Die Doppelwahl im Jahre 366 nach Christus ist ein bedeutendes Ereignis für die Stadt Rom. Zwei Diakone, Damasus und Ursinus, werden mehr oder weniger gleichzeitig zum Bischof von Rom gewählt und geweiht. Was heutzutage undenkbar erscheint, war damals schon die zweite Doppelwahl in Folge. Die Vorgänger Liberius und Felix hatten für eine Spaltung des römischen Klerus gesorgt, die auch den Streit zwischen Damasus und Ursinus stark beeinflusste. Zwischen den Jahren 366 bis 378 kommt es nun zu heftigen Ausschreitungen, die sogar in einem Blutbad endeten. Der Ausgang des Streits ist bekannt: Damasus wird Bischof von Rom und treibt die Christianisierung voran.
Wie konnte sich Damasus gegen Ursinus durchsetzen? Besaß er gewisse Vorteile, oder war seine Ordination ein glücklicher Zufall?
Das sind die Fragen, auf die diese Hausarbeit eine Antwort zu finden versucht. Betrachtet wird dabei der Kommentar des Rufin von Aquileia, der sich in seiner Erweiterung der Kirchengeschichte des Eusebius von Aquileia wiederfinden lässt. Quellen sind jedoch immer in einem gewissen Kontext geschrieben, und hinter jeder Notiz steckt meist eine ganz bestimmte Intention. Um trotzdem einen, so weit wie möglich, objektiven Blick auf die Geschehnisse rund um die Bischofswahlen zu erhalten, wird der Kommentar des Rufin zunächst quellenkritisch behandelt.
Dazu wird zunächst der Verfasser, Tyrannius Rufin, und danach die Quelle beleuchtet. Anschließend wird die Quelle in einen Kontext gesetzt und die Intention des Verfassers wird hervorgehoben. Der Kommentar des Rufin bietet fünf verschiedene Informationen, die im zweiten Teil der Hausarbeit, nämlich der Analyse und der Interpretation der Quelle, extrahiert werden.
Rufin kommentiert die Wahl und Weihe der beiden Diakone, die Straßenkämpfe, das Eingreifen des Stadtpräfekten in die Streitigkeiten, die Anhänger der beiden Kandidaten und einen juristischen Vorfall, der zu der Zeit stattgefunden haben soll. Letzteres wird nicht behandelt werden, da diese Information nicht nur Lösung der Fragestellung beitragen würde.
Außer Rufin berichten uns noch drei weitere Quellen über die Streitigkeiten. Neben Hieronymus, einem Freund von Rufin, besitzen wir noch den Bericht des Ammianus Marcellinus, einem Historiker und den Ursinerbericht, eine Art Verteidigungsschrift, die zugunsten des Ursinus argumentiert. Letzteres ist der längste Bericht und bietet somit auch die meisten Informationen.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Quellenkritik
2.1 der Verfasser
2.2 das Werk
2.3 Kontextualisierung und Intention
3. Analyse
3.1 Wahl und Weihe der beiden Kanditaten
3.2 die beiden Parteien
3.3 die Straßenkämpfe
3.4 Das Eingreifen durch den Stadtpräfekt
4. Fazit
5. Literaturverzeichnis
5.1 Literatur
5.2 Quellen
6. Die Quelle
1. Einleitung
Die Doppelwahl im Jahre 366 nach Christus ist ein bedeutendes Ereignis für die Stadt Rom. Zwei Diakone, Damasus und Ursinus, werden mehr oder weniger gleichzeitig zum Bischof von Rom gewählt und geweiht. Was heutzutage undenkbar erscheint, war damals schon die zweite Doppelwahl in Folge. Die Vorgänger Liberius und Felix hatten für eine Spaltung des römischen Klerus gesorgt, die auch den Streit zwischen Damasus und Ursinus stark beeinflusste. Zwischen den Jahren 366 bis 378 kommt es nun zu heftigen Ausschreitungen, die sogar in einem Blutbad endeten. Der Ausgang des Streits ist bekannt: Damasus wird Bischof von Rom und treibt die Christianisierung voran. Heutzutage interessieren wir uns vor allem für seine Bautätigkeiten und Epigrammdichtungen. Nach seiner Ordination, der Rechtmäßigkeit und dem Ablauf dieser, wird weniger gefragt. Doch genau dieses Thema soll in dieser Hausarbeit beleuchtet werden.
Wie konnte sich Damasus gegen Ursinus durchsetzen? Besaß er gewisse Vorteile, oder war seine Ordination ein glücklicher Zufall? Das sind die Fragen, auf die diese Hausarbeit eine Antwort zu finden versucht. Betrachtet wird dabei der Kommentar des Rufin von Aquileia, der sich in seiner Erweiterung der Kirchengeschichte des Eusebius von Aquileia widerfinden lässt. Quellen sind jedoch immer in einem gewissen Kontext geschrieben, und hinter jeder Notiz steckt meist eine ganz bestimmte Intention. Um trotzdem einen, so weit wie möglich, objektiven Blick auf die Geschehnisse rund um die Bischofswahlen zu erhalten, wird der Kommentar des Rufin zunächst quellenkritisch behandelt. Dazu wird zunächst der Verfasser, also Tyrannius Rufin, und danach die Quelle beleuchtet. Anschließend wird die Quelle in einen Kontext gesetzt und die Intention des Verfassers wird hervorgehoben. Der Kommentar des Rufin bietet 5 verschiedene Informationen, die im zweiten Teil der Hausarbeit, nämlich der Analyse und der Interpretation der Quelle, extrahiert werden. Rufin kommentiert die Wahl und Weihe der beiden Diakone, die Straßenkämpfe, das Eingreifen des Stadtpräfekten in die Streitigkeiten, die Anhänger der beiden Kandidaten und einen juristischen Vorfall, der zu der Zeit stattgefunden haben soll. Letzteres wird nicht behandelt werden, da diese Information nicht nur Lösung der Fragestellung beitragen würde. Außer Rufin berichten uns noch 3 weitere Quellen über die Streitigkeiten. Neben Hieronymus, einem Freund von Rufin, besitzen wir noch den Bericht des Ammianus Marcellinus, einem Historiker und den Ursinerbericht, eine Art Verteidigungsschrift, die zugunsten des Ursinus argumentiert. Letzteres ist der längste Bericht und bietet somit auch die meisten Informationen.
Am Ende dieser Arbeit werden wir nicht die eine richtige Antwort besitzen, die die Frage nach dem Sieg des Damasus beantwortet, dafür bieten die Quellen zu wenig Informationen. Jedoch wird am Ende ein Lösungsvorschlag entstanden sein, der eine von vielen Möglichkeiten darstellt, den Sieg des Damasus über Ursinus zu erklären.
2. Quellenkritik
2.1 der Verfasser
Turranius Rufin wurde um 345 in Concordia, einer kleinen Stadt in Venetien, geboren.1 Er kam aus einer wohlhabenden Familie, weshalb er auch Wissen im Bereich der Rhetorik, Grammatik, sowie der klassischen Literatur erwerben konnte.2 Dieses erwarb er während seiner Studienzeit in Rom in den Jahren 358-360 und 366-368, wo er auch Hieronymus kennen lernte, zu dem eine enge Freundschaft entstand.3 Rufin war zur Zeit der Auseinandersetzung zwischen Damasus und Ursinus in Rom, und ist somit ein Augenzeuge des Geschehens. Nach seiner Studienzeit in Rom, lebte er in Aquileia zusammen mit einer monastischen Gruppe.4 Um 371-372 ließ er sich taufen. Er vertiefte sein Wissen im Bereich der lateinisch - christlichen Literatur und widmete sich mehreren Manuskripten.5 Ab 373 verbrachte er 8 Jahre in Ägypten, in denen er bei den Wüstenvätern lebte, seine griechisch Kenntnisse vertiefte und durch Didymus dem Blinden zum ersten Mal in Berührung mit der origenistischen Theologie kam.6 Zwischen 390 und 394 erhielt er die Priesterweihe, gespendet von Johannes II.7 Im Jahre 393 entstand ein Streit, der sich um die Lehren des Origenes drehte. Rufin verteidigte Origenes, doch Hieronymus stellt sich gegen diesen. Beide verfassten mehrere Schriften gegeneinander, um ihren Standpunkt zu verteidigen, und die Freundschaft zerbrach.8 397 kehrte Rufinus nach Rom zurück und lebte dort im Kloster Pinetum.9 Dort begann seine literarische Karriere.10 Er übersetzte zunächst die Basilius Regel ins Lateinische, danach folgte „die Übersetzung des ersten Buches des Apologeticus Pamphili pro Origene“11. Im Frühjahr 399 begab er sich nach Aquileia, musste jedoch zwischen 403 und 407 aufgrund der Goteneinfälle nach Rom und anschließend nach Sizilien fliehen.12 Rufin starb um 410 in Sizilien.13
Er fertigte zwar eigene Schriften an, war hauptsächlich jedoch Übersetzer.14 Seine bedeutendsten Arbeiten sind die Übersetzungen der Schriften des Origenes, sowie seine Übersetzung der Kirchengeschichte von Eusebius von Caesarea. Dabei ergänzte er diese noch um zwei weitere Bücher, die die Ereignisse der Zeit zwischen Konstantin I und dem Tod von Theodosius wiedergeben.15
2.2 das Werk
Die Übersetzung und Weiterführung der Kirchengeschichte von Eusebius zählt zur Gattung der Historiographie. Das erste Werk dieser Gattung verfasste Eusebius von Cäsarea unter Berücksichtigung zahlreicher Quellen.16 Er ist zwar um eine historische Darstellung bemüht17, es muss jedoch trotzdem beachtet werden, dass er immer auch eine theologische Position vertritt, welche sein Werk beeinflusst.18 Rufin übersetzte nun eben diese Kirchengeschichte um 402/403, wobei er aber einige Dinge veränderte, Kommentare ergänzte oder ganze Passagen strich.19 Daher kann man bei Rufins Werk zwar von einer Historiographie sprechen, muss aber beachten, dass sie stark durch Rufins Sicht auf die Geschehnisse beeinflusst ist. Trotzdem ist das Werk des Rufin von hoher Bedeutung, da er nicht nur die vorhandene Kirchengeschichte übersetzt, sondern auch zwei weitere Bücher hinzufügt. Buch 10 und 11, von Rufin unter der Beachtung lateinischer Quellen und seinen eigenen Erfahrungen geschrieben20, behandeln die Ereignisse der Zeit zwischen Konstantin I und dem Tod von Theodosius.21 Auch hier muss man von einer Beeinflussung durch Rufins persönliche Meinung und Wahrnehmung sprechen, dies wird während der Analyse deutlich werden. Rufin entschied schließlich, welche Ereignisse er als wichtig genug erachtete, um diese in seiner Fortsetzung der Kirchengeschichte zu erwähnen. In dieser Fortsetzung finden wir den Kommentar zur Bischofswahl des Damasus.
2.3 Kontextualisierung und Intention
Für die Interpretation der Quelle sind zwei zeitliche Kontexte von Bedeutung. Der erste ist der Kontext indem das beschriebene Ereignis stattgefunden hat. Dieser Kontext wird später in der Quellenanalyse aufgegriffen. Der zweite Kontext ist die Zeit, indem das Werk verfasst wurde, da die vorherrschenden Begebenheiten Einfluss auf das Werk besitzen. Dieser wird nun im Zusammenhang mit der Intention Rufins, die Kirchengeschichte zu übersetzen und weiterführen erläutert.
Die Übersetzung der Kirchengeschichte von Eusebius von Caesarea entstand zur Zeit der Belagerung durch die Goten in den Jahren 401-402.22 Rufinus fertigte die Übersetzung der Kirchengeschichte von Eusebius aufgrund einer Bitte des Bischofs Chromatius an.23 Dieser sieht in der Übersetzung der Kirchengeschichte eine Möglichkeit, den Menschen, in Zeiten der Goteneinfälle und weiterer Probleme, Trost zu spenden.24 Wichtig war ihm dabei nicht, eine Übersetzung so nah wie möglich am Text vorzunehmen, sondern das Werk des Eusebius an die damalige Zeit anzupassen und dem lateinischen Leser verständlich zu machen. Dies erkennt man dadurch, dass er Veränderungen vornahm indem er Sätze strich, umänderte oder auch Kommentare zu den einzelnen Passagen ergänzte.25 Bratoz beschreibt das Werk als „interpretative Geschichte für die eigene Zeit“26. Damit kommt zur Geltung, dass diese Übersetzung der Kirchengschichte kritisch bewertet und vorsichtig gelesen werden muss, da es sich nicht nur um eine reine Übersetzung handelt. Doch nicht nur die Aufforderung des Bischofs, sondern auch noch andere Faktoren führten zu einer Übersetzung, beziehungsweise einer Erweiterung der Kirchengeschichte. Rufin war sich des Problems der wandelnden Sprache bewusst. Die griechische Sprache starb aus, immer weniger Menschen konnten griechisch lesen oder schreiben. Man kann also vermuten, dass auch sein Drang, Wissen erhalten zu wollen, ein Faktor für seine zahlreichen Übersetzungen war.
Das Rufin die Ereignisse rund um die Bischofswahl des Damasus in seiner Fortsetzung der Kirchengeschichte erwähnte, zeigt die Relevanz, die diese Ereignisse für Rom hatten. Selbst als Damasus offiziell Bischof von Rom war, versuchte die Gegenpartei immer noch Menschen gegen Damasus aufzuhetzen.27 Auffällig ist dabei, dass Rufin die Ereignisse erst zwischen 301 und 304 aufgeschrieben hat. Somit besteht ein Zeitabstand von mindestens 15 Jahren zwischen den Geschehnissen und der eigentlichen Abfassung. Rufin wusste also, wie die Situation ausgehen würde. Dies könnte darauf deuten, dass die Ereignisse nicht historisch korrekt sind. Schaut man sich den Text genauer an, erkennt man die Tendenz Rufins, sich auf Damasus Seite zu stellen.28 Dies lässt vermuten, dass Rufin durch seine Darstellung der Ereignisse Damasus nachträglich legitimieren wollte, um alle Zweifel an der Rechtmäßigkeit seiner Ordination aus dem Weg zu räumen. Wichtig dabei ist, dass er hier als Augenzeuge auf jeden Fall seine eigene Erfahrung mit eingebracht haben wird, vielleicht stand er sogar im Kontakt mit Damasus.29
3. Analyse
Die Doppelwahl des Damasus und des Ursinus entstand durch eine vorherige Doppelwahl im Jahre 352. Liberius und Felix verursachten eine Spaltung im Klerus, die nach dem Tod des Liberius um Jahre 366 immer noch bestand. Liberius wurde damals verbannt und Felix wurde vom Kaiser als neuer Bischof eingesetzt. Nach der Aufhebung des Exils durfte Liberius sein Amt als Bischof wieder ausführen, die Gemeinde hatte sich jedoch in die Anhänger des Liberius und die des Felix gespalten.30 Dieser Konflikt wurde nun in der nächsten Generation weiter ausgetragen.
3.1 Wahl und Weihe der beiden Kanditaten
Rufin stellt zu Beginn seines Kommentars zunächst einmal fest, wer der rechtmäßige Bischof Roms war, nämlich Damasus.31 Rufin fährt seine Schilderung der Ereignisse mit folgenden Worten fort:
„Ursinus, a deacon of this church, unable to accept his being preferred to himself, became so unhinged that with the aid of some naive, inexperienced bishop, whom he persuaded, and a riotous and unruly gang which he got together, he forced through his ordination as bishop in the Basilica of Sicininus, overturning in his path law, order, and tradition.“32
Zunächst beschreibt Rufin den Bischof, der Ursinus geweiht haben soll, als naiv und unerfahren.33 Damit versucht er die Weihe des Ursinus abzuwerten, indem er die Qualifikation des Bischofs, der diese durchgeführt hat, in Frage stellt. Was er jedoch nicht anzweifelt, ist die Rechtmäßigkeit der Weihe. Bis auf den Kommentar, er hätte entgegen jeglicher Tradition gehandelt34, wird diese nicht weiter kommentiert. Auch die anderen Quellen zweifeln weder die Rechtmäßigkeit der Weihe des Ursinus, noch die des Damasus an (der Ursinerbericht hätte diesen Makel eindeutig aufgegriffen, wenn Damasus nicht rechtmäßig geweiht geworden wäre).35 Die Relevanz lag anscheinend bei der Reihenfolge der Wahl, beziehungsweise Weihe.36 Rufin gibt hier jedoch nur Auskunft über den Weihort und nicht über den Wahlort des Ursinus. Die Reihenfolge der Wahl, oder Weihe, lässt er einigermaßen offen.37 Es wird jedoch klar, dass Damasus der rechtmäßige Bischof ist, zum einen durch den Satz „unable to accept his being preferred to himself“38, zum anderen durch die Art, wie er Ursinus abwertet.
Um den Ort der Wahl und die Reihenfolge zu bestimmen, muss der Ursinerbericht zu Rate gezogen werden, da nur er über den Ort der Wahl spricht, nämlich eine sogenannte „basilica Iulii“39. Zu der Zeit sind jedoch zwei Kirchen bekannt, die den Namen des Papstes Julius trugen: eine beim forum Traianum und eine in Travestere.40 Dieses Problem lässt sich auf zwei Arten lösen. Man kann zum Beispiel die beiden im Text genannten Basiliken gleichsetzen. Denn die vorher im Ursinerbericht genannte „basilica Iulii trans Tiberim“41, welche von Felix II eingenommen wurde, muss die heutige S. Maria di Travestere sein.42 Somit könnte man annehmen, dass die später genannte basilica Iulii, in der die Wahl des Ursinus stattgefunden haben soll, ebenfalls die heutige S. Maria di Travestere ist.43 Dagegen argumentiert Paul Künzle. Laut ihm spricht gegen eine Gleichsetzung, dass der Klerus der basilica Iulii trans Tiberim Anhänger des früheren Gegenbischof Felix war und somit eher auf Damasus Seite gestanden haben muss.44 Dies leitet er daraus ab, dass Felix hier begraben sein soll. Dieses Argument ist aber schnell widerlegt, da bewiesen wurde, dass es sich bei diesem Grab um einen Märtyrer mit dem gleichen Namen handeln muss, und nicht um damaligen Gegenbischof des Liberius.45 Er argumentiert weiter, dass die beiden Kirchen nah aneinander gelegen haben müssen, da man versuchte den Fortschritt der Wahl der anderen Partei mitzuverfolgen. Eine nähere Kirche, die ebenfalls den Namen „Iulii“ trug und sich in der Region beim forum Traianum befunden haben soll, findet Künzle als Wahlort wahrscheinlicher.46 Dies kann mithilfe der Quellen jedoch weder falsifiziert, noch verifiziert werden. Die Argumente, die Künzle vorbringt sind zum Teil widerlegt oder nicht besonders überzeugend47, während die andere Möglichkeit eine Textstelle der Quelle mit der anderen Textstelle verbindet.48 Somit spricht mehr dafür, den Wahlort der Partei des Ursinus auf die heutige S. Maria in Travestere zulegen.49 Hingegen ist der Wahlort, an dem Damasus gewählt wurde der Gleiche, nämlich die Basilika „in Lucinis“50, die heutige S. Lorenzo in Lucina.51 Auch diese Information lässt Rufin in seinem Kommentar aus. Dass er den Wahlort kannte, ist möglich, da er ja schließlich zu der Zeit in Rom anwesend war.52 Es wäre jedoch ebenfalls möglich, dass er die Information nicht als wichtig empfand, sondern lieber den Fokus auf das Abwerten des Ursinus legte. Aus dem Ursinerbericht geht ebenfalls hervor, dass beide Kandidaten gleichzeitig gewählt wurden.53 Aus diesen Informationen lässt sich schließen, dass weder der Wahlort, noch der Zeitpunkt der Wahl einen Vorteil für eine der beiden Parteien brachte.
Ebenfalls nicht eindeutig geklärt werden kann der Ort der Weihe des Ursinus. Auch hier geben die Quellen wieder unterschiedliche Informationen. Aus dem Ursinerbericht und dem Kommentar des Ammianus Marcellinus lässt sich nicht erschließen, wo Ursinus geweiht wurde. Rufin benennt die „basilica Sicininus“54 als Weihort des Ursinus. Hieronymus nennt das „Sicininum“55. Ob er hiermit auf die basilica Sicininus anspielt, die Rufin auch erwähnt, oder ob er von einem anderen Gebäude spricht, ist nicht sicher.56 Rufin ist somit die einzige Quelle, die einen identifizierbaren Ort nennt. Jedoch passt diese Information nicht zu der erarbeiteten Information aus dem Ursinerbericht. Wie konnte Ursinus in der basilica Iulii gewählt, jedoch in der basilica Sicininus geweiht worden sein? Die basilica Iulii wurde ja laut des Ursinerberichts drei Tage lang von Damasus belagert.57 Die eine Möglichkeit wäre ein Ortswechsel. Ursinus muss also entweder vor, während oder nach der Belagerung der basilica Iulii in die basilica Sicininus geflüchtet sein und dort seine Weihe empfangen haben.58
Für Künzle scheint ein Ortswechsel vor und während der Belagerung unwahrscheinlich.59 Tatsächlich wäre es unsinnig, dass Damasus eine Kirche besetzt hält, in welcher sein Gegner sich gar nicht mehr befindet, oder das Ursinus fliehen kann, während eine Meute draußen auf ihn wartet. Wenn Ursinus jedoch nach der Belagerung aus der Kirche floh und sich dann in die basilica Sicininus begab, um dort von dem Bischof von Tibur geweiht zu werden60, bedeutet dies, dass er die Weihe nach Damasus empfangen haben muss.61 Laut Künzle spricht die Aussage „post dies septem“62, dafür, dass Damasus sieben Tage nach dem Tod des Liberius geweiht wurde63, also „auf den Morgen des ersten Oktobers“64, dem Tag direkt nach der Aufgabe der Belagerung. Reutter widerspricht hier, könnte diese Zeitspanne doch auf den Todestag der Liberius, aber auch auf die Wahl oder die Weihe des Ursinus bezogen sein.65 Als weiteres Argument erwähnt Künzle, dass Ursinus erst als „qui prius fuerat pontifex ordinatus“66 bezeichnet wird zu einem Zeitpunkt, an dem Damasus schon als Bischof eingesetzt war.67 Künzle spricht sich dafür aus, die basilica Sicininus mit der basilica Liberii gleichzusetzen.68 Somit wäre das Problem des Ortswechsels und der abweichenden Informationen aufgelöst. Lippold bestreitet einen Ortswechsel.69 Er behauptet, dass Rufin nicht nur eine falsche Chronologie der Ereignisse wiedergibt, sondern auch noch eine falsche Ortsangabe.70 Dies scheint für ihn die einzige Möglichkeit sein, um an der Chronologie des Ursinerberichts, die er priorisiert, festzuhalten.71 Hier muss man also erneut abwägen, welche Möglichkeit am wahrscheinlichsten ist. Klar ist, dass Rufin versucht Damasus durch seine Sicht der Dinge zu legitimieren. Eine Verfälschung des Weihortes, kann man jedoch unwahrscheinlich halten, da dies nicht zu der Legitimation beiträgt. Außerdem schließt der Ursinerbericht einen Ortswechsel nicht aus, er erwähnt ihn nur nicht.72 Daher scheint es am wahrscheinlichsten, dass Ursinus, nach der Weihe des Damasus im Lateran, geweiht wurde, und zwar in der basilica Sicininus/ basilica Liberii. Somit kann festgehalten werden, dass zwar beide ungefähr zur gleichen Zeit gewählt und geweiht wurden sind, Damasus jedoch den Vorteil der Weihe im Lateran besaß.73 Trotzdem waren beide Weihen rechtmäßig und dies somit kein schwerwiegendes Kriterium für den Sieg des Damasus.
3.2 die beiden Parteien
Da nun angeregt wurde, dass Damasus nicht aufgrund einer Priorität der Wahl oder Weihe den Sieg über Ursinus erringen konnte, kann zurecht die Frage gestellt werden, ob nicht einer der beiden bessere Beziehungen zu wichtigen Charakteren der damaligen Zeit besaß. Zu den Anhängern des jeweiligen Diakons sagt Rufin nur folgendes: “This caused such a riot, or rather such battles between the people siding with the two men (...)”74. Damit gibt er keine Information über die beiden Gruppen. Somit müssen auch hier die anderen Quellen für weitere Informationen zu Rate gezogen werden. Der Ursinerbericht entscheidet eindeutig zwischen den Liberianern, die nun auf der Seite des Ursinus stehen, und den Anhängern des Felix, die nun Damasus unterstützen.75 Damit deutet er an, dass Ursinus der rechtmäßige Nachfolger des Liberius ist, da seine ehemaligen Anhänger nun Ursinus unterstützen. Ob aber tatsächlich alle damaligen Anhänger des Liberius hinter Ursinus standen, und alle Anhänger des Felix hinter Damasus, ist fraglich.76 Als Anhänger benennt er mit Namen Amantius und Lupus, zwei Diakone, und 7 Presbyter.77 Die alleinige Unterstützung durch sieben Presbyter ist jedoch sehr unwahrscheinlich, da Ursinus sonst nicht so eine starke Gegenpartei für Damasus hätte bilden können. Wahrscheinlicher ist es, dass die 7 Presbyter, die laut der Quelle verhaftet wurden, nicht die später erwähnten Presbyter sind, die Ursinus unterstützen.78 Somit kann festgehalten werden, dass innerhalb des Klerus, 3 von 7 Diakonen und mindestens 7 Presbyter auf Damasus Seite waren.79 Auch das die Anhänger des Damasus die „überwältigende Mehrheit bildete“80 scheint übertrieben. In der Mehrheit war Damasus schon, wie in der weiteren Analyse erklärt werden wird. Hätte es jedoch so einen großen Unterschied in der Anzahl der Anhänger gegeben, wäre die Situation nicht so weit vorangeschritten und Damasus hätte nicht so hart um sein Amt kämpfen müssen, da Ursinus und seine Anhänger schlichtweg kein Risiko gewesen wären.
[...]
1 Vgl. R. BRATOZ, Rufinus von Aquileia, s.231-246; N. HENRY, Rufin von Aquileia, s. 460-464; S. HEID, Rufinus v. Aquileia, s.1350.
2 Vgl. R. BRATOZ, Rufinus von Aquileia, s.231-246; N. HENRY, Rufin von Aquileia, s. 460-464.
3 Vgl. EBD.; E. BODART, Rufinus v. Aquileia, s.1088-1089.
4 Vgl. N. HENRY, Rufin von Aquileia, s. 460-464; R. BRATOZ, Rufinus von Aquileia, s.231-246.
5 Vgl. R. BRATOZ, Rufin von Aquileia, s.231-246.
6 Vgl. RUFIN, h. e. 10, 37; Vgl. S. HEID, Rufinus v. Aquileia, s.1350; N. HENRY, Rufin von Aquileia, s. 460-464; R. BRATOZ, Rufinus von Aquileia, s.231-246
7 Vgl. S. HEID, Rufinus v. Aquileia, s.1350; N. HENRY, Rufin von Aquileia, s.460-464.
8 Vgl. HIER., Ep. 51; EBD., Ep. 81, 1; Vgl. R. BRATOZ, Rufinus von Aquileia, s.231-246; N. HENRY, Rufin von Aquileia, s.460-464; S. HEID, Rufinus von Aquileia, s.1350.
9 Vgl. N. HENRY, Rufin von Aquileia, s.460-464.
10 Vgl. R. Bratoz, Rufinus von Aquileia, s.233.
11 Vgl. EBD., s.233.
12 Vgl. R. BRATOZ, Rufinus von Aquileia, s.231-246; N. HENRY, Rufin von Aquileia, s. 460-464.
13 Vgl. N. HENRY, Rufin von Aquileia, s.460-464.
14 Vgl. EBD., S.460-464.
15 Vgl. N. HENRY, Rufin von Aquileia, s.460-464.
16 Vgl. K. FITSCHEN, Kirchengeschichte, s. 425f.
17 Vgl. EUS, h. e. 1.
18 Vgl. K. FITSCHEN, Kirchengeschichte, s.425.
19 Vgl. R. BRATOZ, Rufin von Aquileia, s. 238-239.
20 Vgl. RUFIN, h. e. prol; Vgl. R. BRATOZ, Rufinus von Aquileia, s. 238f.
21 Vgl. RUFIN, h. e. prol; Vgl. N. HENRY, Rufin von Aquileia, s.460-464.
22 Vgl. R. BRATOZ, Rufinus von Aquileia, s.238-239.
23 Vgl. RUFIN, h. e. prol.; R. BRATOZ, Rufin von Aquileia, s.238-239.
24 Vgl. EBD.
25 Vgl. R. BRATOZ, Rufin von Aquileia, s. 238-239.
26 Ebd., s. 238-239.
27 Vgl. Coll. Avell. Ep. 13,1-4.
28 Dies wird später in der Analyse sichtbar werden, besonders wenn die Rechtmäßigkeit der Weihe des Ursinus thematisiert wird.
29 Auf diese Vermutung wird im späteren Verlauf der Analyse eingegangen.
30 Vgl. zum gesamten Abschnitt A. LIPPOLD, Damasus und Ursinus, s.105.
31 Vgl. RUFIN, h. e. 11,10.
32 RUFIN, h. e. 11, 10.
33 EBD.
34 EBD.
35 Vgl. Coll. Avell. Ep. 13; AMM. MARC., XXVII 3,1 1-14; HIER., Chron. ad a. Abr. 2382, p.Chr. 366.
36 Vgl. Coll. Avell., 13, 1-14; HIER., Chron. ad a. Abr. 2382, p.Chr. 366; AMM. MARC., XXVII 3,1 1-14.
37 Vgl. RUFIN, h. e. 11,10.
38 EBD. 10.
39 Coll. Avell., 13, 5.
40 Vgl. P. KÜNZLE, Zur basilica Liberiana, s.39.
41 Coll. Avell., 13, 3.
42 Vgl. U. REUTTER, Damasus, s.35; A LIPPOLD, Ursinus und Damasus, s.112.
43 Vgl zum ganzen Abschnitt: U. REUTTER, Damasus Bischof von Rom s.35; A. LIPPOLD, Ursinus und Damasus, s.112; M. LÖX, monumenta sanctorum, s.27.
44 Vgl. P. KÜNZLE, Zur basilica Liberiana, s.40.
45 Vgl. J. KIRSCH, Kirchengeschichte, s.180.
46 Vgl. zum gesamten Abschnitt: P. KÜNZLE, Zur basilica Liberiana, s.40f.
47 Künzle weiteres Argument lautet, dass die Kirche am forum Traianum als Wahlort der Ursinerpartei auch als Punkt diente, um Damasus den Weg zum Lateran abzuschneiden. (Siehe P. KÜNZLE, Zur basilica Liberiana, s.41 f.) Da dies jedoch eine weitere Vermutung ist, die unwahrscheinlich erscheint (Lippold spricht sich ebenfalls gegen diese Vermutungen aus; vgl. A. LIPPOLD, Damasus und Ursinus, s.112 f.), wird dieses Argument nicht weiter behandelt.
48 Nämlich die vorher genannte basilica Iulii trans Tiberim mit der später genannten basilica Iulii.
49 Dagegen spricht neben Künzle auch S. DIEFENBACH, römische Erinnerungsräume, s.225.
50 Coll. Avell. 13, 3.
51 Vgl. U. REUTTER, Damasus, s.36; A. LIPPOLD, Ursinus und Damasus, s.118; M. LÖX, monumenta sanctorum, s.27.
52 Siehe oben: Verfasser.
53 Coll. Avell. 13, 3; Vgl. U. REUTTER, Damasus, s.36; A. LIPPOLD, Damasus und Ursinus, s.113.
54 RUFIN, h. e. 11,10.
55 HIER., Chron. ad a. Abr. 2382, p.Chr. 366.
56 Vgl. U. REUTTER, Damasus, s. 39.
57 Coll. Avell. 13, 5: „Quod ubi Damasus, qui semper episcopatum ambierat, comperit, omnes quadrigarios et imperitam multitudinem pretio concitat et armatus Justibus ad basilicam Juli perrumpit et magnafidelium caede per triduum debacchatus est.”
58 Vgl. P. KÜNZLE, Zur basilica Liberiana, s.47.
59 Vgl. P. KÜNZLE, Zur basilica Liberiana, s.46-50.
60 Coll. Avell., 13, 5; Vgl. P. KÜNZLE, Zur basilica Liberiana, s.47-50; U. REUTTER, Damasus, s.36; A. LIPPOLD, Damasus und Ursinus, s.112.
61 Vgl. P. KÜNZLE, Zur basilica Liberiana, s. 47-50.
62 Coll. Avell. 13, 6.
63 Der Collectio Avellana kann nur die Zeitspanne der sieben Tage entnommen werden, jedoch nicht, dass diese Zeitspanne am Tag des Liberius begann: Vgl. Coll. Avell. 13, 6.
64 P. KÜNZLE, Zur basilica Liberiana, s.50.
65 Vgl. U REUTTER, Damasus, s.36
66 Coll. Avell. 13, 6.
67 Vgl. P. KÜNZLE, Zur basilica Liberiana, s.48.
68 Zum Argumentationsgang die basilica Sicininus mit der basilica Liberii gleichzusetzen siehe: P. KÜNZLE, Zur basilica Liberiana; A. LIPPOLD, Damasus und Ursinus, s. 124 ff.
69 Vgl. A. LIPPOLD, Damasus und Ursinus, s.114.
70 Vgl. EBD., s.115, 109.
71 Vgl. EBD., s.1
72 Vgl. Coll. Avell. 13, 1-14.
73 Vgl. U. REUTTER, Damasus, s.43-47.
74 RUFIN, h. e. 11,10.
75 Vgl. Coll. Avell. 13, 1-4.
76 Lippold sieht die Verbindung zwischen den ehemaligen Anhänger des Felix und Damasus, widerspricht aber der drastischen Zweiteilung, die der Ursinerbericht versucht vorzugeben. Vgl. A. LIPPOLD, Damasus und Ursinus, s.112, 118.
77 Vgl. Coll. Avell. 13, 5.
78 Auch Lippold und Künzle lassen diese Möglichkeit offen: Vgl. A. LIPPOLD, Damasus und Ursinus, s. 112; P. KÜNZLE, Zur basilica Liberiana, s. 37f.
79 Vgl. A. LIPPOLD, Damasus und Ursinus, s.112.
80 Vgl. P. KÜNZLE, Zur basilica Liberiana, s.38.