Diese Arbeit handelt von der sozialen Ungleichheit und Gesundheit.
Die Verflechtung der Ungleichheit der Lebensbedingungen im Zusammenhang mit Gesundheit und Sterblichkeit nimmt stetig zu, obwohl Deutschland zu den reichsten Ländern mit einer sehr gut ausgebauten sozialen Sicherung und medizinischen Versorgung gehört. Dem sozialen Status, dem Einkommen und dem Bildungsniveau werden ein hoher Stellenwert zugeschrieben. Da viele Erkrankungen, Beschwerden und Risikofaktoren gerade bei Personen mit niedrigem sozialem Status besonders häufig auftreten, werden den vier Leitfragen von Lampert folgend, die im Anschluss näher erläuterten Thesen erstellt. Diese werden am Ende der Arbeit mit der Corona- Pandemie in Bezug gesetzt und diskutiert.
1. Einleitung
Durch die Corona-Pandemie, die sich in den letzten Monaten weltweit ausgebreitet hat, und die nachfolgende Recherche verschiedener einschlägiger Literatur entstand dieses Thesenpapier. Die Verflechtung der Ungleichheit der Lebensbedingungen im Zusammenhang mit Gesundheit und Sterblichkeit nimmt stetig zu, obwohl Deutschland zu den reichsten Ländern, mit einer sehr gut ausgebauten sozialen Sicherung und medizinischen Versorgung gehört. Dem sozialen Status, dem Einkommen und dem Bildungsniveau werden ein hoher Stellenwert zugeschrieben. Da viele Erkrankungen, Beschwerden und Risikofaktoren gerade bei Personen mit niedrigem sozialen Status besonders häufig auftreten, erstelle ich den vier Leitfragen von Lampert folgend, die im Anschluss näher erläuterten Thesen. Diese werde ich am Ende der Arbeit mit der CoronaPandemie in Bezug setzen und diskutieren.
2. Thesen
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Chronische Krankheiten und Risiken treten häufiger in der niedrigen Statusgruppe auf, weil ein niedriger sozialer Status mit vielen gesundheitsbelastenden Faktoren einhergeht. So ist das Risiko bei Männern aus der niedrigen Statusgruppe um das 2,3 fache, bei Frauen sogar um das 2,9 fache erhöht, an Herz-Kreislauf-Be- schwerden zu erkranken (vgl. Lampert 2015). Gleichzeitig treten auch in dieser Statusgruppe häufiger Erkrankungen an psychischen Störungen auf. Hier ist zu erwähnen, dass mehrere psychische Störungsbilder gleichzeitig auftreten können. Die Risiken an Depressionen und affektiven, somatoformen Angststörungen zu erkranken ist aufgrund der Arbeits- und Lebensbedingungen erhöht (vgl. Lampert 2015) und (vgl. Geyer 2015). Menschen mit einem niedrigen sozialen Status sind häufig in prekären Beschäftigungsverhältnissen und arbeiten meist in Berufen mit hohen Belastungskonstellationen und geringem Dispositionsspielraum (vgl. Geyer 2015). Die Lebensbedingungen von Menschen mit niedrigem sozialen Status beeinflussen die Gesundheit dahingehend negativ, dass in dieser Statusgruppe in kostengünstigem Wohnraum in sozialen Brennpunkten gelebt werden muss. Hier wohnen viele Personen auf engstem Raum zusammen. Seltenst gibt es Möglichkeiten sich zu regenerieren. Das sind einige der Auslöser, die das Gesundheitssystem über kurz oder lang belasten, sei es aus dem einen Grund, weil die Kranken-, Renten-, und Pflegeversicherungen aufgrund der vom Gesundheitswesen erbrachten Leistungen hohe Kosten zu bewältigen haben oder aus einem weiteren Grund, weil nur geringe Beitragszahlungen in das Sicherungssystem zurückfließen.
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Schlecht bezahlte Arbeit ist ein Gesundheitsrisiko. Aufgrund dessen treten häufiger als in anderen sozialen Schichten neben kurzzeitigen auch chronische Krankheiten auf (vgl. Geyer 2016). Einige Erläuterungen hierzu sind bereits in These 1 dargelegt. Weitere, wie zum Beispiel Erkrankungen des Stütz- und Bewegungsapparates, sind auf die schweren körperlichen Tätigkeiten zurückzuführen, die vermehrt von Personen aus der unteren Statusgruppe ausgeübt werden. So sind Erkrankungen am Herz-Kreislaufsystem, des Bewegungsapparates und arbeitsbedingte Unfälle häufiger in einfachen und manuellen und schlechter bezahlten Berufen vorzufinden, als in gehobeneren Positionen (vgl. Dragano et.al. 2016). Diesbezügliche Geschlechterunterschiede wurden in der Arbeit von Binder-Fritz herausgearbeitet. So arbeiten Frauen in prekären Beschäftigungen z.B. häufig im Dienstleistungsgewerbe, der Reinigung, der Pflege, als Fabrikarbeiterinnen und im Einzelhandel. Männer werden vermehrt in Berufszweigen eingesetzt, in denen schwere körperliche und gesundheitsschädigende Arbeiten mit hohen Unfallgefahren und Stressbelastungen, verrichtet werden müssen (vgl. Binder-Fritz et.al. 2014).
Die Arbeitsunfähigkeitsrate und die krankheitsbedingte Frühberentung ist in niedrigen Positionen höher als in den folgenden höheren Stufen (vgl. Dragano et.al. 2016). Die Folgen davon sind wirtschaftsschädigend, weil nur geringe bzw. gar keine Beiträge in das Sozialversicherungssystem eingezahlt werden. (Anmerkung: SV-Träger sind in diesem Beispiel mit Wirtschaftsunternehmen gleichzusetzen). Für die Betriebe entsteht ein wirtschaftlicher Schaden, weil auf sie durch häufige bzw. chronisch kranke Arbeitnehmer hohe Kosten zukommen. Erwähnenswert sind in diesem Zusammenhang einerseits die Lohnfortzahlungen im Krankheitsfall, die nur bedingt und unter gewissen Voraussetzungen von den Sozialversicherungsträgern erstattet werden. Andererseits wird die Arbeit nicht erledigt oder muss durch Zeitarbeitspersonal oder bei Langzeitkranken durch Arbeitnehmer mit befristeten Arbeitsverhältnissen ersetzt werden. Diese wiederum prekären Arbeitsverhältnisse verursachen einen Kreislauf, der sich so lange wiederholt, bis er durch adäquate Arbeitsbedingungen und Lohnzahlungen durchbrochen wird.
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Bereits in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts wurde auf einen Zusammenhang zwischen dem sozioökonomischen Status und der frühzeitigen Sterblichkeit hingewiesen. Waren es zu diesem Zeitpunkt jedoch die Infektionskrankheiten, die aufgrund der schlechteren Hygienebedingungen in der Unterschicht häufiger auftraten, so muss sich der heutige Blickwinkel auf Risikoerkrankungen verändern. Heute werden deshalb die Infektionskrankheiten weitestgehend außer Acht gelassen, sondern eher die kardiovaskulären Erkrankungen, Erkrankungen des Bewegungsapparates sowie psychische Erkrankungen betrachtet. Diese Leiden treten verstärkt in der niedrigen Statusgruppe auf und führen hier zu einem höheren Morbiditäts- und Mortalitätsrisiko, als in der mittleren und oberen sozialen Schicht (vgl. Dragano et.al. 2016). Daten des Sozioökonomischen Panels aus den Jahren 1995 bis 2005 zeigen, dass für Männer, deren Einkommen weniger als 60% des mittleren Einkommens beträgt, ein um 2,7 fach erhöhtes Mortalitätsrisiko besteht.
Bei Frauen aus der niedrigsten Einkommensgruppe liegt das Mortalitätsrisiko bei 2,4. In Jahren bedeutet dies, dass Männer aus der niedrigsten sozialen Gruppe ca. 10,8 Jahre früher sterben, als Männer aus höheren Gruppen. Die Unterschiede in der Sterblichkeit bei Frauen liegen bei ca. 8,4 Jahren. Noch drastischer sind die Zahlen bei Betrachtung der Lebensjahre, die die Studienteilnehmer bei guter oder sehr guter Gesundheit verbracht haben. Hier liegen die Unterschiede zwischen den Einkommensgruppen bei 14,3 Jahren bei Männern und 10,2 Jahren bei Frauen (vgl. Lampert 2015). Diese Zahlen belegen die These, dass ein Zusammenhang zwischen sozioökonomischem Status, Einkommen und der Lebenserwartung besteht.
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Niedrige Schul- und Bildungsabschlüsse stehen häufig im Zusammenhang mit niedrigeren beruflichen Positionen und gehen mit geringen Einkommen einher (vgl. Dragano et.al. 2016). Monotone Arbeitsbedingungen, die einen geringen Dispositionsspielraum zulassen, führen über einen längeren Zeitraum, zu einer Verringerung der geistigen Flexibilität (vgl. Geyer 2015).
Krankheiten treten aufgrund der geringeren finanziellen Mittel vermehrt auf, weil sich die Betroffenen gesunde Ernährung und Bewegungsangebote nicht leisten können. Sie sind meist nicht in der Lage, auch aufgrund von fehlendem Wissen, eine gesundheitsfördernde Lebensführung umzusetzen.
In einer finnischen Studie zur Mundgesundheit konnten die Unterschiede zur schulischen Bildung am deutlichsten herausgearbeitet werden. Die Personen mit der höchsten schulischen Qualifikation hatten den besten Zahnstatus. Interessant erscheinen in diesem Zusammenhang aber auch die sozialen Auf- und Abstiege. So lässt sich am Beispiel der Mundgesundheit eine Verbesserung erkennen, wenn ein Aufstieg in eine höhere soziale Schicht, von einer Generation zur Nächsten erfolgt (vgl. Geyer 2015).
Auch am Beispiel einer Erkrankung an Diabetes mellitus Typ 2 lässt sich ein Zusammenhang zwischen Schulbildung und Erkrankungshäufigkeit erkennen. Bei einem Vergleich von Personen aus der untersten Bildungsschicht mit Personen der Obersten war die Häufigkeit an Diabetes Typ 2 zu erkranken um 490% erhöht. Beim Zugrundelegen der beruflichen Positionen lag das Risiko nur noch bei 160 %. Bei Vergleichen der Einkommen reduzierte sich der Unterschied auf 30%. Das zeigt, dass die mangelnde Bildung bei diesem Krankheitsbild den Hauptfaktor darstellt. Es lässt sich daraus schlussfolgern, dass ein Zusammenhang zwischen Bildung und Erkrankungsrisiko besteht. Menschen mit geringerer Bildung verfügen über weniger Wissen, was die Zusammenhänge im menschlichen Körper betrifft. Sie ernähren sich häufig energiereich und wenig ausgewogen. Eine Patientenschulung, die die spezifischen Ernährungsgewohnheiten verändern soll, gestaltet sich mit sinkendem Bildungsniveau proportional schwieriger. So bleibt in diesem Fall häufig nur noch die Medikation, deren Einnahme sich auch nur sehr schwer umsetzen lässt. Wie bereits im Beispiel der Mundgesundheit liegen auch hier durch intergenerationale Auf- oder Abstiegsprozesse beeinflusste Veränderungen vor.
Die Folge daraus ist eine häufigere Erkrankung, die sich auf das Gesundheitssystem negativ auswirkt.
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Kardiovaskuläre Erkrankungen werden in Deutschland im Rahmen der HerzKreislauf- Präventionsstudie analysiert. Hier zeigt sich, das in der Altersgruppe zwischen 25 und 64 Jahren bei beiden Geschlechtern, weniger der Bildungsstand, sondern eher die berufliche Position ein ausschlaggebendes Risiko für HerzKreislauferkrankungen ist. Bei Männern ist das Risiko dann besonders erhöht, einen aufgrund mangelnder Durchblutung hervorgerufenen Schlaganfall zu erleiden, wenn eine hohe Qualifikation mit einer niedrigen beruflichen Position einhergehen. Bei Frauen ist im Zusammenhang mit hoher Qualifikation und hoher Position besonders das niedrige Einkommen, als Belastungsauslöser zu erwähnen.
Im Bereich der Krebserkrankungen liegen vergleichsweise wenige Studien zu den ungleichen Gesundheitschancen vor. Beim Bronchialkarzinom und Magenkrebs ist in den Studien immer von der untersten beruflichen Position die Rede. Sie lässt zwar auf eine geringe Bildung schließen, ist aber nicht empirisch belegbar. Bei Brustkrebserkrankungen sind laut internationalen Studien Frauen aus mittleren und höheren Positionen häufiger betroffen. Eine dänische Studie für die Jahre 1994 bis 2006 zeigt, dass sich mit dem Verbessern der materiellen Lage, auch das Risiko erhöht, an Brustkrebs zu erkranken.
Die vierte These lässt den Rückschluss zu, dass diese Aussage der Wahrheit entsprechen könnte. Wie die Empirie aber anhand von Erkrankungen des HerzKreislaufsystems und Krebserkrankungen zeigt, lässt sich diese Aussage nicht pauschalisieren sondern erfordert das Einbeziehen weiterer krankheitsauslösender Faktoren (vgl. Geyer 2015).
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Auch wenn die, in der Sozialepidemiologie am häufigsten verwendeten Indikatoren nicht unabhängig voneinander betrachtet werden sollen, zeigt sich doch, dass die Bildung einen hohen Stellenwert einnimmt. Personen, die schon in der Generationsfolge eine eher niedrige Bildung vorweisen, werden selbst auch meist nur niedrige schulische Qualifikationen erreichen. Sie sind aufgrund ihres Handelns an ihre sozialen Gruppen gebunden und weisen ein entsprechendes gesundheitsrelevantes Verhalten auf. Die medikamentöse Behandlung von Diabetes mellitus Typ 2 kann bei entsprechender Patientenschulung geringer ausfallen (vgl. Geyer 2015). Das bedeutet in diesem Zusammenhang jedoch, dass die Patienten die diätetischen Vorgaben der Mediziner einhalten. Für Menschen aus einer niedrigen Bildungsstufe ist daher eine Aufklärung und Schulung erforderlich, die dem Bildungsniveau entspricht und die jeweiligen Stärken und Schwächen berücksichtigt. Je höher der Bildungsgrad desto größer ist auch der Behandlungserfolg. In diesem Zusammenhang ist zu erwähnen, dass mit steigendem Bildungsniveau auch die Bereitschaft steigt innovative und alternative Behandlungsmethoden anzunehmen. In Bezug auf die Mundgesundheit und Ernährungsgewohnheiten ist eine Aufklärung notwendig, die es ermöglicht den sozialen Status, insbesondere in Bezug auf Bildung, zu durchbrechen. Das kann bereits im Rahmen der frühkindlichen Bildung in Kindertagesstätten und Grundschulen erfolgen.
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Die Schulbildung ist ein wichtiger Aspekt, wenn die ungleichen Gesundheitschancen betrachtet werden. So ist laut Geyer genau hier anzusetzen. Auf der Bevölkerungsebene ist ein möglichst hohes mittleres Niveau anzustreben (vgl. Geyer 2015). Dies wäre möglich, wenn nicht bereits in der früheren Kindheit begonnen würde in niedrigen und hohen Bildungsstand zu spalten. Eine Aufteilung in der Grundschule in die weiterführenden Schulformen erachte ich als zu früh, weil hier bereits der Grundstein gelegt wird, welche Bildung ein Schüler erreichen kann.
Eine allumfassende und allgemeine Bildung, wie sie beispielsweise in der ehemaligen DDR praktiziert wurde, könnte dafür eine Lösung sein. Gerade was den Aufbau und die Funktion des menschlichen Körpers betrifft, wird in den vorhanden Schulformen mit sehr differenzierten Methoden gelehrt, was logischerweise zu unterschiedlichem Wissen führt.
Dem Bereich der Prävention muss ein noch größerer Stellenwert zugeschrieben werden. So benötigen Kinder und Jugendliche, die durch die Generationsfolge im eher unteren Bildungsniveau angesiedelt sind Unterstützung seitens der Schule oder sozialen Arbeit, um dieses Muster zu durchbrechen.
3. Diskussion der verwendeten Literatur in Bezug auf die Corona Pandemie 2020
Während der Corona-Pandemie, die am 11. März 2020 durch die WHO ausgerufen wurde, zeigte sich deutlich, dass ein Zusammenhang zwischen sozioökonomischem Status, Einkommen, Bildung, Herkunft und den damit einhergehenden ungleichen Gesundheitschancen besteht. Werden systemrelevante Berufe näher betrachtet fällt auf, dass eine Vielzahl der Arbeitnehmer*innen in prekären Arbeitsverhältnissen stehen. Die Verkäuferinnen im Supermarkt, die Alten- und Krankenpflegerinnen sind beispielsweise mindestens doppelt belastet. Einerseits arbeiten sie in Berufen, die gerade in der Hochzeit der Krise besonders wichtig waren, um die Grundversorgung der Bevölkerung sicherzustellen. Andererseits sind es nach wie vor Berufsgruppen, die nicht die nötige finanzielle Anerkennung seitens der Unternehmen erhalten. Nicht selten sind Zweitjobs notwendig, um den Lebensunterhalt der Familie sicherzustellen. Das wiederum führt zu einer zusätzlichen Belastung und Anfälligkeit selbst zu erkranken. Außerdem sind gerade diese Personen, aufgrund der hohen Frequentierung mit vielen Menschen, besonders gefährdet sich an dem Virus Covid 19 zu infizieren. Die Möglichkeit sicher im Home-Office zu arbeiten, bleibt diesen Berufsgruppen genauso verwehrt, wie die Einhaltung des vorgegebenen Sicherheitsabstandes. Außerdem müssen in den systemrelevanten Berufen auch häufig Überstunden geleistet werden, da schon grundsätzlich ein Personalmangel vorherrscht. Dieser wird pandemiebedingt noch verstärkt. Es kommt vermehrt zu krankheitsbedingten Ausfällen. Um aber die Versorgung der Bevölkerung sicherzustellen, ist Mehrarbeit durch das verbleibende Personal notwendig.
Gerade die Wirtschaftsbereiche, die häufig Personen der niedrigeren Statusgruppen beschäftigen, wie beispielsweise das produzierende Gewerbe und der Reinigungssektor sind aufgrund der sich verschiebenden Auftragslagen vermehrt von Kurzarbeit betroffen. Ein eventuell drohender Arbeitsplatzverlust kann auf die Kurzarbeit folgen. Das wiederum führt zu einer enormen psychischen Belastung, die auch ein Krankheitsauslöser sein kann.
Zu diesen Faktoren kommen dann noch die fehlenden Kinderbetreuungsmöglichkeiten aufgrund pandemiebedingter Schließungen von Kindertagesstätten. Eine Beschulung der älteren Kinder erfolgt online oder durch die Eltern zu hause. In den Familien entsteht durch die vielen verschiedenen Faktoren die zusammentreffen eine Situation, die für alle Familienmitglieder belastend ist. Großeltern dürfen nicht als Kinderbetreuung einspringen, weil sie zu der verallgemeinerten Risikogruppe für besonders gefährdete Personen gehören. Laut Robert-KochInstitut gibt es jedoch keine allgemeingültige Corona-Risikogruppe. Vielmehr muss eine arbeitsmedizinische Beurteilung erfolgen, die die personenbezogenen Risiken einschätzt. Das RKI gab einen Steckbrief heraus, in welchem die Personengruppen aufgelistet sind, bei denen mit einem schwereren Krankheitsverlauf zu rechnen ist.
In diesem Schreiben sind neben den über 50-Jährigen u.a. auch wieder Menschen mit Herz-Kreislauferkrankungen, Diabetes, Raucher und chronischen Leber- und Lungenerkrankungen zu finden (vgl. RKI 2020).
Auffällig hierbei ist, dass die Vorerkrankungen häufiger in den niedrigen Statusgruppen auftreten. Gerade diese Gruppen sind aber zusätzlich zu dem Risiko der Vorerkrankungen mehrfach belastet. Die Wahrscheinlichkeit, dass Menschen mit niedrigem sozioökonomischen Status in einem Haus mit Garten leben ist relativ gering. Vielmehr gestaltet sich die Wohnsituation eher so, dass sie in sozialen Brennpunktvierteln, in kleinen Wohnungen ohne Balkon leben müssen. Jetzt sind plötzlich alle Familienmitglieder gleichzeitig den ganzen Tag in der Wohnung. Der psychische Druck, der dadurch entstehen kann, ist nachvollziehbar. Auch ist ein Infektionsschutz in einem Hochhaus schwieriger zu gewährleisten, als in der eigenen Wohnung.
Zusammenfassend ist zu sagen, dass es wie bereits bei früheren Pandemien häufig die sozial niedrigen Statusgruppen sind, die am schwersten davon betroffen sind. Dafür sind nicht zuletzt die ungleichen Gesundheitschancen verantwortlich.
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