In der folgenden Hausarbeit wird eine Abgrenzung des lateinamerikanischen Spanisch zum kastilischen anhand der Lexik unternommen. Ziel dieser Hausarbeit ist, mittels einer Literaturrecherche, den Wortschatz des amerikanischen Spanisch anhand der peninsularen Norm zu untersuchen, daran gegebenenfalls Unterschiede und Gemeinsamkeiten herauszustellen und letztendlich zu beurteilen, ob eine eindeutige Abgrenzung möglich ist.
Um ein Fazit darüber zu formulieren, wird zunächst der Begriff Amerikanismus definiert, um anschließend einige Besonderheiten und Merkmale des amerikanischen Spanisch dar-zustellen. Anschließend wird näher auf die diatopische Variation in Lateinamerika eingegangen, sowie knapp die Probleme, die bei der Erfassung und Beschreibung des Wortschatzes auftreten, erläutert. Es werden verschiedene Teilbereiche der hispanoamerikanischen Lexik in Abgrenzung zu dem Kastilischen betrachtet, um im Nachhinein verschiedene Gliederungsversuche darzustellen.
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
1. Einleitung
2. Definition des Amerikanismus
3. Überblick über die Besonderheiten des amerikanischen Spanisch
4. Klassifikation der Teilbereiche der Lateinamerikanischen Lexik
4.1 Probleme bei der Betrachtung der diatopischen Variation
4.2 Archaismen
4.3 Dialektismen
4.4 Innovationen
4.4.1 Neubildungen
4.4.2 Bedeutungsveränderungen
4.4.3 Entlehnungen aus anderen europäischen Sprachen
4.4.4 Entlehnungen aus indigenen Sprachen
5. Gliederung Lateinamerikas in spanischsprachige Dialektzonen
5.1 Allgemeines zur diatopischen Gliederung
5.2 Verschiedene Gliederungsversuche
5.2.1 Gliederungsversuch nach Pöll
5.2.2 Gliederungsversuch nach Pedro Henriquez Urena (1921)
5.2.3 Gliederungsversuch nach Cahuzac (1980)
6. Schluss
Literaturverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1. Einleitung
Spanisch gilt als eine der meistgesprochenen Sprachen der Welt und ist vor allem in Süd- und Mittelamerika in vielen Ländern offizielle Amtssprache. Der Ursprung der Sprache liegt sichtbar in Spanien selbst. Diese verbreitete sich durch die Entdeckung des amerikanischen Kontinents, durch Christoph Kolumbus im Jahre 1492 und die darauffolgende, langjährige Eroberung dessen in den zahlreichen Ländern. Heutzutage befindet sich der größte Teil der spanischsprachigen Muttersprachler in Lateinamerika. Mexiko gilt dabei, mit einem Anteil von 99% spanisch-sprechender Bevölkerung, als größtes hispanophones Land (Noll 2019: 4). In Betracht dessen stellt sich die Frage, ob das Spanische eine homogene Sprache ist. Dies ist offensichtlich nicht der Fall, da selbst in Spanien verschiedenste regionale Unterschiede zu erkennen sind und verschiedene Dialekte, beziehungsweise Regiolekte, wie beispielsweise das Katalanische, Andalusische oder Galici- sche existieren. Derartige Regiolekte lassen sich auf ähnliche Weise auch in Lateinamerika verzeichnen.
Infolgedessen soll sich diese Hausarbeit mit dem Thema des lateinamerikanischen Spanisch und dessen Abgrenzung zu dem Kastilischen beschäftigen. Dabei wird entsprechend des Seminarthemas der Fokus auf die diatopische Variation zwischen den Regionen und auf die Unterscheidung der Lexikologie bzw. dem Wortschatz gelegt. Ziel dieser Hausarbeit ist somit, mittels einer Literaturrechereche, den Wortschatz des amerikanischen Spanisch anhand der peninsularen Norm zu untersuchen, daran gegebenenfalls Unterschiede und Gemeinsamkeiten herauszustellen und letztendlich zu beurteilen, ob eine eindeutige Abgrenzung möglich ist.
Um ein Fazit darüber zu formulieren, wird zunächst der Begriff Amerikanismus definiert, um anschließend einige Besonderheiten und Merkmale des amerikanischen Spanisch darzustellen. Anschließend wird näher auf die diatopische Variation in Lateinamerika eingegangen, sowie knapp die Probleme, die bei der Erfassung und Beschreibung des Wortschatzes auftreten, erläutert. Es werden verschiedene Teilbereiche der hispanoamerikani- schen Lexik in Abgrenzung zu dem Kastilischen betrachtet, um im Nachhinein verschiedene Gliederungsversuche darzustellen.
Allgemein lässt sich der Begriff des Amerikanismus in der linguistischen Forschung schwer definieren, da verschiedene Aspekte, wie bspw. die historische Entwicklung hineinspielen und verschiedene Betrachtungsgrundlagen unterschiedlich stark ins Gewicht fallen. Noll (2019: 13) beschreibt den Amerikanismus als Charakteristika, die das amerikanische Spanisch klassifizieren. Dabei bilden die geographischen Gebiete keine homogene Sprache, aber sind auch nicht eindeutig von dem Kastilischen abzugrenzen. Es ergibt sich häufig das Problem des geographischen Raums, „dass viele Amerikanismen in erster Linie regional auftreten (z.B. Karibik, Andengebiete) und manche Charakteristika Parallelen mit Südspanien aufweisen“ (Noll 2019: 13). Ebenfalls muss die historische Entwicklung und damit die Etymologie eines Wortes berücksichtig werden, da beispielsweise oft Entlehnungen aus den indigenen Sprachen stammen. Damit ergibt sich nach Noll die folgende Definition: Ein Amerikanismus lässt sich als sprachliche Form beschreiben, die im Kontrast zum historisch referentiellen Standard des Kastilischen steht und einem Teil des amerikanischen Sprachgebietes nach Gebraucht oder Herkunft zuzuordnen ist (Noll 2019: 13).
3. Überblick über die Besonderheiten des amerikanischen Spanisch
Das amerikanische Spanisch bietet in vielerlei Hinsicht Besonderheiten, auf die im Folgenden knapp eingegangen wird.
Allgemein kann das Spanisch in Lateinamerika als Kolonialdialekt des Kastilischen bezeichnet werden, da es durch die europäische Expansion während der Kolonialzeit und der Hispanisierung unter anderem nach Mittel- und Südamerika getragen wurde (vgl. Bollée/Neumann-Holzschuh 2007: 7). Oft wird das amerikanische Spanisch mit dem an- dalusischen Dialekt verglichen, da es laut Dietrich/Noll (2012: 227) als „Reconquistadialekt zum Kastilischen“ betrachtet werden kann und teilweise Überschneidungen in dem Wortschatz herrschen. Allerdings gab bzw. gibt es auch Sprachkontakte zu anderen Sprachen, wie bspw. den indigenen Sprachen Lateinamerikas (bspw. Nahuatl, Quechua, Gu- aram), dem Englischen, Französischen und Brasilien etc. (Kabatek/Pusch 2009: 201).
Es ist offensichtlich, dass es sich bei dem Dialekt nicht um eine homogene Sprache handeln kann, die eindeutig von dem Kastilischen abgegrenzt werden kann. Allerdings sind deutliche Unterschiede in der Aussprache und dem jeweiligen amerikanischen Wortschatz zu verzeichnen. Grundsätzlich lassen sich nach Noll (2019: 27) Unterscheidungen zu dem Kastilischen in der Phonetik und Phonologie, bspw. mit der Aussprache (seseo), wobei Ähnlichkeiten zu dem Andalusischen bestehen, der Morphosyntax, mit bspw. der speziellen Form für die zweite Person Singular vos und der Lexik beobachten. Bei Letzterem zeichnet sich der amerikanische Wortschatz durch seine diatopische Variation aus, worauf ein zentraler Fokus der Hausarbeit liegt.
Ein weiterer Aspekt ist der „archaischen Charakter des hispanoamerikanischen Wortschatzes“ (Dietrich/Noll 2012: 232), da viele Wörter die Bedeutungen bewahrt haben, die ihnen im Siglo de Oro zugeschrieben wurden, wie z. B. lindo 'bonito, hermoso' und re- cordar 'despertar'. Auch können als Beispiel Metaphern aus dem Seefahrerbereich, Bedeutungsveränderungen und Umdeutungen genannt werden.
4. Klassifikation der Teilbereiche der Lateinamerikanischen Lexik
Die lateinamerikanische Lexik kann in Bezug auf die peninsulare Norm in verschiedene Teilbereiche klassifiziert werden. Im Folgenden werden die Einteilungen von Pöll (2018: 102f), der die hispanoamerikanischen Varietäten in Archaismen, Dialektismen und Innovationen bzw. Indigenismen gliedert und Noll (2019: 47-54), welcher dies etwas weiter fasst und in Erbwortschatz und Entlehnungen einteilt, aufgegriffen, um eine allgemeine Klassifikation darzustellen.
4.1 Probleme bei der Betrachtung der diatopischen Variation
Bei der Klassifikation der diatopischen Variation des amerikanischen Spanisch sind einige Probleme zu beobachten, die im folgenden als Grundlage zur Einteilung in die Teilbereiche, knapp erläutert werden. Das Grundproblem wird laut Noll (2019: 47f.) dadurch gebildet, dass das amerikanische Spanisch durch die diatopische Variation, sowohl durch Indigenismen, als auch durch den alltäglichen Gebrauchswortschatz geprägt ist. Durch die panamerikanische Geltung ist es nicht eindeutig möglich das amerikanische von dem europäischen Spanisch klar zu trennen. Als Beispiel lautet die Verwendung des Wortes 'Auto' in Spanien coche und in Lateinamerika carro. Dies kann allerdings nicht pauschalisiert werden, da beispielsweise in Kuba beide Wörter im Gebrauch sind, aber vergleichsweise in Peru auto zu der Beschreibung verwendet wird. Auch stellt Noll (2019: 48) dar, dass es offensichtlich regionale Großräume gibt (z. B. Mexiko, das Andengebiet und der La Plata-Raum), in denen lexikalische Gemeinsamkeiten herrschen, jedoch Ländergrenzen nicht als alleinige Abgrenzung der sprachlichen Charakteristika reichen, da es teilweise Überschneidungen in der Verwendungen vom Wortschatz gibt. Als Beispiel dafür kann erneut Kuba genannt werden: Für das spanische Lexemplatano wird beispielsweise in dem östlichen Teil der Insel guineo oderfongo verwendet; für sp. fruta bomba ('Papaya') am. papaya und für sp. chancleta ('Sandale') am. cutara.
Daraus folgt, dass im Lateinamerikanischen Raum keine onomasiologische Zusammenstellung für bestimmte Bezeichnungen vorgenommen werden kann, da kein allgemeingültiges Wörterbuch vorhanden ist. Laut Noll (2019: 49) ist „man [somit] auch heute auf die sukzessive Konsultation der sehr unterschiedlichen regionalen Wörterbücher angewiesen, die an einem Ort kaum für alle Gebiete zur Verfügung stehen.“
4.2 Archaismen
Archaismen wurden in Kapitel 2 schon knapp thematisiert und werden im Folgenden näher erläutert: Laut Pöll (2018: 102) stellen Archaismen „Reste älterer Sprachzustände dar - das betreffende Lexem ist in Spanien nicht mehr oder kaum, in anderer Bedeutung oder auch nur mehr regional gebräuchlich [...]“. Dementsprechend handelt es sich dabei um Lexeme, die ihre primäre Bedeutung nicht verändert haben, sondern noch heute dadurch geprägt sind, jedoch an Existenz verlieren. Noll (2019: 50) verweist auf Beispiele von Lerner, der in seiner Arbeit Archaismen aus Hispanoamerika dokumentierte. Beispielsweise lindo was als 'bonito,precioso' verwendet wird, oder guapo 'enojado; valiente' von 'Raufbold', wobei es in Spanien einen gutaussehenden Mann bezeichnet. Camarera bedeutet oft nur 'Zimmermädchen'. Für die Bedienung im Restaurant wird mesera verwendet, im spanischen hingegen für beides camerera. Weitere Beispiele, die einen archaistischen Charakter verzeichnen lauten z. B. candela 'fuego, incendio', coger 'joder', recordar 'despertar', vidriera 'escaparate', bordo 'orilla, borde', botar 'lanzar, arrojar, despedir', demorar 'tardar',prieto 'moreno', frijol 'judia, habichuela', rancho 'barraca, vivienda rustica', sentir 'ofr',pollera 'falda' (Pöll 2018: 102).
4.3 Dialektismen
Bei Dialektismen handelt es sich laut Pöll (2018: 102) um Lexeme, die aus anderen primären Dialekten des Spanischen, wie bspw. aus dem Aragonesischen, Leonesischen und Kastilischen, aber auch welche, die aus dem Andalusischen bzw. Galicischen, stammen. Dementsprechend kann es als ein Wort, dass aus einem Dialekt hervorgegangen ist und in die Lateinamerikanische Sprache übernommen wurde, beschrieben werden. Als Beispiele sind hier amarrar 'atar' und nona 'excremento' aus Andalusien zu nennen. Carozo 'Kern' stammt aus der Region von Leon und cardumen 'Schwarm' aus der Region von Galicien (Pöll 2018: 102).
4.4 Innovationen
Innovationen lassen sich in verschiedene Unterkategorien einteilen. Pöll (2018: 102f.) klassifiziert darunter Neubildungen, Bedeutungsveränderungen, Entlehnungen aus anderen europäischen Sprachen und Indigenismen. Im Gegensatz zu Pöll, fasst Noll (2019: 51) die Bedeutungsverschiebungen bzw. -veränderungen und Neubildungen unter dem Begriff Neologismus zusammen, welchen er dem Erbwortschatz zuordnet. Anderweitig setzt er die Entlehnungen aus dem indianersprachigen Sprachraum, aus Afrika und die neueren Entlehnungen als zweite Kategorie neben dem Erbwortschatz, als allgemeinen Begriff der Entlehnungen des lateinamerikanischen Spanisch. Um einen Gesamtüberblick über diesen lexikalischen Bereich zu bieten, wird im Folgendem die Untersuchung an Pöll angelehnt und inhaltlich durch Nolls Forschungsansätze ergänzt.
4.4.1 Neubildungen
Der Begriff Neubildung ist selbsterklärend. Es wird ein neues Wort gebildet, oder einem bereits bestehenden Wort wird eine neue Bedeutung hinzugefügt. Pöll (2018:102) nennt für diesen Teilbereich folgende Beispiele: aeromoza 'azafata', caballada 'Grobheit, Dummheit', birome 'Kugelschreiber'. Auch sind im lateinamerikanischen Spanisch Wörter zu verzeichnen, denen eine neue Bedeutung hinzugefügt wurde. Ein Beispiel wäre das Lexem bocadillo (Noll 2019: 51). Der Ursprung dessen beruht auf einer Süßigkeit, die durch verschiedene Variationen in Mexiko, Kolumbien, Venezuela und auf Kuba geprägt ist. In einigen Regionen wurde diese mit Guajave zubereitet, wodurch guayaba und das lateinamerikanische Wort mentira eine neue Bedeutung entwickelten.
4.4.2 Bedeutungsveränderungen
Bedeutungsveränderungen bzw. wie Noll (2019: 51) es auch bezeichnet, Bedeutungsverschiebungen, betreffen Lexeme, die ihre Bedeutung im Allgemeinen über einen länger andauernden Zeitraum wandeln. Dieser Teilbereich lässt sich der Semantik bzw. der Semasiologie, auch Bedeutungslehre genannt, zuordnen. Der Bedeutungswandel lässt sich in die Grundprinzipien Generalisierung (Bedeutungserweiterung) und Spezialisierung (Bedeutungsverengung) unterteilen (Kabatek/Pusch 2009: 137).
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