Diese Arbeit untersucht, inwiefern eine Trennung und die darauffolgende Scheidung der Eltern die psychische Entwicklung eines heranwachsenden Jugendlichen beeinträchtigt. Hierfür widmet sich die Arbeit zuerst der Annahmen der Entwicklungspsychologie zur Adoleszenz und den ganz bestimmten Entwicklungsaufgaben eines heranwachsenden Kindes. Diese Art von Aufgaben sind essenziell und speziell und müssen deshalb mit Bedacht beobachtet werden.
Doch sollten sich Eltern streiten und sich daraufhin trennen und scheiden lassen, kommen weitere kritische Aufgaben auf das heranwachsende Kind hinzu, was womöglich die Entwicklung gefährden kann. Die Entwicklungsrisiken und möglichen Folgen einer Scheidung und Trennung für die Scheidungskinder werden demnach ebenso mit in Betracht gezogen.
Eine Scheidung beziehungsweise Trennung ist nicht als ein einmaliges, traumatisches, zeitlich begrenztes Erlebnis zu verstehen, sondern als ein familiärer Entwicklungsprozess innerhalb eines langfristigen Zusammenlebens. Eine Scheidung wird in jenen Fällen vollzogen, wenn die Ehe als gescheitert anzusehen ist. Dieser Fall ist dann gegeben, wenn die Lebensgemeinschaft an sich nicht mehr gegeben ist und auch von dem Elternpaar nicht mehr erwartet wird, dass dies jemals wieder der Fall sein wird. Doch wie wirkt sich diese große Lebensveränderung auf die betroffenen Kinder der streitenden und sich trennenden Eltern aus?
Inhalt
1. Einleitung
2. Annahmen der Entwicklungspsychologie zur Adoleszenz und deren Entwicklungsaufgaben
2.1 Resilienz
2.2 Entwicklungsaufgaben in der Adoleszenz
3. Erleben von Trennung und Scheidung in der Adoleszenz
3.1 Entwicklungsrisiken
3.2 Zusätzliche Entwicklungsaufgaben
3.3 Konflikteigenschaften und deren Folgen
3.4 Psychische Folgen
4. Gruppenangebote für Scheidungskinder
5. Fazit
Literaturverzeichnis
1. Einleitung
Nicht nur die Aktualität des Themas in meinem Studiengang, welches ich mir für meine Hausarbeit ausgesucht habe – sondern auch die Notwendigkeit – hat mich dazu gebracht, dieses Thema aufzugreifen und einer bestimmten Fragestellung nachzugehen: Inwiefern beeinträchtigt Trennung und die darauffolgende Scheidung der Eltern die psychische Entwicklung eines heranwachsenden Jugendlichen?
Zuerst widme ich mich der Annahmen der Entwicklungspsychologie zur Adoleszenz und den ganz bestimmten Entwicklungsaufgaben eines heranwachsenden Kindes. Diese Art von Aufgaben eines heranwachsenden Kindes sind ganz wichtig und speziell und müssen deshalb mit Bedacht beobachtet werden. Doch sollten sich Eltern streiten und sich daraufhin trennen und scheiden lassen, kommen weitere kritische Aufgaben auf das heranwachsende Kind hinzu, was womöglich die Entwicklung gefährden kann. Die Entwicklungsrisiken und möglichen Folgen einer Scheidung und Trennung für die Scheidungskinder werden demnach ebenso mit in Betracht gezogen.
Eine Scheidung bzw. Trennung ist nicht als ein einmaliges, traumatisches, zeitlich begrenztes Erlebnis zu verstehen, sondern als ein familiärer Entwicklungsprozess innerhalb eines langfristigen Zusammenlebens. Eine Scheidung wird in jenen Fällen vollzogen, wenn die Ehe als gescheitert anzusehen ist. Dieser Fall ist dann gegeben, wenn die Lebensgemeinschaft an sich nicht mehr gegeben ist und auch von dem Elternpaar nicht mehr erwartet wird, dass dies jemals wieder der Fall sein wird. Doch wie verhält sich diese große Lebensveränderung auf die betroffenen Kinder der streitenden und sich trennenden Eltern?
2. Annahmen der Entwicklungspsychologie zur Adoleszenz und deren Entwicklungsaufgaben
In diesem Kapitel werden Annahmen der Entwicklungspsychologie zur Adoleszenz und deren Entwicklungsaufgaben näher verdeutlicht. ,,Entwicklung ist ein Prozess, der das ganze Leben lang andauert“ (Metzing 2017 S.15). Dabei ist nach den bisherigen Erkenntnissen der Entwicklungspsychologie anzunehmen, dass die psychische Entwicklung des Kindes in den jeweiligen Lebensphasen in unterschiedlicher Weise erfolgt. Kindheit und Jungend sind Lebensphasen, in denen die psychische Entwicklung des Menschen einen großen Prozess durchlebt und welche somit neben den ganzen Entwicklungschancen auch immer wieder Entwicklungsrisiken mit sich bringen kann. Hier gibt es die zentrale Annahme, dass kritische Lebensereignisse, wie zum Beispiel die Trennung und Scheidung der sich streitenden Eltern, die Entwicklung des Kindes beeinflussen können, bzw. dass dieses kritische Lebensereignis in unterschiedlichen Lebensphasen verschieden wirken kann. Je nachdem, welche Ressourcen dem von der Trennung betroffenen Person zur Verfügung stehen, wirkt sich dieses kritische Lebensereignis differenziert aus. Von der Scheidung und Trennung betroffenen Kinder sind, anders als ältere Jugendliche, generell sehr abhängig von ihren Familien und sind von solchen kritischen Lebensereignissen, wie zum Beispiel von einer Elterntrennung, auf eine andere Art und Weise betroffen, als ältere Jugendliche. In der Lebensphase Jugend bestehen aufgrund der sich dort befindenden Entwicklungsaufgaben und der besonderen Anforderungen an die Bewältigung von Entwicklungsschritten, andere und somit auch außergewöhnliche Bedingungen. Da sich die Resilienzfaktoren und die Nutzung von vorhandenen Ressourcen wesentlich unterscheiden, unterliegt somit auch die Bewältigung kritischer Lebensereignisse - in diesem Fall die Bewältigung einer Elterntrennung - im Jugendalter besonderen Bedingungen und ist demnach auch gesondert vom Kindesalter zu betrachten (vgl. Metzing 2017, S.15) .
2.1 Resilienz
In diesem Kapitel wird der Begriff ,,Resilienz“ näher beschrieben, um den Zusammenhang der Hausarbeit besser aufnehmen zu können. Resilienz ist die psychische Widerstandsfähigkeit einer Person. Damit ist die psychische Widerstandsfähigkeit gegenüber psychologischen, biologischen, und psychosozialen Entwicklungsrisiken gemeint. Resilienz kämpft demnach gegen von außen einwirkenden Risiken, welche die Entwicklung der Person gefährden könnten. Resilienz ist nicht als eine spezifische Persönlichkeitseigenschaft zu verstehen, vielmehr zeigt sie sich immer im Zusammenhang mit folgendem Umstand:
– Eine deutlich erkennbare Gefährdung für die Entwicklung des Kindes liegt vor
– Diese belastende Lebenssituation bewältigt das Kind erfolgreich (vgl. Staub 2018, S.65f.)
Entsprechend steht die Bezeichnung ,,resilientes Kind“ für ein Kind, welches sich trotz kritischer Lebensumstände positiv entwickelt und im Vergleich zu anderen Kindern, die unter den gleichen Umständen aufwachsen, keine psychischen Auffälligkeiten zeigt (Staub 2018, S.66).
2.2 Entwicklungsaufgaben in der Adoleszenz
In diesem Kapitel wird der Begriff ,,Entwicklungsaufgabe“ definiert und bestimmte Entwicklungsaufgaben in der Adoleszenz aufgelistet. Eine Entwicklungsaufgabe ist eine Aufgabe, die zu einem bestimmten Zeitpunkt im Leben eines Menschen auftritt. Eine positive und demnach auch erfolgreiche Ausführung dieser Entwicklungsaufgaben führt zu Glück und Erfolg in späteren Entwicklungsaufgaben dieser Person. Ein Misserfolg bringt jedoch Unglück, Missachtung in der Gesellschaft und auch Schwierigkeiten mit späteren Entwicklungsaufgaben, welches - wie ein Kreislauf - zu weiterem Unglück und Schwierigkeiten führen kann (vgl. Metzing 2017, S.17).
Grundlegende Entwicklungsaufgaben im Jugendalter sind Veränderungen in den folgenden Bereichen:
– Veränderungen des Hormonsystems in der Pubertät (Körperhöhe, Körpergewicht, Organsysteme, sekundäre Geschlechtsmerkmale)
– Kognitive und neuronale Veränderungen in der Pubertät (Veränderungen in der Gehirnstruktur und in der Funktion der neuronalen Netzwerke, Aufmerksamkeit, Arbeitsgedächtnis, abstraktes und logisches Denken, Urteilsbildungs- und Entscheidungsprozesse und Informationsverarbeitung)
– Neue Rollenmodelle und Entwicklungsaufgaben (Abschluss des Schulsystems, Auszug aus dem Elternhaus, Beginn der Berufstätigkeit, Heirat bzw. feste Partnerschaft, Familiengründung) (vgl. Metzing 2017, S.16)
Die Bewältigung dieser Entwicklungsaufgaben ist wesentlich für die Übernahme der darauffolgenden Anforderungen des zukünftigen Erwachsenenlebens (vgl. Metzing 2017, S.16).
3. Erleben von Trennung und Scheidung in der Adoleszenz
In diesem Kapitel wird das Erleben von Trennung und Scheidung in der Adoleszenz näher beschrieben. Übergangsphasen in der Entwicklung des Kindes gelten als besonders risikogefährdet, da während der Übergangsphasen sich die Verwundbarkeit erhöht, sodass Störungen dieser wichtigen Phasen weitreichende Folgen haben können. Neben dem Schuleintritt und dem Schulübergang ist auch die Pubertät eine dieser entscheidenden Phasen im Entwicklungsverlauf des Kindes. Während der Adoleszenz gewinnt das innere Modell der Beziehung zwischen Mann und Frau für das Kind an Bedeutung und von Scheidung und Trennung betroffenen Kindern fehlt demnach das zentrale Bild einer funktionierenden Partnerschaft, die Betrachtung der Interaktionen der eigenen Eltern als Paar und das dazugehörige friedliche Zusammenleben von Mann und Frau (vgl. Metzing 2017, S.53).
Wegen der eigenen kognitiven Fähigkeiten der betroffenen Scheidungskinder findet eine intensive Auseinandersetzung mit der Trennung der Eltern statt. Ebenso haben sie eine eigene Vorstellung von Partnerschaft entwickelt und sind in der Lage, ihre eigenen Beziehungen unabhängig von denen ihrer Eltern wahrzunehmen. Dementsprechend ist die Reaktion auf die Trennung geprägt von selbst erlernten Umgangsweisen. Die Jugendlichen lassen eigene Erfahrungen in die Beurteilung der Situation - welche sich wegen der Elterntrennung Zuhause abspielt - einfließen und sind demnach unabhängiger in ihrem eigenen Erleben der Trennung ihrer eignen Eltern (vgl. Metzing 2017, S.53).
Andererseits sind Jugendliche aufgrund ihrer Entwicklungsphase zumeist besonders angreifbar, reagieren empfindlich auf Verlust von Sicherheit, den der familiäre Kontext erzeugte und sind emotional sensibel. Die Belastung durch die Trennung der Eltern kumuliert mit der Bewältigung anderer Entwicklungsaufgaben, sodass die Lebenssituation unter Umständen zu einer Überforderung führen kann. Wenn es zu ausgeprägten, akuten Reaktionen auf das Trennungserleben kommt, zeigen Jugendliche häufig eine starke Schock- oder Angstreaktion (vgl. Metzing 2017, S.53). Diese Reaktionen können sogar zu Depressionen bis hin zum Suizid führen. In Ausnahmefällen kann es zu Bindungsstörungen oder -problematiken kommen, wodurch die Jugendlichen den Glauben an die eigenen Liebesbeziehungen mit der Zeit verlieren. Weitere Reaktionen können Suchtverhalten, psychosomatische Beschwerden, sowie Essstörungen sein (vgl. Metzing 2017, S.54).
Für das Kind der Scheidungseltern bedeutet die elterliche Scheidung, dass die Eltern in einer der wichtigsten Aufgaben des Erwachsenenlebens versagt haben (vgl. Metzing 2017, S.54).
3.1 Entwicklungsrisiken
In diesem Kapitel werden mögliche Entwicklungsrisiken bei Kindern und Jugendlichen aufgrund von Trennung und Scheidung derer Eltern verdeutlicht. Trennung und Scheidung können als Entwicklungsrisiko betrachtet werden und lösen zunächst bei den meisten Kindern und Jugendlichen kurzfristig Trauer, Niedergeschlagenheit und Verunsicherung aus. Dieses auffällige Verhalten muss keineswegs unnatürlich sein und ist zunächst eine normale Reaktion auf eine stark schwächende Lebenssituation. Unnatürlich werden solche Reaktionen erst, wenn sie sich stabilisieren. Diese starke Belastung des Kindes, die eine typische Reaktion auf ein kritisches Lebensereignis darstellt, kann sich auf verschiedene Lebensbereiche auswirken (vgl. Bodenmann und Meinrad 1996, S.120).
Mögliche Entwicklungsrisiken werden folgendermaßen zusammengefasst:
– biologische Faktoren: z.B. prä-, peri-, postnatale Komplikationen; negatives mütterliches Ernährungsverhalten;
– Eltern-Kind-Interaktion: Bindungsverhalten; negatives Pflegeverhalten; psychische Störungen der Eltern
– Familiäre und soziale Faktoren: Gewalt und Misshandlung des Kindes und der Eltern gegenseitig; Konflikte in der Elternbeziehung; sehr junge Elternschaft; niedriger sozioökonomischer Status der Familie (vgl. Metzing 2017, S.20)
3.2 Zusätzliche Entwicklungsaufgaben
In diesem Kapitel werden einige Entwicklungsaufgaben, die gleichzeitig und zusätzlich zu den normalen Anforderungen bewältigt werden müssen aufgelistet. Nicht komplett erfolgreich gelöste Entwicklungsaufgaben führen zu Problemen in der psychosozialen Anpassung des betroffenen Scheidungskindes. Trennung und Scheidung als Lebensereignis vor Eintritt der Adoleszenz kann in der Lebensphase der Pubertät eine neue Bedeutung erlangen. Aufgrund der Entwicklungsveränderungen brechen an dieser Stelle häufig Belastungen hervor, die in früheren Jahren kaum sichtbar waren. Die Jugendlichen zeigen eine verzögerte Reaktion und es manifestieren sich in der Adoleszenz verstärkte Beeinträchtigungen, die aus einer neuerlichen Auseinandersetzung mit der elterlichen Scheidung resultieren (vgl. Metzing 2017, S.22).
Die Bewältigung der durch Trennung und Scheidung ausgelösten Belastungsfaktoren steht im Zusammenhang mit Faktoren, wie dem Alter und dem Entwicklungsstand des Kindes, seiner persönlichen Stabilität, der Anzahl und dem Ausmaß an Belastungsfaktoren überhaupt und den zur Verfügung stehenden Ressourcen beim Kind und in der Familie. Jugendliche, die von Trennung und Scheidung betroffen sind, müssen demnach nicht nur reguläre Entwicklungsaufgaben bewältigen, sondern darüber hinaus auch das kritische Lebensereignis Scheidung (vgl. Metzing 2017, S.22).
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