Diese Arbeit befasst sich primär mit der sogenannten Gleichschaltung der Sicherheitsorgane. Der Fokus liegt dabei auf der Frage, wie genau die Rolle der Polizei in der Zeit des Nationalsozialismus aussah und ob man diese als eine Art Instrument des NS-Regimes bezeichnen kann.
Mit der Ernennung Adolf Hitlers zum Reichskanzler am 30. Januar 1933 begann der Prozess der Gleichschaltung im nationalsozialistischen Deutschland. Damit begann eben die Gleichschaltung bereits deutlich vor dem Erlass des entsprechenden Gleichschaltungsgesetztes vom 07. April desselben Jahres. Es war die Polizei, die von diesen Veränderungen zuerst betroffen war, noch vor der Justiz.
Gleich zu Beginn nahm Hitler mit einer seiner ersten Amtshandlungen eine Veränderung im Innenministerium, dem Preußischen Ministerium des Innern, vor und ernannte Hermann Göring zum Leiter dieses Ministeriums. Dieser war sich schon immer der besonderen Bedeutung der Polizei bewusst und sah es als unerlässlich an eben diese zu kontrollieren.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Chronologischer Überblick
3. Die wichtigsten Akteure
4. Die Polizei
4.1. Die Polizei als Instrument Hitlers
4.2. Die Verschmelzung von Polizei und Partei
5. Fazit
6. Literaturverzeichnis
1. Einleitung
„Nach nationalsozialistischer Auffassung [gäbe es] keine allgemeingültige Begriffsbestimmung und Aufgabenstellung der Polizei". Dies machte der Reichsführer-SS und oberste Chef der Deutschen Polizeibehörde,Heinrich Himmler, deutlich.
Ein anderer Ansatz bzw. Begriff, nämlich der des „völkischen" Polizeibegriffs, wurde hingegen von Dr. Werner Best geprägt. Dieser bekleidete die Position eines juristischen Beraters des Chefs des Sicherheitshauptamtes. Dr. Best leitete diesen Begriff aus der „völkischen” Staatsauffassung ab1.
Diese Arbeit wird sich primär mit der sogenannten Gleichschaltung der Sicherheitsorgane befassen. Der Fokus wird dabei auf der Frage liegen, wie genau die Rolle der Polizei in der Zeit des Nationalsozialismus aussah und ob man diese als eine Art Instrument des NS-Regimes bezeichnen kann.
Im Zuge der nachfolgenden Untersuchung dieses Themas wird von der These ausgegangen, dass es sich bei der Polizei nicht um ein Instrument unter vielen handelte, sondern diese durch die Gleichschaltung vielmehr zum eben wichtigsten wurde.
Vorab bedarf es einer Erläuterung zweier zentraler Begriffe. Dem der „Gleichschaltung” und dem des „Volks”.
Der nationalsozialistisch konnotierte Begriff der „Gleichschaltung” steht für das systematische Erheben von Parteifunktionären in alle wichtigen Führungspositionen im nationalsozialistischen Deutschland.
Ebenfalls sehr wichtig ist die Erläuterung des Begriffs des „Volks”, der eine tragende Rolle einnimmt. Besonders durch Heinrich Himmler geprägt, versteht sich das „Volk” als das Idealbild eines einheitlichen Ganzen, welches stark und geeint hinter der Partei steht und nicht zu viel Raum für Individualitäten lässt. Himmler erklärt diese Vorstellung damit, dass die „wirkliche Erscheinungsform des Menschentums nicht im Einzelmenschen, sondern im Volk zu sehen" sei2.
An Literatur mangelt es zu diesem Thema nicht. Als Grundlage für diese Arbeit werden vor allem die Monographien von Friedrich Wilhelm, „Die Polizei im NS-Staat”, und die von Hans Buchheim , „SS und Polizei im NS-Staat”, dienen. Erstere bietet einen umfänglichen Einblick in Aufbau, Struktur und Tätigkeitsfelder der deutschen Polizeibehörden im Nationalsozialismus. Die Monographie Buchheims bietet hingegen eine chronologische Gliederung verschiedener polizeilicher Daten. Sowohl in Bezug auf das Verhältnis von SS und Polizei, als auch auf die Gleichschaltung. Zwar handelt es sich hierbei um eine bereits ältere Publikation, jedoch ist diese faktisch nach wie vor aktuell und hilfreich.
Ebenfalls genauer konsultiert wird der Sammelband „Der Weg in den Nationalsozialismus”, welcher von Michael Kißener herausgegeben wurde. Dieser Sammelband beinhaltet verschiedene Aufsätze über die Zeit der Machtergreifung, also die Anfänge des Nationalsozialismus.
Zu Beginn des Hauptteils wird ein chronologischer Überblick folgen, welcher die bedeutendsten Ereignisse beinhalten wird. Es werden sowohl Handlungen, als auch Erlässe und Verordnungen berücksichtigt. Daran anknüpfend werden die wichtigsten Akteure für die Gleichschaltung der deutschen Polizei hinsichtlich ihrer Tätigkeitsfelder und der jeweiligen Erhebung in das entsprechendene Amt skizziert. Anschließend folgt eine genauere Betrachtung der Rolle der Polizei. Abschließend wwerden die Informationen resumierend zusammengefasst und hinsichtlich der zu Beginn aufgestellten These final beurteilt.
2. Chronologischer Überblick
Mit der Ernennung Adolf Hitlers zum Reichskanzler am 30. Januar 1933 begann der Prozess der Gleichschaltung im nationalsozialistischen Deutschland. Damit begann eben die Gleichschaltung bereits deutlich vor dem Erlass des entsprechenden Gleichschaltungsgesetztes vom 07. April des selben Jahresn. Es war die Polizei, die von diesen Veränderungen zuerst betroffen war, noch vor der Justiz. Gleich zu Beginn nahm Hitler mit einer seiner ersten Amtshandlungen eine Veränderung im Innenministerium, dem Preußischen Ministerium des Innern, vor und ernannte Hermann Göring zum Leiter dieses Ministeriums.3 Dieser war sich schon immer der besonderen Bedeutung der Polizei bewusst und sah es als unerlässlich an eben diese zu kontrollieren. So schrieb er selbst dazu, dass es von großer Wichtigkeit sei „das Machtinstrument der Schutzpolizei und der politischen Polizei fest in die Hand zu bekommen".4 Ein weiterer wichtiger Erlass ist der vom 4. Februar 1933. An diesem Tag erließ Hitler die erste Notverordnunge, genauer die „Verordnung des Reichspräsidenten zum Schutze des deutschen Volkes". Diese Verordnung diente dazu nach und nach die Weimarer Verfassung und die Grundrechte außer Kraft zu setzen.5 Unmittelbar darauf, am 6. Februar, folgte ein weiterer Erlass. Die „Verordnung des Reichspräsidenten zur Herstellung geordneter Regierungsverhältnisse in Preußen". Mit Hilfe dieser Verordnung gelang es Hitler die Einsetzung seiner Funktionäre in Preußen zu legalisieren.6 Dieser Verordnung muss im Zuge dieser Arbeit eine besondere Erwähnung zuteil werden, denn sie ermöglichte Göring die vollumpfängliche Gewalt über die preußischen Polizeibehörden.7
Göring wiederrum erhob am 7. Februar, also lediglich einen Tag später, den SS- Gruppenführer Kurt Daluege in eine Sonderrolle.
Diese Position lief unter der Bezeichnung des „Komissar zur besonderen Verwendung” und war damit betraut die Polizeibehörden politisch zu „säuben”, also von all denjenigen zu „befreien”, die nicht der politischen Gesinnung der NS-Spitze folgten.8 Ab diesem Zeitpunkte war die Instrumentalisierung des deutschen Polizeiapparats zu einem Werkzeug der NS-Spitze nicht mehr zu verbergen. In der Folge wurde diese Entwicklung schnell und kompromisslos vorrangetrieben. In 14 deutschen Großstädten wurden die amtierenden Polizeipräsidenten durch Parteimitglieder ausgetauscht.9
Der Terror, den dieses Regime über das Land bringen sollte wurde am 17. Februar des selben Jahres offen erkennbar, als Hermann Göring den sogenannten „Schießbefehl” erließ. Dieser Erlass diente der Unterstützung des nationalen Gemeinschaftsgedanken, welchen das NS-Regime als eine Art Grundgedanken im deutschen Volk verankern wollte. So verpflichtete dieser „Schießbefehl” Polizisten dazu „auch nur jeden Anschein einer feindlichen Haltung oder gar den Eindruck einer Verfolgung gegenüber nationalen Verbänden, wie SA, SS und Stahlhelm, und nationalen Parteien unter allen Umständen zu vermeiden”10 und eben diese Organisationen „mit allen Kräften zu unterstützen”.11 Er diente also dazu „die nationale Propaganda mit allen Kräften zu unterstützen” und „wenn nötig, rücksichtslos vor der Schusswaffe Gebrauch zu machen”.12
Gruppen, die gegen genau diese nationale Ausrichtung positioniert waren, seien hingegen Feinde des Staates und demnach sei diesen „staatsfeindlichen Organisationen mit schäfsten Mittel entgegenzutreten”.13 Peter Steinbach schreibt hierzu, den Polizisten sei befohlen worden „wenn nötig, rückhaltlos von der Waffe Gebrauch zu machen”.14
Wie Peter Steinbach in seiner Arbeit über die Gleichschaltung aus dem Jahre 2009 bereits aufzeigt, drohte der damalige Innenminister Hermann Göring jedem Polizisten bei Missachtung dieser Anweiseung mit scharfen Repressalien. Wie die folgende Aussage Görings zeigt: „Jeder Beamte hat sich stets vor Augen zu halten, dass die Unterlassung einer Maßregel schwerer wiegt als begangene Fehler in der Ausübung”.15 Eventuelle Zurückhaltung bei Ausübung dieser Taten innerhalb der Polizei versuchte Göring dadurch zu beseitigen, dass er selbst ausdrücklich die volle Verantwortung für alles übernahm, was im Zuge dieses Erlasses geschah. In den Folgezeit sollte sich diese Art Freibrief als eine Schlüsselstelle in der Entwicklung Deutschlands herausstellen, denn er führte dazu, dass eine „völlige Einschwörung in der Beamtenschaft auf den nationalsozialistischen Maßnahmenstaat” erfolgte, welche nachfolgend „in der ,Säuberung' und Gleichschaltung' der Exekutive und Judikative” resultierten.16 In die Entwicklung der polizeilischen Gleichschaltung wurden parteinahen Gruppen, wie z.B. SA und SS gleichermaßen mit eingebunden. Am 22. Februar des Jahres 1933 erließ der komissarisch preußische Innenminister Göring neue Durchführungsbestimmungen, welche die Gründung einer Hilfspolizei zur Folge hatte.
Dieser Erlass ist nicht als eine Stärkung des geltenden Rechtssystems zu sehen, sondern als eine Absicherung der Macht für das NS-Regime.17 Er wird als ein wichtiger Schachzug Görings hin zu einem kontrollier- und manipulierbaren Polizeiapparat gesehen. Nachfolgend an diese Entwicklung ließ Göring die Polizeien im gesamten Reich als politisches Verfolgungsinstrument weiter ausbauen.
Einen weiteren wichtigen Schritt in der Gleichschaltung ging die Regierung im Zuge des Reichtagsbrands am 27. Februar. Unmittelbar danach wurde die „Verordnung des Reichspräsidenten zum Schatz von Volk und Staat” bzw. „Reichstagsbrandverordnung” erlassen.18 Diese ermöglichte es der NS-Spitze unzählige politische Gegner, darunter Mitglieder von SPD und KPD, zu verhaften und diese, teilweise auch unter Anwendung von Folter, zu verhören und an deren Stelle nun Gefolgsleute einzusetzen, deren nationalsozialistischer Gesinnung, zumindest aber Tendenzen, man sich gewiss sein konnte.19
Für das Ende der Vielfalt innerhalb der politischen Landschaft sorgte dann das „Ermächtigungsgesetz” vom 23. März 1933. Deutschland wurde unweigerlich zu einem
Staat mit nur einer Partei. Dieser Prozess wird als der erste Teil in der Entwicklung Deutschlands zu einem totalitären Staat angesehen.
Sind die bereits beschriebenen Ereignisse eher als inoffizielle Handlungen zu werten, begannen die ersten direkten Maßnahmen am 09. März 1933 mit der Ernennung Heinrich Himmlers zum „Politischen Polizeikommandeur Bayerns”.20 Himmler gelang es in den Folgemonaten in allen anderen Ländern ebensfalls diesen Rang zu erlangen und er schaffte dadurch das Fundament für die polizeilische Gleichschaltung, welches durch Buchheim als die bedeutendste strukturelle Grundlage für eben diese Entwicklung angesehen .21
In den beiden darauffolgenden Jahren wurde die Gleichschaltung der Polizei vollkommen abgeschlossen. Dieser Abschluss begann mit der sogenannten „Verweichlichung” des Polizeiapparats am 01. April 1935, als die jeweiligen Landespolizeien alle unter der direkten Kontrolle des Reiches gebündelt wurden. Vollends abgeschlossen wurde der gesamte Prozess dann am 17. Juni des Folgejahres, als Heinrich Himmler zum „Reichsführer-SS und Chef der Deutschen Polizei im Reichsministerium des Innern” ernannt wurde.22 Dies gab Himmler die Macht selbstständig reichsweit wirksame Beschlüsse zu erlassen und macht ihn faktisch zum zweitmächtigsten Mann im Deutschen Reich.23
3. Die wichtigsten Akteure
Im Folgenden wird auf fünf der wichtigsten Schlüsselpersonen hinsichtlich der polizeilichen Gleichschaltung genauer eingegangen, das es wichtig ist, die teilweise sehr verworrenen Strukturen und Aufgabenbereiche der einzelnen Ämter klar herauszuarbeiten um den jeweiligen Einfluss der entsprechenden Personen deutlich machen zu können. Diese sind Kurt Daluege, Chef der Ordnungspolizei, Reinhard Heydrich, Leiter der Sicherheitspolizei, sowie Werner Best, Heinrich Himmler und Hermann Göring.
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1 Friedrich Wilhelm: Polizei im NS-Staat. Die Geschichte ihrer Organisation im Überblick. Paderborn 1997, S. 13.
2 Michael Wildt: Polizei und Volksgemeinschaft. In: Topographie des Terrors. Gestapo, SS und Reichssicherheitshauptamt in der Prinz-Albrecht-Straße; eine Dokumentation. Berlin 2010, S. 4.
3 Friedrich Wilhelm: Polizei im NS-Staat. Die Geschichte ihrer Organisation im Überblick. Paderborn 1997, S. 37.
4 Hermann Göring: Aufbau einer Nation. Berlin 1934, S. 84.
5 Wilhelm, a.a.O., S. 37.
6 Ebd.
7 Ebd.
8 Wilhelm, a.a.O., S. 38.
9 Michael Wildt: Geschichte des Nationalsozialismus. Göttingen 2008, S. 75.
10 Peter Steinbach: Die Gleichschaltung. Zerstörung der Weimarer Republik - Konsolidierung der nationalsozialistischen Diktatur. In: ( Hrsg.) Michael Kißener: Der Weg in den Nationalsozialismus 1933/34. Darmstadt 2009, S. 75.
11 Ebd.
12 Michael Wildt: Geschichte des Nationalsozialismus. Göttingen 2008, S. 75.
13 Steinbach, a.a.O., S. 75.
14 Ebd.
15 Ebd.
16 Ebd.
17 Steinbach, a.a.O., S. 76.
18 Wildt, a.a.O., S. 1.
19 Ebd.
20 Hans Buchheim: SS und Polizei im NS-Staat. Duisburg 1964, S. 36 ff.
21 Ebd.
22 Wilhelm, a.a.O., S. 264.
23 Buchheim, a.a.O., S. 126.