Tamar ist die bedeutendste Herrscherin Georgiens. Ihre Regierungszeit war von bemerkenswerten außenpolitischen Erfolgen gekennzeichnet. Ihr gelang es ihr Reich zunehmend zu erweitern und alle Angriffe auf Georgien abzuwehren. Unter der Königin
wurde Georgien zu einer der politisch einflussreichsten und militärisch stärksten Macht in Vorderasien. Unter ihr erreichte das Land eine Ausdehnung vom Schwarzen Meer bis zum Kaspischen Meer und es erlebte eine Periode des Wohlstands mit einem hohen wirtschaftlichen und kulturellen Niveau.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Georgien vor der Herrschaft von Königin Tamar
3. Georgien unter der Herrschaft von Königin Tamar
3.1. Die Thronbesteigung Tamars
3.2. Der Innenpolitische Aufbau Georgiens unter Tamars Herrschaft
3.3. Innenpolitische Spannungen zu Beginn der Herrschaft Tamars
3.4. Die erste Hochzeit Tamars
3.5. Verteidigungskriege am Anfang von Tamars Herrschaft
3.6. Eroberungskriege unter der Herrschaft Tamars und König Jurij Bogoljubskij
3.7. Das Ende der ersten Hochzeit Tamars
3.8. Die zweite Hochzeit Tamars
3.9. Machtergreifungsversuche durch Jurij Bogoljubskij
3.10. Die Außenpolitik Tamars nach der politischen Festigung ihrer Position
3.10.1. Die politische Situation benachbarter Länder Georgiens
3.10.2. Die Eroberung Arans
3.10.3. Die Eroberung Karnus
3.10.4. Feldzüge nach Chatchian, Quargar, Belaquan, Ares und Gandsa
3.10.5. Feldzug zum Ufer des Raqs
3.10.6. Die Schlacht von Schamkor
3.10.7. Die Eroberung von Kari
3.10.8. Die Errichtung des Kaiserreiches von Trapezunt
3.10.9. Die Schlacht von Basiani
3.10.10. Die Schlachten von Ardebil
3.10.11. Eroberungen in Nordiran
3.10.12. Letzte Schlachten gegen seldschukische Gebiete in Persien
3.11. Tod der Königin Tamar
4. Das Ende des „Goldenen Zeitalters“ Georgiens
5. Fazit/ Schluss
6. Literaturverzeichnis
Abstract
This term paper deals with the reign of Queen Tamar of Georgia,1 in particular her foreign policy and military campaigns from the beginning of her reign in 1184 until her death in 1213. Her foreign policy and military campaigns led to Georgia's greatest territorial expansion and the height of the so-called "golden age" in Georgia. It shows the internal and external power relations and the timeline from the initial domestic uprisings against her, her first wedding and first defensive and offensive wars, her second wedding and especially her foreign policy and military campaigns under her rule, after the consolidation of her domestic and foreign policy position. These military campaigns where the chief factor for Georgia’s territorial expansion. Through the territorial expansion of the country it became possible, that Georgia was the most influential power in the Caucasus at that time. This paper explains the course of her foreign policy and the domestic political realities in the country. It will deal with the start on the internal political situation in Georgia at the beginning of the reign of Tamar, provide a brief outline of the feudal social structure of the country and address the internal political struggles specifically between royal power and the power of the nobles. The result of the internal politics exposes the domestic political circumstances that make the numerous campaigns, which took place under the rule of Tamar's understandable. The term paper will show how Georgia experienced a time of peaceful internal development and an extremely large territorial expansion which led Georgia to achieve the peak of its political power resulting the flourishing of the fields of culture and commerce during the reign of Queen Tamar.
1. Einleitung
Tamar ist die bedeutendste Herrscherin Georgiens.1 Ihre Regierungszeit war von bemerkenswerten außenpolitischen Erfolgen gekennzeichnet. Ihr gelang es ihr Reich zunehmend zu erweitern und alle Angriffe auf Georgien abzuwehren. Unter der Königin wurde Georgien zu einer der politisch einflussreichsten und militärisch stärksten Macht in Vorderasien.
Unter ihr erreichte das Land eine Ausdehnung vom Schwarzen Meer bis zum Kaspischen Meer und es erlebte eine Periode des Wohlstands mit einem hohen wirtschaftlichen und kulturellen Niveau. Es gab eine große Entwicklung der Städte, eine entscheidende Verbesserungen in der Landwirtschaft sowie einen massiven Anstieg der Exporte. Wissenschaft, Kunst und Literatur standen unter der geistigen Führung der Klöster, die von der Königin großzügig unterstützt wurden und erlebten eine eindrucksvolle Blütezeit. Auch wurden viele neue Kirchen, Klöster mit Akademien sowie Bibliotheken und auch Adelspaläste, Festungsanlagen und Karawansereien geschaffen. Es wird beschrieben, dass sie sehr großzügig und mitfühlend war. So soll es damals keine Bettler und Räuber gegeben haben. Ihre Regierungszeit war aber auch von bedeutenden innenpolitischen Zugeständnissen an den Adel gekennzeichnet.
Königin Tamar wirkte weit über ihr Leben hinaus. Sie wurde zur Symbolfigur für die Größe und den Glanz, die Einheit, Macht und den Wohlstand Georgiens. Mit ihrem Namen ist die Hochkultur Georgiens verbunden.2 Ein Schreiber aus dieser Zeit schreibt in Tamars Biographie: „Wer Tamar kennen lernen will, soll sich die Städte, Burgen und Regionen ansehen, wo früher Sultane saßen und die sie ihnen abgenommen hat und die Grenzen, die sie um ihr Reich vorfand und die sie doppelt erweitert hat und dann sollen sie erfahren von den Tributen, die sie den unteren Ländern bis zum Irak auferlegte und es genügt zu sagen, dass selbst der Kalif von ihren Taten verängstigt und unter ihr stehend war.“3
Da die Feldzüge Georgiens sowie die damit zusammenhängende Expansion die Voraussetzung für den Lehnsherrn Status Georgiens über den Kaukasus waren und weiterhin zum Aufblühen des Feldes der Kultur sowie des Handels und damit zum Höhepunkt des „Goldenen Zeitalters“ Georgiens führten,4 wird sich diese Arbeit speziell mit ihrer Außenpolitik und damit mit den Feldzügen, die unter ihrer Herrschaft geführt wurden, beschäftigen. Die Arbeit versucht ein Bild von der Vereinigung Georgiens im Mittelalter, über seine größte Ausdehnung, bis zum Zerfall und dem Verlust der Souveränität, durch den Einfall der Mongolen zu zeichnen. Ein spezieller Fokus liegt dabei auf außenpolitischen Ereignissen. Es wird einführend ein kurzer Abriss von der Vereinigung Georgiens im Jahre 1008 über den Verlust seiner Souveränität unter Georgi II. sowie seiner Wiedererlangung und dem Beginn des so genannten „Goldenen Zeitalters“ in Georgien erfolgen. Anschließend wird sie den innenpolitischen Aufbau der georgischen feudalen Monarchie darstellen, um sich dann mit der innenpolitischen Situation Georgiens und dem Ergebnis eines innenpolitischen Aufstandes gegen die Königin Tamar zu Beginn ihrer Herrschaft beschäftigen, das maßgeblich die Art der Außenpolitik mitbestimmte und somit erst verständlich macht. Ebenfalls wird sie kurz auf die Vermählungen der Königin eingehen. Dann wird sie sich eingehend mit den Feldzügen unter Königin Tamar beschäftigen sowie einen kurzen Abriss über das Ende des „Goldenen Zeitalters“ Georgiens nach ihrem Tod leisten, bevor abschließend ein Fazit der Regierungszeit Tamars, speziell ihrer Außenpolitik, gezogen wird.
Es wird leider, auf Grund der Beschränktheit der vorliegenden Seitenanzahl, nicht möglich sein, auch umgehend auf die Herrschaft von Dawit „der Erneuerer/ Erbauer“ III., dem ebenfalls sehr bedeutenden Herrscher Georgiens im Mittelalter, sowie auch umgehend auf alle Felder der Innenpolitik Tamars einzugehen, da sie den Anspruch besitzt eine möglichst vollständige Auflistung der außenpolitischen Fakten und den damit zusammenhängenden wichtigsten innenpolitischen Fragen und Gegebenheiten, die die Art der Außenpolitik maßgeblich mitbestimmten, zu bieten.
2. Georgien vor der Herrschaft von Königin Tamar
1008 gelang der aufstrebenden Familie der Bagratiden, die aus dem Norden Erzerums kamen, Georgien zu vereinigen.5 Nachdem im Jahre 1080 Georgien unter König Georgi II. den türkischen Seldschuken tributpflichtig geworden war, wurde unter der Herrschaft Dawit „des Erneuerers/ Erbauers“ nach Siegen über die Seldschuken wieder unabhängig. Er befreite Tiflis im Jahre 1121 von den Arabern. Sie wurde die neue Hauptstadt des geeinten Georgiens.6 Im Jahre 1123 wurden große Teile Nordarmeniens, die bisher durch die Seldschuken besetzt waren, von Dawit dem Erneuerer erobert. Er schaffte die Struktur der georgischen Monarchie, welche die Oberhoheit über das muslimische Königreich von Scharwan am Kaspischen Meer besaß.7 Er machte Georgien zu einem bedeutenden und mächtigen Staat im vorderen Orient.
Seine Nachfolger, König Demetre I. (1125-1154) und König Georgi III. (1156-1184) konnten in ihrer Regierungszeit die Periode des Friedens und des Wohlstandes fortsetzen. Während unter Demetre I. die wirtschaftlichen und kulturellen Kräfte eher stagnierten und sich stattdessen der höfische Prunk entfaltete, fand unter der Herrschaft Georgi III. im Jahre 1167 eine Erweiterung der territorialen Herrschaft bis zum Kaspischen Meer statt. 1174 fielen nordarmenische Gebiete einschließlich der Hauptstadt Ani an Georgien. Beide hatten jedoch einen schweren Stand gegen den von Dawit, zur Stärkung der monarchischen Stellung, weitgehend entmachteten Adel, welches zu inneren Spannungen führte.8
3. Georgien unter der Herrschaft von Königin Tamar
Insgesamt hatten Tamars Vorgänger, Dawit der Erbauer, Demetre I. und Georgi III., ihr einen gut geführten Staat mit schlagkräftigen Truppen, ein konsolidiertes Reich, hinterlassen. Trotzdem gilt die Regierungszeit der Königin Tamar als die Zeit der Größe und des Glanzes des georgischen Staates.9
3.1. Die Thronbesteigung Tamars
Bisher war in Georgien immer der älteste Sohn König geworden, doch den besaß Georgi III. nicht. Allerdings hatte er eine Tochter, die im Jahre 1160 geboren worden war und die den Namen Tamar trug. Sie hatte er, weil er politische Komplikationen fürchtete, wenn sie erst nach seinem Tod den Thron besteigen würde, im Jahre 1178 zeremoniell als Mitregentin eingesetzt. Vater und Tochter regierten zusammen bis der König im Jahre 1184 starb. Nach seinem Tode wurde sie in einer feierlichen Zeremonie durch den Staatsrat zur Königin gekrönt. Dabei wurde ihr ein Gürtel mit einem Schwert als Symbol der zivilen und militärischen Autorität umgehängt. Gleichzeitig wurde ihr das Amt des obersten Heerführers übertragen.10
3.2. Der Innenpolitische Aufbau Georgiens unter Tamars Herrschaft
Sie regierte mit der Doktrin des von Gott gegebenen Rechtes. Die Existenz von starken feudalen Institutionen, wie der königliche Rat und der Staatsrat, bewahrte die königliche Gewalt davor in puren Despotismus umzuschlagen. Die Macht der großen Adeligen und Geistlichen, musste bei Entscheidungen immer mitberechnet werden, genauso wie die Macht der einzelnen Herrscher der georgischen Provinzen.11 Der königliche Rat war eine ständige Institution, ein beratendes Gremium, welches sich aus den Ministern zusammensetzte. Der Staatsrat wurde nur in speziellen Fällen, z.B. Bedrohungen von Außen oder Fragen der Thronnachfolge, einberufen und setzte sich aus den Ministern, den Herrschern der einzelnen georgischen Provinzen, den hohen Offiziellen/ Adeligen und dem Klerus zusammen.
Der Königin unterstanden erst fünf, später sechs Minister, die auch gleichzeitig im königlichen Rat waren: der hohe Kanzler, der Kriegsminister (Kommandeur der georgischen Armee), der Hofmarshall, der Außen-/ Polizeiminister, der Finanzminister und der Atabag (Erzieher des Thronerben). Jeder von ihnen hatte noch untergeordnete Mitarbeiter oder ihm untergeordnete Offizielle.12 Die Aristokratie in Georgien zu dieser Zeit war komplex, kann aber in hohen (Didebulen) und niederen (Aznauren) Adel unterschieden werden.13
Ferner gab es zu dieser Zeit eine weitere soziale Gruppe, die sich gerade ausbildete und zuerst in Tiflis entstand. Das waren die Kaufmänner, die sich zuerst in den großen Städten zu einer sozialen Gruppe formten und schon bald ihre Forderungen formulieren sollten.14
Die Provinzgouverneure, welche die einzelnen Provinzen beherrschten, waren theoretisch durch die Herrscherin nach Belieben einsetz- und auch wieder entfernbar. Praktisch war es jedoch so, dass sobald Provinzen über Generationen von derselben Familie regiert wurden, es schwer war sie zu entlassen, ohne einen offenen Konflikt zu riskieren.15 Sie repräsentierten die Autorität der Krone in den Provinzen und standen an der Spitze der regionalen Verwaltung. Mit der Expansion des Reiches stieg ihre Anzahl. Ihr Wort war dort Gesetz. Sie rekrutierten Militär, legten Steuern fest etc. Sie hatten wiederum Untergebene wie z.B. den Inspektor der Festungen oder den Leiter des Haushalts unter sich. Die oberste Kontrolle der Provinzregierungen gab die Königin meist hohen Adeligen, entweder einem Minister oder einem Gouverneur oder Präfekten (in Grenzregionen), der seinen Wohnsitz in der Provinz hatte16 oder sie erobert hatte. Das tat sie, um erstens einen Wettkampf um die meisten Eroberungen zwischen ihnen zu entfachen, wodurch sich ihr Reich erweiterte und zweitens damit die entscheidenden Ursachen für Untreue ausgeschaltet wurden.17 Sie besaßen jeweils eine eigene Garnison zur Unterstützung der Durchsetzung und Überwachung der Einhaltung der königlichen Erlasse.18
Unter Tamar erreichte das georgische feudale System seinen Höhepunkt. Das soziale System konnte in Schirmherr und Vasallen unterschieden werden. Schirmherr bedeutete dabei gleichzeitig Beschützer und Landbesitzer. Ein Adliger war dabei zugleich für seine Bauern der Schirmherr, wie er für seinen König ein Vasall war. An der Spitze Georgiens standen der König und der katholische Patriarch. Auch waren sich die Regierenden im mittelalterlichen Georgien ihre Rolle als Insel des Christentums, gegenüber den sie umgebenden Ländern mit anderer Religion, bewusst. Die orthodoxe Kirche von Georgien war tief mit dem gesellschaftlichen Leben in Georgien zu dieser Zeit verwachsen. Bischöfe ließen ihre Armeen zusammen mit den Armeen des Königs Schlachten schlagen.19
3.3. Innenpolitische Spannungen zu Beginn der Herrschaft Tamars
Dem hohen Feudaladel gelang es unter Tamars Regierung bedeutend an Einfluss zu gewinnen. Zu Beginn ihrer Herrschaft wurde sie innenpolitisch zum Rückzug gezwungen, nachdem der Hochadel seine unter den letzten Herrschern verlorenen Rechte wieder erkämpfte. Die Aufrührer wollten, dass Stand und Herkunft wieder vor persönliche Würde treten und so forderten sie auch zwei Minister, die nicht von Geburt an Adelige waren, zu entlassen. Tamars Position auf dem Thron Georgiens war in dieser Anfangsphase noch nicht gefestigt. Sie musste sich ihren Ansprüchen beugen und nachgeben.20
Kaum war dieser Machtkampf beendet, wurde eine neue Forderung von dem Finanzminister Qutlu-Arslan, vorgetragen. Im 12. Jahrhundert formierte sich, ausgehend von der Ausweitung des Handels, in den Städten eine neue soziale Gruppe neben der feudalen Aristokratie. Es waren einflussreiche reiche Kaufmänner, die nun ihre Forderungen artikulierten. Qutlu-Arslan und seine Anhänger21 forderten eine Neuordnung der Staatsgewalt. An die Stelle des bisherigen sollte eine konstitutionelle Monarchie mit einer klaren Trennung zwischen der Legislative (eine Art Parlament) und der Exekutive (König) treten. Die Königin war entschieden gegen diese drastische Beschneidung ihrer Machtbefugnisse und ließ ihn unter dem Risiko eines Bürgerkrieges gefangen nehmen.22 Sie musste jedoch einer erheblichen Ausweitung der Rechte der Didebulen zustimmen.
So machte Tamar dem Adel große Zugeständnisse 23 und ließ ihnen weite Handlungsfreiheit. Dies führte zu einer weit gehenden Autonomie der Adeligen, auch in Kriegsfragen.24 W.E.D. Allen schreibt dazu, dass in der georgischen Aristokratie nicht nur Georgier sondern auch Armenier später auch Türken und Perser etc.) vertreten waren und es wahr ist, dass eine weit gehende Autonomie gegeben war.25 Die Macht der Zentralgewalt, sank dadurch erheblich. Jene Autonomie, schreibt Allen weiter, war letztlich das, was es bedurfte, um die großen georgischen territorialen Adeligen zu befrieden und ihre Aggressionen, statt nach Innen, nach Außen zu richten. Die lose Autonomie in z.B. sozialen, ökonomischen und kriegerischen Fragen war im Wesentlichen ihre Methode zu regieren. So lange wie die königliche Regierungsgewalt stark und kompetent im Zentrum war, konnte sich diese Gewalt als der Herr und Beschützer über die Länder, über die es die Autorität beanspruchte, betrachten.26
3.4. Die erste Hochzeit Tamars
Die großen Fürsten des Staatsrats griffen weiter die Autorität der Königin an. Sie forderten, dass die Königin heiratete, weil sie einen Thronfolger für das Reich wollten. Jurij Bogoljubskij, der Sohn des Fürsten von Wladimir-Susdal, wurde dafür auserkoren.27 Der Prinz von Nowgorod war von seinem Onkel vertrieben wurden und hatte bei den Chasaren im Nordkaukasus Zuflucht gefunden. Als adelige Elite wurde er für würdig betrachtet.28 Obwohl die Königin zuerst nicht einverstanden war sich sofort zu vermählen, heiratete sie, praktisch aufgezwungen, im Jahre 1185.
3.5. Verteidigungskriege am Anfang von Tamars Herrschaft
Am Anfang der Regierungszeit der Königin griffen türkische Staaten Georgien an. Gegnerische Truppen aus Aran und Gelakun drangen über die Hundeschlucht in Georgien, in der Gegend von Palakazio und Dsaghlisqewi, ein, wurden aber von Gamrekeli Kachas - Dse geschlagen. Weiterhin stießen Streitkräfte aus Karnu, Scham und Garnian in den Süden Georgiens nach Schawscheti und Kladsheti vor. Aber auch sie wurden besiegt. Die Truppen der dortigen Fürsten Gusan Abulasanis, Dse Taoeli und Bozo Dshaqeli schlugen sie in die Flucht.29
3.6. Eroberungskriege unter der Herrschaft Tamars und König Jurij Bogoljubskij
Nach ihrer ersten Hochzeit unternahmen auch die Georgier Feldzüge. Beim ersten Feldzug zog der König aus Tiflis davon. Er zog mit seinem Heer südwärts in die Richtung von Kari und Karnipor bis Basiani, wo sie siegten und mit Beute zurückkehrten.
Danach zogen Adelige, die Mchargrdselis, aus. Der Feldzug brachte sie in die Gegend von Dwin. Mit Beute beladen waren sie langsam auf dem Rückweg und die Truppen der Dwiner und Surmaner holten sie ein. Es kam zum Gefecht, das die Mchargrdselis gewannen.
Später befahl die Königin dem König gegen Dwin zu rüsten. Als er losgezogen und es erreicht hatte, verwüstete er es, eroberte die Stadt, machte Beute sowie Gefangene und brachte sie der Königin.
Anschließend sammelte er zahlreiche Truppen und wandte sich gegen das von den Türken besiedelte Gebiet von Gelakun. Sie griffen sie an, vernichteten sie und erbeuteten Kostbarkeiten. Auf ihrem Rückweg holte Heer der Türken von Gelakun sie ein. Als die Streitkräfte aufeinander trafen, kämpften die georgischen Soldaten tapfer und schlugen das gegnerische Heer in die Flucht.
Auf den Rat Asats, des Sohnes von Grigol, führten sie danach Krieg gegen die Gegend von Gandsa bis Belaqan, von der oberen Gegend des Raqs bis zum Masis. Der König, der Hofmarschall Wardan Dadiani, alle vier Mchargrdselis und andere Fürsten und Edle führten einen schweren sowie erbitterten Kampf und konnten letztlich den Kampf für sich entscheiden.30
3.7. Das Ende der ersten Hochzeit Tamars
Nach 2 Jahren wurde Jurij Bogoljubskij der Sodomie beschuldigt und aus Georgien verbannt. Eine Quelle berichtet, dass Tamar darüber sehr unglücklich war und viel weinte.31 Andere Quellen berichten, dass dies durch das Drängen der Königin selbst initiiert wurde, weil ihr Ehemann gewalttätig und alkoholabhängig gewesen war.32 Die kinderlose Ehe wurde nach 2 Jahren annulliert und der ehemalige König schiffte sich nach Konstantinopel ins Byzantinische Reich ein.
3.8. Die zweite Hochzeit Tamars
Als der georgische Hof aus staatlichen Gründen, speziell der Geburt eines Thronfolgers, bestrebt war einen neuen Gemahl für Tamar auszuwählen, entschied man sich für Dawit Soslan, den Sohn des Ossetenherrschers. Er stammte mütterlicherseits aus dem Königsgeschlecht der Bagratiden und war wie Tamar im Haus ihrer Tante Rusudan erzogen worden. Das war entgegen den Interessen einiger Adeliger, die nach einer Möglichkeit suchten Jurij Bogoljubskij zurückzubringen. Die Hochzeit fand 1188 statt.
3.9. Machtergreifungsversuche durch Jurij Bogoljubskij
Tamars erster Mann versuchte im Jahre 1190/1191 seine Machtposition wieder zu erlangen. Von Konstantinopel aus zog er nach Erzerum, nach Karnu. Gusani, der Herr von Klardsheti und Schawscheti, Bozo von Samzche, der Fürst Iwane-Qwarqware Zichisdshwareli, der Hofmarschall Wardan Dadiani und viele weitere Westgeorgiens schlossen sich ihm an. Sie vereinigten ihre Truppen und zogen nach Giguti. Hier ließ sich Jurij Bogoljubskij als König von Georgien ausrufen. Tamar erfuhr davon und sammelte eilig alle Streitkräfte Ostgeorgiens. In Dshawacheti kam es zur Entscheidung. Tamars Heer blieb im Kampf erfolgreich. Das war auch dadurch bedingt, da Teile der Aufständischen den Kampf mieden. Ihr ehemaliger Ehemann wurde wieder des Landes verwiesen und die Aufständischen milde behandelt. Nur die Barone, der Hofmarschall Wardan Dadiani und Kriegsminister Gusani verloren ihre Ämter. Jurij Bogoljubskij versuchte im Jahre 1193 erneut seine Macht wieder zu erlangen, wurde aber wiederum vernichtend geschlagen und vertrieben.
Im selben Jahr bekamen Tamar und Dawit Soslan einen Sohn. Er trug den Namen Georgi Lascha.33 Ein Jahr darauf wurde sie wieder schwanger und gebar eine Tochter, Rusudan .34 Nach diesen Siegen war die Königin in ihrer Position gestärkt und nun in der Lage aktiv, zielstrebig und konzentriert auch ihre Außenpolitik zu verfolgen.35
3.10. Die Außenpolitik Tamars nach der politischen Festigung ihrer Position
Die folgenden zwei Dekaden nach den Aufständen sind von einer Politik der Aggression der Georgier gegen die benachbarten Herrscher bestimmt. Im Verfolgen dieser Politik schien sie dem Hinweis des neu eingesetzten Kriegsminister Sakaria Mchargrdseli zu folgen, der Vorschlug, dass die georgische Armee ein kontinuierliches Engagement zeigt. Diese Politik
[...]
1 Vgl. Reissner, Ilma: „Georgien – Goldenes Vlies und Weinrebenkreuz“, Der Christliche Osten Verlag, Würzburg, 1998, S. 287.
2 Vgl. Fähnrich, Heinz: „Geschichte Georgiens von den Anfängen bis zur Mongolenherrschaft“, Shaker Verlag GmbH, Aachen, 1993, S. 142-143 und Reissner, 1998, S. 48
3 „Das Leben der Königin der Könige Tamar“ in „In Chroniken der georgischen Königin Tamar“ (trans. Surab Sardshweladse und Heinz Fähnrich), Jena 1998, Neuauflage: Shaker Verlag, Aachen, 2004b, S. 84.
4 Vgl. Salia, Kalistrat: „A History of the Georgian Nation” (Trans.Katharine Vivian), Paris, 1983, S. 184-185, 189-190 und Reissner, 1998, S. 50.
5 Vgl. Lang, Dawit Marshall: „A Modern History of Soviet Georgia”, Grove Press Inc., New York, 1962, S. 28.
6 Vgl. Reissner, 1998, S. 286.
7 Vgl. Lang, 1962, S. 28-29.
8 Vgl. Reissner, 1998, S. 44, 48, 286.
9 Vgl. Fähnrich, 1993, S. 142-143 und Verdel, Helena Kogoj, Traude: „Die hundert bedeutendsten Frauen des europäischen Ostens“, Wieser Verlag, Klagenfurt, 2003, S. 43.
10 Vgl. Fähnrich, 1993, S. 143 und Salia, 1983, S. 177.
11 Vgl. Lang, 1962, S. 29.
12 Vgl. Salia, 1983, S. 193-196.
13 Vgl. Lang, 1962, S. 30.
14 Vgl. Salia, 1983, S. 196.
15 Vgl. Lang, 1962, S. 29.
16 Vgl. Salia, 1983, S. 196-197.
17 Vgl. Sardshweladse und Fähnrich, 2004b, S. 90
18 Vgl. Salia, 1983, S. 196-197.
19 Vgl. Lang, 1962, S. 29-30.
20 Vgl. Fähnrich, 1993, S. 143-144 und Salia, 1983, S. 177.
21 Vgl. Salia, 1983, S. 186.
22 Vgl. Fähnrich, 1993, S. 144.
23 Vgl. Salia, 1983, S. 186.
24 Vgl. Fähnrich, 1993, S. 149.
25 Vgl. Allen, W.E.D.: „A History of the Georgian People – from the beginning down to the Russian conquest in the nineteenth century”, Routledge & Kegan Paul Ltd., London, 1971, S. 107.
26 Vgl. Salia, 1983, S. 186. und Allen, 1971, S. 107.
27 Vgl. Fähnrich, 1993, S. 144.
28 Vgl. Salia, 1983, S. 178.
29 Vgl. Fähnrich, 1993, S. 144.
30 Vgl. „Geschichten und Lobpreisungen der Könige“ in „In Chroniken der georgischen Königin Tamar“ (trans. Surab Sardshweladse und Heinz Fähnrich), Jena 1998, Neuauflage: Shaker Verlag, Aachen, 2004a, S. 35-36.
31 Vgl. Fähnrich, 1993, S. 145.
32 Vgl. Allen, 1971, S. 104.
33 Vgl. Fähnrich, 1993, S. 144-146 und Salia, 1983, S. 178.
34 Vgl. Sardshweladse und Fähnrich, 2004b, S. 85.
35 Vgl. Salia, 1983, S. 178.