sind.48 Interessen der deutschen Rechtspflege, die die Zurückweisung eines entsprechenden Antrags rechtfertigen könnten, seien nicht ersichtbar.49 Wenn kumulativ nach §§ 175 und 199 ZPO zugestellt wird, stellt sich allerdings wieder die Frage, welche Rechtsmittelfristen Anwendung finden, besonders für den Fall, dass die Zustellung nach § 199 ZPO scheitert. An dieser Stelle kommt wieder die Diskussion um die analoge Anwendung des § 339 II zur Anwendung, wobei man sich hier, auch im Falle des Scheiterns der Zustellung nach § 199, mit der Begründung einer analogen Anwendung von § 339 II leichter tut, da ja tatsächlich auch eine Zustellung im Ausland stattfindet.50
Weder das Gericht noch die Geschäftstelle hat ein Ermessen - ohne Antrag muss nach § 175 verfahren werden, da der Anspruch auf Justizgewährung Vorrang hat.51 Auch in die andere Richtung hat das Gericht keinen Ermessensspielraum: Beantragt der Kläger/Antragssteller förmliche Zustellung, muss es diese zügig anordnen. Veranlasst es trotzdem nur formlose Zustellung, hat der Kläger/Antragssteller einen Amtshaftungsanspruch aus § 839 BGB i.V.m. Art 34 GG wenn er durch diese einen irreparablen Schaden erleidet.52 Ein solcher Schaden kann durch das sogenannte „race to the courthouses53 “ entstehen. Eine in Deutschland eingereichte, aber durch Verschulden des Gerichtes noch nicht zugestellte Klage wird durch eine identische Klage bei einem dem Prozessgegner günstigeren ausländischen Gericht überrundet und resultiert in der Blockade des Rechtsschutzes in Deutschland, wenn nach dem Recht des ausländischen Staates die endgültige Rechtshängigkeit bereits mit Einreichung bei Gericht eintritt oder die Zustellung an den Gegner einfach schneller erfolgt.54
(B) Das französische Konzept der Zustellung in das Ausland
Während im französischen Rechtsystem die Zustellung im Inland im Regelfall durch tatsächliche Übergabe des zuzustellenden Schriftstücks (Art. 654 1. Alt. Nouveau Code de Procédure Civil) vorgenommen wird, folgt es bei der Zustellung in das Ausland der sogenannten « remise au parquet ». (Art. 684 N.C.P.C) Dies ist ein mehrgliedriger Zustellungsvorgang, an dessen im Inland gesetzten Akte sich die fristauslösenden Wirkung für den ausländischen Beklagten knüpft, ungeachtet dessen, dass dieser zu dem Zeitpunkt noch gar keine Kenntnis vom Verfahren haben kann.55
Dabei erfolgt die Zustellung durch die Übersendung des Schriftstücks an das Büro der Staatsanwaltschaft. Bereits durch diese Zusendung gilt die Zustellung („signification“) als bewirkt. Sie findet also gegenüber einer im Ausland befindlichen Person immer im Inland statt. Der „hussier“56 schickt dann gemäß Art. 686 N.C.P.C. innerhalb eines Tages eine Kopie des Schriftstücks über die erfolgte Zustellung per Post an den Zustellungsempfänger ab - die sogenannte „notification“. Diese dient aber als „communication“ nur der Information des Zustellungsempfängers.57 Sie ist für die Wirksamkeit der Zustellung nicht erforderlich und berichtet nur, dass diese im Inland bereits bewirkt wurde.58
Es handelt sich also bei dem Institut der « remise au parquet » um eine fingierte Inlandszustellung, d.h. um eine im Inland vollzogene Zustellung mit extraterritorialer Wirkung des vorverlegten Zustellungszeitpunktes, nicht um eine Auslandszustellung.59
Da der französische Richter durch die Übergabe an die Staatsanwaltschaft aber keine Urkunde in den Händen hat, dass der Empfänger das Schriftstück auch tatsächlich erhalten hat, kann er alle erforderlichen Maßnahmen ergreifen, um sicherzustellen, dass dem Empfänge die Zustellung bekannt geworden ist. (Art. 687 N.C.P.C.)60
Das Zustellungssystem der „remise au parquet“ benachteiligt den Beklagten deutlich: Der Beginn der Lauf der für ihn noch wahrnehmbaren Einlassungsfrist hängt von den Zufälligkeiten des internationalen Postverkehrs ab und ist nicht fixiert. Ihm bleibt also, je nach tatsächlichem Zugang der Schriftstücke, nur eine Restfrist von unterschiedlicher Dauer.61
Dem französischen System der „remise au parquet“ folgen unter anderem, zum Teil mit Einschränkungen, Belgien62, Luxemburg63, die Niederlande64, Italien65, Griechenland66 und Tunesien67. In den einigen dieser Staaten hat allerdings in den letzten Jahren ein gewisser Wandel stattgefunden; die höchsten Gerichte in z.B. Italien und Griechenland haben in ihrer Rechtsprechung den Beklagtenschutz bei Verfahren mit Beteiligten im Ausland stärker in den Vordergrund gerückt. So wird zwar an der fiktiven Inlandszustellung festgehalten, aber es werden, ähnlich wie deutsche Gerichte mit § 175 ZPO verfahren, Einlassungsfristen und insbesondere Rechtsmittelfristen gegen Versäumnisurteile für die ausländische Partei verlängert oder, wenn diese nachweist, dass sie von dem fristauslösenden Schriftstück keine oder nicht rechtzeitig Kenntnis erlangt hat, die Möglichkeit eingeräumt, die Wiedereröffnung des Verfahrens zu erreichen.68
(C) Die Notwendigkeit internationaler Rechtshilfe bei Zustellungen
Jeder Staat hat seinen eigenen Hoheitsbereich, in dem nur er alleiniger Inhaber der Befugnis ist, staatliche Hoheitsakte vorzunehmen. Negativ folgt daraus, dass kein Staat auf seinem Gebiet Handlungen eines anderen Staates oder dessen Behörden zu dulden braucht.69 Handlungen der Gerichte dürfen deshalb im Ausland nicht vorgenommen werden. Um solche Handlungen handelt es sich bei der Zustellung in das Ausland. Es bedarf in solchen Fällen also aktiver Mithilfe des ausländischen Staates der diese Handlungen dann vornimmt in Form von Rechtshilfe.70
Der Rechtshilfeverkehr in Zivil- und Handelssachen der Bundesrepublik Deutschland findet mit 193 Staaten statt. Den deutlichen Großteil dieses Rechtshilfeverkehrs machen Zustellungsersuche aus: So wurden 1995 insgesamt 81.650 Ersuche verzeichnet; bei 75.138 davon handelte es sich um Zustellungsersuche, das sind also 92% aller Ersuche. Wiederum einen Schwerpunkt bildet der Rechtshilfeverkehr mit den 14 anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union: Von den 81.650 Ersuchen 1995 stammten 54.338 von anderen Mitgliedstaaten. Die Gewichtung der Zustellungsersuche ist hier mit 50.639 (93%) genauso stark.71
II. Die Haager Übereinkommen und andere völkerrechtliche Verträge als Rechtsgrundlage für die internationale Zustellung
(A) Die Haager Konferenz
Die verschiedenen Haager Übereinkommen stammen von der Haager Konferenz für Internationales Privatrecht, die 1893 zum ersten Mal zusammengetreten ist.
Basierend auf der Idee des 18. und 19. Jahrhunderts, die abendländischen Staaten zu einer Kultur- und Völkerrrechtsgemeinschaft zusammenzuschließen (Bewegung zur Kodifizierung des Völkerrechts), wollten die internationalen Organisationen dieser Zeit72 die Staaten zu einer Rechtsgemeinschaft, einer „union judicaire“ zusammenführen. Vor allem der Italiener Mancini und der Niederländer Asser, beide Mitglieder des Genter „Institut für internationales Recht“ brachten den europäischen Regierenden diese Vorstellung näher und wirkten damit auf die Entstehung der ersten Haager Konferenz von zwölf europäischen Staaten hin.73 1893 war es soweit:
die niederländische Regierung lud zur einer „Conférence chargée de réglementer diverses matières de droit international privé“. Aus der Erkenntnis heraus, dass die Kollisionen, die sich aus dem Nebeneinander der nationalen Rechtsordnungen ergeben, nicht zur „Anarchie, zum Chaos oder zur Herrschaft von Willkür und Unsicherheit in den zwischenstaatlichen Privatrechtsbeziehungen führen“ und so den freien Verkehr von Menschen und Gütern zwischen den „zivilisierten Staaten“ dürfen, wurde das Ziel gesetzt, die Kollisionsnormen durch Staatsverträge systematisch kodifiziert werden. Anfangs nur gelegentlich abgehalten wurde diese Konferenz zur ständigen Institution: Bei Ihrem ersten Zusammenkommen nach dem I. Weltkrieg 1925 wurde der Grundsatz der Ständigkeit offiziell festgehalten. Ihr Ziel hat sie 1951 als die fortschreitende Vereinheitlichung der Regelungen des internationalen Privatrechts offiziell definiert.74
(B) Die Haager Übereinkommen über den Zivilprozess
Ein Teil der von diesen Konferenzen erarbeiteten Übereinkommen stellen die Haager Übereinkommen über den Zivilprozess dar.
(1) Das Haager Übereinkommen über den Zivilprozess vom 17.7.1905
Meilenstein war das Haager Abkommen über den Zivilprozess vom 17. Juli 1905.75. Es ging aus einer Revision des Haager Übereinkommens über das internationale Privatrecht vom 14. November 189676 und des Zusatzprotokolls vom 22. Mai 189777 hervor und regelt heute noch das Zivilverfahren der Bundesrepublik Deutschland mit Island. Verschiedene Reformbestrebungen in der Zeit zwischen 1905 und 1950 wurden durch die Wirren in Europa erschwert und führten zu keinen Ergebnissen: Abkommensentwürfe wurden zwar zum Teil zwar beschlossen aber nicht ratifiziert.78
(2) Das Haager Übereinkommen über den Zivilprozess vom 1.3.1954
Auf der siebten Tagung der Haager Konferenz im Jahr 1951 wurde dann eine reformierte Fassung des Abkommens von 1905 verabschiedet und am 1. März 1954 zur Zeichnung aufgelegt. Hauptanliegen dieses Abkommens war es, den Zustellungsverkehr möglichst über eine Zentrale Stelle der Mitgliedsstaaten fließen zu lassen und so eine wesentliche Vereinfachung und Beschleunigung dieses Verkehrs herbeizuführen.79 Ansonsten stellte das Abkommen nur eine geringfügig geänderte Fassung des Abkommens von 1905 dar. Man hatte aber gehofft, dass Großbritannien, das dem Abkommen von 1905 nicht beigetreten war, aber zwischenzeitlich ein bilaterales Abkommen, das dem Haager Abkommen sehr ähnlich war, mit Deutschland unterzeichnet hatte, nun auch das Abkommen von 1954 akzeptieren würde. Diese Hoffnung erfüllte sich nicht. Großbritannien und auch die USA unterzeichneten das Abkommen nicht: der wichtige anglo-amerikanische Rechtskreis weiterhin nicht in den Abkommen vertreten.80
(3) Das Haager Übereinkommen über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke im Ausland in Zivil- und Handelssachen vom 15.11.1965
Das Haager Übereinkommen über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke im Ausland in Zivil- und Handelssachen vom 15.11.1965 tritt an die Stelle der Artikel 1 bis 7 der Abkommen über den Zivilprozess von 1905 und 1954 (Art 22 HZÜ).
Um den USA und Großbritannien das Abkommen schmackhaft zu machen, wurden in den Regelungen die anglo-amerikanischen Rechtsvorstellungen stärker berücksichtigt. Desweiteren wurde ein neuer, einfacherer Übermittlungsweg eingerichtet und Vorschriften hinzugefügt, die den Empfänger der Zustellung vor negativen Folgen in Folge von unzureichender Benachrichtigung schützen sollen.81
(4) Das Haager Übereinkommen über die Beweisaufnahme im Ausland in Zivil- oder Handelssachen vom 18.3.1970
Das Haager Übereinkommen über die Beweisaufnahme im Ausland in Zivil- oder Handelssachen vom 18.3.1970 tritt an Stelle der Artikel 8 bis 16 der Abkommen über den Zivilprozess von 1905 und 1954 (Art 29 HBÜ).
Wichtigstes Anliegen dieses Übereinkommens war es wiederum, die auf kontinentaleuropäisches Recht zugeschnittenen Vorschriften so zu modifizieren, dass sie den Vorstellungen des anglo-amerikanischen Rechtskreises Rechnung tragen würden.82 Die Präambel formuliert daher folgendermaßen: Ziel des Abkommens ist es, „die Übermittlung und Erledigung von Rechtshilfegesuchen zu erleichtern sowie die Angleichung der verschiedenen dabei angewendeten Verfahrensweisen zu fördern.“
Im common law des anglo-amerikanischen Rechtsraums ist die Beweisaufnahme Parteihandlung. Die Gerichte nehmen sie also nicht selbst vor, sondern sie ist weitgehend den Parteien und deren Rechtsvertretern übertragen, auch soweit die Beweise im Ausland zu erheben sind. Die Möglichkeit der sogenannten direkten Beweisaufnahme im Ausland ist in den Abkommen über den Zivilprozess von 1905 und 1954 nur am Rande geregelt: Es ist lediglich vorgesehen, dass die Vertragsstaaten sich darüber einigen können, dass ihre diplomatischen oder konsularischen Vertreter Beweisersuche unmittelbar erledigen dürfen, nicht aber daß, wie im anglo- amerikanischen Recht üblich, Beauftragte (commissioner) Beweise im Ausland aufnehmen können. An dieser Stelle schafft das Haager Abkommen vom 18.3.1970 nun Änderungen: Neben dem klassischen Rechtshilfeersuchen regelt es die Beweisaufnahme durch diplomatische und konsularische Vertreter im Ausland ohne in Anspruchnahme der Gerichte.83
(5) Vereinbarungen zur weiteren Vereinfachung des Rechtsverkehrs nach den Haager Übereinkommen
Neben diesen Haager Übereinkommen hat die Bundesrepublik Deutschland mit etlichen Staaten Zusatzabkommen zu diesen abgeschlossen84. Diese Abkommen gelten auch dann weiter, wenn die Vertragsstaaten die Haager Zustellungs- und Beweisübereinkommen von 1965 und 1970 unterzeichnet haben., es sei denn die Staaten haben ausdrücklich andere Regelungen getroffen. (Art. 24 HZÜ; Art 31 HBÜ) Vereinbart wurde in den meisten Übereinkommen Übereinkommen der unmittelbare Behördenweg anstelle des konsularischen; im deutsch-östereichischen Abkommen ist sogar die Möglichkeit des direkten Rechtshilfeersuchens an das ausländische Gericht vorgesehen.85
(B) Bilaterale Rechtshilfeabkommen
Die Bundesrepublik Deutschland hat mit einigen Staaten, die den Haager Übereinkommen nicht beigetreten sind oder waren, bilaterale Staatsverträge als Grundlage für die gegenseitige Gewährung von Rechtshilfe abgeschlossen. Als solche sind zu nennen Verträge mit Großbritannien, der Türkei, Griechenland, Tunesien und Marokko. Auf der Grundlage des Deutsch-britischen Abkommens über den Rechtsverkehr vom 20.3.1928 wird auch der Rechtsverkehr mit fast allen ehemaligen britischen Kolonien abgewickelt, z.B. mit Australien und Neuseeland.86 Weitere Besonderheit dieses Abkommens ist, dass es bereits den Besonderheiten des anglo- amerikanischen Rechtssystems im Hinblick auf Zustellungen und Beweisaufnahmen durch die Parteien Rechnung trägt.87
(C) Zustellungswege
(1) Die klassischen Wege der Übermittlung von gerichtlichen und außergerichtlichen Schriftstücken ins Ausland
Im Internationalen Rechtsverkehr gibt es drei klassische Wege der Übermittlung von gerichtlichen oder außergerichtlichen Schriftstücken in das Ausland: den diplomatischen, der konsularischen und der unmittelbaren Behördenweg.88
a. Der diplomatische Weg
Beim förmlichsten Übermittlungsweg, dem diplomatischen Weg, leitet die diplomatische Vertretung des zu ersuchenden Staates oder das Außenministerium des ersuchenden Staates das Ersuchen an das Außenministerium des zu ersuchenden Staates weiter. Es handelt sich also um einen außerordentlich umständlichen und zeitraubenden Weg, der aber trotzdem in den Haager Übereinkommen von 1905 und 1954 ausdrücklich vorgesehen ist89.
Die ausdrückliche Gestattung dieses Weges in internationalen Übereinkommen ist zum Teil heftig kritisiert worden, da die Zustellung auf diplomatischem Weg schon mit den Staaten üblich und völkergewohnheitsrechtlichfirmiert sei90, zu denen überhaupt keine vertraglichen Bindungen bestehen91.
Das Haager Zustellungsübereinkommen von 1965 sieht den diplomatischen Weg dann auch nur noch als Ausnahmeregelung bei „außergewöhnlichen Umständen“ vor (Art 9 II HZÜ).
b. Der konsularische Weg
Der konsularische Weg stellt eine Vereinfachung des diplomatischen Wegs da. Der Konsul des ersuchenden Staates vermittelt statt dem Außenministerium des ersuchten Staates direkt als eigener Antragsteller oder als Übermittler.92
Dieser Übermittlungsweg gilt im internationalen Rechtsverkehr immer noch als der regelmäßige.93
c. Der direkte Behördenweg
Aufgrund besonderer Vereinbarungen94 zur weiteren Vereinfachung des Rechtsverkehrs nach den Haager Übereinkommen zwischen der Bundesrepublik und anderen Staaten ist auch der direkte Verkehr zwischen den Behörden des ersuchenden und des ersuchten Staates möglich. Die jeweiligen Justizbehörden können sich ohne die Einschaltung diplomatischer oder konsularischer Vertreter mit ihren Rechtshilfeersuchen direkt an die zuständige Stelle im ersuchten Staat wenden. Die Zulässigkeit dieser besonderen Vereinbarungen ist in den Haager Übereinkommen ausdrücklich vorgesehen.95
In den bilateralen Rechtshilfeverträgen96 ist der unmittelbare Behördenverkehr meist nicht vorgesehen. Das liegt daran, dass die Abkommen meist noch aus dem Anfang des 20 Jahrhundert stammen und damals schon die Vereinbarung des konsularischen Weges eine deutliche Vereinfachung gegenüber dem traditionellen diplomatischen darstellte.97
(2) Der Weg über „Zentrale Behörden“ nach dem Haager Zustellungsübereinkommen von 1965
Entsprechend Ihrem Auftrag versuchte die IX. Haager Konferenz eine neue Lösung für das Ziel, die Übermittlung der Zustellungsanträge und der zuzustellenden Schriftstücke sowie des Zustellungszeugnisses zu vereinfachen und zu beschleunigen, bereitzustellen. Die „Internationale Union der Gerichtsvollzieher und der gerichtlichen Vollzugsbeamten“ hatte vorgeschlagen, den internationalen Zustellungsverkehr zwischen den Gerichtsvollziehern der Vertragsstaaten abzuwickeln. Da von der Konferenz bei dieser Form der Abwicklung Fehlleitungen und erhebliche Verzögerungen befürchtet wurden, wurde statt dessen der Ersatzvorschlag der „Union der Gerichtsvollzieher“ aufgegriffen, Zentrale Stellen in den Vertragsstaaten einzurichten, über die der Rechtshilfeverkehr in Zustellungssachen laufen soll.98 In Art 2 des Übereinkommens von 1965 wurde die Verpflichtung der Vertragsstaaten geregelt, eine Zentrale Behörde einzurichten99, die Anträge auf Zustellung von Schriftstücken aus einem anderen Vertragsstaat entgegenzunehmen und dann das Erforderliche zu veranlassen hat. Dieser neugeschaffene Übermittlungsweg über die Zentralen Stellen sollte dem in den Zusatzvereinbarungen zu den Haager Übereinkommen geregelten direkten Behördenweg „an Einfachheit und Schnelligkeit kaum nachstehen“ und stellt das Kernstück der mit dem Abkommen angestrebten technischen Verbesserungen dar.100
Zur weiteren Vereinfachung des Verfahrens wurde weiterhin vereinbart, dass Zustellungsersuche nach dem HZÜ nach einheitlichem Muster aufgesetzt werden müssen. (Art. 7 HZÜ).
Die Zentrale Behörde des Empfangsstaates kann die Zustellung entweder selbst bewirken oder durch die nach innerstaatlichem Recht zuständigen Zustellungsorgane vornehmen lassen (Art. 5 HZÜ). Dabei finden die Formen des innerstaatlichen Rechts des Empfangsstaates Anwendung, soweit nicht die ersuchende Stelle ausdrücklich um die Zustellung in einer besonderen Form (z.B. Zustellung in Gegenwart von Zeugen)gebeten hat. In Deutschland ist die Zustellung von Schriftstücken im Rahmen eines vor ausländischen Gerichten anhängigen Verfahren Aufgabe der Justizverwaltung101, die diese im Auftrag des Bundes, der nach Art 32 I GG für die Pflege von auswärtigen Beziehungen zuständig ist, wahrnimmt.102
Die Zentralen Behörden sind zwar Empfangsstellen für eingehende Zustellungsersuchen, im HZÜ ist aber nicht vorgeschrieben, von welcher Stelle die Ersuchen ausgehen sollen. Gemäß §§ 9,17 ZRHO leiten die Gerichte in Deutschland Zustellungsersuche an die Prüfstellen, das sind nach § 9 ZRHO die Präsidenten der Amts-, Land- und Oberlandesgerichte, weiter, die diese an die zuständige Zentrale Behörde im ausländischen Staat übermitteln.
(3) Die internationale Zustellung auf dem Postweg
Sowohl bei den drei klassischen Zustellungswegen als auch bei der Zustellung über die Zentralen Stellen handelt es sich um echten Rechtshilfeverkehr mit dem Ausland, also um Rechtshilfeverkehr der ein Zusammenwirken von Behörden des ersuchenden und des ersuchten Staates voraussetzt.103 Die Haager Übereinkommen sehen aber außerdem als zusätzlichen Übermittlungsweg die postalische Direktzustellung vor (Art. 6 I Nr.1 HZPPrAbK 1905 und HZPrÜbk 1954; Art. 10 lit. c HZÜ). Danach dürfen gerichtliche Schriftstücke im Ausland befindlichen Personen unmittelbar durch die Post übersandt werden. Die postalische Direktzustellung muß unterschieden werden von der Übermittlung eines Schriftstücks durch die Post wie sie im Verfahren nach § 175 ZPO oder bei der remise au parquet vorgesehen ist. Während bei den letzteren Verfahren die Zustellung im Inland bewirkt wird und nur eine Benachrichtigung darüber mit der Post versandt wird, wird bei der postalischen Direktzustellung die Zustellung im Ausland vorgenommen.
Allerdings erlaubt Art. 10 HZÜ auch den Widerspruch gegen dieses Verfahren.
Von diesem Widerspruchsrecht hat die Bundesrepublik Deutschland Gebrauch gemacht. (§ 6 Satz 2 des deutschen Ausführungsgesetzes zum HZÜ: Eine Zustellung nach Artikel 10 des Übereinkommens findet nicht statt). Begründet wird dies mit der deutschen Wertung der Zustellung als Hoheitsakt: eine postalische Direktzustellung stelle einen Eingriff in deutsche Hoheitsgewalt dar104. Es wird außerdem argumentiert, dass bei einer postalischen Direktzustellung deutsche Behörden nicht in der Lage seien zu prüfen, ob das Ersuchen den zum Schutz des Zustellungsempfängers aufgestellten Erfordernissen entspricht; auch die Prüfung eines ordre public- Verstosses wäre bei dieser Zustellungsmethode nicht möglich.105 Dies entspricht der schon vorher gepflegten und bis heute aufrecht erhaltenen deutschen Auffassung, dass eine Zustellung durch die Post in Deutschland unzulässig ist.106 Während Art 10 HZÜ der anglo-amerikanischen Praxis, Zustellungen auf privatem Wege zu bewirken, entgegenkommen wollte, war gerade die frühere amerikanische Praxis Zustellungen durch einfachen Postbrief vorzunehmen107 ein wichtiger Grund für die BRD diese Möglichkeit zu verbauen.108
(4) Weitere nach den Haager Konventionen vorgesehene Übermittlungswege
Weiterhin ist nach Art. 10 HZÜ nicht ausgeschlossen, dass Justizbeamte, andere Beamte oder sonst zuständige Personen des Ursprungsstaates Zustellungen unmittelbar durch Justizbeamte, andere Beamte oder sonst zuständige Personen des Bestimmungsstaates bewirken lassen dürfen. Ebenso ist es erlaubt, dass jeder an einem gerichtlichen Verfahren Beteiligte Zustellungen gerichtlicher Schriftstücke unmittelbar durch Justizbeamte, andere Beamte oder sonst zuständige Personen des Bestimmungsstaates bewirkt.
Auch diesen beiden Übermittlungswegen hat die Bundesrepublik umgehend widersprochen. (§ 6 Satz 2 des deutschen Ausführungsgesetzes zum HZÜ: Eine Zustellung nach Artikel 10 des Übereinkommens findet nicht statt). Beide Wege seien mit dem deutschen Zustellungssystem der ZPO und entsprächen nur dem im französischen Rechtskreis üblichen System. Die Möglichkeit durch eine Privatperson ein Ersuchen an einen anderen Vertragsstaat zu stellen widerspreche zudem der deutschen Auffassung von der Zustellung als Hoheitsakt.109
(D) Die Zustellungsverweigerung
Im vertragslosen Verkehr steht es der Bundesrepublik Deutschland völkerrechtlich frei, Rechtshilfe zu gewähren oder abzulehnen, eine Verpflichtung besteht nur innerstaatlich aus Art 3 GG.110
Im vertraglichen widerspricht aber die Natur der Staatsverträge umfangreichen Listen der möglichen Ablehnungsgründe.111 Die Haager Übereinkommen und meisten bilateralen Übereinkommen enthalten deshalb nur einen einzigen Grund gestellte Ersuche abzulehnen: Wenn es geeignet ist, die Hoheitsrechte oder seine Sicherheit zu gefährden. Mit dieser Gefährdung der Hoheitsrechte oder der Sicherheit ist nicht die ordre public gemeint. Diese bezeichnet den unantastbaren Teil, den Kernbestand der eigenen Rechtsordnung.112 Die Vorschriften der Übereinkommen wollen aber nur den innersten, politischen Kern dieser schützen.113
Wann die Durchführung eines ausländischen Zustellungsersuchen die Hoheitsrechte und die Sicherheit der Bundesrepublik gefährdet konnte bisher nicht klar definiert werden.114
Nach §§ 28 II, 59 III Nr. 1 ZRHO kann eine solche Gefährdung der Hoheitsrechte der Bundesrepublik darin liegen dass es sich um die Zustellung einer Klage gegen die Deutschland oder eines seiner Länder handelt.
Die Zustellung von Klagen, mit denen punitive oder treble damages vor US- Gerichten geltend gemacht werden, kann nicht unter Hinweis auf diesen Vorbehalt abgelehnt werden.115 Auf der anderen Seite sollen anglo- amerikanische Prozeßführungsverbote (antisuit junctions) der Gefährdung der Hoheitsrechte der Bundesrepublik dienen und müssen daher abgelehnt werden.116
(E) Beklagtenschutz durch Art. 15,16 HZÜ
Durch die Art 15 und 16 HZÜ wird der Beklagte im Erstprozess besonders geschützt. Er soll davor bewahrt werden, zu spät oder möglicherweise überhaupt nicht von einem im Ausland gegen ihn anhängigen Prozeß zu erfahren.117 Die Regelungen sollten die harten Folgen der „remise au parquet“ zumindest abschwächen; das deutsche Anliegen, sie ganz abzuschaffen konnte in den Haager Konferenzen nicht durchgesetzt werden.118 Die Vertreter des französischen Rechtskreises hielten ihrerseits die deutsche Lösung für zu extrem, da der Schutz des Beklagten zu sehr zu Lasten des Klägers gehe119. Umsomehr wurde von deutscher Seite die angestrebte „Entschärfung“ dieses Rechtsinstituts als „wesentlichster Fortschritt“ des Übereinkommens von 1965 gefeiert.120
Art 15 I HZÜ verhindert den Fortgang des Verfahrens, solange nicht nachgewiesen ist, dass der Beklagte von dem gegen ihn anhängigen Verfahren in Kenntnis gesetzt worden ist. Wenn zur Einleitung des gerichtlichen Verfahrens ein Schriftstück in das Ausland zu übermitteln war und hat der Beklagte sich nicht auf das Verfahren eingelassen und damit den Verdacht aufkommen lassen, dass er von dem Vorgang überhaupt keine Kenntnis genommen hat, muss das Gericht das Verfahren aussetzen bis sichergestellt ist, dass dem Beklagten das Schriftstück im ersuchten Staat förmlich (also nach dem Recht des ersuchten Staates förmlich) zugestellt worden ist oder dass es entweder dem Beklagten selbst oder aber in seiner Wohnung nach einem im HZÜ vorgesehenen Verfahren übergeben worden ist. (Art 15 I HZÜ). Ist die im Empfangsstaat vorgenommene Zustellung nach dessen Regelung fiktiv, ist dies unschädlich: verhindert wird durch Art. 15 i HZÜ nur die fiktive Inlandszustellung im Gerichtsstaat.121 Ähnlich wie die Regelungen der §§ 199ff. ZPO schützt Art 15 I HZÜ den Beklagten also nur bei Verfahrenseröffnung; der Beklagte der von der Einleitung eines Verfahrens rechtzeitig Kenntnis erhalten hat, bedürfe keines Schutzes mehr.122
Verwässert wird der so gewonnene Beklagtenschutz allerdings nur einen Absatz weiter, in Art 15 II HZÜ. Er erlaubt den Vertragsstaaten eine Erklärung, dass seine Richter unter bestimmten Voraussetzungen den Rechtsstreit entscheiden können, wenn seit der Absendung des Schriftstücks mindestens 6 Monate vergangen sind. Dies diene der Vermeidung von unzumutbaren Verfahrensverzögerungen.123 Eine solche Erklärung haben die meisten Vertragsstaaten abgegeben, auch die Bundesrepublik Deutschland.124
Als zweite Schutzvorschrift erlaubt Art 16 HZÜ dem Beklagten im Ausland, gegen den ein Versäumnisurteil ergangen ist und der vom verfahrenseinleitenden Schriftstück und von der Entscheidung nicht rechtzeitig Kenntnis erlangt hat, innerhalb eines Jahres nach Erlaß der Entscheidung Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand zu beantragen. Für Versäumnisurteile deutscher Gerichte ist Art 16 HZÜ ohne Bedeutung: ihnen verbietet § 202 II ZPO den Erlaß eines Versäumnisurteils ohne Nachweis der Auslandszustellung.125
(F) Das Verhältnis der Haager Konventionen zu nationalem Recht
Die Staatsverträge über Auslandszustellungen gehen vor, soweit sie nach ihrem Regelungsgegenstand in das nationale Recht eingreifen bzw. dieses überlagern.126 Allerdings regelt das HZÜ nicht das „Ob“, sondern nur das „Wie“ einer Auslandszustellung.127 Das Übereinkommen geht nicht soweit, einheitlich für alle Vertragsstaaten festzulegen, in welchen Fällen die Zustellung im Ausland notwendig ist. Es bestimmt sich nur nach dem Recht des Gerichts, vor dem ein Verfahren schwebt, wann eine solche Auslandszustellung notwendig ist.128 Wenn mehrere Staaten eine Konvention schließen, welche standardisierte Methoden der Zustellung im Ausland vorsieht, kann daraus nicht der Schluß gezogen werden , wann in einem der Staaten eine Auslandszustellung vorzunehmen ist.129
Es ist unbestritten, dass nicht das HZÜ, sondern das lex fori regelt, ob eine Auslandszustellung vorzunehmen ist130. Als Folge davon, kann der jeweilige Forumstaat das Übereinkommen in die Leere laufen lassen, in dem er einfach für alle möglichen Fälle eine Inlandszustellung genügen läßt131. Die §§ 175 und 203 II ZPO bleiben also unberührt, ebenso die französische „remise au parquet“. Obwohl die Gefahren einer solchen Regelung gesehen wurden, wurde dies bei der Beratung zum HZÜ bewußt angestrebt, da man sich nicht zu einer einheitlichen Regelung über die Notwendigkeit einer echten Auslandszustellung und damit einen Eingriff in das innerstaatliche Zustellungsrecht einigen konnte.132 Im Ergebnis handelt es sich also bei dem HZÜ nur um ein reines Rechtshilfeübereinkommen.133
III Die Zustellung innerhalb der Europäischen Union
Im europäischen Justizraum ist die Zustellung an das EuGVÜ geknüpft. Durch dieses wird die Verfahrenskonkurrenz zwischen den Mitgliedsstaaten koordiniert und Urteilsfreizügigkeit garantiert.134
Das EuGVÜ wiederum verweist bei der Übermittlung von Schriftstücken auf „die zwischen den Vertragsstaaten geltenden Übereinkommen oder Vereinbarungen“, also bis zum Inkrafttreten der EuZustVO135 auf das HZÜ.
(A) Haager Übereinkommen und EuGVÜ
(1) Art. 20 II,III EuGVÜ: Gerichtliche Kontrolle der Zustellung im Erkenntnisverfahren
Zustellungen unterliegen einer ersten Kontrolle über das EuGVÜ im Erkenntnisverfahren: Das Gericht muß im Erstprozeß im Zweifel nachprüfen, ob Klage und Ladung den Beklagten erreicht haben.136
Das EuGVÜ enthält in Art 20 II eine ähnliche Vorschrift wie Art 15 HZÜ. Dies ist aber mittlerweile unerheblich, da gemäß Art 20 III EuGVÜ direkt Artikel 15 HZÜ an Stelle des Art 20 II EuGVÜ tritt, wenn das verfahrenseinleitende Schriftstück gemäß dem HZÜ zu übermitteln war. Da das HZÜ mittlerweile für alle Mitglieder des 4. Beitrittsübereinkommen von 1996 mit Ausnahme Österreichs in Kraft getreten ist, ersetzt Art 15 HZÜ also faktisch Art. 20 II EuGVÜ.
Es besteht also auch durch das EuGVÜ im Erkenntnisverfahren kein weitergehender Schutz des Beklagten als durch das HZÜ; „remise au parquet“ und andere fiktive Inlandszustellungen bleiben unberührt.137
Der plumpe Verweis auf das HZÜ mag dadurch erklärt werden, dass man beim Erlaß des EuGVÜ im Jahre 1968 davon ausging, das drei Jahre vorher verabschiedete HZÜ hielte effektive Zustellungswege bereit138 ; andererseits waren bereits bei Verabschiedung des HZÜ seine Schwächen bekannt oder zumindest erahnt139. Es liegt also nahe anzunehmen, dass sich die Vertreter von „extrem“ förmlicher deutscher Auslandszustellung und „remise au parquet“ wiederum nicht zu einem Eingriff in ihr nationales Prozeßrecht durchringen konnten.
(2) Art. 27 II, 47 I EuGVÜ: Gerichtliche Kontrolle der Zustellung im Anerkennungsverfahren
Art 27 EuGVÜ regelt die Anerkennung einer ausländischen Entscheidung..
Im Anerkennungsverfahren eines Versäumnisurteils wird nach Art 27 II EuGVÜ vom Zweitgericht geprüft, ob im Erstverfahren die Zustellung ordnungsgemäß und rechtzeitig erfolgte. Erst wenn der Richter sich hiervon, und zwar unabhängig und ohne jede Bindung an die Entscheidung des Erstrichters, positiv überzeugt hat, wird das Urteil anerkannt.140
Wenn der Beklagte sich auf den Erstprozeß nicht eingelassen hat wird die Anerkennung also versagt, wenn das Verfahren nicht ordnungsgemäß und nicht so rechtzeitig zugestellt worden ist, dass er sich verteidigen konnte.
Voraussetzung ist aber in jedem Fall, dass der Beklagte sich nicht auf das Verfahren eingelassen hat. Als Einlassung ist dabei jedes Verhalten zu werten, aus dem sich ergibt, dass er Kenntnis von dem gegen ihn eingeleiteten Verfahren erlangt hat und das er sich gegen den Angriff de Klägers verteidigen will.141 Das ergibt eine Auslegung nach dem Normzweck des Art 27 Nr. 2 EuGVÜ, dem Beklagten rechtliches Gehör zu sichern.142
Es findet nun eine doppelte Prüfung durch das Zweitgericht statt:
Einmal muß im Erstprozess selbstverständlich ordnungsgemäß nach dem nationalen Prozeßrecht beziehungsweise nach den internationalen Übereinkommen als lex specialis zugestellt worden sein. Auch fiktive Zustellungen können dabei ordnungsgemäß sein, wenn sie nicht durch internationale Übereinkommen ausgeschlossen wurden.143
Der wichtigere zweite Prüfungsteil liegt darin, festzustellen, ob die Ladung, vielleicht trotz ordnungsgemäßer Zustellung nach dem Recht des Erststaates, nicht rechtzeitig zugestellt wurde und sich der Beklagte daher nicht verteidigen konnte. Es ist unerheblich, ob nach dem Recht des Urteilsstaates rechtzeitig zugestellt wurde. Über diese ist selbständig zu entscheiden. Sie ist daran zu messen, ob die Zustellung geeignet war, das Recht des Adressaten auf rechtliches Gehör zu gewährleisten.144 Dem Beklagten ist ja nicht damit geholfen, dass er ein Schriftstück nach den Vorschriften eines ausländischen Prozeßrechts ordnungsgemäß und rechtzeitig zugestellt bekommen hat, wenn es ihm nicht so rechtzeitig zugegangen ist, dass er sich hätte verteidigen können.145 Abzustellen ist also jeweils auf den konkreten Einzelfall mit seinen besonderen Umständen und Rahmenbedingung146. So kann es z.B. von Belang sein, ob der Zustellungsadressat rechtlich vorgebildet ist oder sonst mit den Gepflogenheiten und der Sprache des ausländischen Staates vertraut ist.147
Auslegung durch den EuGH
Die Rechtsprechung des EuGH zu Art 27 II EuGVÜ hat die fiktiven Inlandszustellungen in den nationalen Prozeßordnungen deutlich beeinflußt148 und für zum Teil heftige Kritik gesorgt, da sie den nachlässigen Beklagten zu Lasten der legitimen Interessen des Klägers benachteilige.149 Nach dem der EuGH einer Reihe von Entscheidungen die Anerkennung verweigert hatte, da sie die förmlichen Voraussetzungen des Art 27 II EuGVÜ nicht erfüllten, obwohl der Beklagte sehr wohl rechtzeitig von dem Verfahren Kenntnis erlangt hatte, wurde verstärkt der Verdacht geäußert, das sich findige Beklagte durch Förmeleien unter dem Schirm des Art 27 II EuGVÜ und mit tätiger Mithilfe des EuGH vor der Anerkennung eines Urteils aus dem Ausland schützen.150
Zitiert werden in diesem Zusammenhang z.B. Entscheidungen, bei denen nach deutschem Zustellungsrecht hätte zugestellt werden müssen, aber die erforderliche Form außer Acht gelassen wurde.151 Diesen Entscheidungen wurde daraufhin die Anerkennung verweigert. Der Verdacht des Mißbrauchs der Schutzvorschrift des Art 27 II EuGVÜ wird allerdings verständlich, wenn der Beklagte zwar ohne Kenntnis des verfahreneinleitenden Schriftstücks war, später aber von dem gegen ihn erlassenen Versäumnisurteil erfuhr und ihm offenstehende Rechtsmittel nicht nutzte sondern auf eine Anerkennungsverweigerung aus Art 27 II EuGVÜ vertraute152. Der EuGH hatte auf Vorlagebeschluss153 des BGH154 erkannt, dass es der Anerkennung eines in einem Vertragsstaat ergangenen Versäumnisurteils in einem anderen Vertragstaat entgegensteht, wenn das verfahreneinleitende Schriftstück dem Beklagten, der sich auf das Verfahren nicht eingelassen hat, nicht ordnungsgemäß zugestellt worden ist, selbst wenn dieser später von der ergangen Entscheidung Kenntnis erhalten und dagegen keinen nach der Verfahrensordnung zulässigen Rechtsbehelf eingelegt hatte155. Art 27 II EuGVÜ wird so als „anerkennungsfeindlich“ kritisiert156. Der Beklagte, der auf Wahrnehmung seiner Rechtsmittel aus Berechnung (in Hoffnung auf Verweigerung der Anerkennung in seinem Heimatstaat) oder Nachlässigkeit verzichte verdiene keinen weitergehenden Schutz als der Beklagte, der seine Prozeßführungslast ernst nimmt und sich rechtliches Gehör durch Einlegung von Rechtsmitteln und Rechtsbehelfen verschaffen muß.157 Es ergebe sich eine Gerichtspflichtigkeit des Beklagten sobald der Erststaat nach Art 2 EuGVÜ zuständig ist; dieser Gerichtspflichtigkeit müsse der Beklagte genügen und sich wenn möglich in den Erstprozeß einschalten. Dazu gezwungen werden solle er durch die Drohung mit der Anerkennung ansonsten ergangener Versäumnisurteile.158 Dies lehnt der EuGH ab: Die Möglichkeit, später einen Rechtsbehelf gegen eine erlassene Entscheidung einzulegen, sei einer Verteidigung vor Erlaß der Entscheidung nicht gleichwertig.159
(3) Art. 27 I EuGVÜ: Prüfung eines Ordre Public Verstoßes
Der ordre public ist als Anerkennungshinderniss im EuGVÜ festgehalten, hat aber keine große Bedeutung, da die Gerichte zurückhaltend mit der Möglichkeit umgehen, einem Urteil aus einem Vertragsstaat aus diesem Grund die Anerkennung zu versagen.160 Nach Auffassung des BGH erlaubt Art 27 I nur eine Prüfung, ob ein krasser Fall von verfassungswidriger Einschränkung des Bürgers vorliegt., so z.B. bei Prozeßbetrug.161
Der BGH hat bisher nur in wenigen Fällen die Anwendung von Art. 27 I EuGVÜ bejaht. Auf Vorlage162 des BGH hin hat der EuGH aber jüngst festgestellt, dass kein ordre public Verstoß darin gesehen werden kann, dass das Gericht des Ursprungsstaates seine Zuständigkeit auf die Staatsangehörigkeit eines Opfers gestützt hat.163
Theoretische Bedeutung des Art 27 I EuGVÜ ergibt sich außerdem daraus, dass er für den Kläger, der sich - auch als Widerbeklagter - nicht auf Art 27 II EuGVÜ stützen kann, die ein faires Verfahren sichern soll.164
(B) Verstoß der Zustellungspraxis gegen das Diskriminerungsverbot aus Art 12 EG
Art 12 EGV verbietet es, die Staatsangehörigen anderer Staaten gegenüber den eigenen Staatsangehörigen zu benachteiligen. Fiktive Inlandszustellungen belasten aber ausländische Beklagte regelmäßig in dieser Weise.165
(1) Verstößt die remise au parquet gegen das Diskriminierungsverbot?
Da die Nachteile der „remise au parquet“ typischerweise nicht französische Bürger trifft, obwohl sie auch sich im Ausland lebende französische Bürger treffen kann, hat die deutsche Rechtsprechung einen Verstoß der Zustellung durch die remise au parquet gegen das Diskriminierungsverbot aus Art 12 EG festgestellt.166 Sie betont dabei, dass nicht das französische Zustellungssystem Art 12 EG widerlaufe, sondern nur die spezielle Form der „remise au parquet“, die der Kläger durch Wahl eines anderen Zustellungsweges gegenüber EU-Bürgern gemäß Art. 683 N.C.P.C. abdingen könne. Das Gericht verzichtete auf eine Vorlage zum EuGH und stützte sich statt dessen auf die ständige Rechtsprechung des EuGH zur Auslandsvollstreckung: Die Beschwernis für den Kläger bei vertraglicher Zustellung sei regelmäßig geringer als bei einer Vollstreckung in das Ausland167 Die Beschwernis bei einer Vollstreckung in das Ausland stellt aber keinen Entschuldigungsgrund für eine diskriminierende prozessuale Rechtsanwendung dar168.
Schlußfolgerung: Zur Vermeidung des diskriminierenden Effektes soll von Seiten des Klägers bei der Zustellung innerhalb der Europäischen Union auf die fiktive Inlandszustellung freiwillig auf die fiktive Inlandszustellung verzichtet und statt dessen auf einen völkervertraglich geregelten Weg der Zustellung ausgewichen werden.169 Er vermeidet so eine Verweigerung der Anerkennung aufgrund von Art 12 EG oder Art 27 II EuGVÜ.
(2) Verstößt § 175 ZPO gegen das Diskriminierungsverbot?
Selbstverständlich stellt sich die gleiche Frage eines Verstoßes gegen das gemeinschaftliche Diskriminierungsverbot aus Art 12 EG wie bei der „remise au parquet“ auch bei fiktiven Inlandszustellung gemäß § 175 ZPO. Obwohl die deutsche Rechtsprechung einen Verstoß der „remise au parquet“ gegen das Diskriminierungsverbot bejaht hat, sieht sie in der unterschiedlichen Behandlung von im Inland wohnhaften (§ 174 I ZPO) und im Ausland wohnhaften Personen durch die deutsche ZPO (§ 174 II ZPO) keinen solchen Verstoß170. Sie stützt sich auf das gleiche Argument, das das OLG Karlsruhe bereits schlüssig widerlegt hat: Die besonderen Erschwernissen durch die Auslandszustellung rechtfertigten eine solche Ungleichbehandlung171. Wie bereits zur „remise au parquet“ dargelegt, stellen die Schwierigkeiten des Rechtsverkehrs innerhalb der Europäischen Union nach dem EuGH kein objektives Unterscheidungskriterium dar.172 Zur Zustellung nach § 175 ZPO gilt also ebenso wie zur „remise au parquet“: Um der Gefahr der Nichtanerkennung zu entgehen empfiehlt sich das Ausweichen auf nichtdiskriminierende Zustellungswege.
(3) Erfordernis der Gleichstellung der ausländischen Zustellungsurkunden mit inländischen aus Art 12 EG?
Eine weitere Frage ist schließlich, inwiefern Art 12 EG eine Gleichstellung ausländischer Zustellungsurkunden mit inländischen erfordert.173 Das nationale Verfahrensrecht darf nämlich weder zu einer Diskriminierung von Personen führen, die denen das Gemeinschaftsrecht einen Anspruch Gleichbehandlung verleiht, noch die vom Gemeinschaftsrecht garantierten Grundfreiheiten beschränken.174 Nationales Verfahrensrecht also auch die Grundfreiheiten respektieren. Allerdings werden nationale Prozessnormen erst ab einer gewissen Relevanzschwelle überprüft und zudem können auch nachhaltige Beschränkungen des Rechtsverkehrs gerechtfertigt sein, wenn sie durch überwiegende Allgemeininteressen gerechtfertigt werden, zu denen der EuGH auch die Funktionsfähigkeit der nationalen Rechtspflege zählt.175
In der Literatur wird hier bei nicht harmonisiertem Prozeßrecht die Substitution der gemeinschaftrechtlichen Vorgaben, also die flexible Auslegung des nationalen Prozeßrechts, unterstützt.176
(C) Art 6 EMRK Recht auf ein „fair trial“
Das in Art 6 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten festgelegte Recht auf ein faires Verfahren hat in den letzten Jahren die Rechtsprechung der höchsten Gerichte der EG-Mitgliedstaaten beschäftigt.
So hat das österreichische OHG mit der Frage von Sprachproblemen bei internationalen Zustellungen beschäftigt und festgestellt, dass es mit einem fairen Verfahren unvereinbar sei, dass dem Empfänger verfahrenseinleitende Schriftstücke unmittelbar durch die Post zugestellt werden, die nicht in seiner Sprache abgefaßt und auch nicht übersetzt sind.177 Auch hat das veränderte Verständnis der prozessualen Menschenrechte und des „fair trial“ viele EG- Staaten veranlaßt, die Folgen der fiktiven Inlandszustellungen abzumildern178.
So hat auch der BGH bei harten, mit dem Grundsatz eines „fair trial“ nicht zu vereinbarenden Folgen der Zustellung gemäß § 175 ein Wiedereinsetzungsrecht gewährt179 und folgt damit der sich allmählich durchsetzenden Auffassung von Art. 6 EMRK als einem Anspruch auf der Ebene einfachen Rechts auf ein faires Verfahren.180
(D) Analyse der derzeitigen Situation der Zustellung innerhalb der EU
Die Übernahme der Mängel der Haager Übereinkommen in das EuGVÜ hat zu einem unbefriedigenden System der Zustellung im europäischen Justizraum geführt. Die nationalen fiktiven Inlandszustellungen werden zwar auf der einen Seite von den Regelungen des EuGVÜ und HZÜ nicht angetastet; die aus ihnen resultierenden Zustellungen und Versäumnisurteile verstoßen aber regelmäßig gegen Gemeinschaftsrecht und werden in anderen Mitgliedsstaaten nicht anerkannt. Gleichzeitig garantieren die Zustellungssysteme keinen effektiven Rechtsschutz und zeichnen sich durch unnötige Kompliziertheit aus.181
Der Kläger muß bei Verfahren mit ausländischen Beklagten stets befürchten, dass sein Urteil im Ausland ohne ihm offensichtliches Verschulden von seiner Seite nicht anerkannt wird182 ; der Beklagte wird bei fiktiven Inlandszustellungen regelmäßig um sein rechtliches Gehör gebracht.
Schließlich sind bei dem in den 60er Jahren entworfenen Zustellungssystem naturgemäß Zustellungen mittels moderner Kommunikationsmittel nicht vorgesehen.
Eine Reform dieses Zustands war also offensichtlich überfällig.
(E) Die Verordnung Nr. 1348/2000
Zum 31.5.2001 ist die Europäische Zustellungsverordnung (EG) Nr. 1348/2000 in Kraft getreten. Durch sie soll das Zustellungssystem innerhalb des Europäischen Zivilrechts verbessert und vereinheitlicht werden.
(1) Hintergrund: Entstehung der Verordnung
Der Justizministerrat hatte auf einer Tagung am 29. und 30.10.1993 die Feststellung getroffen, daß das Zustellungsverfahren in den Mitgliedstaaten der Union kompliziert, uneinheitlich und nur bedingt effizient ist. Daraufhin beauftragte er eine Arbeitsgruppe, ein Rechtsinstrument zur Vereinfachung und Beschleunigung des Zustellungsverfahren zu erarbeiten.183
a. der niederländische Vorschlag 1993
Unter der niederländischen Präsidentschaft im November 1993 wurde daraufhin der Vorschlag präsentiert, das Protokoll zum EuGVÜ abzuändern und den direkten Behördenweg zu verankern. Durch die Ausschaltung der Zentralen Behörden und die damit erreichte Dezentralisierung sollte die gewünschte Beschleunigung und Vereinfachung erreicht werden.184
b. der französische Entwurf 1995
Als nächstes legte die französische Präsidentschaft im Februar 1995 den Entwurf für ein eigenständiges Übereinkommen über die Zustellung vor, dass innerhalb der EU an Stelle des HZÜ treten sollte. Auf diesem Vorschlag basiert dann auch das Europäische Zustellungsübereinkommen (EZÜ) von 1997.185
c. Das EZÜ vom 26.5.1997
Am 26.5.1997 wurde das Europäische Zustellungsübereinkommen und ein dazugehöriges Protokoll zur Auslegung des Übereinkommens durch den EuGH von den Justizministern als der Einzelstaaten als Rat unterzeichnet. Es wurde zwar nie in den Mitgliedstaaten ratifiziert dafür aber inhaltlich weitestgehend in die EuZustVO übernommen.
(2) Inhaltliche Schwerpunkte der EuZustVO
Mit der Präambel der Verordnung hat sich der Rat ein hohes Ziel gesteckt: Die Zustellung von Schriftstücken, die in einem anderen Mitgliedstaat zugestellt werden sollen, soll zwischen den Mitgliedstaaten so verbessert oder beschleunigt werden, dass sie ein reibungsloses Funktionieren des Binnenmarktes möglich macht. (Satz 2 der Präambel)
Als bevorzugter Weg der Übermittlung von Schriftstücken wird der direkte Behördenverkehr geregelt (Art 4,2 EuZustVO) Dazu benennt jedes Land Übermittlungs- und Empfangsstellen, um ein besseres Zusammenwirken der ersuchenden und ersuchten Zustellungsorgane zu gewährleisten186. Um Mißverständnisse und Fehler möglichst einzuschränken, werden die Schriftstücke dabei gemäß Art 4 III EUZustVO von einheitlichen Formularen begleitet, die eine ordnungsgemäße Zustellung festhalten sollen.
Neben diesem favorisierten Zustellungsweg werden auch die Direktzustellung auf dem Postweg in Art 14 sowie die unmittelbare Beauftragung von Zustellungsorganen im ersuchten Staat in Art 15 der Verordnung zugelassen.
Auch die traditionellen Zustellungswege über diplomatische oder konsularische Vertreter sowie der Widerspruch gegen dieses Verfahren ist ausdrücklich vorgesehen. (Art 12ff. EUZustVO)
(3) Kritik
Wenn man die Mängel des Zustellungssystems innerhalb der Europäischen Union betrachtet und den Anspruch der Verordnung diese abzubauen mit dem Ergebnis der Regelungen vergleicht ist man enttäuscht.
Zwar verbessert sie die Übermittlung von Schriftstücken im zwischenstaatlichen Rechtsverkehr vor allem im technischen Bereich durch die Bereitstellung von Formalien. Substantielle Mängel des bestehenden Zustandes aber werden nicht angegangen. So folgt die EUZustVO weiterhin dem System der Haager Übereinkommen, nur das „Wie“ aber nicht das „Ob“ einer Auslandszustellung zu regeln. Das Ergebnis dieser Regelung hat sich in der Anwendung des HZÜ gezeigt: Da das zu übermittelnde Schriftstück bei der fiktiven Inlandszustellung ja gerade nicht in das Ausland zugestellt werden muß, laufen die Regelungen ins Leere.
Die postalische Direktzustellung wird in der EUZustVO nur subsidiär geregelt, dabei wird sie in den Mitgliedstaaten immer mehr als bequemere und zudem weniger fehlerträchtige Form der Übermittlung bevorzugt. Sogar die Bundesrepublik Deutschland, die sich im Rahmen des weltweit gültigen HZÜ gegen diese Zustellungsmethode sperrt, hat eine dementsprechende Regelung in § 183 I eines Gesetzesentwurfs zur Reform des Verfahrens bei Zustellungen im gerichtlichen Verfahren187 (ZustRG) vorgesehen. Sie will damit durch völkerrechtliche Vereinbarungen internationale Zustellungen wesentlich vereinfachen und beschleunigen und verweist ausdrücklich auf das inzwischen durch die EUZustVO ersetzte EZÜ.188
Verräterisch ist die Beibehaltung des konsularischen und des diplomatischen Weges und vor allem dessen Widerspruch in der EUZustVO: Die Präservierung dieser Zustellungswege aus Zeiten der zerstrittenen Nationalstaaten untermauert den Verdacht, dass anstatt unbequem nach Lösungen zu suchen und sich endlich der Lösung des Konflikts mit den „remise au parquet“ Ländern anzunehmen, mit der Verordnung nur ein Haager Übereinkommen mit technischen Verbesserungen und neuem Anstrich abgeliefert wurde189.
Die tatsächlichen Probleme in der Praxis bleiben nahezu unberücksichtigt. So wird die EUZustVO vielleicht die Übermittlungsstellen entlasten, die Gerichte die sich in Zukunft mit ihren Mängeln befassen müssen aber wohl kaum.
(F) Anforderungen eines reformierten europäischen Zivilprozessrechts an die Zustellung innerhalb der EU
(1) Ratsbeschlüsse von Tampe re
Auf seiner Tagung in Tampere am 15./16.10.1999 hat der Europäische Rat das Ziel definiert einen echten europäischen Rechtsraum zu schaffen, in dem Einzelpersonen und Unternehmen nicht durch Unvereinbarkeit oder Komplexität der Rechtsordnungen und Verwaltungssysteme in den Mitgliedstaaten daran gehindert werden, von Ihren rechten Gebrauch zu machen.190 Dazu soll im ersten Schritt die Anerkennung von gerichtlichen Entscheidungen und Urteilen die Zusammenarbeit der Behörden und den Schutz des Einzelnen durch die Justiz erleichtern.
Am 30.11.2000 hat der Rat daraufhin einen Maßnahmenkatalog zur gegenseitigen Anerkennung beschlossen der in der Abschaffung des Anerkennungsverfahrens münden soll. Mit dem Anerkennungsverfahren fällt aber auch der Schutz aus Art 27 II EuGVÜ, der wie oben aufgezeigt, im bisherigen Zustellungssystem eine wichtige Rolle spielt.191 Da die EuZustVO das System der kritischen fiktiven Inlandszustellungen aber wie das HZÜ zuvor unberührt läßt, entsteht eine Lücke. Zwar besteht weiterhin der Schutz im Erstverfahren durch den die Art 15,16 HZÜ übernehmenden Art 19 EUZustVO. Die Praxis hat aber gezeigt, dass der Schutz im Erstverfahren nach den bisherigen Maßnahmen nicht ausreicht, da insbesondere die Rechtzeitigkeit der Zustellung nicht autonom geprüft wird.
Diese Lücke gilt es vor einer Abschaffung des Anerkennungsverfahrens durch massive Nachbesserung der EUZustVO zu schließen; ohne eine Harmonisierung des Zustellungsrechts geht sonst der durch die Rechtsprechung des EuGH gewonnene Schutz vor diskriminierenden Regelungen in nationalen Prozeßordnungen wieder verloren.
(2) Die EuGVVO
Die das EuGVÜ ablösende Verordnung über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (EuGVVO) wurde am 22. 12. 2000 verabschiedet.
Sie ändert auch die für die Anerkennung von ausländischen Urteilen im Zweitverfahren notwendige Überprüfung. Artikel 34 I EuVGO entspricht Art 27 I EuGVÜ mit einer Einschränkung: Entscheidungen werden wegen orde public Verstoß nur dann nicht anerkannt, wenn dieser Verstoß offensichtlich ist. Für die Bundesrepublik Deutschland ist dies keine wesentliche Einschränkung: Der BGH erlaubt eine Verweigerung der Anerkennung auch heute schon nur in krassen Fällen des ordre public Verstoßes192. Bis jetzt wurde von deutsche Seite kaum von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht193. Auch Art 27 II EuGVÜ wird als Art 34 II in das EuGVVO übernommen, allerdings mit einer deutlicheren Einschränkung: Es findet keine Anerkennungsverweigerung statt, wenn der Beklagte die Möglichkeit hatte das Versäumnisurteil mit einem Rechtsmittel anzugehen und dies unterlassen hat. Das EuGVVO stellt sich damit gegen die bisherige Rechtsprechung des EuGH194 und gibt der massiven Kritik195 am Rechtsmißbrauch durch Verstreichenlassen der Rechtsmittelfristen und um dann die Anerkennung durch Berufen auf Förmlichkeiten im Heimatland verweigern zu lassen. Diese Einschränkung der Anerkennungsverweigerung ist zu begrüßen: In einem gemeinsamen europäischen Prozeßraum muß eine Prozessförderungspflicht bestehen und die Möglichkeit, verschiedene Gerichte gegeneinander auszuspielen möglichst eingeschränkt werden.
Resümee
Die EUZustVO bringt einige Neuerungen in das europäische Zustellungsrecht mit denen sie den alltäglichen Rechtshilfeverkehr erleichtern wird. Allerdings hat sie keine echte Harmonisierung des Zustellungsrechts bewirkt und genügt damit nicht den Anforderungen eines reformierten europäischen Zivilrechtes. Bedenklich ist vor auch, dass die nationale Prozeßordnungen zum Teil jetzt schon fortschrittlichere Zustellungsmethoden als die in der Verordnung als Regelfall vorgesehene bieten, was zwangsläufig zum Konflikt führen muß.
[...]
1 BGH NJW 78,1858
2 Zöller - Stöber Vor § 166 Rn 1
3 vgl. B/LA/H Übers. § 166 Rn1
4 B/L/A/H Übers. § 166 Rn 3
5 BverfG NJW 88,2361
6 Heß - JZ 1998,1021,1022
7 Stein/Jonas/ Schumann vor § 166 Rn 45
8 Pfennig - Internationale Zustellung S. 55
9 Bredthauer - Zivilrechtshilfe BRD - DDR S. 68 a.A. Pfennig - internationale Zustellung S. 56
10 Heß - NJW 2001,15,16
11 Zöller ZPO / Geimer § 199 Rn 1
12 Linke IZPR - Rn 31
13 BverfG ZIP 1995,70,71; Rosenberg / Schwab ZPO § 73 I 2.; Geimer IZPR - Rn 2075; Nagel / Gottwald - § 7 Rn 2; Schack IZVR - Rn 589 kritisch
14 Schack IZVR - Rn 591; so auch Nagel / Gottwald § 7 Rn 2
15 vgl. Zahlenmaterial auf S. 13
16 Geimer IZPR Rn 2075
17 Linke IZPR Rn 229
18 Schack IZVR Rn 596
19 Linke - IZPR Rn 229
20 OLG Köln IPRax 1987,233
21 Geimer Anm. NJW 1989,2204 Wo allerdings diese Linie bei ü berlangen Erledigungszeiten liegt ist umstritten: Geimer schl ä gt bezugnehmend auf die Haager Ü bereinkommen eine 6-Monats-Frist vor, dies wird als zu pauschal abgelehnt (Linke - IZPR Rn 229, Fn.28) unbestritten bei prognostizierter Dauer von 18-Monaten nach Brasilien (LG Kiel IPRspr. 1983, Nr. 162)
22 Geimer Anm. NJW 1989,2204,2205
23 vgl. Hausmann IPRax 1988, 140, 141
24 Linke - IZPR Rn 225
25 BverfG NJW 1997,1772; BGHZ 98,263,266; Geimer - IZPR Rn 2083; Linke - IZPR Rn 222; Zöller ZPO / Stöber § 175 Rn2;6
26 BGH NJW 2000,3284,3285
27 vgl. Hök - JurBüro 1989,1217
28 Schack - IZPR Rn 599
29 Linke - IZPR Rn 226; Schlosser FS Stiefel S. 683; Hausmann - IPRax 1988,139,143 mit weiteren Nachweisen
30 Schlosser FS Stiefel S. 692
31 Hausmann - IPRax 1988,139,142
32 BGH NJW 1999,1187; BGH BB 1963,573; OLG Koblenz Rpfleger 1978,261; Thomas/Putzo § 174 Rn 2; § 175 Rn 4; Schack ZZP 1987,442,446 kritisch dazu Linke - IZPR Rn 226
33 vgl. Hök - JurBüro 1989,1217
34 BVerfG NJW 1995,3173
35 BGH NJW 1187,1191
36 Hausmann - IPRax 1988,139,143; zustimmend Zöller ZPO / Geimer § 199 Rn 22
37 Linke - IZPR Rn 228
38 Roth - IPRax 1990,90,93
39 BVerfG NJW 1997,1772 allerdings war hier der Proze ß beteiligte in Italien ü ber seine Obliegenheit unterrichtet; BGH NJW 2000,3286,3287
40 BGH NJW 1999,1187,1190
41 BGH NJW 1999,1187,1191
42 BGH NJW 2000,3284; sogar wenn ein im Ausland t ä tiger RA die Fristen vers ä umt soll der Grundsatz des fairen Verfahrens Wiedereinsetzung gebieten BGH NJW 1999,1187,1192
43 Schack, ZZP 1987,442,444; Hausmann - IPRax 1988,140,141; Schlosser - JR 1987,1960
44 Hausmann - IPRax 1988,140,141
45 BGHZ 98,266; OLG München IPRax 1990,111,112 zustimmend Linke - IZPR Rn 228
46 BGH NJW 1999,1187,1192
47 zu diesem Risiko der Nichtanerkennung siehe S.
48 Zöller ZPO / Geimer § 199 Rn 28; Schack - IZVR Rn 614; Nagel / Gottwald § 7 Rn 13, Linke - IZPR Rn 227 a.A. OLG München IPRax 1988,163,164
49 Hausmann - IPRax 1988,140,144
50 Zöller ZPO / Geimer § 199 Rn 29
51 Geimer - IZPR Rn 2123 a.A. Zimmermann ZPO § 175 (3)
52 Zöller ZPO / Geimer § 199 Rn 38b
53 Durch eine im Ausland eingereichte, früher zugestellte Klage wird vice versa der rEchtsschutz im Inland blockiert vgl. Zöller ZPO / Geimer § 199 Rn 38a
54 vgl. Geimer FS Schütze S. 206
55 Bajons FS Schütze S. 55
56 hussier de justice = spezialisierte Beamte, nach Art. 648 N.C.P.C. für die Durchführung der Zustellung zuständig, ihre Funktionen gehen über die eines dt. Gerichtsvollziehers hinaus, vgl. Bajons FS Schütze S. 49
57 vgl. Nagel / Gottwald § 7 Rn 14
58 Pfennig - Zustellungen S. 128
59 Bajons FS Schütze S. 56
60 Nagel / Gottwald § 7 Rn 14
61 Bajons FS Schütze S. 56
62 Art 69bis § 1,2 und 3 des belg. Code de Procédure Civil
63 Art 69 No 9 des lux. Code de Procédure Civil
64 Art 4,7° Wetboek van Burgerlijke Regtsvordering
65 Art 142,143 codice di procedura civile
66 Art. 135,137 griech. ZPO
67 Art. 9 Code de Procédure Civil et Commerciale
68 Bajons FS Schütze S. 57
69 Pfennig - Zustellungen S. 17
70 Pfennig - Zustellungen S. 18
71 zu den Zahlen vgl: Meyer - IPRax 1997,401,402
72 Solche Organisationen waren: Das Institut de droit international, die Asscociation for the promotion of social science, die Association for the reform and codification of the laws of nation = die spätere International Law Association, die Interpalarmentarische Union und das American Institute of International Law
73 Pfenning - S. 38
74 zur Geschichte der Haager Konferenzen: Arnold JZ 1965,708,709
75 RGBl. 1909, S.409; Ausführungsgesetz vom 5.4.1909, RGBl. 1909, S.430
76 RGBl. 1899 S.285
77 RGBl. 1899 S.295
78 Arnold JZ 1965,708,710
79 Arnold JZ 1965,708,712
80 Pfennig - Zustellungen S. 40
81 Nagel / Gottwald - § 7 Rn 50
82 Böckstiegel / Schlafen - NJW 1978,1073
83 Böckstiegel / Schlafen - NJW 1978,1076
84 die Deutsch-luxemburgische Vereinbarung zur weiteren Vereinfachung des Rechtshilfeverkehrs vom 1.8.1909 (RGBl. 1909,907); die Deutsch-schwedische Vereinbarung zur weiteren Vereinfachung des Rechtshilfeverkehrs vom 1.2.1910 (RGBl. 1910,S. 455); die Deutsch-schweizerische Vereinbarung zur weiteren Vereinfachung des Rechtshilfeverkehrs vom 30.4.1910 (RGBl. 1910,S. 674); die Deutsch-dänische Vereinbarung zur weiteren Vereinfachung des Rechtshilfeverkehrs vom 1.6.1910 (RGBl. 1910,S. 872) i.d.F.d. Vereinbarung der vom 6.1.1932 (RGBl. 1932 II, S. 20); die Deutsch- belgische Vereinbarung zur weiteren Vereinfachung des Rechtsverkehrs nach dem Haager Übereinkommen vom 1.3.154 über den Zivilprozeß vom 25.4.1959 (BGBl. 1959 II, S.1524); die Deutsch-östereichische Vereinbarung zur weiteren Vereinfachung des rechtlichen Verkehrs nach dem Haager Übereinkommen vom 1.3.154 über den Zivilprozeß vom 6.6.1959 (BGBl. 1959 II, S.1523); die Deutsch-französische Vereinbarung zur weiteren Vereinfachung des Rechtsverkehrs nach dem Haager Übereinkommen vom 1.3.154 über den Zivilprozeß vom 6.5.1961 (BGBl. 1961 II, S.1040); der Deutsch-niederländische Vertrag zur weiteren Vereinfachung des Rechtsverkehrs nach dem Haager Übereinkommen vom 1.3.154 über den Zivilprozeß 30.8.1962 (BGBl. 1964 II, S.468); die Deutsch-norwegische Vereinbarung zur weiteren Vereinfachung des Rechtsverkehrs nach dem Haager Übereinkommen über den Zivilprozeß 17.6.1977 (BGBl. 1979 II, S.1292)
85 Deutsch-östereichische Vereinbarung zur weiteren Vereinfachung des rechtlichen Verkehrs nach dem Haager Übereinkommen vom 1.3.154 über den Zivilprozeß vom 6.6.1959 (BGBl. 1959 II, S.1523)
86 aber auch: Bahamas, Barbados, Fidschi, Gambia, Grenada, Guyana, Jamaika, Kanada, Kenia, Lesotho, Malawi, Malaysia, Malta, Mauritius, Nauru, Nigeria, Salomonen, Sambia, Seychellen, Sierra Leone, Singapur, St. Lucia, Swasiland, Tansania, Trinidad und Tobago, Zypern
87 vgl. Linke - IZPR Rn 233
88 vgl. Pfennig - Zustellungen S. 59
89 Art 1 III Haager Zivilprozessabkommen 1905, Art 1 III Haager Zivilprozessübereinkommen 1954
90 ausf ü hrlich dazu Pfennig - Zustellungen S. 30ff.
91 Nagel - Rechtshilfe S. 77, ebenso Bredthauer - Zivilrechtshilfe BRD - DDR S. 80, Pfennig Zustellungen S. 60
92 vgl. Geimer - IZPR Rn 2137
93 Stein/ Jonas ZPO / Schumann § 199 Rn 4
94 s.o. S 17
95 vgl. Denkschrift zum Übereinkommen BT Drucksache 7/4892 S. 41 Die BRD ging davon aus, dass auch nach Inkrafttreten des Haager Übereinkommens 1965 etwa 80% des intern. Zustellungsverkehrs auf dem direkten Behördenweg abgewickelt würden
96 s. Aufzählung auf S. 18
97 vgl. Pfennig - Zustellungen S. 62
98 Denkschrift zum Übereinkommen BT Drucksache 7/4892 S. 41
99 nur Bundesstaaten steht es frei , mehrere Zentrale Behörden einzurichten: In der BRD hat jedes Land eine eigene Zentrale Behörde eingerichtet vgl. BGBl 1993 II 703
100 Böckstiegel / Schlafen - NJW 1978,1073,1074
101 Zöller ZPO / Geimer § 199 Rn 56
102 Vogler - NJW 1982,468,469
103 Pfennig - Zustellungen S. 65
104 so auch Pfennig - Zustellungen S. 65
105 Denkschrift zum Übereinkommen BT Drucksache 7/4892 S. 46
106 vgl. BGH NJW 1993,598,599, Junker JZ 1989,121,123 mit weiteren Nachweisen
107 BVerfG NJW 1995,649,650
108 Nagel / Gottwald - IZPR Rn 69; zu den Spannungen im deutsch-amerikanischen Rechtsverkehr bei Zustellungen vgl. B ö hmer - NJW 1990,3049, 3051
109 Denkschrift zum Übereinkommen BT Drucksache 7/4892 S. 47,48
110 Zöller ZPO / Geimer § 199 Rn 59
111 Pfennig - Zustellungen S. 97
112 Pfennig - Zustellungen S. 98
113 BverfG NJW 1995,649
114 Geimer - IZPR Rn 2159
115 OLG München NJW 89,3102
116 Mansel - EuZW 1996,335,336
117 Böckstiegel / Schlafen - NJW 1978,1073,1075
118 Denkschrift zum Übereinkommen BT Drucksache 7/4892 S. 40, ebenso konnte sich die deutsche Seite schon 1905 und 1954 mit der Forderung der internationalen Abschaffung der remise au parquet nicht durchsetzen
119 Zöller ZPO / Geimer § 199 Rn 45a;
120 Denkschrift zum Übereinkommen BT Drucksache 7/4892 S. 39
121 Böckstiegel / Schlafen - NJW 1978,1073,1075
122 Zöller ZPO / Geimer § 199 Rn 45c; scharfe Kritik an dieser Auffassung Schlosser FS Stiefel S.683
123 Denkschrift zum Übereinkommen BT Drucksache 7/4892 S. 40
124 BGBl 1993 703
125 vgl. Böckstiegel / Schlafen - NJW 1978,1073,1075
126 Geimer - IZPR Rn 2080
127 Roth - IPRax 1990,90,92
128 Denkschrift zum Übereinkommen BT Drucksache 7/4892 S. 40
129 Junker - JZ 1989,121,122
130 nur im berühmten Fall Volkswagenwerk AG vs. Schlunk bezweifelte die VWAG dies und wurde dabei auch prompt durch die Bundesregierung mit einem brief amicus curiae unterstützt in dem diese das Gegenteil von Ihrer Aussage in der Denkschrift zu den Haager Übereinkommen vertrat; die VWAG musste sich vom Berufungsgericht in Illinois anhören, sie habe offennsichtlich Schwierigkeiten mit dem Begriff der Auslandszustellung und scheiterte schließlich am U.S. Supreme Court dazu Junker - JZ 1989,121ff.
131 Roth - IPRax 1990,90,92; Schlosser FS Stiefel, S. 683,687; Junker - JZ 1989,121,122
132 vgl. Geimer - IZPR Rn 2080
133 Junker - JZ 1989,121,123
134 Heß - NJW 2001,15,17
135 Verordnung (EG) Nr. 1348/2000 des Rates über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke in Zivil- und Handelssachen in den Mitgliedstaaten
136 vgl. Heß - NJW 2001,15,17
137 vgl. Zöller ZPO / Geimer § 199 Rn 45d
138 so Heß - NJW 2001,15,17
139 s.o. S.
140 Geimer / Schütze EuGVÜ - Rn 66
141 Pfennig - Zustellungen S. 85
142 OLG Hamm NJW-RR 1995,1989,1990
143 Nagel / Gottwald IZPR Rn 749
144 OLG Düsseldorf RIW/AWD 1987,626,627
145 Linke - RIW/AWD 1986,409,411 der die Zustellung sogar nach Ma ß gabe des Zugangs einer Willenserkl ä rung im deutschen BGB zukommen lassen will
146 EuGH NJW 1982,1937
147 Pfennig - Zustellungen S. 89; Linke - RIW/AWD 1986,409,411
148 Heß - NJW 2001,15,17
149 Geimer / Schütze EuGVÜ Art 27 Rn 72
150 Linke - IPRax 1993,295,296; Geimer / Schütze EuGVÜ Art 27 Rn 86ff.
151 z.B. OG Saarbrücken NJW-RR 1994,636; BGH NJW 1993, 2688
152 vgl. BGH NJW 1993,2688,2690
153 die Vorlagepflicht der dt. Gerichte ergibt sich Art 3 I des Luxemburger Protokoll zum EuGVÜ BGBl 1972 II, S. 846 vgl. von Hoffmann § 3 Rn 189
154 BGH NJW 1991,1976
155 EuGH EuZW 1993,39 Minalment GmbH / Brandeis Ltd.
156 Linke - RIW/AWD 1986,409,410
157 Geimer / Schütze EuGVÜ Art 27 Rn 72
158 Geimer / Schütze EuGVÜ Art 27 Rn 88; aA Schlosser EuGVÜ Art. 27 II Rn 17
159 EuGH EuZW 1996,732,733 Hendrikmann und Feyen/Magenta Druck & Verlag GmbH
160 von Hoffmann § 3 Rn 264
161 vgl. Geimer / Schütze EuGVÜ Art 27 Rn 59ff.
162 BGH EuZW 1999,26
163 EuGH NJW 2000,1853 Krombach / Bamberski
164 Geimer / Schütze EuGVÜ Art 27 Rz 82
165 vgl. Schlosser FS Stiefel S. 683ff.
166 OLG Karlsruhe RIW 1999,538 zustimmend Bajons FS Schütze S. 60; Heß - NJW 2001,15,18
167 OLG Karlsruhe RIW 1999,538,539
168 EuGH Slg. 1994,467 Mund & Fester/Hatrex International Transport
169 Bajons FS Schütze S. 61
170 Heß - NJW 2001,15,18
171 vgl. OLG Karlsruhe RIW 1999,538,539
172 vgl. Roth - JZ 1999,419,420 der aber kritisch vor einer „ schleichenden Proze ß rechtsangleichung “ warnt
173 Heß - NJW 2001,15,18
174 EuGH NJW 1997,3299,3300 Stephen Austin Saldanha u. MTS Securities Corporation/Hiross Holding AG
175 Heß - JZ 1998,1021,1024
176 Heß - JZ 1998,1021,1028; Heß NJW 2001,15,18
177 OGH IPRax 1999,260 dazu Bajons in FS Schütze S. 69
178 zahlreiche romanische Staaten haben ihr System der remise au parquet durch eine Information des Zustellungsadressaten durch eingeschriebenen Brief erg ä nzt
179 BGH NJW 2000,3284
180 Roth - IPRax 1990,90,91
181 so auch Heß - NJW 2001,15,17
182 Geimer / Schütze EuGVÜ Art 27 II Rn 75: der Kl ä ger werde um die Fr ü chte seines Sieges im Erststaat gebracht
183 vgl. Meyer - IPRax 401,402
184 Meyer - IPRax 401,402
185 Meyer - IPRax 401,402
186 vgl. Heß - NJW 2001,15,19
187 http://www.bmj.bund.de/ggv/bgbrege1.pdf
188 ZustRG Begründung zu § 183 I S. 50
189 kritisch zur ü berhasteten Harmonisierung Heß NJW 2000, 23,30ff.
190 Schlussfolgerungen des Vorsitzes Europäischer Rat (Tampere) NJW 2000,1925
191 vgl. Heß - NJW 2001,15,20
192 vgl. Geimer / Schütze EuGVÜ Art 27 Rn 59ff.
193 von Hoffmann § 3 Rn 264
194 EuGH EuZW 1993,39 Minalment GmbH / Brandeis Ltd.
Häufig gestellte Fragen
Was ist die Bedeutung der Zustellung im deutschen Recht?
Die Zustellung ist ein förmlicher, zu beurkundender Vorgang, der dem Adressaten die Möglichkeit zur Kenntnisnahme eines Schriftstücks verschafft und dem Veranlasser den Nachweis über Art und Zeit der Bekanntgabe liefert. Sie dient dem rechtlichen Gehör (Art. 103 I GG) und dem fairen Verfahren. An die Zustellung knüpfen sich wichtige prozessuale Wirkungen wie Rechtshängigkeit und die Eröffnung des Zwangsvollstreckungsverfahrens.
Was versteht man unter internationaler Zustellung?
Internationale Zustellung bezeichnet die Zustellung an einen Empfänger im Ausland sowie Zustellungen, für die völkerrechtliche Vorschriften gelten (z.B. Immunität). Der Begriff umfasst jeden Vorgang, durch den dem Adressaten Gelegenheit zur Kenntnisnahme eines Schriftstücks gegeben wird, auch formlose Zustellungen.
Wie funktioniert die Zustellung in das Ausland nach deutschem Recht?
Nach deutschem Recht ist auch bei Auslandszustellungen eine förmliche Beurkundung erforderlich. Die Zustellung erfolgt mittels Ersuchen der zuständigen Behörde des fremden Staates oder des dort residierenden Konsuls oder Gesandten. Ist die Auslandszustellung undurchführbar, kann sie durch öffentliche Zustellung ersetzt werden.
Was ist die Zustellung gemäß §§ 175ff. ZPO?
Die Zustellung im Ausland kann entbehrlich sein, wenn die Zustellung an im Ausland befindliche Adressaten im Inland durch Aufgabe der Sendung zur Post bewirkt werden kann (§ 175 ZPO). Dies gilt regelmäßig in bereits rechtshängigen Verfahren und sanktioniert den Beklagten, der keinen Zustellungsbevollmächtigten benennt.
Was sind die Voraussetzungen für die fiktive Zustellung nach § 175 ZPO?
Das vereinfachte Zustellungsverfahren nach § 175 ZPO ist nur dann gerechtfertigt, wenn der Beklagte seiner prozessualen Obliegenheit, einen Zustellungsbevollmächtigten im Gerichtsbezirk zu benennen, weder in der ersten mündlichen Verhandlung noch in einem vorher eingereichten Schriftsatz nachgekommen ist.
Was sind die Kritikpunkte an § 175 ZPO?
Kritisiert wird, dass die rechtzeitige Bestellung eines Zustellungsbevollmächtigten in vielen Fällen praktisch unmöglich sein kann. Die Zustellung eines Versäumnisurteils nach § 175 ZPO kann problematisch sein, da sie die Gefahr der Nichtanerkennung im Ausland birgt und Schranken aus Verfassungs- und Völkerrecht gesetzt sind.
Wie wird die französische "remise au parquet" im Text beschrieben?
Die "remise au parquet" ist ein Zustellungsvorgang, bei dem das Schriftstück an das Büro der Staatsanwaltschaft übersandt wird. Bereits durch diese Zusendung gilt die Zustellung als bewirkt, ungeachtet dessen, dass der Beklagte noch keine Kenntnis vom Verfahren haben kann. Diese Form der Zustellung wird als benachteiligend beschrieben.
Warum ist internationale Rechtshilfe bei Zustellungen notwendig?
Jeder Staat hat seinen eigenen Hoheitsbereich. Um Handlungen wie die Zustellung im Ausland vorzunehmen, bedarf es der aktiven Mithilfe des ausländischen Staates in Form von Rechtshilfe.
Was sind die Haager Übereinkommen und welche Rolle spielen sie bei der internationalen Zustellung?
Die Haager Übereinkommen, erarbeitet von der Haager Konferenz für Internationales Privatrecht, sind multilaterale Verträge zur Vereinheitlichung des internationalen Privatrechts. Sie regeln unter anderem den Zivilprozess, die Zustellung gerichtlicher Schriftstücke im Ausland und die Beweisaufnahme im Ausland.
Welche Zustellungswege werden im internationalen Rechtsverkehr unterschieden?
Es gibt drei klassische Wege: den diplomatischen, den konsularischen und den unmittelbaren Behördenweg. Zusätzlich gibt es den Weg über "Zentrale Behörden" nach dem Haager Zustellungsübereinkommen von 1965 und die internationale Zustellung auf dem Postweg.
Was bedeutet die Zustellungsverweigerung?
Im vertragslosen Verkehr steht es einem Staat frei, Rechtshilfe zu gewähren oder abzulehnen. In Staatsverträgen sind die Ablehnungsgründe begrenzt. Die Haager Übereinkommen enthalten nur einen Grund: Gefährdung der Hoheitsrechte oder der Sicherheit des Staates.
Welchen Schutz bietet das Haager Zustellungsübereinkommen dem Beklagten (Art. 15, 16 HZÜ)?
Art. 15 und 16 HZÜ sollen den Beklagten davor bewahren, zu spät oder gar nicht von einem im Ausland gegen ihn anhängigen Prozess zu erfahren. Art. 15 verhindert den Fortgang des Verfahrens, solange nicht nachgewiesen ist, dass der Beklagte von dem Verfahren Kenntnis hat. Art. 16 erlaubt dem Beklagten, gegen den ein Versäumnisurteil ergangen ist, Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand zu beantragen.
Welches Verhältnis haben die Haager Konventionen zum nationalen Recht?
Die Staatsverträge über Auslandszustellungen gehen vor, soweit sie in das nationale Recht eingreifen. Das HZÜ regelt aber nicht das "Ob", sondern nur das "Wie" einer Auslandszustellung. Es bestimmt sich nach dem Recht des Gerichts, vor dem ein Verfahren schwebt, wann eine Auslandszustellung notwendig ist.
Wie ist die Zustellung innerhalb der Europäischen Union geregelt?
Im europäischen Justizraum ist die Zustellung an das EuGVÜ geknüpft, das die Verfahrenskonkurrenz zwischen den Mitgliedsstaaten koordiniert. Das EuGVÜ verweist bei der Übermittlung von Schriftstücken auf die zwischen den Vertragsstaaten geltenden Übereinkommen oder Vereinbarungen (bis zum Inkrafttreten der EuZustVO auf das HZÜ).
Wie funktioniert die gerichtliche Kontrolle der Zustellung im Anerkennungsverfahren nach Art. 27 II, 47 I EuGVÜ?
Im Anerkennungsverfahren eines Versäumnisurteils wird geprüft, ob im Erstverfahren die Zustellung ordnungsgemäß und rechtzeitig erfolgte. Das Zweitgericht muss sich unabhängig und ohne Bindung an die Entscheidung des Erstrichters positiv davon überzeugen, dass das Urteil anerkannt wird.
Was ist die Europäische Zustellungsverordnung (EuZustVO) Nr. 1348/2000?
Die EuZustVO soll das Zustellungssystem innerhalb des Europäischen Zivilrechts verbessern und vereinheitlichen. Sie regelt den direkten Behördenverkehr als bevorzugten Weg der Übermittlung von Schriftstücken.
Welche Kritik wird an der EuZustVO geübt?
Kritisiert wird, dass die EuZustVO substantielle Mängel des bestehenden Zustandes nicht angeht und weiterhin dem System der Haager Übereinkommen folgt, nur das "Wie" aber nicht das "Ob" einer Auslandszustellung zu regeln.
- Arbeit zitieren
- Björn Herbers (Autor:in), 2001, EU-ZustellungsVO und Haager Übereinkommen, München, GRIN Verlag, https://www.hausarbeiten.de/document/103650