Unternehmen werden oftmals mit einem Marktwert versehen, der sich mit Hilfe traditioneller Bewertungsverfahren kaum rechtfertigen lässt.
Als ein möglicher Ansatz zur Bewertung wird in dieser Arbeit die Optionspreistheorie vorgeschlagen. Sie vermag die mit der Investition verbundenen „Realoptionen“ zu erfassen. Realoptionen können als Bündel von Möglichkeiten definiert werden, reales Vermögen zu verwenden.
Es wird dabei zunächst aufgezeigt, warum Unternehmen überhaupt bewertet werden und welche Methoden es gibt. Mit dem Maß des Discounted Cash-flow wird dann eine in der Praxis sehr gängige Methode zur Ertragswertermittlung vorgestellt. Dies geschieht vor allem im Hinblick auf ihre Grenzen in der Bewertung unternehmerischer Flexibilität. Als Lösung wird dann abschließend die Möglichkeit vorgeschlagen, zusätzlich zum Unternehmen, auch die realen Optionen zu bewerten. Der Realoptionsansatz wird ausführlich vorgestellt und anhand einiger Beispiele untermalt.
Inhaltsverzeichnis
Einleitung und Gang der Untersuchung
1) Einführung in die Unternehmensbewertung
1.1) Anlässe der Bewertung von Unternehmen
1.2) Unterschiedliche Zwecke von Unternehmens- bewertungen
1.3) Methoden der Unternehmensbewertung
2) Ertragswertermittlung mit der Discounted Cash-flow Methode
2.1) Grundlagen und Überblick über die unterschiedlichen Ansätze der DCF-Methode
2.2) Zur Bestimmung der Eigenkapitalkosten auf Grundlage des Capital Asset Pricing Models (CAPM)
2.3) Kritik an der DCF-Methode mit Blick auf ihre Grenzen bei der Bewertung unternehmerischer Flexibilität
3) Flexibilität mit Hilfe der Optionspreistheorie
3.1) Optionen auf reale Investitionen
3.1.1) Parallelen zwischen Finanz- und Realoptionen
3.1.2) Arten von Optionen beim Unternehmenserwerb
3.2) Bewertung realer Optionen
3.2.1) Bewertung anhand des einperiodigen Binomialmodells unter Zuhilfenahme eines Duplikationsportfolios
3.2.2) Bewertung als Sicherheitsäquivalentmethode
3.2.3) Erweiterung des Bewertungsmodells
3.3) Bedeutung des Realoptionsansatz
Ausblick
Literaturverzeichnis
Einleitung und Gang der Untersuchung
In den letzten Jahren lässt sich häufig beobachten, dass so manches E-Commerce-Unternehmen für Milliarden gehandelt wird, obwohl es nur Verluste meldet. Diese Tatsache wie auch die „Überbewertung“ junger Wachstumsunternehmen an den Aktienmärkten lässt sich mit Hilfe traditioneller Bewertungsverfahren kaum rechtfertigen.
Als ein möglicher Ansatz zur Erklärung wird die Optionspreistheorie vorgeschlagen. Sie vermag die mit der Investition verbundenen „Realoptionen“ zu erfassen. Realoptionen können als Bündel von Möglichkeiten definiert werden, reales Vermögen zu verwenden.
Es wird dabei zunächst aufgezeigt, warum Unternehmen überhaupt bewertet werden und welche Methoden es gibt. Mit dem Maß des Discounted Cash-flow wird dann eine in der Praxis sehr gängige Methode zur Ertragswertermittlung vorgestellt. Dies geschieht vor allem im Hinblick auf ihre Grenzen in der Bewertung unternehmerischer Flexibilität. Als Lösung wird dann abschließend die Möglichkeit vorgeschlagen, zusätzlich zum Unternehmen, auch die realen Optionen zu bewerten. Der Realoptionsansatz wird ausführlich vorgestellt und anhand einiger Beispiele untermalt.
1) Einführung in die Unternehmensbewertung
Bevor die unterschiedlichen Methoden, Unternehmen zu bewerten, dargelegt werden, ist es angebracht, die Anlässe für eine Unternehmensbewertung zusammenzustellen, da eine zweckgerechte Unternehmensbewertung durch deren Anlass bestimmt wird
1.1) Anlässe der Bewertung von Unternehmen
„Unternehmensbewertungen sind stets nur Mittel für bestimmte Zwecke. Diese Zwecke ergeben sich aus den Anlässen der Unternehmensbewertung.“[1]
Die Anlässe für Unternehmensbewertungen sind zahlreich und vielfältig. Eine Systematisierung wurde bisher in der Literatur auf sehr unterschiedliche Weise vorgenommen. Für weitere Überlegungen sollen Bewertungsanlässe zunächst in transaktionsbezogene und nicht transaktionsbezogene Anlässe unterteilt werden. Ist mit dem Bewertungsanlass eine Änderung der Eigentumsverhältnisse am Unternehmen verbunden, ist der Anlass transaktionsbezogen, im anderen Fall ist er nicht transaktionsbezogen.[2] Innerhalb der transaktionsbezogenen Anlässe sollen nun entscheidungsabhängige Anlässe und entscheidungsunabhängige Anlässe unterschieden werden. Im abhängigen Fall stützt sich die Bewertung auf betriebswirtschaftliche Normen, wobei zumeist ein Entscheidungs- oder Marktwert ermittelt werden muss. Im unabhängigen Fall stützt sie sich auf gesetzliche Normen, so z.B. bei der Ermittlung von Bilanz- und Steuerbemessungswerten.[3]
1.2) Unterschiedliche Wertkategorien bei Unternehmensbewertungen
„Die gesamte Vorgangsweise bei einer Unternehmensbewertung, vor allem die Auswahl des geeigneten Bewertungsverfahrens, richtet sich daher nach dem konkreten Bewertungszweck.“[4] Folglich erscheint es sinnvoll die Aufgabenstellungen für Unternehmensbewertungen anhand eines Kataloges der Bewertungszwecke abzugrenzen:
- Ermittlung von Entscheidungswerten
- Ermittlung von Schiedswerten
- Ermittlung von Marktwerten
- Ermittlung von Buch- bzw. Bilanzwerten
- Ermittlung von Steuerbemessungswerten[5]
Zur Ermittlung von Entscheidungswerten
Die Bewertung ergibt hier einen „Grenzpreis“. Für einen potentiellen Käufer gibt ein so ermittelter Unternehmenswert die Preisobergrenze, für einen Verkäufer die Preisuntergrenze bei Verhandlungen an.[6]
Zur Ermittlung von Schiedswerten
Hierbei soll ein fairer Interessenausgleich zwischen mindestens zwei Verhandlungsparteien ermöglicht werden.[7]
Zur Ermittlung von Marktwerten
Ein Marktwert einer Unternehmung stellt den Unternehmenswert aus der Sicht des Kapitalmarktes dar. Mit Kapitalmarkt sind hier die auf diesem operierenden Eigen- und Fremdkapitalgeber zu verstehen.[8] In Anlehnung an ein Wertpapier, dessen Marktwert aus „dem Barwert aller künftigen Zahlungen entspricht, die der Inhaber erwarten kann“[9], wird ein Marktwert eines Unternehmens ermittelt. Im Rahmen der Discounted Cash-flow Methode wird die Bestimmung der Renditeforderung der Eigenkapitalgeber mit dem Capital Asset Pricing Model (CAPM) im weiteren Verlauf dieser Arbeit noch eingehend vorgestellt werden.[10]
1.3) Methoden der Unternehmensbewertung
Es können drei Verfahrensgruppen unterschieden werden, die sich in ihren zugrundeliegenden Bewertungskonzeptionen unterscheiden: Einzelbewertungsverfahren, Gesamtbewertungsverfahren, Mischverfahren.[11]
Einzelbewertungsverfahren addieren die Werte der einzelnen Unternehmensbestandteile (i.e. Vermögensgegenstände und Schulden) zu einem Unternehmenswert. Dahingegen betrachten Gesamtbewertungsverfahren das Unternehmen als Bewertungseinheit. Beide Verfahren führen durch ihre unterschiedlichen Konzepte auch zu unterschiedlichen Ergebnissen. Diese Differenz wird mit Namen wie „Goodwill“ oder im negativen Fall „Badwill“, u.a.m. bezeichnet. Mischverfahren stellen eine Kombination aus Gesamtbewertungs- und Einzelbewertungsverfahren dar. Ihre Existenz begründet sich einerseits in den oft erheblichen Abweichungen der Ergebnisse zwischen Einzel- und Gesamtbewertung, andererseits spricht die Literatur aber auch von einem Misstrauen gegenüber einer isolierten Anwendung von Einzel- und Gesamtbewertungsverfahren.[12]
Einzelbewertungsverfahren
Die Methode zur Einzelbewertung ist die Substanzwertmethode. Dabei werden die einzelnen Vermögensgegenstände und Schulden einer Unternehmung stichtagsbezogen und isoliert gegeneinander aufgerechnet. Es wird dabei zwischen Reproduktionswerten und Liquidationswerten unterschieden.[13] Die Substanzwertermittlung ist vergangenheitsbezogen und unter dem heute herrschenden Verständnis einer Unternehmensbewertung unbrauchbar. Sie dient allenfalls noch als Hilfswert um die Beleihungsfähigkeit einer Unternehmung anhand der Vermögenswerte zu ermitteln.[14]
Gesamtbewertungsverfahren
Hier ist zunächst die Ertragswertmethode zu nennen. Der Unternehmenswert wird aus dem Barwert der künftigen Erträge errechnet. Der notwendige Diskontierungssatz wird dabei aus der besten Alternativanlage abgeleitet.[15] Mandl/Rabel unterscheiden auch zahlungsstromorientierte und periodenerfolgsorientierte Ertragswertmethoden, je nachdem ob künftige Zahlungsströme (Cash-flows) oder Periodenerfolge (Gewinne) diskontiert werden.
Eine weitere Methode des Gesamtbewertungsverfahrens ist die Discounted Cash-flow-Methode (DCF). Wie auch bei der zahlungsstromorientierten Variante der Ertragswertmethode werden hier zukünftige Cash-flows diskontiert. Der Diskontierungssatz orientiert sich aber hierbei am Kapitalmarkt und wird i.allg. mit dem Capital Asset Pricing Model (CAPM) ermittelt.[16]
„Vergleichsverfahren leiten den Wert eines zu bewertenden Unternehmens aus Börsenkurswerten oder (anderen) realisierten Marktpreisen vergleichbarer Unternehmen ab.“[17] Obgleich man oft mit „Daumenregeln“ arbeitet, gilt das Vergleichsverfahren als „marktorientiertes“ Bewertungsmethode. Man unterscheidet den Comparative Company Approach, sowie die Multiplikatormethode.[18]
Mischverfahren
Der Vollständigkeit wegen seien noch diese Methoden erwähnt, welche eine Kombination aus Gesamtbewertungs- und Einzelbewertungsverfahren sind. Man unterscheidet Mittelwert- und Übergewinnmethode.[19]
[...]
[1] Bellinger/Vahl, Unternehmensbewertung in Theorie und Praxis, S. 30.
[2] Vgl. Mandl/Rabl, Unternehmensbewertung, S. 13-15.
[3] Vgl. Born, Unternehmensanalyse und Unternehmensbewertung, S. 20.
[4] Mandl/Rabel, Unternehmensbewertung, S. 16.
[5] Zu dem in der Literatur nur vollständigkeitshalber erwähnten „Argumentationswert“ siehe bspw. Born, Unternehmensanalyse und Unternehmensbewertung, S. 44.
[6] Vgl. Mandl/Rabel, Unternehmensbewertung, S. 17-18.
[7] Vgl. Hachmeister, Discounted Cash-flow, S. 258-259.
[8] Vgl. Mandl/Rabel, Unternehmensbewertung, S. 17-18.
[9] Spremann, Wirtschaft, Investition und Finanzierung, S. 463.
[10] Für die Schieds- und sonstigen Unternehmenswerte siehe Mandl/Rabel, Unternehmens- bewertung, S. 21-23
[11] Vgl. Mandl/Rabel, Unternehmensbewertung, S. 29.
[12] Vgl. ebenda.
[13] Vgl. Mandl/Rabel, Unternehmensbewertung, S. 46-47 und Born, Unternehmensanalyse und Unternehmensbewertung, S. 25-36.
[14] Born, Unternehmensanalyse und Unternehmensbewertung, S. 25-36.
[15] Vgl. Mandl/Rabel, Unternehmensbewertung, S. 31-31 und Born, Unternehmensanalyse und Unternehmensbewertung, S.24-25.
[16] Weiteres dazu, vor allem in Hinblick auf die unterschiedlichen Ansätze der DCF-Methode (Brutto-, Netto- und Adjusted Present Value) in 2.1. Vgl. auch Mandl/Rabel, Unternehmensbewertung, S. 37-42.
[17] Mandl/Rabel, Unternehmensbewertung, S. 42.
[18] Vgl. ebenda, S. 42-43. Weitere Ausführungen zum Comparative Company Approach und der Multiplikatormethode sind ebenda, S. 43-64 zu finden.
Häufig gestellte Fragen
Worum geht es in dieser Arbeit zur Unternehmensbewertung?
Diese Arbeit gibt einen Überblick über die verschiedenen Aspekte der Unternehmensbewertung, von den Anlässen und Zwecken bis hin zu den verschiedenen Bewertungsmethoden. Sie konzentriert sich insbesondere auf die Grenzen traditioneller Methoden wie Discounted Cash-flow (DCF) bei der Bewertung unternehmerischer Flexibilität und schlägt die Optionspreistheorie als ergänzenden Ansatz vor.
Welche Anlässe gibt es für Unternehmensbewertungen?
Es gibt zahlreiche Anlässe, die sich grob in transaktionsbezogene (mit Eigentumswechsel) und nicht transaktionsbezogene unterteilen lassen. Transaktionsbezogene Anlässe können entscheidungsabhängig (basierend auf betriebswirtschaftlichen Normen) oder entscheidungsunabhängig (basierend auf gesetzlichen Normen) sein.
Welche Wertkategorien gibt es bei Unternehmensbewertungen?
Unterschieden werden Entscheidungswerte (Grenzpreise für Käufer/Verkäufer), Schiedswerte (fairer Interessenausgleich), Marktwerte (aus Sicht des Kapitalmarktes), Buch- bzw. Bilanzwerte und Steuerbemessungswerte.
Welche Methoden der Unternehmensbewertung werden unterschieden?
Es gibt drei Hauptgruppen: Einzelbewertungsverfahren (Substanzwertmethode), Gesamtbewertungsverfahren (Ertragswertmethode, Discounted Cash-flow-Methode, Vergleichsverfahren) und Mischverfahren (Kombination aus Einzel- und Gesamtbewertung).
Was ist die Substanzwertmethode?
Bei der Substanzwertmethode werden die einzelnen Vermögensgegenstände und Schulden eines Unternehmens stichtagsbezogen und isoliert bewertet und gegeneinander aufgerechnet. Sie ist vergangenheitsbezogen und dient heutzutage primär als Hilfswert zur Ermittlung der Beleihungsfähigkeit.
Was ist die Ertragswertmethode?
Die Ertragswertmethode berechnet den Unternehmenswert aus dem Barwert der künftigen Erträge. Der Diskontierungssatz wird aus der besten Alternativanlage abgeleitet. Es gibt zahlungsstromorientierte und periodenerfolgsorientierte Varianten.
Was ist die Discounted Cash-flow-Methode (DCF)?
Die DCF-Methode diskontiert zukünftige Cash-flows. Der Diskontierungssatz orientiert sich am Kapitalmarkt und wird in der Regel mit dem Capital Asset Pricing Model (CAPM) ermittelt.
Was sind Vergleichsverfahren?
Vergleichsverfahren leiten den Wert eines Unternehmens aus Börsenkurswerten oder Marktpreisen vergleichbarer Unternehmen ab. Beispiele sind der Comparative Company Approach und die Multiplikatormethode.
Was sind Mischverfahren der Unternehmensbewertung?
Mischverfahren kombinieren Gesamtbewertungs- und Einzelbewertungsverfahren. Beispiele sind die Mittelwert- und Übergewinnmethode.
Was ist das Capital Asset Pricing Model (CAPM)?
Das Capital Asset Pricing Model (CAPM) ist eine Methode zur Bestimmung der Renditeforderung der Eigenkapitalgeber, insbesondere im Rahmen der Discounted Cash-flow Methode.
- Quote paper
- Lars Biederstedt (Author), 2000, Unternehmensbewertung auf Basis von Realoptionen, Munich, GRIN Verlag, https://www.hausarbeiten.de/document/101385