In meiner Hausarbeit möchte ich die Frage untersuchen, inwiefern die Historizität der Liebe eine gute Antwort auf das Unersetzbarkeitsproblem geben kann. Meine Ausgangsthese soll daher sein, dass Liebe sich zu einem durchaus relevanten Anteil auf der miteinander erlebten Geschichte zweier Personen gründet und dies wiederum das Phänomen der Unersetzbarkeit erklärt.
Zur Realisierung meines Vorhabens gehe ich wie folgt vor: Ich werde zunächst das Unersetzbarkeitsproblem im Allgemeinen umreißen (2), um davon ausgehend die Beziehungstheorie der Liebe als eine von vielen möglichen Antworten auf besagte Problematik vorzustellen (3). In der Debatte um eine Theorie von Beziehungen bzw. Liebe lassen sich zwei Lager verorten: Auf der einen Seite wird die Position vertreten, dass es für die Liebe Gründe gibt. Anhänger der Gegenposition behaupten jedoch, dass die Liebe zu einer Person auf keine speziellen Gründe zurückgeführt werden kann. Um einen tieferen Einblick in die Thematik zu gewährleisten, widmet sich daher das anschließende Kapitel den beiden Theorien, die auch unter dem Namen No-Reasons View (3.1) und Reasons View (3.2) laufen. Das darauffolgende Kapitel bildet den Schwerpunkt meiner Arbeit. Bevor meine These der Historizität der Liebe als mögliche Begründung der Unersetzbarkeit gestärkt werden soll (4.2), skizziere ich den Zusammenhang von Geschichte und Unersetzbarkeit (4.1). Bei der Verteidigung der historischen Dimension der Liebe muss sich zudem die Frage gestellt werden, welcher Stellenwert der personalen Identität zugesprochen werden kann. Da die Verbindung dieser beiden Aspekte meines Erachtens unumgänglich ist, soll dies in einem letzten Schritt erörtert werden (5). Das letzte Kapitel schließt daraufhin mit einem Fazit des Vorangegangenen (6).
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Unersetzbarkeit
3. Beziehungstheorien der Liebe als Antwort auf Unersetzbarkeit
3.1 No-Reasons View
3.2Reasons View
4. Liebe, Geschichte und Unersetzbarkeit
4.1 Macht der Vergangenheit
4.2 Historizität der Liebe
5. Liebe, Geschichte, personale Identität und Unersetzbarkeit
6. Fazit
7. Literaturverzeichnis
1. Einleitung
Wir lieben eine Vielzahl an Dingen. Wir lieben das Reisen, Briefmarken, das Gefühl, wenn die Sonne in unser Gesicht strahlt, Autos, Schokolade, Architektur, unsere Mutter, das Tanzen, unseren morgendlichen Kaffee, wir lieben sogar den Ton unseres Smartphones, wenn uns eine neue Nachricht erreicht hat. Das Verb ,lieben' ist ein ständiger Begleiter unserer Alltagssprache. Wenn es aber um ,die Liebe' geht, sieht das schon anders aus. Wir werfen mit unserer Liebe nicht wahllos umher. Sie ist an ein bestimmtes Ziel gerichtet. Dieses Ziel ist in aller Regel eine für uns besondere Person. So besonders, dass wir diese Person durch keine andere ersetzen wollen und können.
In meiner Hausarbeit möchte ich die Frage untersuchen, inwiefern die Historizität der Liebe eine gute Antwort auf das Unersetzbarkeitsproblem geben kann. Meine Ausgangsthese soll daher sein, dass Liebe sich zu einem durchaus relevanten Anteil auf der miteinander erlebten Geschichte zweier Personen gründet und dies wiederum das Phänomen der Unersetzbarkeit erklärt.
Zur Realisierung meines Vorhabens gehe ich wie folgt vor: Ich werde zunächst das Unersetzbarkeitsproblem im Allgemeinen umreißen (Kapitel 2), um davon ausgehend die Beziehungstheorie der Liebe als eine von vielen möglichen Antworten auf besagte Problematik vorzustellen (Kapitel 3). In der Debatte um eine Theorie von Beziehungen bzw. Liebe lassen sich zwei Lager verorten: Auf der einen Seite wird die Position vertreten, dass es für die Liebe Gründe gibt. Anhänger der Gegenposition behaupten jedoch, dass die Liebe zu einer Person auf keine speziellen Gründe zurückgeführt werden kann. Um einen tieferen Einblick in die Thematik zu gewährleisten, widmet sich daher das anschließende Kapitel den beiden Theorien, die auch unter dem Namen No-Reasons View (Kapitel 3.1) und Reasons View (Kapitel 3.2) laufen. Das darauffolgende Kapitel bildet den Schwerpunkt meiner Arbeit. Bevor meine These der Historizität der Liebe als mögliche Begründung der Unersetzbarkeit gestärkt werden soll (4.2), skizziere ich den Zusammenhang von Geschichte und Unersetzbarkeit (4.1).
Bei der Verteidigung der historischen Dimension der Liebe muss sich zudem die Frage gestellt werden, welcher Stellenwert der personalen Identität zugesprochen werden kann. Da die Verbindung dieser beiden Aspekte meines Erachtens unumgänglich ist, soll dies in einem letzten Schritt erörtert werden (Kapitel 5). Das letzte Kapitel schließt daraufhin mit einem Fazit des Vorangegangenen (Kapitel 6).
2. Unersetzbarkeit
Gelegentlich sagen wir, dass bestimmte Personen (aber auch Tiere und Gegenstände) ,unersetzbar' für uns sind. Nicht einmal eine perfekte Kopie ist uns als Ersatz für diese bestimmte Person (oder dieses Tier bzw. diesen Gegenstand) ausreichend. Der Terminus der Unersetzbarkeit lässt sich also wie folgt definieren:
„An object is meaningfully irreplaceable if and only if all candidate substitutes would fail to be valuable in the same way as the original“ (Hatala Matthes, 2013, S. 38).
Was führt dazu, dass etwas für uns auf diese Weise unersetzbar wird? Im Falle der Unersetzbarkeit von Personen scheint die Antwort auf diese Frage einfach. Denn es ist die Liebe, die uns dazu verleitet, jemandem einen einzigartigen Wert zuzuschreiben. Dieser einzigartige Wert ergibt sich jedoch nicht lediglich aus den Eigenschaften einer Person. Es ist anzunehmen, dass die meisten von uns eine geliebte Person schließlich auch nicht gegen eine andere Person mit identischen oder gar ,besseren' Eigenschaften austauschen würden (vgl. Grau, 2004, S. 113).
So weit, so gut. Die Liebe als Antwort auf das Unersetzbarkeitsproblem erscheint plausibel, wirft wiederum eine nächste, viel weitreichendere Frage auf: Was führt überhaupt dazu, dass wir eine bestimmte Person lieben? Sobald wir wissen, warum wir eine Person lieben, wissen wir gleichzeitig auch, warum wir diese Person gegen niemand anderen ersetzen wollen.
Spätestens jetzt könnten sich Skeptiker zu Wort melden. Gibt es denn eigentlich Gründe für die Liebe? Ein gewisser Zweifel bleibt, denn Liebe ist letztlich doch (nur) eine Emotion, die wir selbst nicht kontrollieren können. Über Gründe für die Liebe zu sprechen ruft bei vielen womöglich das Gefühl hervor, kalt, übermäßig rational und vor allem unromantisch zu sein (vgl. Jollimore, 2017, o.S.).
Das nächste Kapitel fängt diese kritischen Stimmen ein und skizziert verschiedene Beziehungstheorien der Liebe, die schließlich dabei helfen sollen, das Unersetzbarkeitsproblem aufzulösen.
3. Beziehungstheorien der Liebe als Antwort auf Unersetzbarkeit
Im Vorangegangenen haben wir gesehen, dass die Liebe zu einer bestimmten Person (in den meisten Fällen) dazu führt, dass man eben jene Person durch keine andere ersetzen möchte und kann. Nun haben sich einige Philosophen1 die Frage gestellt, was es denn genau ist, das uns eine bestimmte Person lieben lässt und sie somit für uns unersetzbar macht. Im Folgenden werden hierfür die Theorien der NoReasons View und der Reasons View vorgestellt. Es soll indessen gezeigt werden, dass die beiden Ansätze bislang keine befriedigende Antwort auf das Unersetzbarkeitsproblem geben.
3.1 No-Reasons View
Die No-Reasons View besagt, dass es für die Liebe keine gerechtfertigten Gründe gibt. Zu betonen ist jedoch, dass die Existenz von Gründen (wie etwa erklärende oder kausale Gründe) nicht gänzlich abgestritten wird. Der Fokus liegt hierbei vielmehr auf zwei Fragen: 1) Kann Liebe zu einem bestimmten Objekt aus gerechtfertigten Gründen angemessen sein? Und 2) Kann Liebe zu einem bestimmten Objekt aus gerechtfertigten Gründen unangemessen sein? Beides wird durch die No-Reasons View verneint, denn „love is never appropriate or inappropriate. It simply cannot be assessed in this way. There are no reasons for love“ (Smuts, 2013, S. 7).
Es gibt beispielsweise Gründe für bestimmte Handlungen, die erklärender oder rechtfertigender Art sein können. Erstere Form von Gründen erklären, warum man eine Handlung ausführt. Die letztere Form gibt Auskunft darüber, warum man handeln sollte. Als Begründung für ein bestimmtes Handeln zählt auch so etwas wie das Verlangen. Verspürt man ein starkes Verlangen nach einem Apfel, reicht dies als Grund aus, um einen Apfel zu essen (vgl. ebd.).
Auch im Hinblick auf bestimmte Haltungen kann evaluiert werden, ob diese angemessen oder unangemessen sind. Gewisse Emotionen wie etwa Angst, Schuld, Scham, Respekt oder Wut können aus gerechtfertigten Gründen heraus hervorgerufen werden. Man spricht hierbei von judgement-sensitive attitudes. Folgt man Troy Jollimore, sind das „attitudes that an ideally rational person would come to have whenever that person judged there to be sufficient reason for them and that would, in an ideally rational person, "extinguish" when that person would judged them not to be supported by reasons of the appropriate kind“ (Jollimore, 2017, o.S.). So wäre es absolut irrational und unangemessen, wenn man beispielsweise wütend wird, obwohl man eine Prüfung mit der Bestnote 1,0 abgeschlossen hat.
Wie verhält sich das mit der Liebe? Der No-Reasons View zufolge kann Liebe nicht auf diese Weise evaluiert werden. Liebe ist schlichtweg nie rational verboten. Es kann dennoch gute Gründe dafür geben, bei seinem Partner zu bleiben oder ihn zu verlassen. Den Partner zu verlassen, weil man von selbigem misshandelt wird, wäre ein solcher Grund. Aber es gibt keine dagegen sprechenden Gründe, besagten Partner trotzdem zu lieben.
Ebenso ist Liebe niemals rational erforderlich. Man muss eine Person nicht lieben, nur um einer möglichen Irrationalität zu entgehen. Selbst Eltern müssen ihr Kind nicht lieben. Die Liebe zum eigenen Kind ist weder rational gefordert, noch ist es irrational, wenn man das eigene Kind nicht liebt.
Da Liebe niemals rational verboten oder erforderlich ist, bedeutet das im Umkehrschluss, dass Liebe immer erlaubt ist. Daher ist eine Evaluation der Liebe auf ihre Angemessen- bzw. Unangemessenheit überflüssig (vgl. Smuts, 2013, S. 9).
Die Anhänger der No-Reasons View folgen also einer Strategie, die zeigen soll, dass es im Gegensatz zu gewöhnlichen Emotionen bei der Liebe keine Eigenschaft gibt, die die Liebe angemessen macht. Das bedeutet, dass wir mit jeder Art von Emotionen eine generelle evaluative Eigenschaft a priori assoziieren können. Darunter fällt beispielsweise furchterregend sein mit Furcht, schuldig sein mit Schuld, beschämend sein mit Scham etc. Diese mit den verschiedenen Emotionstypen assoziierten Eigenschaften werden als formale Objekte bezeichnet (vgl. Naar, o.J., S. 6f.).
Nun kann entgegnet werden, dass es für die Liebe ebenfalls solch eine Eigenschaft gibt, nämlich liebenswert sein. Der Vorschlag der formalen Objekte von sowohl gewöhnlichen Emotionen als auch der Liebe wird laut Aaron Smuts jedoch mit dem Problem begleitet, „circular and entirely uninformative“ zu sein (Smuts, o.J., S. 16, zitiert nach ebd., S. 6). Hichem Naar spricht sich hingegen dafür aus, dass keines dieser beiden Merkmale zutreffend ist. Er widerlegt zunächst Smuts Vorwurf der Zirkularität, indem er auf die tatsächliche Funktion von formalen Objekten verweist:
„I contend that the role of formal objects is to delineate a particular class of reasons for the relevant attitudes. For instance, being likely to cause physical harm, being likely to cause emotional pain, and being likely to kill all fall under the heading of the FEARSOME. We may say that they are all ways of being fearsome, or that being fearsome is a determinable of these more determinate properties, or that being fearsome is a second-order property of having firstorder properties of a certain kind (to be specified shortly)“ (Naar, o.J., S. 7).
Da also formale Objekte wie etwa furchterregend sein oder liebenswert sein eine Art Oberbegriff bilden, unter den dann spezifische Begründungen fallen, umgeht man eine mögliche Zirkularität. Die Begründung für eine auftretende Furcht oder Liebe erfolgt demnach nicht in der Form 'Ich fürchte mich vor X, denn X ist furchterregend' bzw. 'Ich liebe X, denn X ist liebenswert'. Dies wäre in der Tat zirkulär (vgl. ebd.). Vielmehr werden die formalen Objekte furchterregend und liebenswert mit Inhalt gefüllt, sodass die Begründung für die Emotion Furcht zum Beispiel so aussehen könnte: 'Ich fürchte mich mich vor X, denn X verursacht sehr wahrscheinlich physischen Schaden'. Auch für die Liebe gäbe es eine Vielzahl an Gründen, so etwa 'Ich liebe X, denn mit X verbindet mich eine jahrelange Freundschaft, die sich durch vollstes gegenseitiges Vertrauen auszeichnet'.
Smuts zweiten Kritikpunkt bezüglich des geringen Informationsgehalts hebelt Naar ebenfalls aus. So können formale Objekte durchaus informativ sein. Das Konzept furchterregend sein' ist nicht das Konzept von etwas, das Furcht auslösen kann, sondern es bildet das Konzept von etwas, das eine distinktive Antwort bzw. Reaktion verdient, was in diesem Fall die Furcht ist. Demnach ist auch eine liebenswerte Person jemand, die es verdient, geliebt zu werden. Vor diesem Hintergrund bleibt es stets eine offene Frage, ob die Person, die man liebt, auch diese Liebe verdient. Die Antwort auf diese Frage kann einen hohen Informationsgehalt, und damit sind die verschiedenen Gründe für die Liebe zu dieser liebenswerten Person gemeint, beinhalten. Smuts Vorwürfe der Nicht-Informativität sowie der Zirkularität gelten somit als entkräftet.
Zuletzt bleibt zu sagen, dass entgegen Smuts Auffassung Liebe in machen Fällen sehr wohl rational verboten sein kann. So gibt es rechtfertigende Gründe, die vor allem normativer Art sind, einen eigenen Geschwisterteil nicht zu lieben. Hierbei ist nicht eine ganz gewöhnliche Geschwisterliebe gemeint, sondern eine romantische Liebe, bei der man sich sexuell zu seinem Gegenüber hingezogen fühlt. Gleiches gilt für die romantische Liebe eines Erwachsenen zu einem minderjährigen Kind. Überlegungen über die Angemessenheit und Unangemessenheit von Liebe sind nicht überflüssig, denn Liebe ist letztlich nicht immer erlaubt (in diesen Fällen gibt es sogar eine gesetzliche Regelung). Tritt die Liebe angesichts dieser Sachlage dennoch ein, würde man, zumindest aus der Außenperspektive, die liebende Person für irrational befinden.
Die No-Reasons View hat durchaus interessante Ansätze, jedoch kann sie nicht vollkommen überzeugen. Dass es so gar keine Gründe für unsere Liebe zu einer Person geben soll, stößt auch allein aus reiner Intuition womöglich bei vielen auf Widerstand. Die Anhänger der Reasons View stützen letztere Ansicht und versuchen, durch verschiedene Theorien mögliche Gründe für die Liebe auszumachen.
3.2 Reasons View
Geht man davon aus, dass es Gründe für die Liebe gibt, stellt sich dabei noch immer die Frage, was diese Gründe denn sein könnten. Die Quality Theory richtet sich beispielsweise an den Eigenschaften einer Person aus. Die Liebe gründet hier auf den liebenswerten Qualitäten der geliebten Person. Solche Qualitäten wären Schönheit, Humor, Lebhaftigkeit etc. (vgl. Kolodny, 2003, S. 138).
Mit Hinblick auf das Unersetzbarkeitsproblem hilft diese Theorie jedoch nicht weiter. Wenn die Eigenschaften einer Person ausschlaggebend für die Liebe zu dieser Person sind, so könnte man doch aus gerechtfertigtem Grund eine andere Person mit den gleichen (oder ,besseren') Eigenschaften auch lieben. Die geliebte Person wäre somit ersetzbar. Naar bezeichnet das als das problem of trading up (vgl. Naar, o.J., S. 4).
Weiterhin ergibt sich aus der Quality Theory das Problem, dass die liebenswerten Qualitäten einer Person nicht konstant über die Zeit hinweg fortbestehen. Dies ist das problem of lost properties. Die Veränderung oder der Verlust von diesen liebenswerten Eigenschaften kann ebenfalls den Verlust der Liebe zu jener Person bedeuten. Nun ist es aber in aller Regel nicht unangemessen, wenn wir eine Person trotz des Verlusts bestimmter Eigenschaften weiterhin lieben. Dies lässt darauf schließen, dass es eben nicht die Qualitäten einer Person sind, die den Ausschlag für die Liebe geben (vgl. ebd.).
Eine weitere Möglichkeit Liebe zu begründen stellt die Relationship Theory dar. Ihr zufolge liegen die Gründe für die Liebe in interpersonalen Beziehungen. Die Liebe entsteht allein dadurch, dass man eine bestimmte Beziehung zu einer Person hat. Sei es die Tochter, die Mutter, der Lebenspartner oder der beste Freund. Diese relationalen Eigenschaften lassen die Liebe als angemessen erscheinen, so erläutert Niko Kolodny: „Love is not only rendered normatively appropriate by the presence of a relationship. Love, moreover, partly consists in the belief that some relationship renders it appropriate, and the emotions and motivations of love are causally sustained by this belief [...] Special concern for a person is not love at all when there is no belief that a relationship renders it appropriate“ (Kolodny, 2003, S. 146).
Mit der Relationship Theory umgeht man die oben skizzierte Problematik des trading up und der lost properties. Zum einen kann die geliebte Person durch keine andere Person mit gleichen Qualitäten ersetzt werden, da man zu dieser anderen Person keine bedeutsame Beziehung hat. Zum anderen bleibt die Beziehung und somit die Liebe erhalten, selbst wenn sich bestimmte Qualitäten ändern. Um als gerechtfertigte Begründung für die Liebe zu gelten, müssen interpersonale Beziehungen die folgenden drei Aspekte erfüllen: 1) Sie sind persistent, 2) sie bestehen zwischen bestimmten, unersetzbaren Personen und 3) sie sind historisch (vgl. ebd., S. 147f.).
Auch wenn dieser auf Beziehungen basierende Ansatz im Gegensatz zur Quality Theory deutliche Vorzüge aufweist, gibt er noch immer keine befriedigende Antwort auf das Unersetzbarkeitsproblem. Als Kritikpunkt ist anzuführen, dass Kolodny mit seiner Theorie den Fokus zu verfehlen scheint. Nicht die geliebte Person, sondern die Beziehung selbst ist von Bedeutung. Die geliebte Person ist zwar das Objekt der Liebe, doch es ist die Wertschätzung der Beziehung, durch die sich die Liebe als angemessen oder unangemessen begründen lässt. Das Objekt der Liebe hat dabei lediglich einen instrumentellen Wert.
[...]
1 Hier und im Folgenden gelten alle männlichen Personenbezeichnungen für beide Geschlechter.