Inhalt:
1.) Einleitung
2.) Qualifikationen:
Hintergrund der Entstehung
Definition
3.) Schlüsselqualifikationen:
Hintergrund der Entstehung
Konzepte Schlüsselqualifikationen
Arbeitsdefinition Schlüsselqualifikationen
Kataloge Schlüsselqualifikationen
Vermittlung von Schlüsselqualifikationen
Kritik am Konzept der Schlüsselqualifikationen
1.) Einleitung
Liest man sich heutzutage Stellenangebote durch, so fällt einem auf, dass an den zukünftigen Arbeitnehmer Ansprüche gestellt werden, die sich nicht auf fachliche Qualifikationen beziehen, sondern außerfachliche Qualifikationen wie flexibel, teamfähig oder kommunikativ sind. Diese außerfachlichen Qualifikationen werden als sogenannte Schlüsselqualifikationen bezeichnet.
Doch was versteht man nun genau unter diesem Begriff? Das Wort Schlüsselqualifikation besteht aus zwei Komponenten - dem Schlüssel und der Qualifikation. Unter einem Schlüssel versteht jeder das Gleiche, doch Qualifikation ist vielseitig. Aus diesem Grunde folgt nun die Entstehung des Begriffs der Qualifikation.
2.) Qualifikationen
Hintergrund zur Entstehung des Qualifikationsbegriffs:
Ende der 60er Jahre fand eine Änderung der allgemeinen geistigen Einstellung statt. Nicht mehr die Persönlichkeitsbildung sondern vielmehr die Bedürfnisse der Gesellschaft standen nun im Vordergrund. Man ging davon aus, dass die Gesellschaft ein Anrecht auf Leistung hat. Die Entwicklung des Individuums war nun mit bestimmten Erwartungen gekoppelt.
Den Anlass gab Robinsohn mit seiner Schrift Bildungsreform als Revision des Curriculums, welche im Jahr 1967 veröffentlicht wurde. Robinsohn stellte die These auf, dass System und Wissenschaftlichkeit nur dann in den Lehrplan einkehren würden, wenn es einen funktionalen Zusammenhang zwischen der Untersuchung konkreter (beruflicher) Verwendungssituationen und der Lehrplanrevision gäbe. Er stellte sich vor, dass der jeweilige Lernprozess so durchorganisiert werden sollte, dass sich das Ergebnis exakt kontrollieren ließe.
Somit fiel auch das Stichwort der Qualifizierung. Denn Qualifikationsvermehrung war nun Aufgabe der Schule. Nicht nur die Bildung zählte von nun an, auch die Qualifikation.
Definition von Qualifikation:
Da nun die Entstehungsgeschichte des Begriffs der Qualifikation umrissen wurde, folgt an dieser Stelle eine Definition. Da es jedoch viele dieser Definitionen gibt, habe ich mir eine herausgesucht, die Qualifikation im weiteren Rahmen beschreibt und für den Begriff der Schlüsselqualifikation relevant ist:
Qualifikation ist die Gesamtheit der Kenntnisse, Fähigkeiten, Fertigkeiten, Einstellungen und Werthaltungen, über die eine Person als Voraussetzung für eine ausreichende Breite in der beruflichen Einsetzbarkeit verfügen muss. (Vgl. Beck, Schlüsselqualifikationen - Bildung im Wandel, 1995)
3.) Schlüsselqualifikationen
Die Entstehung des Begriffs Schlüsselqualifikationen:
Wachsende Schwierigkeiten am Arbeitsmarkt mit steigender Arbeitslosigkeit, ein struktureller ökonomischer Wandel und das Vordringen neuer Technologien erschwerten sichere Prognosen für den Qualitätsbedarf einer dynamischen Gesellschaft und Wirtschaft.
Dieter Mertens, langjähriger Leiter des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung in Nürnberg, kreierte 1974 den Begriff der Schlüsselqualifikation (Vgl. Mertens, Schlüsselqualifikationen. In:
Mitteilungen aus Arbeitsmarkt und Berufsforschung, Heft 7/1974, S. 36 ff.). Er ging von der Beobachtung aus, dass (technisches) Spezialwissen schnell veraltet und verfällt, so dass Mertens zu der Hypothese kam, das konkretes Fachwissen schnell entwertet würde und somit auch Qualifikationen rasch veralten. Als Konsequenz schlug Mertens vor, die Anpassungsfähigkeit an nichtPrognostizierbares selbst zum Angelpunkt bildungsplanerischer Entscheidung zu machen. Durch die Reduzierung von Fachwissen und statt dessen der Vermittlung von Schlüsselqualifikationen sollte die Flexibilität der Auszubildenden gewährt werden. Schlüsselqualifikationen sollten also als Schlüssel zur schnellen und reibungslosen Erschließung von wechselnden Spezialwissen dienen.
Konzepte der Schlüsselqualifikationen:
Damit kommen wird auch gleich das erste Konzept der Schlüsselqualifikationen, nämlich dem arbeitsmarktpolitisch begründeten Konzept der Schlüsselqualifikation dargestellt:
Schlüsselqualifikation stand bei Mertens als Metapher für das beabsichtigte Vermögen auf unvorhersehbare neue Anforderungen flexibel und mobil so reagieren zu können, dass die einmal erhaltene Berufsqualifikation erhalten bleibe.
Das betriebspädagogisch begründete Konzept der Schlüsselqualifikation entstand durch gewandelte Marktstrukturen und die Entwicklung der Informations- und Kommunikationstechnik und der Veränderung in der Arbeitsorganisation (also auf betrieblicher Ebene). Schlüsselqualifikationen sind heutzutage insofern relevant, als dass statt der Arbeitszerlegung die Integration und die Verzahnung von Aufgaben und somit höhere Qualifikationsanforderungen in den Vordergrund treten. Dies sieht man am Beispiel der sogenannten Lean-Production (der schlanken Produktion die z.B. in der Automobilindustrie angewendet wird). Statt am Fließband wird in kleinen Teams gearbeitet, Projektarbeit wurde eingeführt, Hierarchiestufen abgebaut und somit Verantwortung nach unten verlagert. Fremdkontrolle wurde weitestgehend abgeschafft, so dass eigenverantwortliches Arbeiten im Vordergrund stand. Fehler sollten so von der Gruppe schneller aufgedeckt, analysiert und dann ausgemerzt werden.
Das schulpädagogische Konzept der Schlüsselqualifikation entwickelte sich aus den neuen Anforderungen an die Berufsbildung, die durch die Vermittlung von Schlüsselqualifikationen im schulischen Bereich (vor allem in den kaufmännischen Bereichen) gemeistert werden sollten.
Die Arbeitsdefinition
Als Arbeitsdefinition des Begriffs Schlüsselqualifikation erscheinen so folgende, alle wesentlichen Begriffselemente enthaltenden Umschreibungen geeignet:
Schlüsselqualifikationen sind relativ lang verwertbare Kenntnisse, Fähigkeiten, Fertigkeiten und Werthaltungen zum Lösen gesellschaftlicher Probleme.
Als Berufsqualifikation sind es funktions- und berufsübergreifende Qualifikationen zur Bewältigung beruflicher Anfoderungssituationen.
Diese Fähigkeiten, Einstellungen und Haltungen reichen über die fachlichen Kenntnisse und Fertigkeiten hinaus und überdauern sie. Qualifikationsziel ist die berufliche Flexibilität und Mobilität.
Es sind Selbsthilfequalifikationen mit deren Einsatz der Arbeitnehmer selbstständig die Wandlungen in Arbeit und Beruf bewältigen kann, ohne sogleich auf Fremdhilfe angewiesen zu sein.
Für den schulischen Bereich kommt verstärkt der Aspekt hinzu, dass die Kenntnisse, Fähigkeiten, Fertigkeiten, Einstellungen und Werthaltungen nicht nur auf die Berufsqualifikation abzielen dürfen, sondern auch auf eine ganzheitliche Entwicklung der Persönlichkeit.
(Vgl. Beck, S. 17f.)
Ausgehend von dieser Arbeitsdefinition könnte man denken, dass durch eine begrenzte Anzahl an Fertigkeiten der Erfolg gesichert wäre. Schlüsselqualifikationen sind jedoch nur Qualifikationen, und nicht mehr.
Allein der Wille zur Qualifikation reicht natürlich nicht aus, solange niemand weiß, wozu es eigentlich zu qualifizieren gilt. Dies wird in den sogenannten Schlüsselqualifikationskatalogen festgehalten.
Schlüsselqualifikationskataloge
Bei der Entstehung von Schlüsselqualifikationskatalogen dominiert die normative Bestimmung. Es wird also beschrieben und aufgelistet, welche Bildungselemente wünschenswert sind. Hier stelle ich nun zwei Kataloge vor.
Schlüsselqualifikationen nach Mertens (Schlüsselqualifikationen. In: Mitteilungen aus Arbeitsmarkt und Berufsforschung, Heft 7/1974, S. 36 ff., 1974):
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Schlüsselqualifikationen nach Reetz (Zur Bedeutung von Schlüsselqualifikationen in der Berufsbildung. In: Schlüsselqualifikationen, Hamburg 1990):
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Vergleicht man den Originalkatalog Mertens‘ aus dem Jahre 1974 mit dem neueren Modell von Reetz, welches er 1994 entwickelte, so stellt man fest, dass Reetz die vier Ebenen der Qualifikation weiter ausdifferenziert hat. Außerdem ist dem Originalkatalog ein ganz neuer Aspekt hinzugefügt wurde. Die Personalen Verhaltensweisen zeigen zusätzlich das gewünschte Verhalten (im Umgang mit Mitmenschen) auf.
Wie in der Einleitung erwähnt und nun an den Katalogen näher aufgezeigt, muss der zukünftige Arbeitnehmer zur Bewältigung neu aufkommender Situationen über ein Repertoire an Schlüsselqualifikationen verfügen, also mehr Kompetenz als nur Fachkompetenz besitzen.
Dadurch stellt sich jedoch die Frage nach der Vermittlung solcher Schlüsselqualifikationen.
Die Vermittlung von Schlüsselqualifikationen
Methodenübersicht (nicht komplett sondern nur Übersicht)
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Schlüsselqualifikationen entstehen nicht einfach so, sie lassen sich üben und trainieren. Dies sollte möglichst schon in der Schule geschehen, um auf das Berufsleben und die dort gestellten Anforderungen vorzubereiten.
Ziel des Unterrichts ist es daher, die bearbeitete Aufgabe in größerer Komplexität, in möglichst vielen Zusammenhängen, Handlungen und Auswirkungen erschließen und erfassen zu lassen. Auch in der Schule sollen also Erfahrungen im Umgang mit ganzheitlichen, relativ komplexen Sachverhalten und Anforderungen gesammelt werden.
Definition Ganzheitspädagogik/ Ganzheitlicher Unterricht:
„Ganzheitspädagogik/ Ganzheitlicher Unterricht ermöglicht ein Lernen, in dem Wissen, Erfahrung, Denken, Fühlen und Handeln in ihrer Wechselwirkung erlebt werden können. Sie bemüht sich insofern um die Überwindung des in der Schule praktizierten kognitiven („verkopften“) Unterrichts. Obwohl nicht darauf beschränkt, werden dem ganzheitlichen Unterricht die größten Chancen in Unterrichtseinheiten eingeräumt, die unmittelbar an die Bedürfnisse und die erfahrbaren Lebenswelten der Schüler anknüpfen und fächerübergreifend, also in Gesamtzusammenhängen, organisiert sind. Seine theoretischen Grundlagen bezieht der ganzheitliche Unterricht von der Ganzheitspädagogik, der Ganzheitspsychologie und der Gestaltpsychologie.“
(Köck/ Ott: Wörterbuch für Erziehung und Unterricht, S. 245, Auer Verlag GmbH)
ALSO:
- Bildung von Kopf, Herz und Hand
- Gleichzeitige Berücksichtigung kognitiver, affektiver und psychomotorischer Lernziele
- Verschränkung von Theorie/Praxis
- Integration der Lernorte Schule und Betrieb
- Verschmelzung von Arbeiten und Lernen
(Vgl. Beck, S. 83)
Schlüsselsituationen sind oft Problemsituationen.
Die aktive Erarbeitung eines Stoffes anhand von Schlüsselsituationen mit den aufgezeigten Methoden formt die Qualifikationen der Schüler und erhöht die Merkfähigkeit, denn:
Wir behalten 20% von dem was wir hören.
Wir behalten 30% von dem was wir sehen.
Wir behalten 80% von dem was wir selber sagen/ formulieren können.
Wir behalten 100% von dem was wir in Schlüsselsituationen falsch gemacht haben. (Vgl. Beck S. 84 f.)
Kritik am Konzept der Schlüsselqualifikation
1.) Schlüsselqualifikation und Kompetenz, ein ungeklärtes Verhältnis
Will man den Begriff Schlüsselqualifikation erklären, so stößt man schnell auf das Problem, dass es keine allgemeingültige Definition des Begriffs Schlüsselqualifikation gibt. Dies ist Vor- und Nachteil in einem. Der Vorteil ist, dass der Begriff an sich nicht veraltet, doch einen Begriff zu verstehen, der nicht genau abgegrenzt ist fällt schwer.
Hinzu kommt, dass Schlüsselqualifikation oft als Synonym für Kompetenz verwand wird. Begriff Kompetenz ist allerdings genauso schwammig wie der Begriff Schlüsselqualifikation. Dadurch werden beide Begriffe unübersichtlich und undurchsichtig.
2.) Ganzheitlichkeit
Vor einiger Zeit mag es noch gereicht haben, die besten fachlichen Voraussetzungen zu haben, um bei einer Bewerbung zukünftiger Arbeitnehmer zu werden. Heutzutage muss man dafür auch noch den außerfachlichen Qualitätsanforderungen genügen. Bisher wurden diese in der Schule jedoch kaum vermittelt. Schlüsselqualifikationen muss man sich in der Freizeit aneignen (z.B.: Im Mannschaftssport lernt man Teamfähigkeit und Kommunikationsfähigkeit). Daher sind die Qualitätsanforderungen der Betriebe Überschneidungen von Berufs- und Lebensqualifikationen.
Schlüsselqualifikationen haben eine indirekte gesellschaftliche Funktion, doch die Arbeitslosigkeit oder eine nur labile Einbindung in den Arbeitsmarkt gelten als persönliches Bildungsproblem, so dass sich gesellschaftliche und ökonomische Fehlentwicklungen erfolgreich tarnen lassen. Dies soll bedeuten, dass das Problem Arbeitslosigkeit nicht näher untersucht wird, da man vielen Arbeitslosen den Besitz von Schlüsselqualifikationen abspricht. Dass aber auch Schlüsselqualifikationen erst einmal vermittelt werden müssen (und zwar nicht nur in der Freizeit) wird gerne vernachlässigt.
3.) Das Konzept der Schlüsselqualifikation ist unabschließbar
Da sich die Wirtschaft immer weiter entwickelt besteht immer wieder neuer Erklärungsbesdarf des Begriffs der Schlüsselqualifikation. Dadurch ist eine endgültige Definition des Begriffs unmöglich. Uneindeutigkeit, Unschärfe und die schlagwortartige Verwendung des Terminus Schlüsselqualifikation führen zu einer weitgehenden Beliebtheit, doch führt dies zu der Frage, was heute keine Schlüsselqualifikationen mehr sind.
(Vgl. Mitterer und Schulze)
Literaturangaben:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
- Arbeit zitieren
- M. Kops (Autor:in), 2001, Schlüsselqualifikationen, München, GRIN Verlag, https://www.hausarbeiten.de/document/101177