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Hausarbeit, 2017
12 Seiten, Note: 1,3
Philosophie - Praktische (Ethik, Ästhetik, Kultur, Natur, Recht, ...)
1. Von der Notwendigkeit des Geldes als zentrales Thema der Philosophie
2. Von der Frage nach der Geltung des Geldes
3. Über den innovativen Ansatz von Georg Simmel
3.1. Die ökonomische Ebene
3.2. Die erste soziologische Ebene
3.3. Die zweite soziologische Ebene
3.4. Die kulturphilosophische Ebene
4. Objektivierte Beziehungen durch Geld am Beispiel der Großstadt
5. Über die Ambivalenz von Freiheit und Geld
5.1. Über den Zuwachs an Autonomie durch Geld
5.2. Die Ambivalenz in der Synthese von Freiheit und Geld
Literaturverzeichnis
In allen wissenschaftlichen Disziplinen wird mit Begriffen und Definitionen gearbeitet, die als solche hingenommen und sogar vorausgesetzt werden. Die Physik operiert mit Naturgesetzen und berechnet sie in allen Forschungsgebieten mit ein, während der Physiker selbst nicht hinterfragt, was Naturgesetze eigentlich sind bzw. worin Naturgesetze bestehen. Die dadurch entstandene Teildisziplin der theoretischen Philosophie, die Wissenschaftsphilosophie oder auch Wissenschaftstheorie genannt wird, versucht die Fragen nach dem Wesen der Naturgesetze und der dazugehörigen Methoden zu untersuchen. Analog dazu lässt sich die Beziehung der Wirtschaftswissenschaft mit dem Geld formulieren, die sich lediglich mit dem Verlauf der Konjunktur und dessen Ursachen auseinandersetzt (Friebe 2015, S. 10 ff). Obwohl es in der Ökonomie offensichtlich um verschiedene Formen von Geld, wie beispielsweise Bar-und Buchgeld geht, sind die dort aufzufindenden Definitionen weder überzeugend noch ausgereift. Von der Wirtschaftstheorie ausgehend ist Geld alles, was als Zahlungsmittel von Produkten und Dienstleistungen akzeptiert wird (vgl. Schlitte 2011, S. 1). Dementsprechend wird keine essenzielle Frage, die mit dem Geld einhergeht, beantwortet. Die Begriffe einer Wissenschaft fallen demnach offensichtlich nicht in ihren eigenen Gegenstandsbereich, wodurch Definitionsprobleme entstehen. Spiegelt Geld den Wert von Waren wieder? Hat Geld überhaupt einen intrinsischen Wert? Welche Rolle spielt das Geld im gesellschaftlichen Leben und verschafft uns das Geld die Freiheit, nach der wir streben? Hieraus wird die Zurückhaltung der modernen Ökonomie gegenüber den allgemeinen Grundsatz- und Wesensfragen ersichtlich. Demzufolge soll die vorliegende Arbeit zunächst den philosophischen Anspruch des Geldes an sich aufzeigen und legitimieren. Anschließend erfolgt die philosophische Auseinandersetzung mit der Ambivalenz von Freiheit und Geld, welche das Hauptkriterium dieser Arbeit ist. Schafft Geld ein höheres Maß an persönlicher Freiheit? Schränkt ein Zahlungsmittel wie Geld unsere Freiheit womöglich ein? Auch wenn eine Lösung im Rahmen dieser Arbeit nicht möglich ist, soll eine kritische Betrachtung zur Förderung der Reflexion hinsichtlich der Ambivalenz von Geld und Freiheit erfolgen. Das Hauptkriterium der vorliegenden Arbeit ist die Ambivalenz des philosophischen Begriffs der Freiheit und der Funktion des Geldes, wie sie in Georg Simmels „Philosophie des Geldes“ definiert wurde.
Bereits Aristoteles stellte sich die Frage nach der Geltung des Geldes. Ist der Wert des Geldes als rechtliche Vereinbarung zu verstehen oder als Wert durch seine stoffliche Eigenschaft? Ihm zufolge stellt jeder etwas her, was andere Mitglieder der Gesellschaft bedürfen und hat gleichzeitig selbst Bedarf an von anderen hergestellten Gütern (Schlitte 2011, S. 2). Durch die Wechselseitigkeit des Bedarfs nach Gütern ergibt sich die Notwendigkeit des Tausches. Um die Vergleichbarkeit zwischen den auszutauschenden Gütern erleichtern zu können, wird Geld benötigt. Der Tausch von Ware gegen Geld soll einen Ausgleich zwischen der Verschiedenheit des Produzierten und den Bedürfnissen schaffen, der ohne das vermittelnde Geld, also ohne einen gemeinsamen Maßstab, nicht umzusetzen wäre. Damit soll lediglich gezeigt werden, dass die Frage nach der Geltung des Geldes keine neu aufgekommene Frage ist. Im aristotelischen Sinne ging es aber beim Geld um eine Verbindung zu seiner Theorie des „guten Lebens“ (Schlitte 2012, S. 217 ff). Die Ökonomie hingegen beginnt erst im Laufe des 18. Jahrhunderts als eigenständige Wissenschaft mit Hilfe von abstrakten Prinzipien die Gesetze des Marktes zu untersuchen. Mit der Mathematisierung der Ökonomie im 20. Jahrhundert erfolgt die Distanz zur Politik und zur Moralphilosophie, wie sie beispielsweise bei Adam Smith und Karl Marx mit einbezogen wird. Warum aber soll sich die Philosophie mit Geld als zentralen Gegenstand befassen? Zwei Strömungen münden in eine gerechtfertigte Antwort: zum einen befasst sich die Philosophie lediglich mit den ethischen Folgen des Geldes und nicht mit dem Versuch einer Definition, was Geld eigentlich ist. Zum anderen wird das Geld aktuell nur im Zusammenhang mit den Ursachen von Finanzkrisen hinterfragt (vgl. Schlitte 2011, S. 3). Geld ist den aktuell laufenden Berichten zur Wirtschaftspolitik also nicht nur ein wichtiger Bestandteil. Es bedarf auch einer nachhaltigen Auseinandersetzung mit Geld und den damit zusammenhängenden Folgen innerhalb der Gesellschaft. Im Folgenden wird deshalb der Ansatz von Georg Simmels „Philosophie des Geldes“ aufgezeigt, welcher systematisch zunächst auf die Funktion des Geldes und anschließend auf die Ambivalenz von Geld und Freiheit bezogen wird.
Die große Leistung Simmels besteht vor allem in der Entwicklung einer kulturphilosophischen Alternative zur Wirtschaftswissenschaft. Simmel entwirft ein allgemeines, philosophisches Weltbild anhand des Geldes als Beispiel für kulturelle Symbolproduktion. Dieses Ziel ist das Ergebnis einer doppelten Verantwortung, bestehend aus einem analytischen und aus einem synthetischen Part seines Werkes. Im analytischen Teil widmet sich Simmel der Voraussetzung des Geldverkehrs sowie dem Wesen und der Funktion des Geldes, während die Auswirkung dessen auf die Kultur und das Lebensgefühl der Individuen im synthetischen Teil geleistet wird. Georg Simmel gilt als Vertreter der neoklassischen Theorie des Geldes, wonach Geld als neutrales Tauschmittel funktioniert. Alle erdenklichen Beziehungen zwischen Menschen lassen sich als „Tausch“ verstehen (Simmel 1989, S. 59). Simmel unterteilt die Symbolik des Geldes in drei Ebenen, die im Folgenden prägnant erklärt werden sollen.
Zunächst dient das Geld lediglich als Zeichen eines Warenwertes. Der ökonomische Wert einer Ware oder einer Dienstleistung entspringt einem subjektiven Begehren (vgl. Schlitte 2011 S. 7). Mitglieder einer Gesellschaft bedürfen Güter, die von anderen Mitgliedern der Gesellschaft angeboten werden. Diese sogenannte subjektive Werttheorie steht beispielhaft für die Differenz zu Karl Marx‘ Theorie des Arbeitswertes.1 Subjektiv begehrte Produkte lassen sich nur schwer tauschen, wenn es keinen gemeinsamen Nenner gibt, auf den sich die tauschenden Subjekte einigen können. Geld soll demzufolge den Tausch im Sinne eines neutralen Vermittlers zwischen Produkten erleichtern, indem es subjektive Werte quantifiziert und somit objektiviert (Schlitte 2012, S.236). Das Geld dient demzufolge als Repräsentant von Warenwerten im Sinne einer Abstraktion von subjektiven Wünschen. Die o.g. Eingangsfrage, ob Geld als eine Art Übereinkunft oder durch seine stoffliche Eigenschaft wertvoll ist, kann im Sinne Georg Simmels so beantwortet werden: Der Wert des Geldes besteht nicht in seiner Substanz. Der Wert des Geldes ist seine Funktion (Simmel 1989, S. 146) . Die hauptsächliche Charaktereigenschaft des Geldes ist demzufolge seine Charakterlosigkeit. Ohne subjektive Eigenschaften, wie Charaktereigenschaften, wird die Quantifizierung von Produktwerten erst möglich.
Simmels kulturphilosophischer Ansatz handelt im Wesentlichen von der Reziprozität zwischenmenschlicher Beziehungen. Neben den Wertbeziehungen eines ökonomischen Tausches berücksichtigt Simmel die Wechselwirkung zwischen Menschen, die ihm zufolge das Fundament der Gesellschaft ausmacht (Schlitte 2012, S. 261) (Simmel 1989, S. 208 ff). Der ökonomische Tausch und die Wechselseitigkeit menschlicher Beziehungen sind im Zusammenhang zu denken und analytisch miteinander verknüpft. Der Tausch ist daher nicht nur ein wirtschaftlicher Vorgang, sondern im soziologischen Sinne auch ein Vergesellschaftungsprozess (Schlitte 2012, S. 262). Das Geld selbst trägt durch seine Tauschfunktion zur Wertbildung bei, wodurch menschliche Beziehungen aufgrund des Geldes aufgezeigt und beeinflusst werden können. Das Symbol der modernen Gesellschaft ist das Geld.
Es soll noch einmal festgehalten werden, dass Geld an sich charakterlos ist, um quantitative Maßstäbe setzen zu können. Die Charakterlosigkeit des Geldes hat den Vorteil, dass vereinzelte Differenzen zwischen Menschen obsolet werden. Ein Tausch im ökonomischen Sinne ist ein abstrakter, objektiver und unpersönlicher Prozess, für den keinerlei subjektiv wahrgenommene Erscheinungen notwendig sind. Dementsprechend kommt dem Geld zusätzlich zur Abstraktion subjektiver Werte die Eigenschaft der Nivellierung, also dem Ausgleich individueller Differenzen zu. Durch diesen unpersönlichen Prozess besteht jedoch die Möglichkeit, dass ein tauschendes Subjekt seine Sicht auf ein Objekt verändern kann. Das Verhältnis vom Subjekt zum Objekt sowie die Distanzierung zwischen handelnden Subjekten sind also zwei Eigenschaften, die dem Geld zugesprochen werden. Beziehen wir also die reine Funktion des Geldes auf die Auswirkungen innerhalb der Gesellschaft aufeinander, zeigt sich hier die doppelte Funktion des Geldes. Dies zeigt sich auch in der Tatsache, dass Geld sowohl die Entfaltung des Individuums als auch seine Einschränkung zur Folge hat (vgl. Schlitte 2011, S. 9). Dieser Aspekt wird in der Reflexion zur Ambivalenz von Freiheit und Geld näher erläutert (Kap.5).
Diese methodische Ebene soll prägnant aufzeigen, in welcher Art und Weise das Geld als Beispiel eines Symbols zum Wesen einer Gesellschaft gehört. Der Begriff „Symbol“ steht nicht nur für die Bezeichnung einer gesellschaftlichen Beziehung, sondern auch für die Methodologie, mit welcher Simmel seine kulturphilosophische Analyse vollzieht. Der Prozess, in welchem das Geld von der Einzelperson zur Allgemeinheit aufsteigt, bildet das Geld zu einem gesellschaftlichen Symbol (vgl. Schlitte 2011, S. 10). Geld drückt nicht nur Beziehungen aus. Es kann sie außerdem beeinflussen und gar neue schaffen.
Demzufolge besteht genau in dieser Eigenschaft des Geldes auch die Entstehung von Gesellschaften (Schlitte 2011, S.10). Dieser Ansatz ist die Innovation, das Novum, das Simmel von anderen philosophischen Reflexionen zum Geld unterscheidet. Geld ist ein Symbol und Kultur besteht hauptsächlich in der Produktion von Symbolen.
Im folgenden Kapitel soll die Rolle des Geldes im gesellschaftlichen Leben konkret erläutert werden. Wie verhalten sich Menschen in der modernen Gesellschaft untereinander und welche Auswirkung hat das?
Während das Leben auf dem Land im langsamen und gleichmäßigen Tempo verläuft, zwingt die Komplexität einer Großstadt, bestehend aus Verkehr, Wirtschaft und Beruf die Ausschöpfung unseres Vermögens, uns an Veränderungen anzupassen. Die Großstadt schafft diejenigen Bedingungen, mit denen sich die Notwendigkeit der individuellen Anpassung zwangsläufig ergibt (vgl. Simmel 1995, S. 117 ff). Durch den Mangel an zusammenhängenden, ökonomischen Verhältnissen werden auf dem Land nur wenig Güter getauscht, während die Zusammenkunft aller Subjekte einer Großstadt eine Abstrahierung des ökonomischen Tausches verlangt. Demzufolge bedarf das Innenleben einer Großstadt verstandesmäßiger Beziehungen, welche mit Zahlen berechnet und gegeneinander abgewogen werden (Simmel 1995, S.119). Jegliche Qualitäten und individuelle Eigenschaften werden durch die Frage nach dem Tauschwert nivelliert und somit auf einen gemeinsamen, quantitativen Nenner gebracht. Ländliche Lebensverhältnisse bestehen wirtschaftlich betrachtet in der Produktion für einen bestimmten Kunden, der den Produzenten persönlich kennt. Die moderne Großstadt hingegen bedient den sogenannten Markt (vgl. Simmel 1995, S. 118). Ein Schauplatz für „Unbekannte“, die in einem Meer aus Angeboten fischen können. Sowohl der Nachfragende als auch der Anbietende vertreten ihre eigenen Interessen und einigen sich durch das Geld auf einen abstrakten Tauschwert.2 Dieser Prozess ist frei von persönlichen Neigungen und damit einhergehenden Beziehungen. Es handelt sich um einen gesichtslosen, unpersönlichen, charakterlosen Tausch, der eben durch diese Charakterlosigkeit eine ganze Gesellschaft bedienen kann. Ein weiterer Grund für die Notwendigkeit eines unpersönlichen Tausches ist die Zusammenkunft vieler verschiedener Individuen mit unterschiedlichen Interessen (Simmel 1995, S. 119 f). Denn offensichtlich ist es äußerst schwierig, den Tausch von Gütern und Dienstleistungen anhand gemeinsamer Interessen zu vollziehen. Der unpersönliche Tausch ist die einzige logische Möglichkeit zur Aufhebung qualitativer Eigenschaften. Simmel zufolge ist das Geld also das Werkzeug, das qualitative Werte von Gegenständen aufeinander beziehen kann, indem es sie in quantitative Werte ausdrückt. Geld ermöglicht also die Gleichsetzung unterschiedlicher Dinge.
Nachdem die Funktion des Geldes als dessen einzige Eigenschaft identifiziert worden ist, ist auch dessen Rolle in der Gesellschaft als Ausgleich zwischen qualitativen Differenzen erläutert worden. Durch die Charakterlosigkeit des Geldes kann also innerhalb einer wachsenden Gesellschaft ein Markt entstehen, indem unpersönliche Tauschvorgänge durch die Quantifizierung unterschiedlicher Interessen vollzogen werden können. Um zum nächsten Kern der Arbeit zu kommen, muss nun folgende Frage gestellt werden: Wie wirkt sich ein unpersönlicher Tausch auf die Persönlichkeit aus? Wie kann sich ein ökonomischer Prozess, der keine menschlichen Eigenschaften enthält, auf die allgemeine Freiheit von Menschen auswirken?
Im vorangegangenen Kapitel wurde die Rolle des Geldes in der modernen Gesellschaft aufgezeigt. Daraus ergibt sich zum einen eine erfolgreiche Synthese von Menschen und Dingen, die zwischen Menschen gehandelt werden. Zum anderen erwächst jedoch ein Problem der Distanz, welches aus den objektivierten Beziehungen durch den ökonomischen Tausch hervorgeht. Da die moderne Großstadt bzw. die moderne Gesellschaft durch das, was sie erreichen kann als fortschrittlich gilt, muss zunächst gefragt werden, ob sich die Individuen ebenfalls innerhalb der modernisierten Gesellschaft fortschrittlich entwickeln können. Auch Georg Simmel behandelt die Frage nach der Verwirklichung von Individualitäten unter den Gegebenheiten der Gesellschaft und wie sich Individuen unter diesen Bedingungen entfalten können (Schlitte 2012, S. 285) (vgl. Simmel 1995, S. 49 ff). Zur optimalen Entfaltung benötigen Individuen offensichtlich ein hohes Maß an Freiheit.
[...]
1 Der Wert eines Produktes wird dadurch bestimmt, dass Arbeit investiert wurde, um das Produkt herzustellen
2 Simmel verweist damit auch auf eine generelle philosophische Erkenntnis, nach der der moderne Geist ein „rechnender Geist“ geworden ist. Das Ideal der Naturwissenschaften, alles messen zu können, spiegelt sich im praktischen, ökonomischen Leben der Großstadt wieder (Simmel 1995, S. 199 ff)
Hausarbeit, 15 Seiten
Hausarbeit (Hauptseminar), 43 Seiten
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