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Essay, 2020
10 Seiten, Note: 1,0
1 Einleitung
2 Die Implementation des Qualitätsmanagements in die Soziale Arbeit
2.1 Qualitätsanforderungen an die Soziale Arbeit als Folge eines umstrukturierten Sozialstaates und fiskalischer Zwänge
2.2 Von kollegialen Qualitätsvereinbarungen zum professionellen Qualitätsmanagement
3 Auswirkungen des Qualitätsmanagements auf unterschiedliche Handlungsebenen
3.1 Sozialpolitische Umstrukturierungen
3.2 Einfluss auf die Organisationsebene
3.3 Deprofessionalisierung der Sozialen Arbeit
4 Fazit
5 Literaturverzeichnis
Seit der zunehmenden Popularisierung des Neoliberalismus in den 70er Jahren des 20. Jahrhunderts sind alle Bereiche der wirtschaftlichen und sozialen Interaktion ökonomischen Paradigmen und Statuten unterworfen worden. Gemeint ist dabei eine „freiheitliche, marktwirtschaftliche Wirtschaftsordnung mit den entsprechenden Gestaltungsmerkmalen wie […] freie Preisbildung, Wettbewerbs- und Gewerbefreiheit“ (Duden, 2016, S. 35).
In diesem Zuge ist auch die Soziale Arbeit immer mehr unter die Einflussnahme der (Markt-) Wirtschaft und seine Mechanismen geraten. Aus einer ursprünglich dem Menschen verpflichteten Profession, dessen primäre Aufgabe es ist, Hilfe und Unterstützung anzubieten, ist ein den marktwirtschaftlichen Gesetzmäßigkeiten untergeordneter Arbeitsbereich geworden. Mittlerweile wundert sich kaum jemand, wenn über „Kunden“ und „Produkte“ gesprochen wird, wenn in Wirklichkeit in Not geratene Menschen gemeint sind, denen eigentlich mit Hilfe professioneller und empathischer Mitarbeiter des Sektors der Sozialen Arbeit Hilfestellungen angeboten werden soll.
Dieser Paradigmenwechsel führte zwangsläufig auch zur Umsetzung eines Qualitätsmanagements, der eng mit dem Begriff des ‚New Public Management‘ korreliert und sich insbesondere in der Abänderung des § 78 SGB VIII widerspiegelt. Damit ist die Soziale Arbeit zu einem rein kapitalistischen Markt geworden, dessen negative Auswirkungen ganz evident sind und in dem es in der Hauptsache Verlierer gibt – angefangen bei den sog. „Kunden“ über die einzelnen Organisationen bis hin zu den Mitarbeitern, die unter dem wettbewerblichen Preisdiktat auch im akademischen Vergleich ein Gehalt im unteren Drittel beziehen und immer fraglicheren Arbeitsbedingungen entgegenblicken. Hinzu kommt der gewachsene Legitimations- und Konkurrenzdruck des liberalisierten Sozialmarktes, der aufgrund einer ausgedehnten Ressourcenbindung bei den Beteiligten ebenfalls negative Konsequenzen inhaltlicher Art zur Folge hat.
Auch wenn insbesondere in verschiedenen Fachpublikationen immer wieder betont wird, dass das Qualitätsmanagement für die Soziale Arbeit vorteilhaft sei, muss zur Bewertung der Sachlage in einem ersten Schritt überlegt werden, wie es überhaupt zu solch einem Trend bzw. Zwang gekommen ist, und in einem weiteren Schritt, was in Bezug auf das Konstrukt der „Qualität“ gemeint ist. Es wird schnell klar, dass es bei der Einführung des Qualitätsmanagements vordergründing nicht um die Steigerung oder Förderung der Sozialen Arbeit ging, sondern dass ein Kriterienkatalog gesucht wurde, mithilfe dessen die sogenannte „Dienstleistungsqualität“ gegenüber den verschiedenen Akteursgruppen, zu denen Kostenträger, das Management, die Professionellen und die Adressaten gehören, legitimiert werden konnte (Oechler, 2009, S. 13).
Grund hierfür war die Umwandlung der Bundesrepublik von einem Wohlfahrtsstaat in einen Wettbewerbsstaat, sodass der ehemals vorherrschende Dualismus, der zwischen dem Staat und dem Markt vorherrschte, aufgebrochen worden ist. Auftrieb für die Qualitätsdebatte gaben maßgeblich drei Faktoren, die wie folgt zu benennen sind (Herrmann & Müller, 2019, Kapitel 1.2.1): ein verändertes Verständnis von Sozialstaatlichkeit, die neue Sichtweise auf die organisationale Gestaltung und die Kritik an der allgemeinen Gestaltung Sozialer Arbeit. Besonders relevant erscheint jedoch erster Punkt, vor dessen Hintergrund die gesamte Qualitätsdiskussion mehr als fragwürdig erscheint. Der in den 1990er Jahren fundamentale Umbau des sozialen Sektors, der zu einem neuen Selbstverständnis des Sozialwesens von Seiten des Staates führte, hatte in erster Linie die Bewandtnis, die „Kosten der sozialen Dienstleistungserbringung insgesamt zu senken“ (Büstrich & Wohlfahrt, 2008, zitiert nach Herrmann & Müller, 2019, Kapitel 1.2.1). Betrachtet man die finanzielle Situation der öffentlichen Hand der 90er Jahre, ist es in gewisser Weise verständlich, dass Sparmaßnahmen an den Tag gelegt wurden – schließlich war insbesondere im ersten Jahrzehnt nach dem Fall des Eisernen Vorhangs in den neuen Bundesländern ein teurer Aufbauprozess initiiert worden, des Weiteren musste sich die Bundesrepublik in einem erweiterten globalisierten Markt, dessen Mitglieder (teilweise bis heute) zu den Niedriglohnländern zählen, behaupten. Der Zwang, die wirtschaftliche Stabilität trotz klammer Kassen der öffentlichen Hand abzusichern, brachte die Soziale Arbeit dadurch aber in eine mehr als missliche Lage.
Von nun an verlangte man von der Sozialen Arbeit – und das steht schon aus rein logischen Gründen konträr zu einer allgemeinen Qualitätsverbesserung – „Leistungsreserven“ bei den Leistungserbringenden und den Adressaten freizusetzen (Herrmann & Müller, 2019, Kapitel 1.2.2). Dies führte zur bereits genannten Ökonomisierung des sozialen Sektors, in dem die Qualitätsdebatte eine große Rolle spielen sollte. Der finanzielle Aspekt war darüber hinaus auch der Anstoß dafür, die Effektivität und Wirtschaftlichkeit der Institutionen im Allgemeinen in Frage zu stellen; plötzlich scheute man sich nicht mehr, der Sozialen Arbeit mangelnde Kundenorientierung, Innovationsfeindlichkeit, fehlende Fokussierung etc. vorzuwerfen, die als Vorwand genutzt wurden, unter der Prämisse des Sparzwangs eine umfassende Modernisierung der Verwaltung in der Sozialen Arbeit zu initiieren.
Die Folgen sind bis heute deutlich spürbar und können als eine Verschlechterung der Qualität in der Sozialen Arbeit gewertet werden. Es ist festzustellen, dass der Effizienz- und Sparkurs zu einer „ständigen Furcht vor Kürzungen, Nichtverlängerungen, Nichtgenehmigungen, vor persönlicher Verarmung durch entsprechende unseriöse Verträge und durch das Ausbleiben von Einkünften bei Stundenreduktion und nicht vorhandenen Aufträgen“ (Seithe, 2014, S. 116) besteht, sodass „Dumpingpreise auf Kosten der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vereinbart werden und nur noch billigstes Personal eingesetzt wird“ (Conen, 2012, S. 177, zitiert nach Seithe, 2014, S. 116).
Im Zuge der allgemeinen Debatten um den Qualitätsbegriff der 90er Jahre ist ein weiteres Problem in Bezug auf die Adaption eines aus der Ökonomik abgeleiteten Qualitätsmanagementbegriffes erkennbar geworden, nämlich die Frage, wie Qualität in der Sozialen Arbeit überhaupt aufzufassen ist. Bevor monetäre Aspekte den Diskurs rund um die Qualität in der Sozialen Arbeit bestimmten, oblag die Aushandlung der Beschaffenheit der einzelnen Tätigkeitsbereiche Akteuren innerhalb der Profession. Etwaige Standards sind zu diesen Zeiten im Rahmen von „kollegialer Selbstkontrolle“ erfolgt und sind im Rahmen von Aus- und Weiterbildungen und einer professionalisierten Selbsterkenntnis abgesichert worden (Beckmann, Otto, Richter & Schrödter, 2004, S. 15).
Die Verheißungen, die aus einem neuartigen Qualitätsmanagement auf den ersten Blick hervorgingen, ließen eine Frage in Bezug auf die mit der strukturellen Umstellung einhergehenden inhaltlichen bzw. fachlichen Komponenten völlig aus bzw. differenzierten diese nicht entsprechend (Flösser & Oechler, 2004, S. 176).
Vielmehr bestand die Organisation der Sozialen Arbeit aus der Jagd nach vertretbaren betriebswirtschaftlichen Kennzahlen. Interessant ist, dass fachliche Fragen erst, nachdem es nicht geglückt war, die anvisierten Kostenersparnisse zu erwirken, doch noch eine Rolle spielen sollten. Die Fachwelt nahm diesen Kurswechsel anfänglich mit Wohlwollen auf – plötzlich war die Rede von der „Wendung zum Eigentlichen“ (Flösser & Oechler, 2004, S. 176) und der Abkehr betriebswirtschaftlicher Fremdkontrolle. Doch auch diese „Imagerettung“ der Qualitätsdebatte und ein damit einhergehendes Qualitätsmanagement führte nicht zu einer Verbesserung der allgemeinen Qualität in der Sozialen Arbeit. Vielmehr verschärfte die fachlich-inhaltliche Diskussion die Konkurrenz zwischen den jeweiligen partizipierenden Institutionen, da „Veränderungsbedarf durch das Qualitätsmanagement nur komparativ, im Vorher-Nachher-Vergleich oder aber mit anderen Organisationen“ entstanden ist (Flösser & Oechler, 2004, S. 177). Daneben ist auch hier die Umsetzung des Qualitätsmanagements allein schon aufgrund der implementierten Standards als unzureichend einzuschätzen. Anstatt einen fach- bzw. aufgabenspezifischen Qualitätssicherungsstandard zu entwickeln, greift der Sektor der Sozialen Arbeit in der Regel auf das Modell der International Organization for Standardization (ISO), das Modell der European Foundation of Quality Management (EFQM) und verschiedener Evaluationsprozesse zurück. Inwiefern die angewandten Qualitätsmanagement-Modelle und -Methoden zu einer Verbesserung der Qualität führen sollen bzw. wie eine entsprechende Qualität definiert werden kann, ergibt sich daraus trotzdem nicht – vielmehr ist zu sehen, wie Gaby Flösser und Melanie Oehler (2004, S. 177f.) richtig feststellen, dass hier technokratische Modelle eingeführt wurden, die eine fehlende Kompatibilität zu personenbezogenen sozialen Diensten und damit eine Paradoxie aufweisen, die einen weiteren Höhepunkt in der Zertifizierung von Betrieben und der Vergabe von Gütesiegeln finden.
Erschwerend ist festzustellen, dass das Qualitätsmanagement in der Sozialen Arbeit enorme Auswirkungen auf die Struktur verschiedener Bereiche hat, die, anstatt eine Verbesserung der Arbeitsqualität zu erwirken, den einzelnen Tätigkeitsfeldern nicht gerecht werden bzw. es aufgrund der Struktur der „Arbeit am Menschen“ gar nicht werden können.
Die bereits benannten Veränderungen haben zu einer Diskrepanz zwischen politischen Zielformulierungen und deren Realisation geführt. Das Diktat der staatlich verordneten Sparmaßnahmen hat zu einer Abänderung und Einführung von gesetzlichen Normen geführt, deren Auswirkungen nun auf verschiedenen Ebenen zu spüren sind. Soziale Einrichtungen stehen heute einem großen institutionalisierten Apparat gegenüber, dessen Legitimation darin besteht, eine für ihre Abnehmer (also Kunden) angeblich konstante Qualität zu gewährleisten. Häufig ist jedoch lediglich der bürokratische Arbeitsaufwand hoch, ohne eine für die Kunden spürbare Qualitätsentwicklung bzw. ein hohes Qualitätsniveau zu bieten. Ein diesbezüglich gutes Beispiel ist etwa der Medizinische Dienst der Krankenversicherung (MDK), bei dem Ärzte und weiteres Personal gegenüber ihren Kollegen zur Absicherung einer grundlegenden Qualität ihre Arbeit bzw. Verordnungspraxis darlegen müssen. Es zeigt sich, dass die in diesem Zusammenhang an den Tag gelegte Prüfungssystematik und ihr dazugehöriger Bewertungskatalog häufig mehr als fraglich erscheinen und einer vorstellbaren Qualitätssicherung unvereinbar entgegenstehen. In der Vergangenheit ist häufiger festgestellt worden, dass bereits eine Erfüllung von Mindestkriterien zu einer guten Benotung von Einrichtungen geführt hat, sodass Einrichtungen, die deutliche Defizite aufwiesen, in den Publikationen der MDK mit der Note „gut“ oder „sehr gut“ abgeschnitten haben (Kempchen & Krahmer, 2018, Kapitel 3).
Aber nicht nur das: Neben dem Abschluss der Reformen in der Gesetzliche Krankenversicherung und dem Pflegeversicherungsgesetz wurden neue Regelungen für die Preisgestaltung und Kostenübernahme für Leistungen der in der Sozialen Arbeit verorteten Dienstleistungen aufgestellt, die „die Sicherung der Leistungsfähigkeit eines Versorgungssystems nach gesellschaftlich festzulegenden Kriterien und weniger die Qualität individueller Leistungen im Hinblick auf die Nachfragerseite [haben]“ (Oechler, 2009, S. 98).
Abträglich für eine gute Leistungsqualität ist zudem die von staatlicher Seite initiierte Deregulierung des „Marktes“ und der damit einhergehende Wettbewerb. Fast schon absurd erscheint in diesem Zusammenhang die vorgebrachte Argumentation, dass die Einführung von Qualitätskriterien zu einer verbesserten Konsumentensouveränität führen würde, indem zwischen den einzelnen Angeboten besser verglichen werden könnte.
[...]
Wissenschaftlicher Aufsatz, 13 Seiten
Ausarbeitung, 16 Seiten
Hausarbeit, 24 Seiten
Bachelorarbeit, 150 Seiten
Hausarbeit (Hauptseminar), 43 Seiten
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Gesundheit - Pflegewissenschaft - Pflegemanagement
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