Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit der Frage, ob und inwieweit die Methode Jürgen Reichens zum Schreiben Lernen unterschätzt wird. Zunächst wird hierfür das Reichen Konzept näher erläutern. Im weiteren Verlauf werde ich den aktuellen Diskurs aufgreifen und auf verschiedene Studien zur Wirksamkeit des Reichen Konzepts eingehen.
Die Fähigkeit Lesen und Schreiben zu können ist in unserer Gesellschaft von immenser Bedeutung. Heutzutage ist es kaum vorstellbar, den Alltag ohne die grundlegenden Kulturtechniken des Lesens und Schreibens bewältigen zu können. Es ist allseits bekannt, dass diese Fähigkeiten bereits ab der ersten Klasse trainiert und eingeübt werden. Viele verbinden mit dem Erstlese- und Schreibunterricht die Fibel. Sie erinnern sich daran zurück, wie sukzessiv Buchstabe für Buchstabe eingeführt wird, welche anschließend seitenlang eingeübt werden. Dennoch lassen sich in Deutschlands Klassenzimmern auch immer öfter andere Varianten des Schriftspracherwerbs wiederfinden. Einigkeit darüber, welche Methode denn nun angebracht, am wirksamsten oder schlichtweg die beste sei, gibt es nicht. Auch die immer wiederkehrenden Diskussionen in den Medien um das Konzept "Lesen durch Schreiben" von Jürgen Reichen scheinen kein Ende zu nehmen.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Das Reichen Konzept
2.1 Die drei Prinzipien des Lehrgangs „Lesen durch Schreiben"
2.1.1 Das unterrichtsmethodische Prinzip
2.1.2 Das lernpsychologische Prinzip
2.1.3 Das lesedidaktische Prinzip
3. Didaktisches Vorgehen des Lehrgangs
3.1 Hinführung zur Lautstruktur des Sprachsystems
3.2 Die Anlauttabelle
3.3 Aufschreiben von Wörtern und Sätzen
3.4 Schreibanlässe
3.5 Formale Ansprüche an Schülertexte
3.6. Korrektes Schreiben
3.7 Entwicklung und Festigung der Lesemotivation
4. Der Diskurs um „Lesen durch Schreiben"
4.1 Diskussion
4.2 Empirische Ergebnisse
5. Fazit
6. Literaturverzeichnis
6.1 Monografien und Sammelwerke
6.2 Zeitschriften und wissenschaftliche Artikel
6.3 Internetquellen
7. Abbildungsverzeichnis
1. Einleitung
Die Fähigkeit Lesen und Schreiben zu können ist in unserer Gesellschaft von immenser Bedeutung. Heutzutage ist es kaum vorstellbar, den Alltag, ohne die grundlegenden Kulturtechniken des Lesens und Schreibens bewältigen zu können. Es ist allseits bekannt, dass diese Fähigkeiten bereits ab der ersten Klasse trainiert und eingeübt werden. Viele verbinden mit dem Erstlese- und Schreibunterricht die Fibel. Sie erinnern sich daran zurück, wie sukzessiv Buchstabe für Buchstabe eingeführt wird, welche anschließend seitenlang eingeübt werden. Dennoch lassen sich in Deutschlands Klassenzimmern auch immer öfter andere Varianten des Schriftspracherwerbs wiederfinden. Denn die Lehrperson steht vor der Aufgabe, verschiedene Herausforderungen des Lese- und Schreibunterrichts zu erfüllen. So sollen den individuellen Voraussetzungen und Ansprüchen der Schüler1 nachgegangen werden, gleichzeitig soll dabei die sachlogische Bedingung der Schrift beachtet werden. Darüber hinaus sollen alle Kinder, gemäß ihrem Tempo gefordert und gefördert werden und derzeitige Schwierigkeiten erkannt werden (vgl. Meiers 1998, S.133). Einigkeit darüber, welche Methode denn nun angebracht, am wirksamsten oder schlichtweg die beste sei, gibt es nicht. Auch die immer wiederkehrenden Diskussionen in den Medien um das Konzept „Lesen durch Schreiben" von Jürgen Reichen scheinen kein Ende zu nehmen. Artikel wie „Die neue Schlechtschreibung" (von Bredow/Hackenbroch 2013), oder „Schreiben nach Gehör- Wer ist schuld am Rechtschreibnotstand?" (Deutsche Presse-Agentur GmbH 2019) entfachen den Methodenstreit erneut und kritisieren Reichens Konzept der lautgetreuen Verschriftlichung mit der Anlauttabelle scharf. Ebenso melden sich die Kultusministerien der Länder immer wieder zu Wort. So auch Dr. Susanne Eisenmann, Kultusministerin von Baden-Württemberg. In einem Erlass teilte sie den Grundschullehrern und Grundschullehrerinnen mit, dass diese frühzeitig auf eine richtige Schreibweise der Schüler achten sollen. Seit 2016 sind demnach Methoden verboten, welche die Schüler über einen längeren Zeitraum hinweg, nicht auf Fehler aufmerksam machen. Auch Nordrhein-Westfalens Kultusministerin, Yvonne Gebauer, verbietet im Schuljahr 2019/2020 erstmals die Methode „Schreiben nach Gehör" und legt in einem neuen Leitfaden einen verbindlichen Grundwortschatz in den Grundschulen fest (vgl. Baark et al., 2019). Die Wirksamkeit von „Lesen durch Schreiben" ist auch wiede rkeh- rend Gegenstand von empirischen Untersuchungen, wie unter anderem in der jüngst erschienen Bonner-Studie von Prof. Dr. Una M. Röhr-Sendlmeier.
Aufgrund der Aktualität des zugrunde liegenden Themas und der gegenwärtigen Entwicklungen möchte ich es mir, in der Ihnen vorliegenden Arbeit, zur Aufgabe machen, die fortschreitende Diskussion näher zu beleuchten. Im Zuge dessen, soll die Frage geklärt werden, ob und inwieweit die Methode Reichens unterschätzt wird. Zunächst werde ich hierfür das Reichen Konzept näher erläutern. Im weiteren Verlauf werde ich den aktuellen Diskurs aufgreifen und auf verschiedene Studien zur Wirksamkeit des Reichen Konzept eingehen.
2. Das Reichen Konzept
Die Methode „Lesen durch Schreiben" wurde erstmals 1981 von dem Schweizer Jürgen Reichen in einer Schweizer Lehrerzeitschrift veröffentlicht. Kernidee ist es demnach, auf den Gleichschritt der Buchstabeneinführung aus der Fibel zu verzichten und jedem Kind, den Erfolg durch den eigenen Lernstil ermöglichen zu können. So setzt Reichen auf eine Öffnung des Unterrichts durch den Werkstattunterricht mithilfe einer Anlauttabelle. Durch diese Anlauttabelle sollen die Schüler von Anfang an in der Lage sein, selbstständig Wörter und Texte produzieren zu können. Reichen begründet damit einen „schreiborientierten" Ansatz zum Zugang der Schriftsprache und steht dem "leseorientierten" Zugang der Fibellehrgänge antithetisch gegenüber (vgl. Schründer- Lenzen 2013, S.211). Demnach orientiert sich Reichens Konzept an dem Prinzip „Schreibe, wie du sprichst!" (Müller, 1990), bei dem die Kinder durch die lauttreue Schreibung alles verschriftlichen können, was sie möchten. Dadurch kann der Umgang mit einfältigen Texten vermieden werden, welche, aufgrund der sukzessiven Buchstabeneinführung in Fibeln, kaum zu umgehen sind. Laut Reichen können Lesen und Schreiben nur zusammen gedacht werden, indem geistige Inhalte von einem Medium (Sprache), in das andere Medium (Schrift) übertragen werden und andersrum. Dieser Zusammenhang dient als Grundlage für die Methode „Lesen durch Schreiben", da die Schüler in diesem Lehrgang erst das Schreiben lernen. Die Fähigkeit des Lesens soll sich nach einem halben Jahr dadurch selbstständig einstellen, da während dem Prozess der lauttreuen Verschriftlichung immer wieder festgestellt werden muss, an welcher Stelle des Wortes weitergeschrieben wird (vgl. Reichen, Textsammlung S. 6-7).
2.1 Die drei Prinzipien des Lehrgangs „Lesen durch Schreiben“
Reichens Konzept stützt sich auf drei Prinzipien, die im Folgenden näher erläutert werden.
2.1.1 Das unterrichtsmethodische Prinzip
Die optimale Unterrichtsform, um ein selbstständiges und kommunikatives Lernen zu ermöglichen, sieht Reichen in der Form des offenen Unterrichts: den Werkstattunterricht. Denn, so formuliert es Reichen, „ein Kind lernt zwar ,von selbst‘, aber nicht ,von allein““ (Reichen 2001, S.158). Dies bedeutet also, dass Kinder eine speziell vorbereitete Lernumgebung benötigen, in der Lernangebote zur freien Verfügung stehen und nicht aufgezwungen werden. Verschiedene Sachverhalte, wie beispielsweise die Buchstabenkenntnisse, sollen so beiläufig und spielerisch erlernt werden (vgl. Reichen 2001, S.159). Im Vordergrund steht dabei das materialgeleitete Unterrichten. In diesem können die Schüler individuell, an selbst gewählten Aufgaben lernen und dabei in kommunikativen Austausch miteinander treten. Die Mannigfaltigkeit an zusätzlichen Leseheften, Arbeitsblättern und Spielen regen darüber hinaus zum fächerübergreifenden Arbeiten an. Charakterisierend für die Organisation des Werkstattunterrichts ist, dass sich die Lehrperson im Hintergrund aufhält und nur minimale Hilfestellung bietet. Im Gegenzug dazu gibt es das sogenannte „Chef-System", in welchem Aufgaben, die sonst die Lehrperson übernimmt, an Schüler übertragen werden. So übernehmen einzelne Kinder die Verantwortung über bestimmte Lernstationen oder der Kontrolle der Hausaufgaben (vgl. Schründer-Lenzen 2013, S.213-214). Eine Binnendifferenzierung wird dadurch gewährleistet, dass die Schulkinder selbstständig entscheiden dürfen, welche Aufgabe sie wann bearbeiten wollen. Dies ermöglicht es jedem Schüler, in seinem eigenen Lerntempo fortzuschreiten und gemäß der individuellen Schnelligkeit, sowohl die Pflicht- als auch die freiwilligen Lernangebote, zu nutzen (vgl. Reichen, 1993, S.6-7).
2.1.2 Das lernpsychologische Prinzip
Das Entscheidende der Methode „Lesen durch Schreiben" stellt die Selbststeuerung der Kinder dar. An dieser Stelle muss darauf hingewiesen werden, dass „selbstgesteuert" keinesfalls gleichzusetzen ist mit „selbstständig". Laut Reichen beschreibt das selbstständige Handeln, ein Handeln, welches bewusst gesteuert und willentlich stattfindet. Dem gegenüber steht das selbstgesteuerte Handeln, welches gleichzusetzen ist mit „automatisch", „unterbewusst" und „intuitiv" (vgl. Reichen 2001, S.76). Er betont also, dass Kinder nicht bewusst oder gar willentlich zum Leser werden, sondern, dass das Lernen beiläufig stattfindet. Gezieltes Unterstützen und „Beibringen" würde demnach den Prozess negativ beeinflussen. Reichen ist der Meinung, „Kinder lernen umso mehr, je weniger sie belehrt werden" (Reichen 2001, S.79). Bedeutsam ist der Verzicht auf die übliche Vorgehensweise des Unterrichts, in der die Lehrperson den vorhandenen Sachverhalt modellhaft erläutert, die Schüler ihn nachahmen und im Anschluss einüben (vgl. Reichen 1993, S.6). Denn „Kinder erwerben die Kompetenz zum Lesen und Schreiben durch aktive innere Gestaltungsprozesse, nicht durch didaktisch aufgezwungenes Buchstabentraining" (Reichen 2001, S.29).
2.1.3 Das lesedidaktische Prinzip
Die zentrale Annahme des lesedidaktischen Prinzips besteht darin, dass davon ausgegangen wird, Lesen könne durch eigenes Schreiben erlernt werden. Dem Kind wird demnach am effektivsten geholfen, „wenn man seine geistigen Prozesse, seine kognitiven Selbststeuerungsakte, in Ruhe lässt bzw. nicht stört" (Reichen 2001, S.21). Das konstruierende Verschriften von Phonemen trägt nach dieser Annahme automatisch dazu bei, Lesen zu lernen. Während des gesamten Unterrichts werden die Schüler nie dazu aufgefordert, zu lesen. Sobald das Kind des Lesens mächtig ist, wird es von selbst lesen. Anderenfalls wird das Kind durch die Aufforderung in die Lage eines „Entzifferers" versetzt, der die einzelnen Laute mühsam zusammensetzen muss. Dies würde die Lesemotivation erheblich reduzieren. Laut Reichen stellt sich das „Lesenkönnen" als Begleitprodukt des Verschriftens automatisch ein und wird zu einem spektakulären Erlebnis. Die Schüler werden sich durch die entwickelte Lesefähigkeit als selbstwirksam wahrnehmen und weiter Motivation entwickeln (vgl. Reichen 2001, S.28).
3. Didaktisches Vorgehen des Lehrgangs
Durch die offene Form des Lehrgangs „Lesen durch Schreiben" und die Anpassung an die individuellen Fortschritte und Schwierigkeiten der Schüler, ist ein streng durchgetaktetes, chronologisches Vorgehen nicht durchführbar. Nichtsdestotrotz lassen sich sieben Kriterien beschreiben, die für die Durchführung des Lehrgangs unabdingbar sind. Im Folgenden soll auf diese näher eingegangen werden.
3.1 Hinführung zur Lautstruktur des Sprachsystems
Die Lautstruktur der Sprache steht im Zentrum der Reichen-Methode. Zentrales Anliegen, vor allem in den ersten Wochen, ist daher, das Abhören der Lautgestalt der Worte, die systematische Erkennung, Unterscheidung und Zerlegung von Lauten und deren phonetische Aufgliederung. Dies ist eine komplexe Aufgabe und bedarf gezielte Unterstützung durch die Lehrperson. Hilfestellungen bieten einerseits vielfältige Arbeitsmaterialien des Lehrgangs, die verschieden Spiele und Übungen beinhalten (vgl. Reichen Textsammlung, S.9-10), andererseits die Lehrperson selbst, die besonders auf die Artikulation der Wörter achtet. Sollten manche Kinder Laute vertauschen, verschlucken oder auslassen, so muss dies erkannt werden. Wenn zu diesem Zeitpunkt keine Intervention stattfinden sollte, wird die Fähigkeit, Laute zu unterscheiden, herabgesetzt. Des Weiteren fungiert die Lehrkraft als Vorbild und sollte deswegen darauf achten, schriftdeutsch zu sprechen und die verschiedene Laute korrekt zu verwenden (vgl. Reichen 1993, S. 21-24). Das Ziel dieser Einheit besteht darin, dass jeder Schüler verstanden hat, dass gesprochene Wörter aus Lauten zusammengesetzt werden. Dabei sollen die gängigsten Laute erkannt und voneinander unterschieden werden können (vgl. Reichen 1993, S.8).
3.2 Die Anlauttabelle
Leitmedium des Reichen Konzepts ist die Anlauttabelle bzw. das Buchstabentor, welches der Schülerschaft den Zugang zur Schriftsprache ermöglicht. Nachdem das Auflautieren beherrscht wird, sollen die Lautketten verschriftlicht werden. Mithilfe des Buchstabentores wird den Schülern die selbstständige Laut-Buchstaben-Zuordnung ermöglicht. Hat das Kind die Absicht, ein Wort zu verschriftlichen, so muss es sich zunächst den Anlaut des Wortes bewusst machen. Anschließend muss es in der Anlauttabelle jenes Wort suchen, welches mit demselben Laut beginnt. Danach kann es den gefundenen Buchstaben „abmalen“. Dieses Vorgehen wird nun für die weiteren Laute des Wortes wiederholt. Das Zerlegen von Worten geschieht nach der Regel „Jedem Laut wird ein Buchstabe zugeordnet“. Diese Regel orientiert sich nur am Prinzip der Lautorientierung der Schrift. Die Anlauttabelle ist allerdings nicht in der Lage, orthografische Regeln zu vermitteln, das bedeutet, auch bei korrekter Auflautierung, können Wörter falsch geschrieben werden. Die Wörter sind zwar phonetisch vollständig, jedoch nicht orthografisch korrekt geschrieben (vgl. Schründer-Lenzen 2013, S.223- 225). Im Buchstabentor von Reichen werden sowohl Groß- als auch Kleinbuchstaben gleichzeitig dargeboten. Außerdem enthält es neben Vokalen und Konsonanten auch Umlaute und Diphthonge. Die Anordnung der Tabelle vollzieht sich nach Abbildung 1 Buchstabentor von Jürgen Reichen dem „Anlautprinzip“. Analog steht die Lupe für das Phonem [l] und den Buchstaben <L>. Laute, die leicht zu verwechseln sind, stehen sich gegenüber (B-P). Im Torbogen befinden sich die Selbstlaute. Um sowohl offene als auch geschlossene Laute zu repräsentieren, befinden sich für diese Buchstaben zwei Bilder im Tor, eines für den kurzen und eines für den langen Laut. So wird das lange „O“ durch den Osterhasen repräsentiert und das kurze „O“ durch einen Ordner. Auch Buchstabenkombinationen, die nur am Ende eines Wortes stehen, werden durch die Anlauttabelle aufgegriffen (..ch), da diese im Deutschen nicht als Anlaute vorkommen. Dennoch stellt sie nur eine didaktische Reduktion dar. Sollten alle Schreibzeichen beinhaltet sein, so müsste die Tabelle aus 80 Graphemen bestehen (vgl. Thomé 2000, S.116).
3.3 Aufschreiben von Wörtern und Sätzen
Sobald das Prinzip des Buchstabentors verstanden wurde, können die Schüler damit beginnen, erste Wörter und Sätze zu schreiben. Nach und nach verinnerlichen die Kinder die Graphem-Phonem-Zuordnung, sodass die Anlauttabelle im Laufe des Lehrgangs immer mehr in den Hintergrund rückt (vgl. Reichen 1988, S. 25-26). Zunächst dient das Schreiben dem Benennen von Gegenständen oder Abbildungen. Neben dem Bild eines Elefanten steht dann beispielsweise „ELEvAnt“. Die nächste Stufe ist die Erläuterungsstufe. Hier werden Wörter geschrieben, um Sachverhalte zu erklären. Zum Beispiel steht unter der Zeichnung eines Tieres, welches vom Betrachter nicht identifiziert werden kann, „VUGS“ (Fuchs). Die Schrift wurde benutzt, um Informationen zu teilen. Sobald eine Schreibgeläufigkeit einsetzt und das Schreiben schneller vonstattengeht, wird sie von den Kindern auch zu Ausdruckszwecken verwendet. Oft sind das Bekundungen von Zuneigung wie „MAMI ich lipe tich“. Die letzte Stufe der Schriftverwendung ist der Beeinflussungsversuch. Die Schüler haben verstanden, dass die Schrift ein mächtiges Werkzeug der Erwachsenenwelt ist. Mit ihr lassen sich Sachverhalte präziser ausdrücken. Außerdem hat die Schrift einen verbindlicheren Stellenwert (vgl. Reichen 2001, S.107-108).
3.4 Schreibanlässe
Situative, individuelle Schreibanlässe sollen Kinder für die Schriftsprache begeistern. Wichtig ist es hierbei, nicht nur einfache, klassenübergreifende Schreibaufgaben zu stellen, sondern natürliche Schreibanlässe zu gestalten, die zum Schreiben ermutigen. Schreibanlässe sind vielfältig und können fächerübergreifend wirksam werden. So können beispielsweise Informationstexte geschrieben werden, eigene Geschichten, Rezepte oder Briefe formuliert werden (vgl. ebd., S.26-28).
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1 Aus Gründen der Lesbarkeit wurde im Text die männliche Form gewählt, nichtsdestoweniger beziehen sich die Angaben auf Angehörige beider Geschlechter.