Axel Michaels: “Le rituel pour le rituel” oder wie sinnlos sind Rituale?
- Diskussion in der Forschung, ob Rituale nur der Rituale wegen ausgeführt werden/These: Bedeutungslosigkeit der Rituale (Staal/Humphrey/Laidlaw) (S. 23)
- Michaels: Kein Ritual ist ohne Bedeutung!
1. Der Wettstreit der Ritualtheorien
- Rituale sind Handlungen. Etwas glauben allein reicht nicht.
- Jede Handlung ist eine Veränderung = Jedes Ritual ist eine Veränderung, ein Übergang, eine Passage.
- van Gennep = betonte den prozessualen Charakter von Ritualen, indem er sie in drei Schritte aufteilte: Trennung (séparation), Umwandlung (marge) und Angliederung (agrégation) (S. 24)
- van Gennep spricht hier von einem Schema oder einer Abfolge und nicht, wie Marcel Mauss ihm vorwirft, von Gesetzen
- In dem Wettstreit nachzuweisen, was Rituale eigentlich sind, sind drei Richtungen zu unterscheiden:
1. Rituale braucht es für diesen oder jenen induviduellen oder gemeinschftlichen oder spielerischen Zweck; sie sind Krisenintervention; sie sind Bündnisse (Funktionalisten) (S 24/25)
2. Es hat Rituale, weil sich in ihnen eine andere, dem Menschen überfordernde Macht (Gott) zeigt: Rituale sind Hierophanie (Kofessionalisten)
3. Rituale gibt es, weil sie sich als Handlungen mit diesen oder jenen Gemeinsamkeiten auszeichnen: Rituale sind reine Form (Formalisten)
zu 1.
- Funktionalistische Theorien sind meist psychologisch oder soziologisch ausgerichtet.
a) Rituale sind Krisenintervention (psychologisch)
- Hier wird besonders der angstreduzierende Anteil betont (Malinowski, Freud, Reik).
- Auch van Gennep meint, daß Rituale der Abreaktion von Spannungen dienen.
- Rituale dienen nach dieser Auffassung als Therapie
- Nach Michaels ist aber die Theorie von der angstlindernden Furcht unschwer durch Gegenbeispiele zu erschüttern, allerdings führt er nicht näher aus wodurch.
b) Rituale sind Bündnisse (soziologisch)
- Diese Ritualtheorien betonen den solidarisierenden, kontrollierenden, stabilisierenden und rebellierenden Charakter der Rituale (Durkheim, Radcliff-Brown u.a.). (S. 26)
- Die Gemeinschaft soll über das Individuum gestellt werden und gleichzeitig überhöht werden.
zu 2.
- Diese Ritualtheorien haben ein religiöses Anliegen (Eliade)
- Hier wird das Profane vom Sakralen abgegrenzt.
- Der Kontakt zu dem “Anderem” wird gesucht.
zu 3.
- Hier wird die Technik des Rituals untersucht, die Sprache (Staal), Symbole, Kommunikation und soziale Pragmatik (Douglas), sowiePerformanz und Dramatisierung (Turner).
- Hier wird behauptet, Rituale seien reiner Aktivismus.
- Alle Ritualtheorien sind also funktionalistisch, konfessionalistisch bzw. formalistisch oder eine Mischung.
- Die Ritualteilnehmer entsprechen diesem, sie sind zweckorientiert, sinnorientiert oder formorientiert.
- These: Die Unterschiede hängen mit verschiedenen Haltungen zur Welt zusammen.
- Problem: Welches ist die beste Theorie? Wer hat recht?
2. Rituelle Bausteine
- Die Redundanz von Ritualen hat dazu geführt, daß man in solchen Handlungen Arche - oder Prototypen sah. (S. 27)
- Diese kann man transformieren, wiederholen oder nachahmen.
- Sie können wie Bausteine zusammengesetzt werden.
- Ritualhandlungen betreffen vor allem den Körper (S. 28), aber auch die Kommunikation, sowie die Performance.
- Hier seien einige Handlungsmuster genannt:
1. Veränderungen in Bezug auf den Körper:
- Kleidungswechsel
- Schmuck wird angelegt
- Kopfbedeckung gewechselt
- Haar wird verändert
- Körper gesalbt oder gewaschen
- Körperverletzungen
2. Kommunikation:
- Sprache, Gestik, Mimik wird anders
- mehr Schriftlichkeit
- größere Feierlichkeit
- restringierte Codes
- Schweigen
3. Performance:
- Essen
Häufig gestellte Fragen
Worum geht es in Axel Michaels' Text "Le rituel pour le rituel" oder wie sinnlos sind Rituale??
Der Text diskutiert die Frage, ob Rituale nur um ihrer selbst willen ausgeführt werden (These der Bedeutungslosigkeit, vertreten durch Staal, Humphrey, Laidlaw) oder ob sie immer eine Bedeutung haben (Michaels' These).
Welche drei Richtungen werden im Wettstreit der Ritualtheorien unterschieden?
Es werden drei Richtungen unterschieden: 1. Rituale dienen individuellen oder gemeinschaftlichen Zwecken (Funktionalisten), 2. Rituale zeigen eine überfordernde Macht (Konfessionalisten), 3. Rituale sind reine Form (Formalisten).
Was sind die Hauptmerkmale funktionalistischer Ritualtheorien?
Funktionalistische Theorien sind meist psychologisch oder soziologisch ausgerichtet. Psychologisch betonen sie die Angstreduktion (Malinowski, Freud, Reik), soziologisch den solidarisierenden und stabilisierenden Charakter (Durkheim, Radcliff-Brown).
Was ist das Hauptanliegen konfessionalistischer Ritualtheorien?
Konfessionalistische Theorien haben ein religiöses Anliegen und grenzen das Profane vom Sakralen ab. Sie suchen den Kontakt zu dem "Anderem".
Was untersuchen formalistische Ritualtheorien?
Formalistische Theorien untersuchen die Technik des Rituals, die Sprache (Staal), Symbole, Kommunikation und soziale Pragmatik (Douglas), sowie Performanz und Dramatisierung (Turner). Sie behaupten, Rituale seien reiner Aktivismus.
Welche rituellen Bausteine werden im Text genannt?
Rituelle Bausteine betreffen vor allem den Körper (Kleidungswechsel, Schmuck, Haare, Salbung, Körperverletzungen), die Kommunikation (Sprache, Gestik, Mimik, Schriftlichkeit, Feierlichkeit, Schweigen) und die Performance (Essen, Gabentausch).
Wie beschreibt van Gennep den prozessualen Charakter von Ritualen?
Van Gennep teilt Rituale in drei Schritte auf: Trennung (séparation), Umwandlung (marge) und Angliederung (agrégation).
Was wird über die Redundanz von Ritualen gesagt?
Die Redundanz von Ritualen hat dazu geführt, dass man in solchen Handlungen Arche- oder Prototypen sah, die man transformieren, wiederholen oder nachahmen kann.
Welche Kritik wird an der Theorie der angstlindernden Furcht geübt?
Nach Michaels ist die Theorie von der angstlindernden Furcht unschwer durch Gegenbeispiele zu erschüttern, allerdings führt er nicht näher aus wodurch.
- Arbeit zitieren
- Kirsten Fricke (Autor:in), 2000, Axel Michaels: "Le rituel pour le rituel" oder wie sinnlos sind Rituale?, München, GRIN Verlag, https://www.hausarbeiten.de/document/103607