Die folgende Arbeit beschäftigt sich zunächst mit den unterschiedlichen Modellen und stellt anhand von Studienergebnissen die Auswirkungen von Mitarbeiterbeteiligung dar. Im Anschluss daran erfolgt eine Überprüfung der Frage, ob materielle Mitarbeiterbeteiligung eine Möglichkeit für Sozialunternehmen darstellen kann. Dazu wird der Begriff der Sozialunternehmen erläutert, welcher definitorisch abzugrenzen ist vom Sektor der Sozialwirtschaft. Vielmehr findet sich Sozialunternehmertum vermehrt auch in der Schnittstelle zwischen Markt und wohlfahrtsstaatlicher Aktivität.
Die Besonderheit am Sozialunternehmertum in Deutschland ist der ausdefinierte Wohlfahrtstaat, welcher weniger Lücken lässt als in anderen Staaten. Doch gesellschaftliche Ziele können auch außerhalb dieses Wohlfahrtssystems bedient werden, sie können sogar marktlich gehandelt werden. In diese Schnittstelle begibt sich die Verfasserin und zeigt Chancen und Grenzen materieller Beteiligung in dem Segment Sozialunternehmen auf.
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung
2 Materielle Beteiligung
3 Die Erfolgsbeteiligung
4 Kapitalbeteiligung
4.1 Beteiligung am Fremdkapital – Mitarbeiterdarlehen
4.2 Beteiligung am Eigenkapital
4.2.1 Allgemeines
4.2.2 GmbH-Anteile
4.2.3 Belegschaftsaktien
4.3 Mezzanine Beteiligung (Eigenkapitalersatz)
4.3.1 Stille Beteiligung
4.3.2 Genussrechte
4.4 Indirekte Beteiligung
5 Zahlen Mitarbeiterbeteiligung
6 Effekte der Mitarbeiterbeteiligung
6.1 Ziele
6.2 Bisherige Studien
7 Best Practice
8 Der Begriff „Sozialunternehmen“
9 Finanzierungssysteme von Sozialunternehmen
10 Genossenschaft als Best Practice
11 Materielle Mitarbeiterbeteiligung - Chancen und Grenzen für Sozialunternehmen
12 Fazit
13 Literatur
1 Einleitung
Die Arbeitswelt befindet sich im Wandel. Manuelle Tätigkeiten verschwinden sukzessive. Was zählt und zählen wird, ist die Kopfarbeit. Gleichzeitig wandeln sich die Ansprüche auf beiden Seiten des Arbeitsmarktes. Beschäftigte stellen im Kontext von New Work mehr und mehr Ansprüche an ihre Arbeit und ihre Arbeitgeber. Arbeitgeber wiederum müssen im Wettbewerb um Fachkräfte mithalten, stellen aber ihrerseits Ansprüche an die Mitarbeiterschaft. Das Optimum: Mitdenken, Mitwirken – Mitunternehmertum. Beschäftigte sollen nicht nur in Lohn und Brot stehen, sie sollen Intrapreneuere werden und als solche den Wertschöpfungsprozess ihrer Arbeitgeber verstehen, aktiv gestalten und optimieren.
Ein Instrument, welches quasi zum Mitdenken zwingt, findet sich in materiellen Mitarbeiterbeteiligungsprogrammen. Diese lassen Beschäftigte am Unternehmenserfolg teilhaben. Abhängig von der Rechtsform ergeben sich unterschiedliche Modelle, welche in Beteiligungsgrad und Auswirkungen auf Unternehmen und Mitarbeiterschaft differieren. Die folgende Arbeit beschäftigt sich zunächst mit den unterschiedlichen Modellen und stellt anhand von Studienergebnissen die Auswirkungen von Mitarbeiterbeteiligung dar. Im Anschluss daran erfolgt eine Überprüfung der Frage, ob materielle Mitarbeiterbeteiligung eine Möglichkeit für Sozialunternehmen darstellen kann. Dazu wird der Begriff der Sozialunternehmen erläutert, welcher definitorisch abzugrenzen ist vom Sektor der Sozialwirtschaft. Vielmehr findet sich Sozialunternehmertum vermehrt auch in der Schnittstelle zwischen Markt und wohlfahrtsstaatlicher Aktivität. Die Besonderheit am Sozialunternehmertum in Deutschland ist der ausdefinierte Wohlfahrtstaat, welcher weniger Lücken lässt als in anderen Staaten. Doch gesellschaftliche Ziele können auch außerhalb dieses Wohlfahrtssystems bedient werden, sie können sogar marktlich gehandelt werden. In diese Schnittstelle begibt sich die Verfasserin und zeigt Chancen und Grenzen materieller Beteiligung in dem Segment Sozialunternehmen auf.
2 Materielle Beteiligung
Unter materieller Mitarbeiterbeteiligung wird „die Gesamtheit der Formen verstanden, in denen Mitarbeiter über die Vergütung und die betrieblichen Sozial- und Zusatzleistungen hinaus an dem sie beschäftigenden Unternehmen finanziell teilhaben“ (vgl. Hucker 2008:40). Die Beteiligung ist als Ergänzung zu dem jeweiligen Entgelt zu sehen und stellt ein Element des materiellen Anreizsystems dar. Die Belegschaft soll monetäre Vorteile aus der Beteiligung erhalten. Dies geschieht durch vertraglich geregelte, dauerhafte Beteiligung am Kapital oder am wirtschaftlichen Erfolg des Unternehmens. (vgl. Mehrens u.a. :10)
Die Beteiligung kann als Kapital- oder Erfolgsbeteiligung gestaltet werden oder als Kombination aus beiden. So kann zum Beispiel die Erfolgsbeteiligung genutzt werden zur Bildung eines Kapitalanteils (sog. laboristische Kapitalbeteiligung, vgl. Hucker 2008:40). Abhängig von der Beteiligungsform ergeben sich gewisse rechtlich verankerte Mitwirkungs- und Mitentscheidungsrechte. Insgesamt resultieren abhängig von dem jeweiligen Beteiligungsmodell unterschiedlich ausgeprägte Einflussmöglichkeiten und Haftungsrisiken für Beteiligte.
3 Die Erfolgsbeteiligung
Diese Form der materiellen Beteiligung ist in der Praxis insgesamt weiterverbreitet als das Modell der Kapitalbeteiligung. In diesem wird dem Teilnehmenden zusätzlich zu seinem Lohn/Gehalt ein Anteil am Unternehmenserfolg gewährt. Dies erfolgt meist als Bonus oder Tantieme und basiert auf dem wirtschaftlichen Erfolg eines Unternehmens. Die Erfolgsbeteiligung kann leistungsbezogen, ertragsbezogen oder gewinnbezogen gewährt werden. Erste Form orientiert sich an der Leistung des jeweiligen Mitarbeiters (als Produktionsbeteiligung, Produktivitätsbeteiligung, Kostenersparnisbeteiligung). Die ertragsbezogene Beteiligung orientiert sich am erwirtschafteten Ertrag des Unternehmens (als Umsatzbeteiligung, Wertschöpfungsbeteiligung, Nettoertragsbeteiligung), die gewinnbezogene Beteiligung am Gewinn des Unternehmens (Bilanzgewinnbeteiligung, Ausschüttungsgewinnbeteiligung, Substanzgewinnbeteiligung). Bei dieser Form entsteht zwischen Unternehmen und beteiligtem Mitarbeiter kein über das Arbeitsverhältnis hinausgehendes gesellschaftsrechtliches Verhältnis. Die Ausschüttung erfolgt meist als Teil des Gehaltes im Anstellungsvertrag und unterliegt der Einkommensteuer und Sozialversicherung. (vgl. Hucker 2008:42f)
4 Kapitalbeteiligung
Hierbei handelt es sich um Mitarbeiterbeteiligung im engeren Sinne. Die Beteiligten stellen hierbei dem Unternehmen Kapital zur Verfügung. (vgl. Mehrens 2008:43)
Die Kapitalbeteiligung kann in unterschiedlichen Formen erfolgen: als Eigenkapitalbeteiligung, als Fremdkapitalbeteiligung oder als Mezzanine Beteiligung. Je nach Form ergeben sich unterschiedliche Mitwirkungs- und Gestaltungsrechte.
4.1 Beteiligung am Fremdkapital – Mitarbeiterdarlehen
Bei dem Mitarbeiterdarlehen handelt es sich um eine Art Einstiegsmodell der Mitarbeiterbeteiligung. Es stellt die einfachste Form einer Fremdkapitalbeteiligung dar und ist rechtsformunabhängig.
Beteiligte stellen hierbei dem Unternehmen für einen festgelegten Zeitraum eine bestimmte Geldsumme zur Verfügung, welche nach Ablauf des Zeitraumes in verzinster Form zurückgezahlt wird. Neben einer festen Verzinsung ist auch eine Verzinsung möglich, die an Kenngrößen wie Umsatz oder Gewinn geknüpft ist (partiarisches Darlehen). Eine Verlustbeteiligung ist hier ausgeschlossen, im Fall einer Insolvenz des Unternehmens kann die Forderung des Darlehensgebers jedoch ganz oder teilweise ausfallen. Zu beachten ist, dass die Ausgestaltung der Verträge nicht frei ist, da sie sich nach den rechtlichen Vorgaben der §§ 488 bis 490 BGB richtet. (vgl. Lezius 2006:86)
Darlehensgebende werden hierbei nicht zu Gesellschaftern. Mitbestimmungs- und Informationsrechte entfallen. Da im Darlehensvertrag die volle Rückzahlung des Darlehens geregelt wird, ist das finanzielle Risiko der Beteiligten auf einen eventuellen Zinsverlust begrenzt.
Vorteile dieser Form der Beteiligung sind die Unabhängigkeit von der Rechtsform und die Einfachheit und Verständlichkeit des Modelles. Das Mitarbeiterdarlehen führt zu einer Verbesserung der Liquidität. Durchführungs- und Verwaltungsaufwand sind gering. Nachteilig sind, dass diese Form zu keiner Verbesserung der Eigenkapitalausstattung des Unternehmens führt. Aufgrund fehlender Mitwirkungsrechte können Motivationseffekte für die Mitarbeiterschaft eventuell nur bei erfolgsabhängiger Vergütung erreicht werden. (vgl. Krüger 2008:48)
4.2 Beteiligung am Eigenkapital
4.2.1 Allgemeines
Das Modell der Eigenkapitalbeteiligung ist die weitreichendste Form der Beteiligung und hat umfassende Konsequenzen für Unternehmen und Beteiligte. Die Beteiligten stellen hierbei dem Unternehmen Kapital als Eigenkapital langfristig zur Verfügung. Damit haften diese in vollem Umfang für Unternehmensverbindlichkeiten und Verluste bis in Höhe der Einlage, sind dafür aber am Gewinn des Unternehmens beteiligt. Beteiligte werden zu Mitgesellschaftern mit den inhärenten Informations- und Kontrollrechten (vgl. Mehrens 2008:44). Es existieren unterschiedliche Modelle, welche abhängig von der Rechtsform und der Zielvorstellung sind.
4.2.2 GmbH-Anteile
Die Rechtsform der GmbH bietet die Möglichkeit, die Mitarbeiterschaft in Form von Anteilen an der Gesellschaft zu beteiligen. Dabei können entweder Altgesellschafter Anteile abtreten oder die Stammeinlage erhöht werden, wodurch die Beteiligten ebenfalls Geschäftsanteile erhalten und zu gleichberechtigten Gesellschaftern werden. (vgl. Krüger 2008:51)
Begrenzt wird diese Form der Mitarbeiterkapitalbeteiligung durch das GmbH-Gesetz (GmbHG). Die Beteiligung an Anteilen geht mit weitgehenden Rechten hinsichtlich Mitbestimmung und Gestaltung einher. Diese Form der Mitarbeiterbeteiligung bietet sich vorrangig dazu an, einen begrenzten Teil der hoch qualifizierten Mitarbeiterschaft zu binden und gegebenenfalls bereits frühzeitig die Unternehmensnachfolge zu regeln. (vgl. Lezius 2006:87)
Als GmbH-Gesellschafter erhalten Beteiligte den Anspruch auf den erzielten Jahresüberschuss, zuzüglich Gewinnvortrag und abzüglich Verlustvortrag. Diese werden gemäß § 29 GmbHG nach dem Verhältnis der Geschäftsanteile verteilt (vgl. Krüger 2008:51). Die Rechtsform sieht eine Haftung für die Gesellschafter vor, und damit auch für die beteiligte Mitarbeiterschaft, bis zur Höhe der Stammeinlage.
Vorteilhaft sind bei diesem Modell die Erhöhung des Eigenkapitals und der hohe Motivationseffekt für Beschäftigte, welche als Gesellschafter Mitunternehmer werden. Nachteilig sind die hohen Verwaltungskosten aufgrund notarieller Beurkundung und Eintragung in das Handelsregister, welche mit der Rechtsform der GmbH einhergehen.
4.2.3 Belegschaftsaktien
Eine sehr bekannte Form der Eigenkapitalbeteiligung ist die Ausgabe von Belegschaftsaktien. Nach Erwerb der Aktien wird der Beschäftigte zum Gesellschafter des Unternehmens. Das Aktiengesetz (AktG) gibt dieser Form der Beteiligung ein hohes Maß an Rechtssicherheit. (vgl. ebd:54)
Die Mitarbeiterschaft ist somit direkt am Erfolg oder Misserfolg der Aktiengesellschaft (AG) durch den Wert der Aktie beteiligt (vgl. Lezius 2006:87). Als Erwerbende der Belegschaftsaktien und somit als Aktionäre werden den Angestellten umfassende Vermögens-, Informations- und Mitverwaltungsrechte eingeräumt. Damit ist eine Mitbestimmung teilweise möglich. Rechte eines Aktionärs sind die Teilnahme und das Stimmrecht in der Hauptversammlung, ein potenzieller Motivationseffekt ist somit gegeben. (vgl. Krüger 2008:53)
Über die Belegschaftsaktien und aus der damit zusammenhängenden Überlassung von Kapital fließt den Beteiligten ein Entgelt in Form einer Dividende zu. Diese ist abhängig vom Bilanzgewinn und wird von der Hauptversammlung festgesetzt. Entsprechend ihres Anteils nehmen Beteiligte Anteil am Wertezuwachs und am Liquidationserlös des Unternehmens. Die Haftung ist auf Höhe der Einlage beschränkt. (vgl. ebd:54)
Vorteile dieser Form der Beteiligung sind die Erhöhung des Eigenkapitals und die Motivationswirkung aufgrund von Mitsprache- und Kontrollrechten, sowie die Teilhabe am Wertezuwachs des Unternehmens. Diese Beteiligung ist jedoch lediglich der AG vorbehalten, kleine und mittelständische Unternehmen scheiden somit aus.
4.3 Mezzanine Beteiligung (Eigenkapitalersatz)
Bei dieser Form werden Eigenschaften von Fremd- und Eigenkapitalbeteiligung verknüpft. Diese bietet mehr Vorteile als eine Beteiligung über GmbH-Anteile oder Aktien, beispielsweise ist sie rechtsformunabhängig und bedarf keines Verwaltungsaufwandes durch notarielle Beurkundung oder Eintragung in das Handelsregister. Erscheinungsformen sind die stille Beteiligung und die Genussrechte. (vgl.ebd:55)
4.3.1 Stille Beteiligung
Rechtsgrundlage dieses Beteiligungsmodelles findet sich in §§ 230 ff. Handelsgesetzbuch (HGB) mit insgesamt knappen Reglementierungen. Die stille Beteiligung ist eine unternehmerische Gewinngemeinschaft, bei der eine Gewinnbeteiligung des Beschäftigten als „stiller Gesellschafter“ gesetzlich zwingend vorgeschrieben ist, eine Verlustbeteiligung jedoch ausgeschlossen werden kann. (vgl. ebd:56)
Zwingende Voraussetzungen einer stillen Gesellschaft sind die Beteiligung an einem Handelsgewerbe sowie der Übergang der Einlage des Beteiligten in das Eigentum des Unternehmensinhabers. Der stille Gesellschafter hat keine Mitspracherechte. Er fungiert lediglich in einer Finanzierungsfunktion im Hintergrund. (vgl. Lezius 2006:86)
Diese Form der Beteiligung kann unabhängig von der Rechtsform gewählt werden und ist einfach und kostengünstig. Je nach vertraglicher Ausgestaltung kann hoher Gestaltungsspielraum hinsichtlich Mitsprache- und Teilnahmerechten vereinbart werden. Die Eigenkapitalquote wird verbessert. Ein Motivationseffekt kann eventuell jedoch nicht erreicht werden in Ermangelung konkreter Gesellschafterrechte. (vgl. Krüger 2008:58)
4.3.2 Genussrechte
In diesem Beteiligungsmodell überlässt der Mitarbeitende dem Unternehmen Geld im Austausch gegen eine jährliche Gewinnbeteiligung. Er wird in dieser Form zum Genussrechtinhaber und ist somit kein Gesellschafter. Bei den Genussrechten handelt es sich um Gläubigerrechte, welche mit einem Gewinnanspruch verbunden sind und auf einen Nennwert laufen. Das Rechtsverhältnis zwischen Beteiligtem und Unternehmen ist rein schuldrechtlich und bezieht sich auf Ergebnisbeteiligung. Mitwirkungsrechte und Stimmrechte gibt es aufgrund fehlender gesetzlicher Regelungen nicht. (vgl. Lezius 2006:87)
Der Beschäftigte erhält eine gewinnabhängige Grunddividende. Bei einem negativen Jahresergebnis fällt die Zahlung dieser Dividende aus. Für diesen Fall sehen die Genussrechtsbedingungen regelmäßig einen Nachzahlungsanspruch aus den Jahresüberschüssen der folgenden Jahre vor. Der Genussrechtinhaber erhält sein Kapital am Ende der vertraglich vereinbarten Laufzeit zurück. Eine Haftung für den Genussrechtinhaber gibt es nicht. Genussrechte sind in ihrer Ausgestaltung und finanzwirtschaftlichen Auswirkung auf Unternehmen und Belegschaft der stillen Beteiligung sehr ähnlich. Informations- und Kontrollrechte sind nicht zwingend vorgeschrieben.
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