Die Frage nach der Bedeutung des Finanzsektors als eine Determinante wirtschaftlicher Entwicklung wurde lange Zeit unter Ökonomen kontrovers diskutiert. Auf der einen Seite galt der Zusammenhang zwischen Finanzsektor, seiner Gestaltung und der wirtschaftlichen Entwicklung einer Volkswirtschaft als wenig bedeutsam, weil ihm vornehmlich die Geldfunktion zugerechnet wurde und Geld nur der Schleier über den realwirtschaftlichen Vorgängen war. Finanzprozesse bleiben bei Erläuterungen zu Konjunktur- und Wachstumsprozessen unberücksichtigt (vgl. Binswanger, 1999, 1 und vgl. Feldsieper, 2001, 1).
Auf der anderen Seite gibt es allerdings auch Ökonomen, die dem Finanzsektor schon früh (1911 Schumpeter) besondere Beachtung schenkten. Dabei wurde die herausragende Stellung der Geschäftsbanken betont, die durch ihrer Tätigkeit als Finanzintermediäre maßgeblich an der Transformation kurzfristiger Verbindlichkeiten in längerfristige Aktiva (Kredite) beteiligt sind. Durch die gezielte Auswahl, Kontrolle und Finanzierung von Projekten insbesondere kreativer, innovativer Jungunternehmen unterstützen sie Innovationsprozesse und tragen somit zur wirtschaftlichen Weiterentwicklung einer Volkswirtschaft bei (vgl. Aschinger, 2001, 63 und vgl. King / Levine, 1993, 717 und vgl. Vollmer, 2003, 165-166).
Inhaltsverzeichnis
1. Problemstellung
2. Begriffliche Abgrenzung
3. Merkmale des Finanzsektors
3.1 Funktionen
3.2 Finanzintermediation
3.3 Einfluss auf die gesamtwirtschaftliche Entwicklung
4. Bedeutung des Finanzsektors
4.1 Auswirkungen auf das wirtschaftliche Wachstum
4.2 Möglichkeiten der Wachstumsförderung
5. Struktur des Finanzsystems
5.1 Kapitalmarktorientiertes und bankdominiertes Finanzsystem
5.2 Struktur des Finanzmarktes
6. Schwierigkeiten zu Beginn des Transformationsprozesses in Ent- wicklungs- und Schwellenländern
7. Resumee
Literaturverzeichnis
1. Problemstellung
Die Frage nach der Bedeutung des Finanzsektors als eine Determinante wirtschaftlicher Entwicklung wurde lange Zeit unter Ökonomen kontrovers diskutiert. Auf der einen Seite galt der Zusammenhang zwischen Finanzsektor, seiner Gestaltung und der wirtschaftlichen Entwicklung einer Volkswirtschaft als wenig bedeutsam, weil ihm vornehmlich die Geldfunktion zugerechnet wurde und Geld nur der Schleier über den realwirtschaftlichen Vorgängen war. Finanzprozesse bleiben bei Erläuterungen zu Konjunktur- und Wachstumsprozessen unberücksichtigt (vgl. Binswanger, 1999, 1 und vgl. Feldsieper, 2001, 1).
Auf der anderen Seite gibt es allerdings auch Ökonomen, die dem Finanzsektor schon früh (1911 Schumpeter) besondere Beachtung schenkten. Dabei wurde die herausragende Stellung der Geschäftsbanken betont, die durch ihrer Tätigkeit als Finanzintermediäre maßgeblich an der Transformation kurzfristiger Verbindlichkeiten in längerfristige Aktiva (Kredite) beteiligt sind. Durch die gezielte Auswahl, Kontrolle und Finanzierung von Projekten insbesondere kreativer, innovativer Jungunternehmen unterstützen sie Innovationsprozesse und tragen somit zur wirtschaftlichen Weiterentwicklung einer Volkswirtschaft bei (vgl. Aschinger, 2001, 63 und vgl. King / Levine, 1993, 717 und vgl. Vollmer, 2003, 165-166).
In der vorliegenden Arbeit soll nun die Rolle des Finanzsektors für den wirtschaftlichen Entwicklungsprozess einer Volkswirtschaft herausgestellt werden. Nach einer kurzen begrifflichen Abgrenzung in Kapitel 2, folgt in Kapitel 3 die Erläuterung der Funktionen des Finanzsektors; neben den „traditionellen“ Aufgaben, geht es insbesondere um die Finanzintermediation und deren Bedeutung für die gesamtwirtschaftliche Entwicklung. In Kapitel 4 werden die Auswirkungen des Finanzsektors auf das Wirtschaftswachstum anhand der von King und Levine entwickelten Indikatoren aufgezeigt und die Möglichkeiten, über die der Finanzsektor Wirtschaftswachstum fördert, geschildert. In diesem Zusammenhang beschäftigt sich die Verfasserin in Kapitel 5 mit der Struktur des Finanzsystems und der Frage, ob wachstumsfördernde Impulse des Finanzsektors stärker in einem bankdominierten oder kapitalmarktorientierten Finanzsystem entwickelt werden können. Außerdem werden die Auswirkungen der Struktur des Finanzmarktes, anhand der Konzentration im Bankensektor, der Präsenz von Auslandbanken und öffentlicher Bankregulierungen, erläutert. Abschließend werden in Kapitel 6 einige typische Schwierigkeiten des Finanzsektors zu Beginn des Transformationsprozesses in Schwellen- und Entwicklungsländern dargestellt und auf die daraus resultierenden Probleme hingewiesen.
2. Begriffliche Abgrenzung
Die Wirtschaftspolitik eines Landes verfolgt mit der Förderung eines stetigen und angemessenen Wirtschaftswachstums, die langfristige Wohlfahrtssteigerung in der Bevölkerung (vgl. Khoroshum, 2005, 1). Dabei kann Wachstum sowohl durch Kapitalakkumulation als auch Investitionen in Innovationen stimuliert werden. Die Vertreter der „neuen Wachstumstheorie“ stellen ihre Forschungen insbesondere auf die Faktoren ab, die den technischen Fortschritt und das Wachstum anregen (vgl. Blanchard / Illing, 2004, 807-808). Dabei wird dem Finanzsystem zunehmend Beachtung geschenkt (vgl. Khoroshum, 2005, 1).
Das Finanzsystem leistet einen wichtigen Beitrag für das Wachstum einer Volkswirtschaft. Sein direkter Beitrag liegt in der Wertschöpfung durch den Finanzsektor. Sein indirekter Beitrag, dem größere Bedeutung beigemessen wird, liegt in der Regelung des Zusammentreffens von Angebot und Nachfrage nach Kapital und der damit verbundenen Dienstleistungen (vgl. Weber, 2005, 1). Zudem ist das Finanzsystem in einem wirtschaftlich weitentwickelten Land sehr komplex und umfasst neben Finanzintermediären und Kapitalmärkten, die gemeinsam den Finanzsektor bilden, auch die notwendige Infrastruktur, die Zahlungsverkehrs- und Wertpapierabwicklungssysteme sowie die rechtlichen und technischen Rahmenbedingungen, wie zum Beispiel Bilanzierungsrichtlinien (vgl. Meister, 2005, 2). Daneben müssen wichtige Funktionen erfüllt werden, die im Idealfall zu einer bestmöglichen Allokation von Kapital und Risiken auf die einzelnen Wirtschaftssubjekte führen (vgl. Vollmer, 2003, 167). Der Finanzsektor umfasst hingegen alle Institutionen einer Volkswirtschaft, die den übrigen Sektoren spezialisierte Finanzdienstleistungen bereitstellen und so einzelwirtschaftliche Ersparnisse in einzelwirtschaftliche Investitionen kanalisieren (vgl. Vollmer, 2003, 167). Hierzu zählen:
- Kreditinstitute, die Einlagen annehmen und Kredite vergeben,
- Versicherungsunternehmen, die finanzielle Risiken absichern,
- Finanzmärkte, auf denen Finanztitel gehandelt werden, sowie
- hoheitliche Institutionen, wie Deutsche Bundesbank und Europäische Zentralbank (vgl. Gischer / Herz / Menkhoff, 2005, 2).
Zwischen all diesen Komponenten bestehen vielfältige Interdependenzen, die sehr komplex sind und einen Vergleich kompletter Finanzsysteme erschweren (vgl. Meister, E. 2005, 2).
3. Merkmale des Finanzsektors
3.1 Funktionen
Der Finanzsektor erfüllt traditionell drei zentrale Funktionen in einer Volkswirtschaft:
1. Geldfunktion
Geld wird als Zahlungs-, Rechen- und Wertaufbewahrungsmittel eingesetzt und spielt damit in allen wesentlichen Transaktionen einer entwickelten Volkswirtschaft eine Rolle. Durch eine Reduzierung von Informations- und Transaktionskosten sind die hierbei entstehenden Kosten allerdings wesentlich geringer als der dadurch gestiftete Nutzen (vgl. Gischer / Herz / Menkhoff, 2005, 3).
2. Allokationsfunktion
Der wohl wichtigste Beitrag eines funktionierenden Finanzsektors liegt in einer effizienten Erfüllung der Allokationsfunktion, in der die Ressourcen den effizientesten Verwendungsmöglichkeiten zugeordnet werden. Diese Aufgabe obliegt sowohl den Kapitalmärkten als auch den Finanzintermediären. Um eine Entscheidung über die bestmögliche Kapitalverwendung treffen zu können, erfüllt der Finanzsektor Aufgaben der Informationsbeschaffung und –bereitstellung, sodass Einschätzungen bezüglich Chancen, Risiken und alternativer Investitionsprojekte getroffen werden können. Auch übernimmt er im Rahmen der Kapitalbereitstellung eine Finanzierungsfunktion und verteilt das vorhandene Kapital auf konkurrierende Verwendungen. Zudem kann über den Finanzsektor der Umfang des zu Verfügung stehenden Kapitals mittels geeigneter Sparangebote beeinflusst werden. Gerade in weniger entwickelten Volkswirtschaften ergibt sich so die Möglichkeit Kapital zu mobilisieren. Aber auch über das Angebot rentabler Investitionsmöglichkeiten lässt sich das Sparen bzw. Investieren attraktiv gestalten und erhöht damit das Kapitalangebot. Schließlich erfüllt der Finanzsektor im Rahmen seiner Allokationsfunktion noch eine Kontrollfunktion, indem die Verwendung des Kapitals überprüft, kontrolliert und gegebenenfalls auch sanktioniert wird. Diese Funktion wird von Finanzmärkten und Finanzintermediären unterschiedlich ausgeübt, in dem sie einerseits die Kapitalproduktivität erhöhen bzw. andererseits die Risikostreuung verbessern. Ein wesentlicher Unterschied besteht allerdings; Kreditinstitute stellen Finanzmittel im Rahmen eines Vertrages bereit, dessen Informationen nur den Vertragsparteien bekannt sind. Anders ist das bei einer Bereitstellung von Geldmitteln durch den Finanzmarkt. Hier sind die dem Geschäft zugrunde liegenden Informationen öffentlich und damit jedermann zugängig (vgl. Gischer / Herz / Menkhoff, 2005, 7-8).
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