Die Arbeit beschäftigt sich mit der Frage, ob oder inwieweit alleinerziehende Väter durch Behörden, also staatliche Verwaltungsstellen und Organisationen diskriminiert und benachteiligt werden. Die Motivation des Verfassers der Arbeit ist die bisher erfahrene eigene Lebenssituation. Als alleinerziehender Vater werden Diskriminierungen subjektiv empfunden. Daher stellt sich die Frage, ob die subjektiv erfahrenen Benachteiligungen einer gesellschaftlichen Realität entsprechen.
In der Arbeit wird der Autor zunächst verschiedene Begrifflichkeiten untersuchen und definieren. Anschließend wird zu untersuchen sein, ob und inwieweit alleinerziehende Väter durch Behörden und Organisationen diskriminiert werden. Bei Verstärkung dieser These soll anschließend versucht werden, eventuelle Gründe für das Vorhandensein solcher Umstände zu finden.
Inhalt
1. Einleitung
2. Begriffsabgrenzungen und Definitionen
3. Statistische Grundbetrachtung
4. Behördliche Diskriminierungen
4.1 Behördennamen
4.2 Staatliche Unterstützungsleistungen
5. Alleinerziehende Väter und die Gesellschaft
6. Alleinerziehende Väter und Erwerbstätigkeit
7. Fazit und Ausblick
Literaturverzeichnis
1. Einleitung
Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit der Frage, ob oder inwieweit alleinerziehende Väter durch Behörden, also staatliche Verwaltungsstellen und Organisationen diskriminiert und benachteiligt werden. Die Motivation des Verfassers der vorliegenden Arbeit ist die bisher erfahrene eigene Lebenssituation. Als alleinerziehender Vater werden Diskriminierungen subjektiv empfunden. Daher stellt sich die Frage, ob die subjektiv erfahrenen Benachteiligungen einer gesellschaftlichen Realität entsprechen.
Die Recherche zur vorliegenden Arbeit gestaltete sich herausfordernd, obschon auf den ersten Blick eine Vielzahl an Literatur zur Verfügung steht. Bei genauerer Betrachtung stellt sich jedoch heraus, dass ein geraumer Teil der Literatur entweder lediglich die alleinerziehenden Mütter betrachtet oder allgemein von der Ein – Eltern – Familie spricht und damit das Geschlecht des erziehenden Elternteils unbeachtet bleibt. Verschiedentlich wird dieser Umstand damit begründet, dass die Zahl alleinerziehender Väter zu gering sei, um eine wissenschaftlich fundierte Auswertung vornehmen zu können. (vgl. Limmer 2000: S. 29). Im Verlauf der vorliegenden Arbeit wird dieser Umstand genauer zu verifizieren und zu untersuchen sein.
In der vorliegenden Arbeit wird der Autor zunächst verschiedene Begrifflichkeiten untersuchen und definieren. Anschließend wird zu untersuchen sein, ob und inwieweit alleinerziehende Väter durch Behörden und Organisationen diskriminiert werden. Bei Verstärkung dieser These soll anschließend versucht werden, eventuelle Gründe für das Vorhandensein solcher Umstände zu finden.
2. Begriffsabgrenzungen und Definitionen
Für die vorliegende Arbeit ist es zunächst sinnvoll, verschiedene Begrifflichkeiten genauer zu definieren. Hierbei rückt insbesondere der Wortlaut der „Ein – Eltern – Familie“ in den Fokus. Unter einer Ein – Eltern – Familie ist eine „Familie in häuslicher Gemeinschaft, bestehend aus einer Mutter oder einem Vater und einem oder mehreren Kindern.“ (Vollmer 2017: S 16) zu verstehen. Diese begriffliche Erklärung ist in der Literatur einheitlich. Verschiedentlich wird in der Literatur lediglich unterschieden, ob es sich um volljährige Kinder handelt oder nicht. In verschiedenen Statistiken wird zudem nach jüngeren Ein – Eltern – Familien und Ein – Eltern – Familien unterschieden. Dabei werden Ein – Eltern – Familien, in denen das jüngste Kind unter 10 Jahre alt ist, als jüngere Ein – Eltern – Familien bezeichnet (vgl. Limmer 2000: S. 30).
Als zweite Begrifflichkeit sind die Alleinerziehenden zu unterscheiden. „Als alleinerziehend werden Mütter oder Väter bezeichnet, die ohne Ehe – oder Lebenspartner*in mit ihren minder – oder volljährigen Kindern in einem Haushalt zusammenleben.“ (Vollmer 2017: S 20) In dieser begrifflichen Erklärung wird jedoch nicht berücksichtigt, ob eine Erziehungsfunktion gegenüber dem Kind erfüllt wird. Wie auch bei der Ein – Eltern – Familie ist die Definition von Alleinerziehenden in der Literatur recht einheitlich. Begriffliche Unterschiede sind vernachlässigbar.
Dahingegen wird der Begriff der Diskriminierung in der Literatur nicht einheitlich definiert. Der Paragraph 1 des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes beschreibt Diskriminierung als „…Benachteiligungen aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität“. Betrachtet man rein den vorliegenden Gesetzestext, so ist eine Benachteiligung von Alleinerziehenden keine Diskriminierung, da keines der gesetzlichen Merkmale zutreffend ist. Aus diesem Grund wird diese Erklärung als unzureichend angesehen. Dennoch gibt der Gesetzestext eine Grundlage, an der ein passender Diskriminierungsbegriff ausgearbeitet werden kann. Wird Diskriminierung als jede Benachteiligung oder Ungleichbehandlung von abstrakten Gruppen betrachtet, welche sich in einer Eigenschaft oder durch ein persönliches Merkmal von der Mehrheitsgesellschaft unterscheiden, so ergibt sich eine deutlich sinnvollere begriffliche Abgrenzung (vgl. Scherr 2016). Diskriminierungen sind noch nach ihrer Form zu unterscheiden. Bei einer unmittelbaren Diskriminierung wird der Diskriminierte auf Grund einer Eigenschaft unmittelbar schlechter gestellt als andere. Mittelbare Diskriminierung besteht immer dann, wenn ein scheinbar neutrales Kriterium dazu führt, dass eine bestimmte Personengruppe mindestens mehrheitlich ausgeschlossen wird (vgl. AGG – Ratgeber.de, abgerufen am 27.12.2020).
3. Statistische Grundbetrachtung
In diesem Kapitel soll die quantitative Dimension erfasst und eingegrenzt werden. Auch wenn jede Diskriminierung grundsätzlich nicht zu akzeptieren ist, sollte zumindest hinterfragt werden, wie viele Menschen betroffen sind. Bereits in der Einleitung wurde darauf hingewiesen, dass in der Literatur vielmals auf eine zu geringe Fallanzahl verwiesen wird, um wissenschaftlich belastbare Untersuchungen über alleinerziehende Väter anzustellen.
Zieht man die statistischen Untersuchungen des Mikrozensus aus dem Jahr 2017 heran, so gibt es in Deutschland 8,2 Millionen Familien, von denen die mit 70 % überwiegende Mehrheit Ehepaare mit Kindern sind. Weitere 11 % stellen andere Lebensgemeinschaften mit Kindern dar. Etwa jede fünfte Familie (19 %) ist eine Ein – Eltern – Familie. In den neuen Bundesländern ist dieser Anteil mit 25 % noch deutlich höher als in den alten Bundesländern (17 %). In absoluten Zahlen ausgedrückt, bedeutet das, dass in der Bundesrepublik Deutschland 2017 knapp 1,6 Millionen Ein – Eltern – Familien gelebt haben (vgl. Statistisches Bundesamt 2018: S. 8 – 10).
Mit 10 % – 13 % ist der Anteil der alleinerziehenden Väter an den Ein – Eltern – Familien zwischen allen Bundesländern verhältnismäßig gleich verteilt. Dieser geringe Anteil (im Bundesschnitt 12,3 %) hat sich seit 1997 nicht maßgeblich geändert. Die Gründe dafür werden durch den Mikrozensus nicht erfasst (vgl. ebd. S. 13) und lassen sich nur vermuten. Rein rechnerisch ergeben sich bei angenommenen 1,6 Millionen Ein – Eltern – Familien etwas mehr als 200.000 alleinerziehende Väter.
Ein weiterer statistischer Unterschied zeigt sich beim Alter der Kinder. Bei alleinerziehenden Müttern ist der Anteil der Kinder im Vorschulalter deutlich höher ausgeprägt als bei Vätern. Der größere Anteil der alleinerziehenden Väter lebt mit älteren Kindern (Altersstufen 10 – 17 Jahre) in einem Haushalt. Die regionalen Unterschiede zwischen den Bundesländern sind in diesem Zusammenhang ebenso vernachlässigbar wie die Veränderungen in langfristigen Vergleichen. Zudem ist festzustellen, dass alleinerziehende Mütter statistisch mit mehr Kindern in einem Haushalt leben als alleinerziehende Väter (vgl. ebd. S. 13 – 15). Das statistische Bundesamt liefert im Mikrozensus keinerlei Begründungsansatz für dieses Phänomen.
Was bei Untersuchungen abseits vom Mikrozensus zum Thema Alleinerziehende auffällt, ist, dass eine nicht unwesentliche Zahl auf Länder – und Kommunalebene sich, betrachtet man die Titel und die inhaltlichen Zielsetzungen, lediglich mit alleinerziehenden Müttern befasst beziehungsweise alleinerziehende Väter deutlich unterrepräsentiert sind (vgl. Limmer 2000: S. 13 – 23). So wurde in der Stadt Kempten 1996 eine Befragung zur Situation Alleinerziehender durchgeführt. Unter den 190 Teilnehmenden sind lediglich acht Männer befragt worden (ebd. S. 21). In einer anderen Untersuchung im Jahr 2002 über alleinerziehende Mütter und Väter im Gender – Diskurs setzen sich die Teilnehmenden aus 606 Frauen, 39 Männern und 4 Personen ohne geschlechtsspezifische Angaben zusammen (vgl. Hammer 2002: S. 197). Auch wenn nachvollziehbar ist, dass man sich mit der Mehrheit befasst, da die meisten wissenschaftlich verwertbaren Ergebnisse hier zu erwarten sind, dürfen Minderheiten in Untersuchungen nicht ausgespart bleiben oder vernachlässigt werden. Durch diese statistische Minderpräsenz alleinerziehender Väter stehen diese demzufolge deutlich weniger im Fokus als alleinerziehende Mütter. Ohnehin ist festzuhalten, dass die Bevölkerungsgruppe der Alleinerziehenden zwar schnell wächst, jedoch wissenschaftlich kaum untersucht wird. Deutsche Untersuchungen konzentrieren sich vorrangig auf die soziale, wirtschaftliche und finanzielle Benachteiligung alleinerziehender Mütter. Die Väter in vergleichbarer Situation werden in den Publikationen, wenn überhaupt, nur am Rande erwähnt (vgl. Schöningh, Aslanidis, Faubel-Diekmann 1991: S. 13 – 14).
4. Behördliche Diskriminierungen
In diesem Kapitel soll beleuchtet werden, ob und in welcher Weise alleinerziehend Väter durch öffentliche Stellen und Verwaltungen benachteiligt beziehungsweise diskriminiert werden. Weiterhin soll in diesem Kapitel geprüft werden, inwieweit rechtliche Rahmenbedingungen für alleinerziehende Väter diskriminierend sind.
4.1 Behördennamen
Aufgaben und Arbeitsbereiche von Behörden und staatlichen Institutionen lassen sich schon am Namen der Behörde ablesen. Bereits hier kann eine Ungleichbehandlung erkannt werden. Die oberste politische Interessenvertretung Alleinerziehender ist, neben anderen Aufgaben, das Bundesfamilienministerium. Mit vollem Namen heißt die Behörde Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ). Schon im Titel finden alleinerziehende Väter nur Zugang und Identifikation über den Begriff der Ein – Eltern – Familie, der einem Großteil der Betroffenen nicht als solcher bekannt und bewusst sein dürfte. Es steht zudem zu vermuten, dass auch im Bundesministerium das Phänomen der alleinerziehenden Väter nur am Rande mit betrachtet wird. Beispielsweise ist auf der Homepage des Ministeriums unter der Rubrik „Chancen und Teilhabe für Familien“ ein Beitrag mit dem Titel „Allein – und getrennt Erziehende fördern und unterstützen.“ zu finden. In diesem wird festgestellt: „Von den 13,1 Millionen Kindern unter 18 Jahren leben inzwischen 18 Prozent mit einem Elternteil im Haushalt. In neun von zehn Fällen ist dies die Mutter.“ (BMFSFJ, 01.07.2020) Das Augenmerk wird hier bewusst auf die etwa 90 Prozent alleinerziehende Mütter gelegt. Wenn auch die Zahl ein statistischer Fakt ist, der im Rahmen dieser Arbeit bereits Erwähnung gefunden hat, so deutet dieser Fakt auch darauf hin, die verbliebenen 10 Prozent der alleinerziehenden Väter ausgeblendet werden. Ähnliche Namen – und Aufgabenkonstellationen finden sich analog in den 16 Bundesländern (vgl. Limmer 2000: S. 13 – 23).
4.2 Staatliche Unterstützungsleistungen
Im Bereich der staatlichen Unterstützungsleistungen für Alleinerziehende ist der Unterhaltsvorschuss nach dem Unterhaltsvorschussgesetz ein wichtiges Instrument. Es wird Kindern gezahlt, welche bei einem alleinerziehenden Elternteil leben und keinen regelmäßigen Unterhalt vom anderen Elternteil erhalten (vgl. BMFSFJ, 11.11.2020). Dieser wurde bis zum Sommer 2017 jedoch nur bis zum vollendeten 12. Lebensjahr des Kindes gezahlt. Dieser Umstand stellt eine mittelbare Diskriminierung alleinerziehender Väter dar, da ihre Kinder von dieser staatlichen Fördermöglichkeit weitgehend durch die Altersbeschränkung ausgeschlossen werden. Der überwiegende Anteil alleinerziehender Väter (ca. 65 %) lebte und lebt bis heute mit Kindern im Alter von 10 – 18 Jahren zusammen (vgl. Statistisches Bundesamt 2018: S. 15). In der Folge muss ein großer Teil der alleinerziehenden Väter allein für den Unterhalt ihrer Kinder aufkommen. Erst seit einer Reform des Unterhaltsvorschussgesetzes im Juli 2017 erhalten Kinder zwischen dem 12. und dem vollendeten 18. Lebensjahr unter bestimmten Voraussetzungen ebenfalls Zugang zu dieser Fördermöglichkeit (vgl. Haufe 2018). Damit wird ein großer Teil der alleinerziehenden Väter finanziell entlastet. Auf Grund der Zugangsbedingungen zum Unterhaltszuschuss werden jedoch weiterhin Empfänger*innen von Leistungen nach SGB II ausgeschlossen.
Weiterhin als diskriminierend für alleinerziehende Väter können jedoch einzelne Fragen in einem Fragebogen, welcher Bestandteil der Antragsformalitäten ist sowie zur jährlichen Berechtigungsprüfung verwendet wird, zu verstehen sein. Hierbei wird gefragt, ob eine Vaterschaft anerkannt oder festgestellt wurde. Für alleinerziehende Väter ist die Antwort auf diese Frage selbstverständlich und außer Zweifel. Lediglich der Umstand, dass nur ein geringerer Teil der Unterhaltsvorschussempfänger alleinerziehenden Väter sind und die Formulare für jeden Antragsteller identisch sein müssen, kann zur Begründung herangezogen werden, dass hier keine Diskriminierung vorliegt.
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