„Firmen müssen nicht menschlich denken“
Ziemlich viele Menschen in der Schweiz müssen von der Fürsorge unterstützt werden. Nicht weil sie Teilzeit, oder überhaupt nicht arbeiten. Der Grund dafür sind zu tiefe Löhne im Verkauf , im Gastgewerbe, in Reinigungsberufen und in sonstigen Niedriglohnberufen. Einen grossen Bekanntheitsgrad im Zusammenhang mit Niedriglöhnen hat die Migros. Sie zahlt nicht mehr, als für ihre wirtschaftliche Aktivität von Nutzen ist. Was versprechen sich Unternehmen wie die Migros mit solchen Lohnpolitischen Einstellungen ?
Neben dem Kapital, dem Wissen und den Natürlichen Ressourcen ist die Arbeit eine der wichtigsten Produktionsfaktoren. Dieser Produktionsfaktor Arbeit in Form von Angestellten stellt für Unternehmen eine grosse finanzielle Belastung dar. Nun ist es aus unternehmerischer Sicht von Interesse bei den Löhnen Einsparungen vorzunehmen. Aber wie bekannt gibt es immer zwei Seiten. Findet bei der Lohnverteilungsseite in Rationalisierung statt, so entstehen folglich Einbussen bei der Lohnempfängerseite. Sollen diese Einsparungen auf Kosten der Arbeiter gehen ? Wer hat in diesem Fall Vorrang ? Die Menschliche oder die ökonomische Seite ?
Der Arbeitsmarkt kann ohne weiteres mit dem Gütermarkt verglichen werden. Wir gehen hier zur Vereinfachung von einer konstanten Nachfrage aus: Steigt das Angebot bzw. das Arbeitsangebot, sinken die Preise bzw. die Löhne. Sinkt das Angebot bzw. das Arbeitsangebot, dann steigen demzufolge auch die Preise bzw. die Löhne. Nun besteht in der Schweiz ein klares Überangebot an Arbeitskräften im Tieflohnbereich: Ausländer, Hausfrauen und Zweitverdienerinnen, Junge, die in der Freizeit oder in den Ferien Jobben. Dieses Überangebot an Arbeitskräften in diesem Segment ist verantwortlich für diese tiefen Löhne.
Unternehmungen sind keineswegs interessiert höheres Entgelt zu bezahlen, als es in der betreffenden Branche üblich ist. Doch mit absolut freien Lohnhöhen ist Vorsicht geboten, denn wenn das Verdiente derart knapp ausfällt, so dass der Wohlfahrtsstaat für die notwendigen Aufbesserungen des Lohnes der sogenannten „Workingpoor“ aufkommen muss, wird der Zweck der Fürsorgeeinrichtungen verfehlt. In diesem Fall nimmt man der Wirtschaft etwas ab, was eigentlich sie tragen müsste. Man kann hier auch von einer sogenannten Subventionspraktik sprechen. Um diesen Nebeneffekt zu verhindern müsste der Staat Mindestlöhne festlegen. Ebenfalls aber ist zu Beachten, welche Konsequenzen derartige Massnahmen mit sich tragen: Wenn Firmen an Mindestlöhne gebunden sind, stellen sie ganz einfach weniger Personal ein. Die Folge wäre eine erhöhte Arbeitslosigkeit, was natürlich auch nicht im Wirtschaftsinteresse liegt. Offensichtlich ist dieser Sachverhalt dem freien Arbeitsmarkt zu überlassen, der die Sache von alleine regulieren wird. So werden Unternehmen immer seltener zu Personal gelangen, das zu diesen Löhnen zu arbeiten bereit ist.
Es gibt auch mehr oder weniger direktere Wege sich gegen miese Löhne zu wehren. Ich lege das Stichwort „Gewerkschaft“ in die Runde. Es ist wahrhaftig eines der stärksten Mittel, sich gegen Ungerechtigkeiten von Seiten der Arbeitgeber zu wehren. Das Baugewerbe lässt jeden Zweifel auf der Strecke bleiben, denn dort sind die Saläre höher und die Arbeitsbedingungen deshalb wesentlich besser, weil die meisten Arbeiter gewerkschaftlich engagiert sind. Ein weiterer Ansatzpunkt besteht von Seiten der Konsumenten. Diese sind im Grossen und Ganzen auf möglichst tiefe Preise bei den Produkten aus. Gerade Migros bietet ein sensationelles Sortiment zu Niedrigstpreisen an. Welcher Konsument ist schon bereit höhere Preise in kauf zu nehmen um das Lohnniveau der Angestellten zu erhöhen ? Ich denke die Beantwortung dieser Frage erübrigt sich. Aber wenn wir Firmen aufrufen menschlich zu denken wo bleibt denn unsere Menschlichkeit ? Es sind nicht nur die Unternehmen alleine die den Markt bestimmen sondern es sind auch die Konsumenten die das Verhalten dieser beeinflussen und steuern. So müssten auch wir etwas zu einer Änderung beitragen.
Häufig gestellte Fragen
Worum geht es in dem Text "Firmen müssen nicht menschlich denken"?
Der Text diskutiert die Problematik niedriger Löhne in der Schweiz, insbesondere im Niedriglohnsektor, und die Rolle von Unternehmen wie Migros dabei. Es wird erörtert, ob Einsparungen bei den Löhnen auf Kosten der Arbeitnehmer gehen sollen und wer Vorrang hat: die menschliche oder die ökonomische Seite.
Welche Faktoren tragen zu niedrigen Löhnen in der Schweiz bei?
Ein Überangebot an Arbeitskräften im Tieflohnbereich, darunter Ausländer, Hausfrauen, Zweitverdiener und Studentenjobs, trägt zu niedrigen Löhnen bei.
Wie beeinflusst der Wettbewerb die Löhne?
Unternehmen sind bestrebt, nicht mehr Lohn zu zahlen, als in der jeweiligen Branche üblich ist. Der Text vergleicht den Arbeitsmarkt mit dem Gütermarkt, wo ein höheres Angebot tendenziell die Preise (bzw. Löhne) senkt.
Welche Rolle spielt der Staat bei der Regulierung von Löhnen?
Der Staat könnte Mindestlöhne festlegen, um zu verhindern, dass der Sozialstaat Löhne aufbessern muss. Allerdings könnte dies zu Arbeitsplatzverlusten führen, da Unternehmen möglicherweise weniger Personal einstellen.
Welche Möglichkeiten haben Arbeitnehmer, sich gegen niedrige Löhne zu wehren?
Der Text erwähnt Gewerkschaften als ein starkes Mittel, um sich gegen Ungerechtigkeiten von Seiten der Arbeitgeber zu wehren. Auch Konsumenten können eine Rolle spielen, indem sie bereit sind, höhere Preise für Produkte zu zahlen, um das Lohnniveau der Angestellten zu erhöhen.
Wie beeinflusst das Verhalten der Konsumenten die Lohnpolitik von Unternehmen?
Konsumenten sind oft auf niedrige Preise aus und wählen Produkte von Unternehmen wie Migros, die Niedrigstpreise anbieten. Dies übt Druck auf Unternehmen aus, die Löhne niedrig zu halten.
Welche Schlussfolgerung zieht der Text?
Der Text plädiert für eine ausgewogene Mischung aus Marktfreiheit, marktpolitischer Interventionen und Sozialstaat, um den Wettbewerb zu fördern, ohne Minderheiten auszubeuten. Es wird betont, dass eine gerechte Lösung oft Kompromisse erfordert, bei denen entweder die menschliche oder die wirtschaftliche Seite Opfer bringen muss.
Was bedeutet "Workingpoor" im Kontext des Textes?
"Workingpoor" bezieht sich auf Personen, die trotz Erwerbstätigkeit aufgrund niedriger Löhne auf staatliche Unterstützung angewiesen sind.
Was wird unter "Subventionspraktik" im Text verstanden?
Wenn der Staat Löhne durch Fürsorgeleistungen aufbessern muss, wird dies als Subventionspraktik bezeichnet, da der Staat Kosten übernimmt, die eigentlich von der Wirtschaft getragen werden müssten.
- Quote paper
- Roman Ott (Author), 2001, Firmen müssen nicht menschlich denken, Munich, GRIN Verlag, https://www.hausarbeiten.de/document/101989