Stellen Sie sich eine Welt vor, in der das Donnern von Langschiffen das Echo irischer Küstenstädte widerhallt, eine Ära, in der skandinavische Krieger und Händler das Schicksal einer Insel neu gestalteten. Diese fesselnde Analyse entführt Sie in das Irland des 9. bis 12. Jahrhunderts, eine Zeit des Umbruchs, in der die Wikinger nicht nur plündernde Invasoren, sondern auch Stadtgründer und treibende Kräfte des Handels waren. Anhand archäologischer Funde – von den imposanten Rundtürmen, die als stumme Zeugen der Überfälle dienen, bis zu den geschäftigen Stadtzentren wie Dublin, Waterford, Limerick, Cork und Wexford, die aus winzigen Siedlungen zu pulsierenden mittelalterlichen Häfen heranwuchsen – wird ein faszinierendes Bild der skandinavischen Präsenz gezeichnet. Entdecken Sie die Bedeutung der sogenannten Longphorts, befestigte Ankerplätze, die den Wikingern ermöglichten, ganzjährig in Irland zu operieren, und tauchen Sie ein in die Welt der Gräberfelder, Horte und Einzelfunde, die Einblicke in die materielle Kultur und den Glauben dieser nordischen Siedler gewähren. Von den ersten Überfällen im Jahr 795 bis zur Schlacht von Clontarf im Jahr 1014, die oft fälschlicherweise als ein Kampf zwischen Iren und Wikingern dargestellt wird, beleuchtet diese Studie die komplexen Beziehungen, Allianzen und Konflikte, die diese Epoche prägten. Erfahren Sie, wie die Wikinger allmählich in die irische Gesellschaft integriert wurden, was sich auch in ihrer eigenen Münzprägung und der Entwicklung des einzigartigen ,,Hiberno-Viking"-Armringtyps widerspiegelt. Ein Muss für alle, die sich für die Wikingerzeit, die irische Geschichte oder die faszinierende Verbindung von Archäologie und Geschichte interessieren, ein Buch, das Mythen entlarvt und neue Perspektiven auf eine turbulente und prägende Periode der europäischen Geschichte eröffnet. Erkunden Sie die Spuren der Wikinger in Irland und entdecken Sie, wie ihre Anwesenheit Landschaft, Kultur und Handel nachhaltig veränderte, ein Erbe, das bis heute nachwirkt. Tauchen Sie ein in die Welt der Hiberno-Norse Kultur, in die Kunststile der Wikinger, die in Irland ihre abschließende Blüte erlebten, und in die spannende Frage, wie Hortfunde die Rekonstruktion der Siedlungstätigkeiten ermöglichen.
Wikinger / Skandinavier in Irland
Otto-Friedrich-Universität Bamberg
WS 2000/2001
Lehrstuhl für Archäologie des Mittelalters und der Neuzeit 28.11.2000
Hauptseminar: ,,Wikinger / Skandinavier in der Ferne - der archäologische Nachweis"
Geschichte
- erste Überfälle 795 an der Küste
- ab 820: größere Aggressivität
- mehrere regelmäßige Überfälle
- Überfälle vor allem an Feiertagen und auf Klöster
- ab 830: Wikinger dringen auf Flüssen ins Hinterland ein
- auch hier Plünderungen von Klöstern
- 832: drei Überfälle auf Kloster von Armagh in nur einem Monat
- nach 850 gehen Überfälle auf Grund von Verbündungen und Hochzeiten zurück
- 902: Wikinger werden von Königen von Brega und Leinster erfolgreich aus Irland vertrieben
- 914: Rückkehr der Wikinger nach Irland
- 10. Jh. Errichtung von Handelszentren / Niederlassen in Städten
- 980 Schlacht von Tara
- schwere Niederlage der Skandinavier
- werden tributpflichtig
- werden aber als geschickte Händler geduldet
- weiterhin Kämpfe und Schlachten
- typisch für Irland
- 23. April 1014: Schlacht von Clontarf: oft als Schlacht Iren gegen Wikinger beschrieben
- aber Schlacht Iren gegen Iren, die mit Wikingern verbündet waren
- Ende der Wikingerzeit in Irland setzt man gleich mit der Eroberung Dublins
- durch Anglo-Normannen im Jahre 1170
Der archäologische Nachweis Rundtürme
- Überfälle und Zerstörungen der Wikinger nur sehr schwer nachzuweisen
- jedoch eine Art Auswirkung der Wikinger Überfälle war die Errichtung Rundtürme
- heute noch ca. 80 in Irland erhalten
- zwischen 10. und 12. Jh. errichtet
- konnten als Wehrtürme genutzt werden
Stadtarchäologie / Städte der Wikinger
- wichtigste Städte / Stadtgründungen der Wikinger waren: Dublin, Waterford, Limerick, Cork, Wexford;
- Stadtgründungen hauptsächlich im 9. und 10. Jh.
- sie entwickelten sich später zu den mittelalterlichen Häfen Irlands
- werden in der Literatur oft als größte Leistung der Wikinger in Irland beschrieben
- hatten gute Häfen und guten Zugang zu inländischen Wasserwegen
- archäologisch nachgewiesen sind bisher nur Dublin und Waterford
Waterford
- Pfostenlöchern
- Graben mit:
- Metallschlacke
- Tierknochen
- Fischgräten
- Scherben von Töpferwaren des 11. und 12. Jh.
- in der Stadt selbst keine Artefakte erhalten
Siedlungsarchäologie / Skandinavische Siedlungen außerhalb von Städten
- konkrete Nachweise von Siedlungstätigkeiten auf dem Land wurden nicht gefunden
- Quellen sprechen nach 840 von so genannten Longphorts
- genauer Aufbau nicht bekannt
- befestigte Ankerplätze / Seelager / Militärlager
- Basen für weitere Beutezüge
- früher waren Angriffe nur zu bestimmten Jahreszeiten möglich
- jetzt waren Wikinger das ganze Jahr auf der Insel
- möglicherweise ließen sich Wikinger auch in ehemaligen Klöstern nieder
- Münzfunde
Gräber
- bis auf 2 Gräber Konzentration im Osten vor allem an der Küste
- meisten im Raum Dublin
- alle Gräber außerhalb Dublins Körperbestattungen
- außer Mayfield, Co. Waterford, keines wissenschaftlich bearbeitet
- meist isolierte Einzelgräber
Möglicher Friedhof auf Rathlin Island, Co. Antrim
- 3-4 Gräber aus der Wikingerzeit
- mindestens 1 Mann und 2 Frauen von hohem Rang
- silberne Brosche, Perlen, Schwert, bronzene Schöpfkelle
Bootsgrab
- Ballywillin, Co. Antrim
- Nicht sicher, ob aus Wikingerzeit
- aber charakteristisch für Krieger der Wikingerzeit
- In einem Hügel aus Steinen, Erde & hauptsächlich Moos
- 40m Durchmesser
Chronologie der Gräber
- Gräber außerhalb Dublins geben ein gemischtes Bild
- Ballyholme
- 9. Jh.
- Arklow
- 10. Jh.
Horte
Allgemein
- Silber zirkulierte anfangs nach Gewicht
- Meist vergrabene Schätze
- einige unter Steinen
- Horte bestehen aus:
- Ornamenten
- Hacksilber
- Barren
- Münzen
- große Unterschiede in Art und Menge der Inhalte
- in Irland bisher 130 Funde (Graham-Campbell 1998)
- ständig steigende Zahl · Graham-Campbell 1976 · 104 Funde
- Horte lassen auf Wohlstand der Wikinger in Irland schließen
- meisten Funde im 19. Jh. oder noch früher · meist eingeschmolzen
Münzlose Hortfunde
- 52 Funde (Sheehan 1998) meist mit Ornamenten
- stammen meist aus Zeit 850-950
- größeres Verbreitungsgebiet als Münzfunde
Typisch irisch-wikingischer Armringtyp: ,,Hiberno-Viking"
- alle Funde diesen Typs zusammen mehr als 60
- Merkmale:
- dickes Silberband
- Kreuz im rechten Winkel
- verjüngen sich an Enden
- Verzierung beschränkt auf Außenseite
- Hauptsächliches Vorkommen: 2. Hälfte 9. Jh.
Gemischte Funde
- 15 Funde
- alle aus 10. Jh.
- helfen bei Datierung münzloser Funde
- zeigen Übergang Rohmetall- zu Münzwährung
Münzhorte
- ca. 80 Funde
- konzentriert auf ein Band um Dublin
- 48-113 km (30-70 Meilen) um Dublin
- kaum Funde aus Nordwesten
- 9. / 10. Jh.
- Mehrheit 10. Jh. · 75 % davon nach 940
- meist sehr klein
- Münztypen vorwiegend angelsächsisch
Rekonstruktion der Siedlungstätigkeiten durch Hortfunde
1.Phase:
- 800-900
- keine ständigen Siedlungen bis 841
- Räuber nahmen Beute mit nach Norwegen
2. Phase:
- 900-920
- spiegelt Phase der Ausweisung aus Irland 902 wider
3. Phase:
- 920-1010
- Hauptphase
- Umgang mit Münzen wird normaler
- Eigene Herstellung von Münzen
4. Phase:
- 1030-1075
- 12 Horte
5. Phase:
- Ende 11. Jh. - 1150
- 10 Horte
- enthalten nur von Wikingern in Irland hergestellte Münzen
- ,,Hiberno-Norse" Münzfunde von Wikingern werden im 11./12. Jh. weniger als im 10. Jh.
- spiegelt Integration der Wikinger in die irische Gesellschaft wider
Exkurs: Eigene Münzherstellung der Wikinger
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Einzelfunde
hauptsächlich Waffen
- Schwerter
- Pfeile
Irland im 11./12. Jh.
- in diesem Zeitraum noch großer Einfluss der Wikinger auf irische Kunst = abschließende Blütezeit der Wikingerstile fern der Heimat
- noch 2 Stile:
- Ringerike-Stil
- Urnes-Stil
Literatur
Barry, Terence B. (1987): The archaeology of medieval Ireland. London.
Briggs, C.S. (1974): A Boat Burial from County Antrim. In: Medieval Archaeology 18/1974. S. 158-160.
Edwards, Nancy (1990): The Archaeology of Early Medieval Ireland. Philadelphia.
Faber, Gustav (1976): Die Normannen. Piraten, Entdecker, Staatengründer. München.
Floin, Raghnall Ó (1998): The Archaeology of the Early Viking Age in Ireland. In: Clarke, Howard B.; Mhaonaigh, Máire Ní & Raghnall Ó Floin (Hrsg.): Ireland and Scandinavia in the Early Viking Age. Dublin. S. 131-165.
Graham-Campbell, James A. (1976): The Viking-age silver hoards of Ireland. In: Almquist, Bo & David Greene (Hrsg.): Proceedings of the Seventh Viking Congress. Dublin. S. 39-40.
Graham-Campbell, James A. (1980): Das Leben der Wikinger. Krieger, Händler und Entdecker. Berlin.
Hall, Richard (1973/74): A Check List of Viking Coin Finds from Ireland. In: Ulster Journal of Archaeology, Vols 36 & 37, 1973/74. S. 71-86.
Kaland, Sigrid H.H.(1992): Tracht und Schmuck. In: Roesdahl, Else (Hrsg.): Wikinger, Waräger, Normannen. Berlin.
Morris, Christopher D. (1982): The Vikings in the British Isles: Some aspects of their settlement and economy. In: Farrell, Robert, T. (Hrsg): The Vikings. Chichester. S. 70-94.
Sheenan, John (1998a): Early Viking Age Hoards from Ireland and their Scandinavian Elements. In: Clarke, Howard B.; Mhaonaigh, Máire Ní & Raghnall Ó Floin (Hrsg.): Ireland and Scandinavia in the Early Viking Age. Dublin. S. 166-202.
Sheenan, John (1998b): Irland und die Wikinger. In: Archäologie in Deutschland 3/98 (Abstract aus Internet: www.theis.de/AiD/98-3/thema2.htm).
Wilson, David M. & Richard Hall (1992): Die Skandinavier und die Britischen Inseln. In: Roesdahl, Else (Hrsg.): Wikinger, Waräger, Normannen. Berlin.
Häufig gestellte Fragen
Was ist der Inhalt dieses Dokuments über Wikinger/Skandinavier in Irland?
Dieses Dokument ist ein Auszug aus einem Hauptseminar an der Otto-Friedrich-Universität Bamberg im Wintersemester 2000/2001, das sich mit dem archäologischen Nachweis der Wikinger/Skandinavier in der Ferne, speziell in Irland, beschäftigt. Es behandelt verschiedene Aspekte ihrer Geschichte, Archäologie und ihres Einflusses.
Welche historischen Ereignisse werden im Zusammenhang mit den Wikingern in Irland erwähnt?
Das Dokument listet eine Chronologie von Ereignissen auf, beginnend mit ersten Überfällen im Jahr 795, zunehmender Aggressivität ab 820, regelmäßigen Überfällen, dem Vordringen ins Hinterland ab 830, dem Rückgang der Überfälle nach 850, der Vertreibung der Wikinger im Jahr 902, ihrer Rückkehr 914, der Errichtung von Handelszentren im 10. Jahrhundert, der Schlacht von Tara 980 und der Schlacht von Clontarf 1014. Es erwähnt auch die Eroberung Dublins durch die Anglo-Normannen im Jahr 1170 als Ende der Wikingerzeit in Irland.
Wie wird der archäologische Nachweis der Wikinger in Irland geführt?
Der archäologische Nachweis wird unter anderem durch Rundtürme, die Stadtarchäologie (insbesondere in Dublin, Waterford, Limerick, Cork und Wexford), Siedlungsarchäologie (mit Fokus auf sogenannte Longphorts) und Gräber (vor allem im Osten Irlands) erbracht.
Was sind Longphorts und welche Bedeutung hatten sie?
Longphorts waren befestigte Ankerplätze, Seelager oder Militärlager, die von den Wikingern ab 840 genutzt wurden. Ihr genauer Aufbau ist nicht bekannt, aber sie dienten als Basen für weitere Beutezüge und ermöglichten es den Wikingern, das ganze Jahr über in Irland aktiv zu sein.
Welche Arten von Funden werden im Zusammenhang mit den Wikingern in Irland erwähnt?
Das Dokument erwähnt Münzfunde, Gräberfunde (darunter ein mögliches Bootsgrab), Hortfunde (mit Ornamenten, Hacksilber, Barren und Münzen) und Einzelfunde wie Waffen (Schwerter, Pfeile).
Was sind "Hiberno-Viking"-Armringe und welche Merkmale haben sie?
"Hiberno-Viking"-Armringe sind ein typisch irisch-wikingischer Armringtyp aus der zweiten Hälfte des 9. Jahrhunderts. Sie bestehen aus einem dicken Silberband mit einem Kreuz im rechten Winkel, verjüngen sich an den Enden und sind an der Außenseite verziert.
Welche Phasen der Wikingeraktivitäten in Irland werden anhand von Hortfunden rekonstruiert?
Es werden fünf Phasen rekonstruiert: 1) 800-900 (keine ständigen Siedlungen bis 841), 2) 900-920 (Phase der Ausweisung aus Irland 902), 3) 920-1010 (Hauptphase mit zunehmendem Umgang mit Münzen), 4) 1030-1075 (12 Horte), und 5) Ende 11. Jh. - 1150 (10 Horte mit nur in Irland hergestellten Münzen, was die Integration der Wikinger in die irische Gesellschaft widerspiegelt).
Welchen Einfluss hatten die Wikinger auf die irische Kunst des 11./12. Jahrhunderts?
Die Wikinger hatten einen großen Einfluss auf die irische Kunst des 11./12. Jahrhunderts, was als abschließende Blütezeit der Wikingerstile fern der Heimat gilt. Es werden noch zwei Stile erwähnt: der Ringerike-Stil und der Urnes-Stil.
Welche Literatur wird im Zusammenhang mit den Wikingern in Irland zitiert?
Das Dokument listet eine umfangreiche Bibliographie von Werken auf, die sich mit der Archäologie, Geschichte und Kultur der Wikinger in Irland und den Britischen Inseln befassen.
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- Torsten Haberzettl (Author), 2001, Wikinger / Skandinavier in Irland, Munich, GRIN Verlag, https://www.hausarbeiten.de/document/100995