Häresien und Häretikerbekämpfung
Zur Worterklärung: Was ist Häresie?
In unserem Falle: Irrglaube und nicht vereinbar mit dem kirchlichen Glauben. Ein Mensch oder eine Gruppe von Menschen, die Häresie „verfallen“ sind, nennt man Häretiker. Zeitlicher Überblick:
Bereits Spätantike: Ketzergruppen (harte Strafen: Verlust bürgerlicher Rechte, Güterkonfiszierung, physische Verfolgung, Tod)
Ab 11 u. 12.Jh.: erste Ketzergruppen gegen Katholiken:
Petrobrusianer (Flandern)
(vor allem Wanderprediger, Abkehr vom weltlichen Leben, Armut; Kritik am Klerus, Prkatiken der Frömmigkeit.) Strafe: vor allem Exkommunikation.
Mitte 12.Jh.: Aufkommen von 2 sehr bedeutenden Ketzergruppen: Katharer, Waldenser
Katharer: (katharoi, griech.: die Reinen) - Ketzer
Kamen wahrsch. aus dem Osten.
Verbreitet vor allem in Oberitalien u. Südfrankreich
Nordabhang der Pyrenäen entkatholisiert (letzte 1/3 d.12.Jh.) Wanderprediger.
-sie interpretieren die Bibel radikal anders (obwohl Bibel Basis d. Glaubens ist)
Dualistisches Prinzip der Welt (Materielles, Erfassbares, = Böses Geistiges = Gutes)
Seelen: Bußfahrt durch die materielle Welt.
Man wird nicht duch Erlösungstat Christi sondern durch absolute Enthaltsamkeit erlöst.
Bsp.: Hungern am Totenbett, bis man stirbt.
- 2 Untergruppen: „Credentes“ - gemeine Gläubige.
- „Perfecti“ - die höhergestellten (z.B. Bischöfe und Diakone gleich)
- hatten 1 Sakrament - „consulamentum“ - Taufe
Maßnahmen der Kirche:
Kein direkter Zusammenhang zw.Ketzerverfolgung derSpätantike und die des Mittelalters - nur theologische Begründung!
Begründung: Augustinus liefert die Begründung, warum man Gewalt anwenden kann
(„compelle intrare“- biblisches Gleichnis, Gastgeber kann die Menschen von den Zäunen holen und kann sie nötigen, hereinzukommen)
= mit dieser Begründung kann man ab da an Andersdenkende nötigen.
Ab dem 12. Jh. Verschärfte sich die Verfolgung immer mehr.
Beginnt mit Exkommunikation, versucht so die Minderheiten zu isolieren.
Anfangs Versuche zu bekehren (Legaten und Prediger versuchten immer wieder z.B. Waldenser auf ihre Seite zu bringen.)
Misslang - später Exkommunikation über jene, die Häretiker unterstützten, mit ihnen Handel trieben , dann Verlust der bürgerlichen Rechte bis hin zum Tod.
1224: Friedrich II erstmals Todesstrafe für Häresie. Einzig juristische Begründung: Häresie -= Majestätsbeleidigung!
Bischöfe wurden angewiesen, nach Häretikern zu forschen und später dann an ihnen die Inquisition auszuführen.
Inquisition: (lat.: befragen, ausfragen) - Inquisitionsprozess: kein Kläger. Akkusationsprozess: (accusare= anklagen)
Inquisition: seit 1230 unter Gregor 9. = päpstliche Sondergerichtsbarkeit( ausgenommen aus der üblichen kirchlichen Gerichtsbarkeit) unterstand also nicht direkt den Bischöfen. Wird rasch den Bettelorden anvertraut (hpts. Dominikaner und Franziskaner) Rechtliche Grundlage im Liber extra festgelegt.
Typischer Verlauf einer Inquisition:
Häretiker kommt in Stadt - „tempus gratiae“ - geheime Zeugeneinvernahme - Ankläger u. Richter fallen zusammen (normal zu dieser Zeit, auch bei weltlichen Angelegenheiten) - kaum Verteidigungsmöglichkeiten - keine Berufung - Urteil endgültig - ab 1252 Folter zugelassen, um Geständnisse zu erpressen - Folter wurde aber weniger oft angewendet als heut scheint (in Tolouse in 20 Jahren 636 Urteile, nur einmal Folter) ab 13. Jh. Inquisition Terrorinstrument - Bevölkerung setzte sich zur Wehr (auch Bischöfe).
Rückwirkungen der Häretiker:
-Verstärkung der chr. Sakramentenpraxis zur Verstärkung des chr. Glaubens:
-Aufblühen der Bettelorden (Dominikaner wurden gegründet, um Ketzer zu verfolgen und Inquisition auszuüben (canes domini)
Häufig gestellte Fragen
Was ist Häresie und wer sind Häretiker gemäß dem Text "Häresien und Häretikerbekämpfung"?
Häresie wird als Irrglaube definiert, der nicht mit dem kirchlichen Glauben vereinbar ist. Menschen oder Gruppen, die Häresie "verfallen" sind, werden als Häretiker bezeichnet.
Welche Ketzergruppen gab es und welche Strafen wurden verhängt?
Bereits in der Spätantike gab es Ketzergruppen, die mit harten Strafen wie Verlust bürgerlicher Rechte, Güterkonfiszierung, physischer Verfolgung und Tod bestraft wurden. Im 11. und 12. Jahrhundert traten weitere Gruppen wie die Petrobrusianer auf, die vor allem durch Exkommunikation bestraft wurden.
Wer waren die Katharer und Waldenser und was waren ihre zentralen Überzeugungen?
Die Katharer, deren Name "die Reinen" bedeutet, glaubten an ein dualistisches Prinzip der Welt, in dem Materielles als böse und Geistiges als gut angesehen wurde. Sie waren in Oberitalien und Südfrankreich verbreitet. Die Waldenser kritisierten den Klerus und die weltliche Lebensweise. Beide Gruppen wurden als Ketzer verfolgt.
Wie rechtfertigte die Kirche die Verfolgung von Häretikern?
Augustinus lieferte die Begründung, warum Gewalt angewendet werden konnte ("compelle intrare"). Dies wurde interpretiert als die Erlaubnis, Andersdenkende zu nötigen und zu bekehren. Später verschärfte sich die Verfolgung mit Exkommunikation, Verlust bürgerlicher Rechte und schließlich der Todesstrafe.
Was war die Inquisition und wie funktionierte sie?
Die Inquisition war eine päpstliche Sondergerichtsbarkeit, die nicht direkt den Bischöfen unterstand. Sie wurde hauptsächlich von Dominikanern und Franziskanern durchgeführt. Der Ablauf umfasste eine geheime Zeugeneinvernahme, bei der Ankläger und Richter zusammenfielen, kaum Verteidigungsmöglichkeiten und keine Berufung. Ab 1252 wurde Folter zur Erpressung von Geständnissen zugelassen.
Welche juristische Begründung gab es für die Todesstrafe bei Häresie?
Friedrich II. führte 1224 die Todesstrafe für Häresie ein. Die einzige juristische Begründung war, dass Häresie als Majestätsbeleidigung angesehen wurde.
Welche Rückwirkungen hatte die Häretikerverfolgung?
Die Häretikerverfolgung führte zur Verstärkung der christlichen Sakramentenpraxis zur Stärkung des christlichen Glaubens und zum Aufblühen der Bettelorden, insbesondere der Dominikaner, die zur Verfolgung von Ketzern gegründet wurden.
Was ist das "consulamentum" im Zusammenhang mit den Katharern?
Das "consulamentum" war das einzige Sakrament der Katharer und fungierte als Taufe.
Was bedeutet "tempus gratiae" im Kontext der Inquisition?
"Tempus gratiae" bezeichnete in der Inquisition die Zeit, in der ein Häretiker in eine Stadt kam und geheime Zeugeneinvernahmen stattfanden.
- Arbeit zitieren
- Oliver Sölkner (Autor:in), 2000, Häresien und Häretikerbekämpfung, München, GRIN Verlag, https://www.hausarbeiten.de/document/102377