Das Thema dieses Aufsatzes ist der Vergleich zwischen den methodischen Merkmalen der Hermeneutik der deutschen Romantik des 18. Jahrhunderts und der chinesischen Metaphysik in der Wei- und Jin-Dynastie (200-420).
Die Arbeit beginnt mit einer Art historischer Diskussion der Faktoren, die die hermeneutischen methodologischen Prinzipien beeinflusst haben. Der Fokus wird im Folgenden allerdings auf methodischen Gemeinsamkeiten und Unterschieden liegen, und dabei werden hauptsächlich Wang Bi, ein Vertreter der Hermeneutik der Wei-Jin-Zeit, und Schlegel, ein Vertreter der deutschen Romantik, als Beispiele fungieren. Vor allem werden einige der Übereinstimmungen und Unterschiede zwischen den beiden verglichen werden.
Immerhin sind beide nicht nur die repräsentativsten und genialsten Vertreter ihrer jeweiligen Denkschule, sondern haben beide auch bewusst ihre eigenen hermeneutischen Methoden zusammengefasst. Darüber hinaus hat Wang Bi in seiner hervorragenden hermeneutischen Arbeit aus den im Kommentar verbreiteten Gedankenfragmenten ein vollständiges System von Methoden konstruiert. Dies sind der Fragmente von Schlegel sehr ähnlich.
Zunächst gibt es Gemeinsamkeiten und Unterschiede bei den drei wichtigsten hermeneutischen Prinzipien, deren Gründe ebenfalls analysiert werden, um anschließend die drei hermeneutischen Ideen zu vergleichen und zu kontrastieren und ihren Hauptunterschieden und Gründen nachzugehen.
Inhaltverzeichnis
I. Einleitung
1.Die Entstehung des Problems
2.Hauptelemente
II. Entwicklungsgeschichte der frühen chinesischen Hermeneutik
III. Ein Vergleich dreier hermeneutischer Prinzipien: Wei-Jin Metaphysik als Perspektive
1. Die Vorherrschaft des Denkens über die Sprache und die Identität von Denken und Sprache
1.1 Wei-Jin-Metaphysik: Sprachlicher Instrumentalismus
1.2 Die deutschen Romantiker: Sprachliche Ontologie
2. Die Verwirrung hat Vorrang vor der Gewissheit
2.1 Verwirrung hat Vorrang vor Klarheit
2.2 Die Ursachen für Verwirrung und Inkonsistenz in den klassischen Texten
2.3 Schlegels Ideen zu Textverwechslungen und Widersprüchen
3. Die Abhängigkeit des Interpreten und die Transzendenz des Interpreten
3.1 Die Heiligkeit des Originaltextes: Wei-Jin Metaphysik
3.2 Der Interpret als Transzendent: die deutschen Romantiker
IV. Ein Vergleich von dreier hermeneutischen Ideen: eine Schlegels Perspektive
1. Holismus der Bedeutung und Kohärenz der Bedeutung
1.1 Holismus der Bedeutung: Deutsche Romantik
1.2 Kohärenz der Bedeutung: Wei-Jin Metaphysik
1.3 Die Unterschiede zwischen den beiden
2. Universalpoesie und Sammlungen
2.1 Gattungen und romantische Poesie
2.2 Gattungen und Sammlung
2.3 Synthese oder Analytik
3. Nicht-sprachliche Kunst
3.1 Schlegel: Subjektiver Ausdruck
3.1.1 Die Anschauung der Schaffung von nicht-sprachlicher Kunst
3.1.2 Ein hermeneutischer Anschauung auf die nicht-sprachliche Kunst.
3.2 Wie- Jin- Metaphysik: Die Identität von Subjekt und Objekt
3.2.1 Die Anschauung der Schaffung von nicht-sprachlicher Kunst
3.2.2 Ein hermeneutischer Anschauung auf die nicht-sprachliche Kunst.
3.3 Unterschiede zwischen den beiden
V. Zusammenfassung
VI =. Literaturverzeichnis
I. Einleitung
Schlegel: „Ein gute Vorrede muss zugleich die Wurzel und das Quadrat ihres Buchs sein“1
1. Die Entstehung des Problems
Das Thema dieses Aufsatzes ist es, die methodischen Merkmale der Hermeneutik der deutschen Romantik des 18. Jahrhunderts und der chinesischen Metaphysik2 in der Wei- und Jin-Dynastie (200-420) zu vergleichen. Warum möchte ich diese beiden Traditionen vergleichen, die eine so große unterschiedliche Ideologien und Kulturen haben? Wenn im chinesischen Kontext von der Wei-Jin-Metaphysik die Rede ist, assoziieren viele Menschen sie mit dem Wort „romantisch“, weil die Wei-Jin-Metaphysik zu einem großen Teil eine neue Tradition des freien Denkens und künstlerischen Schaffens initiierte. In dieser Tradition sehen wir eine romantische Spiritualität, eine Wiederbelebung des Humanismus, eine große Entwicklung der menschlichen Subjektivität und einen gewissen „Begehren nach dem Unendlichen“.
Auf der anderen Seite habe ich bei Forschung und Lektüre der deutschen romantischen Tradition viele ähnliche Aspekte wie die Wei-Jin-Metaphysik im Bereich der Hermeneutik gefunden, insbesondere in Bezug auf die hermeneutischen Methoden, wo wir eine nahezu Übereinstimmung zwischen zwei Traditionen mit wenig Kontakt über die Wichtigkeit einiger klassischer hermeneutischer Methoden sehen können. Zum Beispiel Ansichten über die Gattung, über die Beziehung zwischen Sprache und Bedeutung und über den Holismus von Texten, über Verwirrung und Widerspruch in klassischen Texten und über nicht-sprachliche Kunst. Diese intuitive Ähnlichkeit und Differenz erregten meine Aufmerksamkeit. Mit diesem Aufsatz versuche ich, die spezifischen Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen diesen beiden Traditionen herauszuarbeiten und die Gründe dafür aufzuzeigen.
2. Hauptelemente
Ich werde mit einer Art historischer Diskussion der Faktoren beginnen, die die hermeneutischen methodologischen Prinzipien beeinflusst haben. Aber mein Fokus wird im Folgenden auf methodischen Gemeinsamkeiten und Unterschieden liegen, und aus Platzgründen werde ich hauptsächlich Wang Bi3, einen Vertreter der Hermeneutik der Wei-Jin-Zeit, und Schlegel, einen Vertreter der deutschen Romantik, als Beispiele nehmen und vor allem einige der Übereinstimmungen und Unterschiede zwischen den beiden vergleichen. Denn beide sind nicht nur die repräsentativsten und genialsten Vertreter ihrer jeweiligen Denkschule, sondern beide haben bewusst ihre eigenen hermeneutischen Methoden zusammengefasst. Darüber hinaus hat Wang Bi in seiner hervorragenden hermeneutischen Arbeit aus den im Kommentar verbreiteten Gedankenfragmenten ein vollständiges System von Methoden konstruiert.4 Dies sind der Fragmente von Schlegel sehr ähnlich. Da Professor Michael N. Forsters Zusammenfassung von Schlegel hermeneutischer Methode sehr klar und systematisch ist, fasse ich auf dieser Grundlage auch sechs Aspekte ihrer Gemeinsamkeiten und Unterschiede mit der hermeneutischen Methode der Wei-Jin-Metaphysik zusammen. Zunächst gibt es Gemeinsamkeiten und Unterschiede bei den drei wichtigsten hermeneutischen Prinzipien, deren Gründe ich ebenfalls analysiere, und dann vergleiche und kontrastiere ich die drei hermeneutischen Ideen und gehe ihren Hauptunterschieden und Gründen nach.
II. Entwicklungsgeschichte der frühen chinesischen Hermeneutik
Schlegel: „Es wird manches gedruckt, was besser nur gesagt würde, und zuweilen etwas gesagt, was schicklicher gedruckt wäre."5
Um genau zu sein, begann die chinesische Hermeneutik mit Konfuzius' Zusammenstellungen und Kommentare der Sechs Klassiker. In den Worten von Konfuzius waren das Shi Jing6, Shang Shu7, Li Ji8, Yue Ji, I Jing9 und Chunqiu10, jedes mit seinem eigenen Fokus und seiner eigenen Funktion, eine gegenseitige Enthüllung und Offenbarung des alten „Dao“ oder Sinn. Hier bei Konfuzius gibt es tatsächlich einen Sinn für die Gattungen des Interpreten. Der erste Schritt seiner Arbeit besteht eigentlich darin, das Verständnis zu vereinfachen, indem er verschiedene Gattungen von Texten klassifiziert.11
Aufgrund der Langlebigkeit der „sechs Klassiker“ müssen diese jedoch entsprechend geordnet und zusammengestellt werden. Hier entstand das früheste chinesische Prinzip der klassischen Interpretation --- „Beschreiben, und nicht machen"12 述而不作. Obwohl „nicht zu machen“, sind die Worte und Handlungen des Konfuzius beim Unterrichten seiner Schüler in den Klassikern in den Lun Yü aufgezeichnet.
In der Folge brachte Menzius Theorien wie " Verwenden eigenen persönlichen Erfahrungen, um die Absicht des Autors zu ermessen"13 以意逆志 und " Den Autor verstehen und die Zeitspanne erforschen, in der der Autor lebte "14 知人论世kreativ in die Interpretation der Klassiker ein und betonte die Bedeutung der subjektiven Rolle des Interpreten für das Verständnis des Textes.
Später gab der Aufstieg der chinesischen klassischen Studien in der Han-Dynastie einen großen Impuls für die Vorwärtsentwicklung der chinesischen Hermeneutik, die sich in dieser Epoche hauptsächlich auf die offiziell formulierten konfuzianischen klassischen Texte richtete. Die Interpretation galt in dieser Zeit bereits als Lehre von den methodologischen und ontologischen Grundlagen des Verstehens und der Interpretation der Bedeutung von Texten.
In den Wei- und Jin-Dynastien verursachte der umfangreiche Gebrauch von Metaphern und Allegorien in den Schriften der frühen chinesischen Philosophen, besonders im Lao Tse und Zhuang Zi, viele Missverständnisse. Die Debatte über die Art der Interpretation brachte auch die daoistischen Klassiker in das hermeneutische Feld. Um diese Missverständnisse zu klären, begannen Wang Bi und andere, die klassischen Texte diskursiv und analytisch zu interpretieren, und entwickelten einige hermeneutische Methoden.
III. Ein Vergleich dreier hermeneutischer Prinzipien: Wei-Jin Metaphysik als Perspektive
Was die hermeneutische Herangehensweise an die Klassiker betrifft, so haben die Hermeneutiker der Wei- Jin- Metaphysik im Laufe ihrer Entwicklung fast einen Konsens erreicht, der so einflussreich ist, dass er auch heute noch von vielen chinesischen Interpreten akzeptiert und übernommen wird. Sie verteilen sich hauptsächlich auf mehrere Themen: das Verhältnis zwischen Denken und Sprache, das Problem der begrifflichen Sicherheit und das Verhältnis zwischen Interpretation und Originaltext.
1. Die Vorherrschaft des Denkens über die Sprache und die Identität von Denken und Sprache
1.1 Wei-Jin-Metaphysik: Sprachlicher Instrumentalismus
Die Einstellung zur Sprache bestimmt die Richtung der hermeneutischen Prinzipien, denn sowohl die Wei-Jin-Metaphysik als auch die deutsche Romantik mussten sich im Prozess der Interpretation klassischer Texte zunächst dem Dilemma von Sprache und Denken stellen. “Die Methodik der Metaphysik in den Wei- und Jin-Dynastien als Auseinandersetzung zwischen Sprache und Denken.“15 Die Beziehung zwischen Denken und Sprache war tatsächlich das erste Problem, das von der Hermeneutik der Wei-Jin-Metaphysik gelöst wurde, so wie es in der deutschen Akademie schon vor dem Aufkommen der romantischen Hermeneutik ausführliche Diskussionen über die Sprache gab, z.B. erschien Herders Satz, dass „Denken und Sprache vereinigt sind“ , vor der Entstehung der Romantiker.16
In ähnlicher Weise gab es zu Beginn der hermeneutischen Tradition der Wei-Jin-Metaphysik drei gesellschaftliche Auseinandersetzungen über den Zusammenhang von Sprache und Denken.17 Aber am Ende wurde allgemein akzeptiert, dass die "Priorität des Denkens" die Ansicht war, dass das Denken der Weisen und des Weges nicht in seiner Gesamtheit durch Sprache ausgedrückt werden kann, zum Beispiel erklärte Wang Bi:
" Thus, since the words are the means to explain the images, once one gets the images, he forgets the words, and, since the images are the means to allow us to concentrate on the ideas, once one gets the ideas, he forgets the images. "18
Einerseits betont Wang Bi stark die Sprachphilosophie, andererseits argumentiert er, dass die Sprache den Gedanken nicht vollständig ausdrücken kann, weil sie nur ein Werkzeug ist, um die trigrammatische Bedeutung oder die phänomenale Bedeutung zu beschreiben. Denn nach Ansicht von Wang Bi und anderen sind die zu interpretierenden Wörter in ihrem grammatischen und terminologischen System verworren und stecken voller Andeutungen und Metaphern. Daher ist die Annahme einer linguistischen Definition für Bedeutung einseitig und nicht praktikabel. Er hat die Variabilität der Sprache gesehen und dennoch keinen Weg gefunden, sie endgültig zu machen, weil die Rolle der Sprache nur darin besteht, auf die Bedeutung zu verweisen, und die Unendlichkeit der Natur macht den Prozess des Verstehens für immer schwierig.
Obwohl Wang Bi die Idee des "Vergessens der Worte" vertritt, basiert seine Interpretationsarbeit auf der Sprachphilosophie, die er nur als Vorarbeit für die Interpretation betrachtet.19 Hinter diesem sprachlichen Instrumentalismus steht eine implizite Tradition der Abwertung der Logik der Sprache. Obwohl diese Tradition die Chinesen auf den Weg der Einfachheit und Klarheit im Gebrauch der Worte zurückbrachte, führte das fehlende Selbstbewusstsein des sprachlichen Subjekts auch dazu, dass die alten Chinesen ihren Sinn für die grammatikalische Form verloren, denn sie werteten sogar ihre eigene Arbeit ab, indem sie argumentierten, dass die logische Form der Sprache von den meisten Hermeneutikern als eine künstlich konstruierte Sprache angesehen wurde, Denn es sind die Trigramme, die die Darstellung des Himmels oder des Tao sind. Somit ist die Sprache selbst nicht transzendent und man kann die volle Bedeutung des Weisen nicht durch die Sprache erfahren und somit nicht vollständig begreifen. Dies ist etwas anders als bei Schlegel.
1.2 Die deutschen Romantiker: Sprachliche Ontologie
In der Zusammenfassung von Professor Michael N. Forster argumentiert Schlegel, dass das Denken wesentlich von der Sprache abhängig und an sie gebunden ist:
" one can only think if one has a language, and one can only think what one can express linguistically."20
Darüber hinaus konstituiert die Sprache nach Schlegel durch ihre Grammatik und den Gebrauch der Wörter ein System und einen Organismus. Trotzdem ist Schlegels Sprachtheorie ganz anders als die Theorie der Wang Bi, dass "die Sprache den Gedanken nicht völlig ausdrücken kann", aber sie hat große Ähnlichkeit mit der Theorie von Wang Dao, denn beide behaupten, dass die Sprache den Gedanken in seiner Gesamtheit ausdrücken kann, und beide zeigen eine ontologische Tendenz der Sprache. Wang Dao glaubte, dass Metaphysik mit der Wertschätzung von Sprache verbunden ist. Die Feststellung des subjektiven Wertes der Sprache ist die Grundlage für die Theorie, dass "die Sprache den Gedanken vollständig ausdrücken kann", und unter diesem Gesichtspunkt hat die Sprache nach Wangs Ansicht bereits eine ontologische Bedeutung. Sprache und Bedeutung lassen sich nicht in zwei Teile trennen, und man kann von einer "philosophischen Wende zur Sprache" sprechen. Aber diese Ansicht wird von den meisten Menschen nicht akzeptiert. Sie setzten Sprache mit Wörtern gleich und erkannten nicht, dass Grammatik im Sinne eines sprachlichen Holismus existiert.
Diese Wendung wendet sich nicht, wie bei Schlegel, der Grammatik zu, sondern den verschnörkelten und komplexen Wörtern (Namentheorie), die sich auf die Rhetorik und den Reichtum der poetischen Sprache konzentrieren. Aber diese Würdigung der Sprache der Poesie selbst ist ganz anders als die hermeneutische Interpretation der politischen Ethik der klassischen Texte. In literarischer Hinsicht handelt es sich um eine Befreiung der traditionellen Sichtweise der Sprache, bei der die Sprache von einem kommunikativen Werkzeug in ein Subjekt mit eigenständigem Wert verwandelt wird. Es ist diese Wende in der Sichtweise der Sprache, die die wahre Verwirklichung des Wesens der Literatur als Sprachkunst ermöglicht, was eine grundlegende Dimension des Klassizismus ist.
Warum gab es keine chinesischen Gelehrten der Wei-Jin-Periode, die sich nicht mit Grammatik auskannten? Auch hier gibt es einen historischen Grund. Da Schlegel mehrere moderne und alte Sprachen beherrscht, war er in der Lage, die Idee der Grammatik von den sprachlichen Formen verschiedener Kulturen zu abstrahieren, indem er die sprachlichen Strukturen vieler verschiedener Länder verglich, nachdem er Herders Ansichten über die Sprache akzeptiert hatte, und so konnte er sich sowohl auf den Gebrauch der Wörter als auch auf die Bedeutung der Grammatik konzentrieren. Aber für das geschlossene China des dritten Jahrhunderts n. Chr. war eine solitäre Sprache schwer als heterogen zu erleben, und eine universelle Konzeption der Grammatik war daher schwer zu erreichen. Erst als in der Neuzeit mehrere Fremdsprachen nach China kamen, wurden sich die Menschen allmählich der Grammatik bewusst. Der moderne chinesische Interpret Wang Guowei 1877-1927 sagte:
„ Wir haben kein theoretisches Selbstbewußtsein. Wir besitzen zwar Literatur, aber keine Grammatik; wir argumentieren zwar, jedoch ohne die Gesetze der Logik zu kennen.“21
2. Die Verwirrung hat Vorrang vor der Gewissheit
2.1 Verwirrung hat Vorrang vor Klarheit
Die Interpreten der Wei-Jin-Metaphysik, wie z.B. Wang Bi, erkannten auch eine Art von Verwirrung und Widerspruch zwischen den Texten, wie z.B. die häufige Abwesenheit von Subjekten und Auslassung von Objekten im Tao Te Ging oder das plötzliche Auftauchen von Überlegungen, die nichts mit dem Thema zu tun haben, in einer bestimmten Passage. Das Lesen eines Zeitalters in ein anderes ist bis zu einem gewissen Grad eine Übersetzung. Die Unklarheit des alten Textes wird durch die Interpretation des mehrdeutigen Textes in eindeutigen und klaren Worten geklärt, wobei die logische Beziehung zwischen Subjekt und Objekt angegeben wird. Die Interpretation selbst beweist die Existenz grammatikalischer Strukturen; die Interpretation ist ein Prozess des logischen Sortierens und der textlichen Rekonstruktion, und obwohl es sich nur um Bedeutung und Grammatik in einem weiten Sinne handelt, ist es auch das Streben nach einer Präzision, die es ermöglicht, den größeren Sinn zu verstehen. Zum Beispiel ist Wang Bis Sprache der Interpretation von Lao Tse die Ekphrasis, die eine strenge numerische und grammatikalische symmetrische Beziehung hat. Der deutsche Sinologe Wagner stellte weiter fest, dass der Stil des Lao Tse eher einen verräumlichte als“ Interlocking Parallel Style ”ist. 22
2.2 Die Ursachen für Verwirrung und Inkonsistenz in den klassischen Texten
Erstens, um die Legitimität der Verwirrung zu begründen, erklären sie die Ursache dieser Verwirrung und Inkonsistenz als die Begrenzungen der Sprache und nicht als mangelndes Bewusstsein der Autoren selbst. Zum Beispiel gibt Lao Tse selbst zu, dass „Der Sinn als Ewiger ist namenlose Einfalt“23, und Wang Bi betont die Transzendenz der objektiven Bedeutung. Die Bedeutung selbst ist unendlich, und das Tao ist schwer zu beschreiben, so dass die Transzendenz der Bedeutung die Grenzen des Weges der Sprache bestimmt. Gleichzeitig macht Wang Bi eine Behauptung für die Legitimität der Interpretation; die Interpretation selbst ist eine Ergänzung zu dieser Verwirrung, und der Sinn der Interpretation ist es, dem Weg der Weisen zu folgen, um den Sinn oder Tao zu erfahren und zu beschreiben.
Zweitens gibt es einen weiteren wichtigen Grund für die Verwirrung und Mehrdeutigkeit des Textes, nämlich den Klassenbegriff der chinesischen Sprache. Die Abwertung einer klaren, geradlinigen und logischen Sprache spiegelt dann einensprachlichen Elitismuswider. Die gleiche Sprache und Schrift änderten sich in den sprachlichen Gewohnheiten der verschiedenen Klassen von Menschen. Da die herrschende Klasse und das gemeine Volk unterschiedlich sprachen, unterschieden sich auch ihre Diktion und Grammatik24. Die interpretierenden Texte wurden von den adligen und gelehrten Klassen und Studenten gelesen und bevorzugten daher die literarische Sprache mit einer grammatikalischen Struktur, die zwar einfach war, aber auf eine komplexe Rhetorik abzielte und Ausdrücke verfolgte, die tiefgründig sein konnten.
[...]
1 Schlegel, Friedrich: Friedrich Schlegel. Werke in zwei Bänden,1.Band, Berlin und Weimar 1980, S166
2 Xuanxue玄学“ „Lehre vom Schwerbegreifbaren”.
3 Wang Bi (226-249) einer der Begründer des Neutaoismus. Bekannt für seine Interpretationen des Tao Te King und des I Ging, starb er im Alter von 23 Jahren
4 Wagner, Rudolf: The Craft of a Chinese Commentator Wang Bi on the Laozi, New York, S.14: “Wang Bi began to make his mark as a sophisticated interpreter of the new canon when he was barely ten years old”.
5 Vgl. Schlegel a. a. O. S191
6 Das Buch der Poesie
7 Das Buch der Urkunden
8 Das Buch der Riten
9 Das Buch der Wandlungen
10 Die Frühlings- und Herbstannalen
11 Die chinesische Hermeneutik hat der Rolle der Gattung in der Hermeneutik immer große Bedeutung beigemessen, und Konfuzius war der Pionier dieser Gattungsklassifikation
12 Wilhelm, Richard: Konfuzius Gespräche. Köln, 2018, S131
13 Bloom, Irene: Mencius, New York: Columbia University Press 2011, S102: “If one thinks about understanding the intent, one will get it.”
14 Vgl. Bloom, a.a.O. S119: “When he feels that being a friend of all the good scholars of the world is not enough, he will go back in time to consider the people of antiquity, repeating their poems and reading their books. Not knowing what they were like as persons, he considers what they were like in their own time. This is to go back in time and make friends”.
15 Tang Yongtung: Aufsätze zur Metaphysik der Wei-Jin-Dynastie (Weijin Xuanxue Lungao), Shanghai 2001, S.24
16 Vgl. Michael N. Forster: German Philosophy of Language: From Schlegel to Hegel and Beyond, New York: Oxford University Press 2015
17 Vgl. Tang Yongtung, S.25 Ji Kang(224-263) hat die Theorie, dass "Sprache den Gedanken nicht vollständig ausdrücken kann", Wang Dao(276-339)、Ouyang Jian(269-300) :"Sprache den Gedanken vollständig ausdrücken kann", Yin Rong :"Trigramme den Gedanken nicht vollständig ausdrücken können", und Wang Bi hat die Theorie, dass "man nach dem Erwerb der Bedeutung die Sprache vergessen sollte".
18 Vgl. Lynn, Richard: The Classic of Changes: A New Translation of the I Ching as Interpreted by Wang Bi , New York , 2004
19 Vgl. Wagner a. a. O. S., S.14: “His strong emphasis on philosophy of language signals the stress coming from critics who argued that language was intrinsically unable to handle the problem of the Dao “
20 Vgl. Forster, a.a.O., S.25
21 Vgl. „Lun xin xueyu de shuru" 论新学语的输入 („Über die Einfuhrung neuer Fachbegriffe"), in: Jing'an wenji xuji 静庵文集 in: Wang Guowei (1983), Bd. 5, Artikel
22 Vgl. Wagner a. a. O., S.63: “Trivial as this might sound, it establishes a vital reading strategy for a proper handling of IPS, namely spatial instead of linear reading.”
23 Lao Tse: Tao te King, übersetzt von Richard Wilhelm , Köln: Bastei Lübbe, 32.Sinnspruch
24 Grammatik im engeren Sinne, und nicht systematisch