Diese Arbeit beschäftigt sich mit zwei Sichtweisen auf das Leib-Seele-Problem, dem eliminativen Materialismus und dem interaktionistischen Dualismus. Der Materialismus stellt eine monistische Antwort auf das Leib-Seele-Problem dar, da er davon ausgeht, dass nur physikalische Zustände existieren.
Der Materialismus wurde Ende des 19. Jahrhunderts zu einem konkreten Forschungsprogramm, da erst zu dieser Zeit eine leistungsfähige Physik existierte. Der eliminative Materialismus liefert den geradlinigsten, einfachsten und direktesten Lösungsvorschlag für das Leib-Seele-Problem. Deshalb wird über diese philosophische Position immer wieder diskutiert. Auch die Erfolge der Neurowissenschaften haben einen Einfluss darauf, dass das Interesse an dieser Position bestehen bleibt.
Der interaktionistische Dualismus zählt zu den prominentesten Modellen, die die Beziehung zwischen Geist und Körper thematisieren. Er macht deutlich, wie komplex das Leib-Seele-Problem ist und wie wichtig er für unser Selbstverständnis als rationale Subjekte ist.
Inhalt
1. Einleitung
2. Interaktionistischer.. Dualismus
2.1 Karl R. Poppers Drei-Welten-Theorie
2.2 Argumente fur den interaktionistischen Dualismus
2.1 Kritik
3. Eliminativer Materialismus
3.1 Argumente fur den eliminativen Materialismus
3.2 Kritik
4... Fazit
Literaturverzeichnis
1. Einleitung
In der Philosophie des Geistes besteht ein ontologisches Grundproblem, das Leib- Seele-Problem genannt wird (vgl. Metzinger 2007: S. 11). Dieses Problem gehort zu den zentralen Fragestellungen der Philosophie. Eine Losung des Problems durch die empirische Forschung gestaltet sich sehr schwierig (vgl. Bruntrup 2008: Vorwort).
Das Leib-Seele-Problem beschaftigt sich heute hauptsachlich mit der Frage, ob es zwischen geistigen und korperlichen Ereignissen eine kausale Beziehung gibt. Typi- sche Fragestellungen lauten: Wie konnen korperliche Bewegungen von Gedanken und Willensakten verursacht werden? Wie konnen physische Reizungen unserer Sinnesorgane subjektive Empfindungen und Wahrnehmungserlebnisse auslosen? Es besteht eine enge Verknupfung dieses Problems mit dem ontologischen Status von mentalen Zustanden: Existieren mentale Zustande wirklich auf der Welt? Sind sie reale Zustande, die eine eigene kausale Rolle spielen? Diese Frage zu beantworten ist schwierig, da subjektive Zustande nicht von auBen beobachtbar sind. Bei der Fra- ge nach dem ontologischen Status von mentalen Zustanden geht es auch darum, welche Arten von Entitaten mentale Entitaten sind (vgl. Metzinger 2007: S. 11). Das Leib-Seele-Problem beinhaltet ebenso die Frage nach der „inneren Natur der psychophysischen Kausalitat“ (ebd.). Kann von Ursache-Wirkungs-Beziehungen zwi- schen geistigen und korperlichen Phanomenen ausgegangen werden und wenn ja, in welchem Sinne? (vgl. ebd.).
Auch die Psychologie, Neuro- und Kognitionswissenschaften versuchen, das Leib- Seele-Problem zu losen. Zu den zentralen Aufgaben der Philosophie des Geistes gehort es, die begrifflichen Grundlagen der empirischen Wissenschaften vom Geist, zu klaren (vgl. ebd.: S. 13). Das Leib-Seele-Problem besitzt auch einen weiteren Kontext, auf den an dieser Stelle nicht weiter eingegangen werden kann (vgl. ebd.: S. 15).
Bisher konnte keine Losung fur das Leib-Seele-Problem gefunden werden (vgl. Wass 2013: S. 10). Zumindest philosophisch ist nicht einmal ein wirklicher Fortschritt in der Leib-Seele-Problematik zu beobachten (vgl. ebd.: S. 32). Wahrscheinlich liegt dies auch daran, dass immer die gleichen Positionen und Argumente verteidigt oder kriti- siert werden. Auch in der modernen Literatur zur Philosophie des Geistes werden immer wieder die alten Diskussionen aufgegriffen (vgl. Kutschera 2006: S. 9).
Die Antworten auf das Leib-Seele-Problem sind entweder monistisch oder dualis- tisch. Die monistischen Auffassungen reduzieren alles entweder auf rein mentale Zustande oder auf rein physikalische Zustande (vgl. Metzinger 2007: S. 50). Dem Dualismus liegt die Annahme zugrunde, dass sowohl mentale als auch physische Zustande existieren.
Diese Arbeit beschaftigt sich mit zwei Sichtweisen auf das Leib-Seele-Problem, dem eliminativen Materialismus und dem interaktionistischen Dualismus. Der Materialis- mus stellt eine monistische Antwort auf das Leib-Seele-Problem dar, da er davon ausgeht, dass nur physikalische Zustande existieren (vgl. ebd.).
Der Materialismus wurde Ende des 19. Jahrhunderts zu einem konkreten For- schungsprogramm, da erst zu dieser Zeit eine leistungsfahige Physik existierte (vgl. Kutschera 1998: S. 224). Der eliminative Materialismus liefert den „geradlinigsten, einfachsten und direktesten Losungsvorschlag fur das Leib-Seele-Problem“ (Metzinger 2007: S. 185). Deshalb wird uber diese philosophische Position immer wieder diskutiert. Auch die Erfolge der Neurowissenschaften haben einen Einfluss darauf, dass das Interesse an dieser Position bestehen bleibt (vgl. ebd.).
Der interaktionistische Dualismus zahlt zu den prominentesten Modellen, die die Be- ziehung zwischen Geist und Korper thematisieren. Er macht deutlich, wie komplex das Leib-Seele-Problem ist und wie wichtig er fur unser Selbstverstandnis als rationale Subjekte ist (vgl. ebd.: S. 38).
2. Interaktionistischer Dualismus
Nach der Theorie des Interaktionismus wirken psychische und physische Zustande aufeinander ein. Der interaktionistische Dualismus wird von Metzinger als Wechsel- wirkungstheorie bezeichnet. Diese Position geht davon aus, dass das Mentale und das Physische zwei voneinander getrennte Bereiche der Wirklichkeit sind. Sie sind sowohl erkenntnistheoretisch als auch ontologisch zwei verschiedene Bereiche von Phanomen, verschiedene Ebenen der Realitat. Mentale und physische Ereignisse stehen durch Ursache-Wirkungsbeziehungen eng miteinander in Verbindung. Der interaktionistische Dualismus postuliert eine kausale Wechselwirkung zwischen Kor- per und Geist (vgl. ebd.: S. 35). Die Wechselwirkung findet nach dieser Theorie im Gehirn statt (vgl. ebd.: S. 58). Jedes Ereignis ist nach dieser Position entweder mental oder physisch (vgl. ebd.: S. 35). Dies wird Universalitats-Merkmal genannt (vgl. Wass 2013: S.43). Weitere Arten von Phanomenen existieren nicht (vgl. Metzinger 2007: S. 35).
Die kausale Wechselbeziehung zwischen dem Physischen und dem Psychischen bedeutet, dass Kausalzusammenhange in beide Richtungen vorhanden sind. Dies wird auch als auf- bzw. abwarts gerichtete Kausalitat bezeichnet. Mentale Wirkungen haben physische Ursachen und physische Wirkungen haben mentale Ursachen (vgl. Wass 2013: S. 53-63).
2.1 Karl R. Poppers Drei-Welten-Theorie
Der Philosoph Karl Popper erfand eine eigene Variante des interaktionistischen Dua- lismusmodells, die als ,Drei-Welten-Theorie' bezeichnet wird (vgl. Metzinger 2007: S. 35). Nach diesem Modell existieren drei Welten, die er Welt 1, Welt 2 und Welt 3 nennt (vgl. ebd.: S. 39). Popper kann also als Pluralist angesehen werden (vgl. ebd.: S. 50). Die erste Welt bezeichnet er als die „Welt physikalischer Korper und ihrer physikalischen und physiologischen Zustande“ (ebd.). Die zweite Welt ist die Welt mentaler Zustande oder Prozesse (vgl. ebd.: S. 39). Hierzu gehoren ebenso Be- wusstseinszustande, psychische Dispositionen und unbewusste Zustande (vgl. ebd.: S. 59). Popper stutzt sich auf die Gedanken Decartes‘ und der Cartesianer, die von einer Interaktion zwischen Korper und Geist ausgingen. Wenn zum Beispiel gespro- chen wird, werden Gerausche erzeugt, die als physikalische Ereignisse bezeichnet werden. Diese werden mit den Ohren erkannt. Die Klange werden ebenso dekodiert, d. h. dass die physikalischen Wellen eine Bedeutung zum Horenden tragen, sie kon- nen den Horenden zum Nachdenken veranlassen. Dabei beeinflusst der Geist den Korper, der dann physikalische Klange erzeugt, die wiederum den Korper (Ohren) beeinflussen. Dann hat der Korper einen Einfluss auf den Geist, indem er die Person zum Nachdenken bringt. Dies bezeichneten Decartes und die Cartesianer als Inter- aktion zwischen Korper und Geist. Popper spricht hierbei von einer Interaktion zwi- schen physikalischen und mentalen Zustanden bzw. einer Wechselwirkung zwischen beiden Zustanden. Die Realitat dieser beiden Welten besteht nach Popper deshalb, weil Dinge, die miteinander in Wechselwirkung stehen, als real angesehen werden konnen (vgl. ebd.: S. 39f.).
Mit der dritten Welt sind „grob gesprochen, die Welt der Erzeugnisse des menschli- chen Geistes“ (ebd.: S. 40) sowie die Inhalte des Denkens gemeint (vgl. ebd.: S. 59). Zur dritten Welt zahlen die Produkte der Architektur, Kunst, Literatur, Musik, der wis- senschaftlichen Forschung, und die Probleme, Theorien und kritischen Diskussionen in den Naturwissenschaften (vgl. ebd.: S. 43). Zur Welt 3 gehoren ebenso physikali- sche Gegenstande wie Skulpturen, Gemalde oder Zeichnungen. Sie gehoren gleich- zeitig zur Welt 1 und zur Welt 3 (vgl. ebd.: S. 40). Sie sind zwar physische Gegen- stande, der Inhalt macht das Objekt jedoch zu einem Erzeugnis des menschlichen Denkens (vgl. ebd.: S. 60). Poppers wesentliche These lautet: Das Selbst oder das Ego ist in Welt 3 verwurzelt und kann ohne Welt 3 nicht existieren (vgl. ebd.: S. 53).
Objekte der Welt 3 konnen die Welt 1 nur durch Welt 2 beeinflussen. Die Welt 2 fun- giert also als Vermittler beider Welten. Sie agiert sowohl mit der Welt 1 als auch mit der Welt 3. Die Welt 2 besitzt hauptsachlich die Funktion, Objekte der Welt 3 zu pro- duzieren und durch diese Objekte beeinflusst zu werden. Popper erlautert, dass auch unbeabsichtigte Konsequenzen der menschlichen Erfindungen (Welt 3) existieren, die deshalb nur indirekt Erzeugnisse des menschlichen Geistes sind. Dies konnen eine geometrische Aussage oder ein Theorem sein (vgl. ebd.: S. 43-46).
Popper unterscheidet zwei Sinne des Denkens: den objektiven und den subjektiven Sinn. Beim Denken im subjektiven Sinn handelt es sich um einen kognitiven Vor- gang. Dieser kann von Fall zu Fall und von Person zu Person sehr verschieden sein. Das Denken im subjektiven Sinn geschieht zu einem bestimmten Zeitpunkt (vgl. ebd.: S. 45f.).
Denken im objektiven Sinn ist der Inhalt einer sprachlichen AuBerung [...], oder der Zusammenhang eines Argumentes, oder die Schwierigkeit, welche ein noch ungelostes Problem konstruiert. Obwohl es zu einem bestimmten Zeitpunkt er- funden - oder gefunden oder entdeckt - worden sein mag, kann man sich zu je- dem Zeitpunkt danach an es anschlieBen [...] oder es im subjektiven Sinn verste- hen. Als Bewohner der Welt 3 wird es gewissermaBen ,zeitlos'. Aber es hat eine zeitliche Geschichte“ (ebd.: S. 46).
Probleme und Theoreme aus Welt 3 sind zwar menschliche Erfindungen, sie konnen aber keine subjektiven Gedanken sein, da sie existiert haben konnten, bevor sie ent- deckt wurden. Aus Welt 3 kann also mehr herausgeholt werden, als hineingesteckt wurde (vgl. ebd.). Wenn z. B. ein Musikstuck erfunden wurde, kann man durch das Resultat zu Ideen fur weitere Stucke inspiriert werden.
2.2 Argumente fur den interaktionistischen Dualismus
Eine Starke des interaktionistischen Dualismus besteht in seiner Vereinbarkeit mit dualistischen Intuitionen. Er ist mit dem common sense kompatibel und passt gut zu den lebensweltlichen Hintergrundannahmen, da er mit dem Menschenbild der abend- landischen Kultur ubereinstimmt. Der Dualismus ist fur Menschen eine plausible An- nahme (vgl. ebd.: S. 36), da er eine „direkte Entsprechung in der Tiefenstruktur unseres subjektiven Erlebens besitzt, namlich in der Architektur unseres bewussten Selbstmodells“ (ebd.). Dieses Modell macht es moglich, das vorphilosophisch- vorwissenschaftliche Selbstbild aufrecht zu erhalten (vgl. ebd.).
Um fur den Dualismus zu argumentieren, muss gezeigt werden, dass das Mentale und das Physische nicht identisch sind. Dies wird durch das Prinzip der Ununter- scheidbarkeit von Identischem demonstriert. Es stammt von Leibniz (vgl. Bruntrup 2008: S. 25) und besagt: „Wenn A identisch ist mit B, dann hat A jede Eigenschaft, die B hat, und umgekehrt hat B jede Eigenschaft, die A hat“ (ebd.). Wenn A also eine Eigenschaft hat, die B nicht hat, dann konnen A und B nicht identisch sein. Auf das Leib-Seele-Problem angewandt bedeutet dies folgendes: Wenn nachgewiesen wer- den kann, dass das Mentale und das Physische unterschiedliche Eigenschaften ha- ben, konnen beide nicht identisch sein. Wenn angenommen wird, dass das Physi- sche zum Beispiel raumlich ist, das Mentale aber nicht, dann konnen das Physische und das Mentale nicht identisch sein (vgl. ebd.).
In Rene Decartes' Theorie ist eine Argumentation enthalten, die die Nichtidentitat von Physischem und Mentalem stutzt. Decartes wollte herausfinden, welche seiner Ei- genschaften notwendig sind und fuhrte ein Gedankenexperiment durch. Er fragte sich, welche seiner Eigenschaften er anzweifeln kann und welche nicht. Er schluss- folgerte, dass er alle korperlichen Eigenschaften und die Existenz seines Korpers anzweifeln kann. Nur die Tatsache, dass er ein denkendes Wesen ist, kann er nicht anzweifeln (vgl. ebd.: S. 28). Unter dem Denken verstand Decartes „Begriffliches Denken [...] [und] die ganze Mannigfaltigkeit unseres bewuBten mentalen Lebens“ (ebd.). Decartes ist der Ansicht, dass man wahrend des Denkens nicht bezweifeln kann, dass man denkt. Ohne das Denken konnte es sein, dass der Mensch nicht mehr existiert. Es muss also wahr sein, dass Menschen denkende Wesen sind und dass das Denken lebensnotwendig ist. Er sieht das Denken als fur den Menschen essentiell an. Wenn nur das Denken fur die Existenz des Menschen notwendig ist, dann kann er auch ohne seinen Korper existieren (vgl. ebd.).
Decartes geht von einem Substanzdualismus aus (vgl. ebd.). Die Theorie des Sub- stanzdualismus beruht auf der Annahme, dass zwei unterschiedliche Substanzen existieren. Alles Seiende kann durch diese sowie durch ihre Eigenschaften und Be- ziehungen bestimmt werden. Der Terminus ,Substanzdualismus‘ entstand, da bei Decartes Korper und Geist als zwei verschiedene Substanzen im Vordergrund ste- hen (vgl. Teichert 2006: S. 37f.). Er definiert eine Substanz als eine „Entitat, die fur die Existenz keiner anderen Entitat bedarf“ (Bruntrup 2008: S. 28). Jede Substanz besitzt Eigenschaften. Eine Substanz kann anhand ihrer Eigenschaften erkannt wer- den. Die physische Substanz kann nach Decartes durch seine raumliche Ausdeh- nung identifiziert werden und die mentale Substanz erkennt man durch das bewusste Denken. Die mentale Substanz besitzt keine raumliche Ausdehnung, wahrend die physische Substanz kein bewusstes Denken besitzt (vgl. ebd.). Somit mussen das Physische und das Mentale verschiedenes sein. In Decartes‘ Worten:
„[Ich erkannte], daB ich eine Substanz bin, deren ganzes Wesen [...] nur darin besteht, zu denken und die zum Sein keines Ortes bedarf, noch von irgendeinem materiellen Ding abhangt, so daB sie, selbst wenn er nicht ware, doch nicht auf- horte, alles zu sein, was sie ist“ (Decartes 1996: S. 55).
Gegen Decartes‘ Argumentation kann eingewendet werden, dass er nicht begrundet, weshalb er alle korperlichen Eigenschaften und die Existenz seines Korpers anzwei- feln kann, aber nicht, dass er ein denkendes Wesen ist. Da Menschen ohne einen Korper nicht existieren, kann seine Existenz nicht angezweifelt werden. Aus diesem Grund konnen auch die korperlichen Eigenschaften nicht angezweifelt werden. Wenn ein Mensch einen Korper benotigt, um lebendig zu sein, muss er auch korperliche Eigenschaften besitzen. Dass der Mensch ein denkendes Wesen ist, kann nicht an- gezweifelt werden. Da Menschen ein Bewusstsein haben, wissen sie, dass sie den- kende Wesen sind.
Decartes' Annahme, dass das Mentale keine raumliche Ausdehnung besitzt, kann widersprochen werden. Es konnte sein, dass es in der Lage ist, sich auszudehnen, zum Beispiel beim Nachdenken oder wahrend des Fuhlens eines Gefuhls. Nur weil die Ausdehnung fur den Menschen nicht sichtbar ist, kann nicht darauf geschlossen werden, dass sie nicht existiert.
Decartes versuchte mit dem Wissensargument zu demonstrieren, dass die mentalen Eigenschaften mit den physischen nicht identisch sind. Dieses beinhaltet drei Argu- mente:
„(1) Ich bin mir absolut sicher (= ich kann nicht daran zweifeln), daft mir die Eigen- schaft ,ist denkend' zukommt.
(2) Ich bin mir nicht absolut sicher (= ich kann daran zweifeln), daft mir die Eigen- schaft ,ist ausgedehnt' zukommt.
(3) Also ist die Eigenschaft ,ist denkend' verschieden von der Eigenschaft ,ist ausge- dehnt'.“ (Bruntrup 2008: S. 29).
Dieser Argumentation wird entgegnet, dass Ausdrucke wie ,ich bin mir absolut ge- wiss' oder ,ich kann nicht zweifeln' problematisch sind (vgl. ebd.: S. 30). Dabei ent- stehen „intensionale Kontexte“ (ebd.). Dinge, die in diesen Kontexten unterschieden werden konnen, konnen in Wirklichkeit identisch sein. Bei Begriffen wie ,glauben', ,zweifeln', ,vorstellen', ,gewiss sein' ist der Bezug der Sprache auf die Wirklichkeit nicht eindeutig erkennbar (vgl. ebd.). Diese Kontexte sind „referentiell undurchsichtig“ (ebd.). Im folgenden Beispiel wird dies verdeutlicht. Wenn ein Konig in Bettlerklei- dung hinausgeht, konnen sich seine Gesprachspartner nicht sicher sein, dass der Mann in Bettlerkleidung nicht reich ist. Sie sind sich aber sicher, dass der Konig reich ist. Dabei werden dem Mann in Bettlerkleidung und dem Konig verschiedene Eigen- schaften zugeschrieben. Nach dem Leibnizschen Gesetz mussen aber in diesem Fall der Bettler und der Konig nicht identisch sein, was aber nicht der Wirklichkeit ent- spricht. Also gilt in intensionalen Kontexten das Leibnizsche Gesetzt nicht. Wenn Decartes die Existenz seines Korpers bezweifeln kann, sich der Existenz seines Geistes aber gewiss ist, ist es nicht moglich, auf die Nichtidentitat von Physischem und Mentalem zu schlieften, wenn ein intentionaler Kontext gegeben ist (vgl. ebd.).
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