Zwangsarbeiter-Entschädigung
Ich halte heute ein Referat über Zwangsarbeiter im 3.Reich während des II.Weltkriegs, und darüber, warum dieses Thema heute, ein halbes Jahrhundert später, noch brisant ist.
I. Worum geht es?
Als erstes möchte ich Zwangsarbeit definieren. Hierzu zitiere ich Johannes Rau, den deutschen Bundespräsidenten:
,,Sklaven- und Zwangsarbeit bedeutete nicht nur das Vorenthalten des gerechten Lohnes. Sie bedeutete Verschleppung, Heimatlosigkeit, Entrechtung, Und die brutale Missachtung der Menschenwürde. Oft war sie nur darauf angelegt, Menschen durch Arbeit zu vernichten."
Dies ist, meiner Meinung nach, eine treffende Begriffsbestimmung, weil sie nicht nur das Vorenthalten des Lohnes und den Entzug der Freiheit umfasst, sondern auch das Verletzen der Menschenwürde, wie wir sie heute in unserem Kulturkreis verstehen.
II. Warum Zwangsarbeiter-Entschädigung?
1. Der Ablauf des II. Weltkriegs hatte zur Folge, dass immer mehr Männer
Soldaten wurden. Die dadurch frei gewordenen Arbeitsplätze mussten wieder besetzt werden. 1942 wurde Gauleiter Fritz Sauckel der Arbeitseinsatz aller verfügbaren Arbeitskräfte übertragen. Er organisierte den Zwangseinsatz von Menschen in den von Deutschland besetzten Gebieten.
Die Zwangsarbeiter wurden eingesetzt
a) in der Landwirtschaft,
b) in der industriellen Produktion und
c) für militärische Bauvorhaben ( z.B.: Atlantikwall ).
2. Laut Brockhaus arbeiteten Mitte 1944 im deutschem Machtbereich 7,6 Mio. ausländische Arbeitskräfte ( Kriegsgefangene und Zwangsarbeiter; 1,7 Mio. kamen aus Polen und 2,8 Mio. aus der Sowjetunion). Zur Zeit sind jedoch keine 100% sicheren Zahlen zu finden.
3. Die Zwangsarbeiter wurden je nach ihrem Herkunftsland unterschiedlich behandelt. Sie wurden unterschiedlich untergebracht ( z.B. in Barackenlagern). So gab es unbewachte Lager, bewachte Lager, mit Stacheldraht oder mit Elektrozäunen umzäunt oder solche, die doppelt umzäunt waren, wo in der Mitte blutrünstige Schäferhunde herumliefen.
Bei der Grundversorgung mit Essen und Kleidung bekamen die Ostarbeiter eine erheblich schlechtere Behandlung als die anderen Fremdarbeiter. So soll das Russenbrot zu 50% aus Roggenschrot, zu 20% aus Rübenschnitzeln, zu 20% aus Zellmehl und zu 10%aus Stroh oder Laub bestanden haben. Während ein Arbeiter in der Metallindustrie vier bis sechs RM am Tag verdiente, bekamen die Ostarbeiter nur 2,55 RM und davon wurden 1,50 RM für Unterkunft und Verpflegung abgezogen.
Bereits seit März 1940 hatte Himmler schlimme Richtlinien zur Behandlung von Fremdarbeitern herausgegeben, die damals vor allem polnische Fremdarbeiter betrafen. Ungehorsam musste mit Schlägen bestraft werden. Verkehr mit Deutschen war verboten. Die Fremdarbeiter sollten keine Zeitungen kaufen und kein Radio hören dürfen.
4. Die Zwangsarbeiter-Entschädigungen sollen einen materiellen Ausgleich für ihre frühere Entlohnung bieten und ideell der Versöhnung mit den Opfern dienen.
III. Warum kam es erst jetzt zur Entschädigungsdiskussion?
1. Nach dem Krieg gab es zwar Wiedergutmachungsgesetze und ein Bundesentschädigungsgesetz. Ihre Wirkung waren durch die Teilung Deutschlands auf die Bundesrepublik beschränkt. Hatten z.B. aufgrund Schindlers Liste zwei Arbeiter überlebt, hatten sie ein unterschiedliches Schicksal. Der im Westen gebliebene wurde entschädigt, der in den Osten gegangene bekam nichts. Die Zahlungen von Kanzler Schmidt an Polen kamen im Endeffekt nicht bei den Opfern an.
2. Durch das Londoner Schuldenabkommen waren alle Forderungen gegen Deutschland bis zu einem Friedensvertrag zurückgestellt worden.
Die Wiedervereinigung- also der Zwei-plus-Vier-Vertrag von 1990- kam einem Friedensvertrag nahe. So begannen die Überlegungen, ob und welche Ansprüche gegen Deutschland geltend gemacht werden könnten.
3. Erfolgreiche Kampagnen gegen Schweizer Banken, die sich an Raubgold und Herrenlosen Konten bereichert hatten, brachten US-Anwälte dazu, nunmehr deutschen Firmen mit Sammelklagen von Zwangsarbeitern zu drohen.
4. Unterschiedliche Standpunkte bestehen in der Frage, ob es überhaupt Rechtsan sprüche für die Zwangsarbeiter gibt ( so die Vertreter der Opferverbände) oder ob . eine moralische Wiedergutmachung vorgenommen werden soll ( so die Auffas- . sung der Bundesrepublik).
5. In Deutschland wurde daher eine Stiftung gegründet, und es wurden Verhand- - lungen geführt, mit dem Ziel, eine endgültige Regelung über die Höhe der Ge-. samtentschadigung treffen soll.
IV. Welche Einigung wurde erzielt?
1. Vertreter der Opferverbände ( z.B. Eizenstat) und aus Deutschland (z.B. Lambsdorff) einigten sich auf eine Summe von 10 Mrd. DM. Die deutsche Seite geht davon aus, dass dieser Betrag je zur Hälfte von der deutschen Wirtschaft und dem Staat aufgebracht wird.
Offen ist, ob sich die Bundesländer und die Gemeinden an der Finanzierung beteiligen werden.
Die Bundesrepublik wird die Entschädigungsmittel voraussichtlich aus dem Verkauf von Industrie-Beteiligungen finanzieren.
2. Offen ist, in wie weit durch die Vereinbarungen überhaupt eine Bindung für alle Zwangsarbeiter erreicht werden kann.
2.a. USA:
Die Gerichte in den USA entscheiden im Einzelfall. Es ist offen, ob der letter of Interest ( Zusicherung der USA, dass aus politischem Interesse der USA kein Urteil zugunsten des Klägers ergehen wird), vom einzelnen Gericht angewendet werden wird
2.b. EU:
Offen ist auch, ob die Vereinbarung in der EU wirksam sein wird, weil sie gegen Art.6. der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grund-Freiheit ( ERMK ) verstoßen könnte, der dem einzelnem Europäer umfassenden Rechtsschutz bietet.
2.c. Länder ausserhalb der EU und den USA
Wie eine Bindung von Drittländern erreicht werden soll, scheint nirgendwo bedacht zu sein.
3. Offen ist wie die Entschädigungssumme verteilt werden soll.
Nach den deutschen Vorstellungen sollen fünf Gruppen von Anspruchsberechtigten gebildet werden, und zwar je nach der Schwere des Einzelschicksals. Die Anwälte der Opfer wollen jeweils einen möglichst hohen Anteil für die von ihnen vertretene Gruppe, u.a., da sich ihr Honorar nach der Höhe der Entschädigung richtet.
Wie soll ein Opfer seinen Anspruch nachweisen?
Häufig gestellte Fragen
Worum geht es in dem Referat über Zwangsarbeiter-Entschädigung?
Das Referat befasst sich mit der Zwangsarbeit im 3. Reich während des II. Weltkriegs und warum dieses Thema auch heute noch von Bedeutung ist. Es wird Zwangsarbeit definiert und die Gründe für die aktuelle Brisanz der Entschädigungsfrage erläutert.
Was ist Zwangsarbeit laut Definition?
Zwangsarbeit wird als Vorenthalten des gerechten Lohnes, Verschleppung, Heimatlosigkeit, Entrechtung und die brutale Missachtung der Menschenwürde verstanden. Oftmals war es darauf angelegt, Menschen durch Arbeit zu vernichten.
Warum wurden Zwangsarbeiter im Zweiten Weltkrieg eingesetzt?
Der Einsatz von Zwangsarbeitern erfolgte, um die durch den Kriegsdienst der Männer entstandenen Arbeitskräfteausfälle zu kompensieren. Sie wurden in der Landwirtschaft, in der industriellen Produktion und für militärische Bauvorhaben eingesetzt.
Wie viele Zwangsarbeiter gab es?
Mitte 1944 arbeiteten im deutschen Machtbereich schätzungsweise 7,6 Millionen ausländische Arbeitskräfte, darunter Kriegsgefangene und Zwangsarbeiter. Davon kamen 1,7 Millionen aus Polen und 2,8 Millionen aus der Sowjetunion. Die genauen Zahlen sind jedoch nicht gesichert.
Wie wurden die Zwangsarbeiter behandelt?
Die Behandlung der Zwangsarbeiter variierte je nach Herkunftsland. Es gab unterschiedliche Unterkünfte (z.B. Barackenlager mit verschiedenen Sicherheitsvorkehrungen). Ostarbeiter erhielten eine deutlich schlechtere Versorgung mit Essen und Kleidung als andere Fremdarbeiter. Es gab auch strenge Richtlinien, die den Umgang mit Fremdarbeitern regelten, wie z.B. Strafen bei Ungehorsam und Verbote des Kontakts mit Deutschen.
Was soll durch die Zwangsarbeiter-Entschädigungen erreicht werden?
Die Entschädigungen sollen einen materiellen Ausgleich für die vorenthaltene Entlohnung bieten und ideell der Versöhnung mit den Opfern dienen.
Warum kam es erst jetzt zur Entschädigungsdiskussion?
Es gab mehrere Gründe: Nach dem Krieg waren Wiedergutmachungsgesetze durch die Teilung Deutschlands beschränkt. Das Londoner Schuldenabkommen hatte alle Forderungen gegen Deutschland bis zu einem Friedensvertrag zurückgestellt. Erfolgreiche Kampagnen gegen Schweizer Banken, sowie der Zwei-plus-Vier-Vertrag von 1990, führten zu erneuten Überlegungen.
Gibt es überhaupt Rechtsansprüche für die Zwangsarbeiter?
Es gibt unterschiedliche Standpunkte. Opferverbände sehen Rechtsansprüche, während die Bundesrepublik eher eine moralische Wiedergutmachung befürwortet.
Welche Einigung wurde erzielt?
Vertreter der Opferverbände und aus Deutschland einigten sich auf eine Summe von 10 Milliarden DM. Diese soll je zur Hälfte von der deutschen Wirtschaft und dem Staat aufgebracht werden. Es ist noch offen, ob sich die Bundesländer und die Gemeinden an der Finanzierung beteiligen werden.
Ist die Einigung für alle Zwangsarbeiter bindend?
Es ist offen, inwieweit durch die Vereinbarungen eine Bindung für alle Zwangsarbeiter erreicht werden kann. Gerichte in den USA entscheiden im Einzelfall. Es ist auch offen, ob die Vereinbarung in der EU wirksam sein wird, weil sie gegen Art.6. der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grund-Freiheit ( ERMK ) verstoßen könnte. Wie eine Bindung von Drittländern erreicht werden soll, scheint nirgendwo bedacht zu sein.
Wie soll die Entschädigungssumme verteilt werden?
Nach deutschen Vorstellungen sollen fünf Gruppen von Anspruchsberechtigten gebildet werden, je nach der Schwere des Einzelschicksals. Wie ein Opfer seinen Anspruch nachweisen soll, ist noch offen.
- Arbeit zitieren
- Felix Sigel (Autor:in), 2001, Zwangsarbeiter-Entschädigung, München, GRIN Verlag, https://www.hausarbeiten.de/document/102222