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Hausarbeit, 2016
16 Seiten, Note: 1.0
Inhaltsverzeichnis ... 2
1 Einleitung ... 3
2 Konzeptspezifikation ... 4
2.1 Theoretische Fundierung ... 4
2.2 Bedingungen des Bezugsrahmens ... 5
2.3 Forschungsdesign ... 6
2.4 Ergebnisse ... 7
2.4.1 Nachrichtenagenturen ... 7
2.4.2 Tageszeitungen ... 8
2.4.3 Öffentlich-rechtlicher Rundfunk ... 9
2.4.4 Zusammenfassung Mikroebene ... 10
2.4.5 Makroebene Mediensystem ... 10
2.4.6 Zusammenfassung der Ergebnisse ... 11
3 Diskussionen und Folgestudien ... 12
4 Kritische Würdigung und Fazit ... 15
5 Literaturverzeichnis ... 16
„Man wird selten eine Meldung in irgendeiner Zeitung finden, die überhaupt niemandem nutzt oder schadet – das liegt in der Natur der Sache.“ (Bernays 1928:128)
Innerhalb der Kommunikationswissenschaften bieten sich diverse theoretische und methodische Ansätze zur Untersuchung der Frage danach, wie Medieninhalte Zustandekommen. Einer dieser Ansätze fragt nach dem Einfluss von Öffentlichkeitsarbeit auf Journalismus, womit sich unter anderen die Determinationsforschung befasst. Zentrales Erkenntnisinteresse ebendieser ist Ausmaß und Prägnanz des Einfluss von Öffentlichkeitsarbeit auf Journalismus zu untersuchen (Fröhlich et al 2015:305).
Als einer der Ersten untersuchte Sigal in seiner 1973 veröffentlichten Studie „Reporters and officials“ das Verhältnis von Öffentlichkeitsarbeit und Journalismus. Im Ergebnis wurde festgestellt das die untersuchten Inhalte „[…] im wesentlichen auf standardisierte offizielle Quellen […]“ (Baerns 1985:40), also auf Öffentlichkeitsarbeit, beruhen. 1977 veröffentlichten Nissen und Menningen, im deutschsprachigen Raum als eine der ersten, ihre Studie mit dem Titel „Der Einfluss der Gatekeeper auf die Themenstruktur der Öffentlichkeit“. Die Ergebnisse der Untersuchung weisen ebenfalls hohe Übernahmeanteile standardisierter Quellen in der Berichterstattung bei geringer journalistischer Eigenleistung aus. Auch wenn Nissen/Menningen ihre Untersuchung, wie der Titel bereits nahelegt, im Bereich der Gatekeeper Forschung ansiedeln, wird diese aus zweierlei Gründen der Determinationsforschung zugeordnet. Erstens sei das verwendete Forschungsdesign, eine Input-Output-Analyse, untypisch für die Gatekeeper Forschung (Fröhlich et al 2015:307). Zweitens werde hier zum ersten Mal der Begriff Determination verwendet: „Themenbestimmung, Informationsvorauswahl und z. T. sogar die publizistische Aufbereitung [werden] nicht autonom von den Journalisten bestimmt, sondern von den Primärkommunikatoren determiniert“ (Nissen & Menningen 1977:222, zitiert nach Fröhlich et al 2015:307).
Auf diesem und anderen Ansätzen aufbauend (Fröhlich et al 2015:307) stellte Baerns in ihrer 1981 abgeschlossenen, 1985 veröffentlichten Kurzfassung der Studie „Journalismus oder Öffentlichkeitsarbeit?“ die Frage „[…] inwieweit Öffentlichkeitsarbeit publizistische Aussagen determiniert […]“ (Baerns 1985:41). Sie kam darin, ähnlich den zuvor genannten Untersuchungen, zu dem Ergebnis „Öffentlichkeitsarbeit dominierte nicht nur journalistische Recherche, sondern alle Quellentypen […]“ (Baerns 1985:87), bei nur sehr geringem Anteil journalistischer Eigenleistungen (Baerns 1985:87). Die von Baerns aufgestellte Determinaonsthese löste damit, hauptsächlich im deutschsprachigen Raum, vielfältige und mitunter kontroverse Diskussionen und Forschungen über das Verhältnis von Öffentlichkeitsarbeit und Journalismus aus (Fröhlich et al 1985:310).
Im Folgenden wird Baerns‘ Konzeptspezifikation erläutert, indem die theoretische Fundierung, der Bezugsrahmen und das Forschungsdesign dargelegt werden. Anschließend erfolgt eine kurze, zusammenfassende Darlegung diverser Folgestudien. Im abschließenden Fazit werden die erfolgten Ausführungen unter kritischer Würdigung noch einmal zusammengefasst.
Baerns langjährige Berufspraxis als Journalistin und als Öffentlichkeitsarbeiterin waren ausschlaggebend für ihre Forschungsidee (Baerns 1985:11). Baerns stellte einen Widerspruch zwischen der vorhandenen Vielfalt an Medienunternehmen, welche auch zu inhaltlicher Vielfalt führen müsse, und der empirisch relativ geringen inhaltlichen Bandbreite von Medieninhalten fest (Baerns 1985:35ff). Zur Untersuchung ihres zentralen Interesses der Relation zwischen Öffentlichkeitsarbeit und Journalismus konstatiert sie „[…] Öffentlichkeitsarbeit als hypothetische Determinante […]“ (Baerns 1985:14).
Diversen vorhergehenden Studien zufolge, welche klassische Nachrichtemerkmale, z. B. Nachrichtenwertforschung, zur Erklärung der Darstellung und (Re-)Konstruktion von Realität in der täglichen Medienberichterstattung untersuchten, stelle sie damit einen neuen Ansatz gegenüber. Sie betrachtet dies als einen Weg aus der erkenntnistheoretischen Sackgasse in welche die medienzentrierten Ansätze hineinführen. Anders formuliert, sie stellt den Prozess wie Informationen in das Mediensystem gelangen in den Mittelpunkt und nicht die Charakterisierung dessen was eine Nachricht ist bzw. ausmacht (Baerns 1985:14).
Dies sei, wie sie selber feststellt, ein methodologischer Rückschritt. Aus zwei Gründen erwartet sie jedoch durch diesen Rückschritt einen erkenntnistheoretischen Mehrwert: „[…] erstens [um] umfangreich zu beschreiben, wie Informationen in Agenturdienste, Hörfunksendungen, Fernsehsendungen, Tageszeitungen gelangen und so zu Nachrichten werden, […], zweitens, zu untersuchen, auf welche Art und Weise die Informationen in den öffentlichen Medien präsent sind.“ (Baerns 1985:1). Um dies zu ermöglichen wird die zeitliche Abfolge der Informationsbeschaffung und –bearbeitung untersucht und dargestellt (Baerns 1985:1).
Die beiden Informationssysteme Journalismus und Öffentlichkeitsarbeit werden als „[…] syntaktisch gleichartige, semantisch [aber] nicht äquivalente Informationssysteme [definiert], und sie gelten weniger als »Partner« denn als »Kontrahenten«.“ (Baerns 1991:16) Semantisch ergibt sich die Differenz aus den unterschiedlichen Funktionen der beiden Informationssysteme. Öffentlichkeitsarbeit, als ein nicht dem Mediensystem zugehöriges Teilsystem, kommt hierbei die Funktion der Eigendarstellung partikulärer Interessen unter Nutzung sämtlicher zur Verfügung stehender Kommunikationsformen[1] zu. Dagegen hat Journalismus, als Teilsystem des Mediensystems, die Funktion der Fremddarstellung im Gesamtinteresse inne. Durch Publizierung divergierender Meinungen verschiedener gesellschaftlicher und politischer Akteure sollen Entscheidungsprozesse transparent gemacht, Machtstrukturen hinterfragt und zur Meinungsbildung beigetragen werden (Baerns 1991:16).
Um Einfluss operationalisieren[2] zu können, wird die Beziehung beider Informationssysteme bei der Genese von Medienberichterstattung untersucht. Theoretisch betrachtet habe „[…] Öffentlichkeitsarbeit […] erfolgreich Einfluß geübt, wenn das Ergebnis der Medienberichterstattung ohne diese Einflußnahme anders ausgesehen hätte.“ Dies gelte ebenso invers. Konkret bedeute Einfluss die relative Änderung der Wahrscheinlichkeit des Resultats einer Entscheidung. Als Indikator dient die Erhebung der Quellen der untersuchten Medieninhalte. Ceteris paribus wird eine interdependente Machtverteilung zwischen Öffentlichkeitsarbeit und Journalismus konstatiert (Baerns 1991:17f).
Anliegen der Untersuchung ist es laut Baerns „[…] etwas von der inneren Struktur der Vorgänge, die nicht zutage treten, sichtbar und durchschaubar zu machen […]“ sowie „[…] konkretere Entscheidungshilfen, die als Bausteine einer Pragmatik, welche die Befunde als veränderbar betrachtet, an die Praxis zurückfließen [zu lassen].“ (Baerns 1985:19)
„Die Darstellung des gesellschaftlich gewünschten und akzeptierten Informationsbeschaffungs und -bereitstellungsraums eröffnet dann einen Ausblick auf die konkreten Grenzen des Geleisteten.“ (Baerns 1985:20) Zunächst wird der theoretische Handlungsspielraum innerhalb dessen journalistische Eigenleistungen stattfinden können abgesteckt. Dies ist notwendig für eine sinnvolle Interpretation der Ergebnisse der Untersuchung im Hinblick auf die aufgestellte Hypothese.
Den gesetzlichen Rahmenbedingungen, denen journalistische Recherche in Deutschland unterliegt, widmet sie sich zuerst, um klarstellen zu können, an welche Institutionen Journalisten überhaupt Auskunftsansprüche stellen können.
In den jeweiligen Landespressegesetzen sind Art und Umfang der Auskunftsansprüche geregelt. Dabei stellt Baerns dabei fest, dass sich diese zunächst, mit wenigen Ausnahmen, nur auf staatliche Behörden beziehen. Darunter fallen alle Bundes-, Landes- und Kommunalbehörden (Baerns 1985:21). Unter Behörden ist „jede Stelle, die Aufgaben der Öffentlichen Verwaltung wahrnimmt“ (Baerns 1985:21, zitiert nach Bundesverwaltungsverfahrensgesetz § 1 Abs. 4), genauso wie Körperschaften, Stiftungen und Anstalten des öffentlichen Rechts, zu verstehen. Ebenso sind darunter staatlich genutzte Organisationsformen privatrechtlicher Natur einzubeziehen. Öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten sind zwar von dieser Auskunftspflicht ausgenommen da diese im juristischen Sinne keine staatlichen Behörden seien. Die juristische Kommission der Arbeitsgemeinschaft der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten legte diesen jedoch nahe, sich auskunftsfreudig zu zeigen (Baerns 1985:22).
Grundsätzlich ist das Auskunftsrecht einklagbar. Jedoch gibt es vier Ausnahmen von dieser Auskunftspflicht: Erstens, es überwiegt das Persönlichkeitsrecht, weshalb Informationen aus Steuer-, Straf- oder Personalakten nicht heraus gegeben werden dürfen. Zweitens dürfen Informationen, welche der Geheimhaltung unterliegen nicht preisgegeben werden. Drittens, können Auskünfte über laufende juristische Verfahren verweigert werden. Viertens, finden sich in manchen Bundesländern landesrechtliche Regelungen welche von der Auskunftspflicht entbinden, sofern diese ein unzumutbares Maß darstellen[3] (Baerns 1985:23).
Konträr zur Auskunftspflicht staatlicher Behörden ist für private Organisationsformen festzustellen, dass diese keinen vergleichbaren gesetzlichen Regelungen zur Auskunftspflicht unterliegen. Private Unternehmen unterliegen den, vergleichsweise deutlich geringeren, Offenlegungspflichten, wie sie im Handels- und Gesellschaftsrecht festgelegt sind. Das Ausmaß der gesetzlichen Offenlegungspflicht ist prinzipiell von der Rechtsform und der Größe der jeweiligen privaten Unternehmung abhängig. Dies bedeutet, dass die gesetzlich vorgeschriebenen Informationen häufig die einzige Informationsquelle journalistischer Recherche darstellen. Erschwerend komme hinzu, dass private Unternehmen größtenteils eine ausgeprägte Publizitätsscheu aufweisen (Baerns 1985:27).
Aufgrund der gesetzlichen Regelungen sind Informationen staatlicher Behörden leichter zugänglich, weshalb diese für journalistische Recherchen deutlich offener sind als private Unternehmen. Als Untersuchungsgegenstand wählte Baerns‘ daher den öffentlichen politischen Raum (Baerns 19895:34).
Inhaltliche Vorgaben auf journalistische Eigenleistungen lassen sich im demokratisch konstituierten Deutschland quasi nicht, weder aus dem Grundgesetz noch aus sonstigen Gesetzen, ableiten. Um ihrer gesetzlich definierten Funktion der Meinungsbildung und -vielfalt nachkommen zu können, soll das Mediensystem weitestgehend frei von staatlichem Einfluss sein. Konstituierendes Element zur Sicherung dieser Funktion stellt somit der freie intra- und intermediäre Wettbewerb dar, wodurch die „[…] institutionelle […] Sicherung pluralistischer Demokratien […]“ (Baerns 1985:35) gewährleistet werden soll.
Baerns stellt fest, dass „[d]as massenmediale Informationssystem der Bundesrepublik […] als ein ausbalanciertes, sich selbst steuerndes und kontrollierendes Wirkungsgefüge gedacht und organisiert [ist], das gerade durch die unterschiedliche Konstellation seiner Elemente auf ein Gesamtbild, einen Gesamtwert, eine Gesamtleistung zielt, die die einzelnen Medieneinheiten nicht zu realisieren vermögen.“ (Baerns 1985:35)
Die Annahme, dass Medienvielfalt auch Informationsvielfalt bedeute lässt sich als logisch korrekt feststellen. Gleiches gelte ebenso invers. Folgerichtig gefährdet eine zunehmende Konzentration der Medien die Medien- und Informationsvielfalt. Staatlicher Monopolbildung wird in Deutschland, wie unter anderem oben dargelegt wurde, relativ wirkungsvoll entgegengewirkt. Was bleibt ist das Problem der Medienkonzentration durch Unternehmensfusionen. Um dieser Problematik entgegenzuwirken wurde 1976 die Pressefusionskontrolle eingeführt (Baerns 1985:36f).
Um eine im Interesse der aufgestellten These sinnvolle Methode zu wählen, betrachtet Baerns zunächst die Untersuchungen bzw. die Methoden, die in diesem Forschungsgebiet normalerweise verwendeten werden (Baerns 1985:38). Journalistenbefragungen werden aufgrund der „ […] Tatsache, daß die Abhängigkeit vom Untersuchungsobjekt […] die Aussagekraft der Ergebnisse beeinträchtigt […]“ (Baerns 1985:39) ausgeschlossen. Inhaltsanalysen werden von ihr ausgeschlossen, da sich diese nur auf die Klassifizierung der Inhalte beziehen und somit keine sicheren Aussagen im Hinblick auf die Fragestellung ermöglichen (Baerns 1985:40).
Baerns wendet die Prozessanalyse, ähnlich der von Nissen/Menningen angewendeten, an. Die so produzierten Ergebnisse von Nissen/Menningen werden von ihr jedoch kritisch beurteilt. Da nur die Abdruckquoten gemessen werden, seien keine Schlussfolgerungen zu journalistischen Eigenleistungen möglich auch da die Struktur des Mediensystems nicht berücksichtigt werde. Um den, dem Rezipienten normalerweise verborgenen, Entstehungsprozess von Medieninhalten analysieren zu können wird die Rezipienten Perspektive ausgeschlossen (Baerns 1985:41). Hieran wird auch die Bedeutung des für journalistische Eigenrecherchen freien Quellenzugangs, wie im vorhergehenden Abschnitt erläutert, deutlich, da die Quellen in gleicher Weise der Untersuchung zur Verfügung stehen.
Die Prozessanalyse ist in fünf Phasen modelliert:
„Phase 1: Tägliche Ermittlung der »Quellen«[.] Tägliche Kumulation der Agenturmeldungen, der Hauptausgaben Publizistischer Einheiten […], Mitschnitt der […] täglich relevanten Hörfunk- und Fernsehsendungen.
Phase 2: Strukturierung [und Kodierung] der »Quellen« mittels Kennziffern und sachlich-chronologische Zusammenfassung der Originaltexte […] in Quellenbänden. […]
Phase 3: Konfrontation der identifizierten landespolitischen Medienbeiträge mit den vorstrukturierten Quellen. Befragung des Materials und Klassifikation der erhobenen Daten nach den erkenntnisleitenden Gesichtspunkten [...].
Phase 4: Nachrecherche und Korrektur der Erhebungsbögen.
Phase 5: EDV-Bearbeitung und -Auswertung der erhobenen Daten […].“ (Baerns 1985:173f)
Die Wahl des Informationssystems fiel auf das der nordrhein-westfälischen Landespolitik. Dieses sei eine natürliche Einheit welche, zum einen, umfassend genug und, zum anderen, übersichtlich genug sei im Hinblick auf die Überprüfung der These. In der Analyse werden ausschließlich tägliche Medieninhalte sämtlicher relevanter Nachrichtenagenturen sowie der Nachrichtenmedien Nordrhein-Westfahlens einbezogen. Bzgl. der Tageszeitungen werden nur die Zeitungsmäntel untersucht und lokale Berichterstattung ausgeschlossen. Als journalistische Eigenleistung wird die Abwesenheit anderer, vor allem standardisierter, Quellentypen in den analysierten Medieninhalten definiert, welche mittels Vergleich von Textpaaren analysiert wird. Aussagen auf der Mikroebene sollen mittels Datenaggregation auch Aussagen auf Makroeben ermöglichen (Baerns 1985:43f).
Der Untersuchungszeitraum umfasst zweimal vier Wochen, genauer April und Oktober des Jahres 1978. Das Jahr der Untersuchung wurde bewusst gewählt, da dieses mitten in der fünfjährigen Legislaturperiode Nordrhein-Westfahlens liegt. Somit sei eine relativ geringe Datenverzerrung zu erwarten, welche durch „[…] publizistische[] Ausnahmesituationen die Landtagswahlkämpfe schaffen […]“ (Baerns 1985:46) entstehen kann.
„Die empirisch-analytischen Befunde werden entlang der Vermittlungskette […] dargestellt“ (Baerns 1985:46). Den Anfang der Vermittlungskette stellen im Mediensystem die Nachrichtenagenturen dar. Diesbezügliche Befunde werden daher als erstes dargestellt gefolgt von den Befunden zu den Tageszeitungen und dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Abschließend werden von Baerns die Befunde mittels Datenaggregation auf die Makroebene, also das Mediensystem Nordrhein-Westfalens, übertragen und dargelegt.
Bereits auf der Ebene der Nachrichtenagenturen[4] zeichnet sich ein eindeutiges Bild ab. Bei durchschnittlich 59%[5] aller Meldungen ließen sich die Quellen auf Öffentlichkeitsarbeit zurückführen. Zu 42%[6] waren dies Pressemitteilungen und zu 17%[7] Pressekonferenzen. Nur durchschnittlich 8%[8] der Agenturmeldungen ließen sich auf journalistische Recherche zurückführen[9] (Baerns 1985:56).
Nach Einbezug sämtlicher Quellen verringerte sich der durchschnittliche Anteil standardisierter Quellen lediglich auf 55%[10]. Bei Einbezug sämtlicher Quellen konnte für drei der vier untersuchten Nachrichtenagenturen eine Vervielfältigung der Anteile journalistischer Eigenleistung um den Faktor drei festgestellt werden. Dies ließe sich laut Baerns dadurch erklären, „[…] daß sich die Initiative der Agenturjournalisten auf das Einholen von Statements zu Statements oder von Stellungnahmen zu Ereignissen durch Nachrecherche konzentrierte.“ (Baerns 1985:57) Journalistische Eigenleistung war bei über 80% der Quellen nur in Form inhaltlicher Kürzungen und Umformulierungen festzustellen. Nach dem Begründungszusammenhang sei in, teilweise weit über, 50% der Fälle nicht gefragt worden (Baerns 1985:57).
Mittels Umfangsanalyse wurde außerdem betrachtet wieviel Raum den verschiedenen Quellen in den Meldungen der Nachrichtenagenturen gegeben wurde. Dies ergab eine nur geringfügige Verschiebung zu Gunsten der Pressekonferenzen. Insgesamt zeigte sich also eine starke Dependenz der Agenturmeldungen von Quellen aus der Öffentlichkeitsarbeit. Diese war zu rund 50% für die Sekundärmedien kenntlich gemacht. Auf Öffentlichkeitsarbeit beruhende Meldungen konnten sich schneller Weitervermittlung erfreuen: noch am selben Tage wurden im April durchschnittlich 70% und im Oktober durchschnittlich 74% der standardisierten Quellen durch Nachrichtenagenturen weitervermittelt (Baerns 1985:58).
Den Ergebnissen entsprechend fällt Baerns‘ Urteil aus: „[…] was offen zutage liegt, wird aufgelesen. Journalistische Informationssuche kommt vergleichsweise selten vor.“ (Baerns 1985:58).
Die Ergebnisse der untersuchten Tageszeitungen weisen ein hohes Übernahmeniveau[11] standardisierter Quellen auf. Dies zeigte sich auch relativ unabhängig von der Auflagenhöhe (Baerns 1985:66).
Im April ließen sich durchschnittlich 66%[12], im Oktober durchschnittlich 63%[13] der untersuchten publizistischen Einheiten auf standardisierte Quellen zurückführen. Auf journalistische Eigenleistungen ließen sich im April durchschnittlich nur 13%[14], im Oktober durchschnittlich nur 10%[15] zurückführen. Anzumerken ist, dass bei drei Tageszeitungen keinerlei oder nur äußerst geringe journalistische Eigenleistung festgestellt werden konnte. Demgegenüber stehen zwei Tageszeitungen mit einem Maximum von 24% und 46% festgestellter journalistischer Eigenleistung (Baerns 1985:67).
Betrachtet man den Faktor Auflagenhöhe als klassierte Daten ist ein signifikant überproportional hoher Anteil auf journalistische Eigenleistung zurückzuführen. Sechs regionale Abonnementzeitungen mit einer Auflage zwischen 100 000 und 200 000 waren dann für 45% aller verbreiteten journalistischen Eigenleistungen verantwortlich (Baerns 1985:67f).
Als weiterer Faktor wurde die Anzahl der von den Tageszeitungen abonnierten Nachrichtenagenturen betrachtet. Vermutet wurde ein Zusammenhang derart, dass je mehr Nachrichtenagenturen von einer Tageszeitung abonniert wurden, die Anzahl der verwendeten standardisierten Quellen umso geringer sei. Dies gelte ebenso invers. Lässt man die zwei Tageszeitungen[16] welche die Dienste lediglich einer Nachrichtenagentur abonniert haben unberücksichtigt, kann die Annahme als bestätigt gelten. Des Weiteren ließ sich ein leicht positiver Effekt auf den Anteil journalistischer Eigenleistung durch die Anwesenheit eines Korrespondenten in der Landeshauptstadt belegen (Baerns 1985:68f).
Die Analyse der Quellenkennzeichnung zeigte, dass die Tageszeitungen 53% der Agenturmeldungen, welche auf standardisierten Quellen beruhten, gekennzeichnet wurden. Es habe sich jedoch gezeigt, dass die untersuchten Tageszeitungen ein äußerst ambivalentes Verhältnis bzgl. der Quellenkennzeichnung aufweisen (Baerns 1985:73).
Trotz rechtlicher Regelungen, besserer finanzieller als auch personeller Ausstattung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks weist auch dieser ein ähnliches Muster wie die zuvor analysierten Primär- und Sekundärmedien auf. Sowohl in den untersuchten Fernseh- als auch in den Hörfunksendungen ergeben die Daten einen konstant hohen Anteil standardisierter Quellen.
Die untersuchten Fernsehbeiträge basierten zu durchschnittlich 63%[17] im gesamten Erhebungszeitraum auf standardisierten Quellen. Lediglich durchschnittlich 11%[18] waren auf journalistische Eigenrecherche zurückzuführen. Auch unter Einbeziehung sämtlicher Quellen erhöhte sich der relative Anteil journalistischer Eigenleistungen lediglich um zwei Prozentpunkte auf durchschnittlich 13%[19]. Der auf standardisierten Quellen beruhende relative Anteil blieb unverändert, lediglich in der Spannweite[20] war eine marginale Veränderungen festzustellen (Baerns 1985:81).
Bei der Analyse des Umfangs der untersuchten Berichte verringerten sich die Werte zwar, dennoch wies ein konstant hoher durchschnittlicher Anteil standardisierte Quellen auf: 40%[21] des Umfangs der analysierten Beiträge waren auf standardisierte Quellen zurückzuführen. Demgegenüber basierten lediglich 17%[22] auf journalistischer Eigenrecherche. Fernsehberichterstattung wies in der gesamten Untersuchung den niedrigsten Wert bzgl. der Quellentransparenz auf. So seien Zuschauer nur in rund einem Sechstel der Beiträge auf die Quelle Öffentlichkeitsarbeit hingewiesen worden (Baerns 1985:82).
In den analysierten Hörfunksendungen zeigten sich ähnlich hohe bzw. niedrige Werte: durchschnittlich 61%[23] der untersuchten Beiträge im gesamten Erhebungszeitraum basierten auf standardisierten Quellen. Konträr dazu basierten lediglich 12%[24] der Beiträge auf journalistischer Eigenleistung. Unter Betrachtung der Gesamtzahl der Quellen erhöhte sich der Anteil auf journalistischer Recherche beruhender Beiträge nur auf 17%. Der auf standardisierten Quellen beruhende Anteil blieb jedoch quasi unverändert. Die Umfangsanalyse ergab eine Reduzierung diesen Anteils auf rund 46%. In nur knapp einem Drittel der Beiträge wurden die Zuhörer auf die Quelle Öffentlichkeitsarbeit hingewiesen (Baerns 1985:85f).
Resümierend stellt Baerns fest: „In den Einzelleistungen der Medien, seien es Primär- oder Sekundärmedien, Druck- oder Funkmedien, öffentlich-rechtlich oder privatwirtschaftlich organisierte Einrichtungen, zeigten sich konstant hohe Anteile von Beiträgen, die auf Öffentlichkeitsarbeit basieren. Öffentlichkeitsarbeit dominierte nicht nur journalistische Recherche, sondern alle Quellentypen [..]“ (Baerns 1985:87)
Auf den gesamten Untersuchungszeitraum bezogen zeichnete sich folgendes Bild: Strukturell basierten 83% bis 87% der untersuchten Medienbeiträge auf nur einer Quelle. Die Umschlagszeit standardisierter Quellen betrug in 63% bis 76% der Fälle weniger als einen Tag bzw. 65% nach einem Tag bei den Tageszeitungen. Journalistische Eigenleistung im Hinblick auf die Nutzung standardisierter Quellen war in 83% bis 92% der Fälle lediglich auf Kürzungen ebendieser beschränkt. Quellenoffenlegung erfolgte nur in 17% bis 55% der Medienbeiträge (Baerns 1985:88ff).
Basierend auf der empirischen Analyse der Primär- und Sekundärmedien bezieht Baerns, mittels Datenaggregation die Ergebnisse nun auf das Mediensystem Nordrhein-Westfahlens. Es werden also Schlussfolgerungen von der Mikroebene auf die Makroebene gezogen.
Baerns befindet, dass bei randomisierter Beitragsauswahl im Untersuchungszeitraum mit einer Wahrscheinlichkeit von rund zwei Dritteln dies ein auf standardisierter Quelle basierender Beitrag gewesen wäre. Sie bezeichnet den Einfluss von Öffentlichkeitsarbeit auf das Mediensystem daher als homogen (Baerns 1985:91f).
Das Mediensystem habe also vor allem drei Funktionen hinsichtlich der Verarbeitung standardisierter Quellen erfüllt: Selektion, Vervielfältigung und Zirkulation. Mittels Selektion sei das Angebot der standardisierten Quellen verringert worden. Mittels Vervielfältigung und Zirkulation wurde das Angebot jedoch vergrößert. Dies habe letztlich zu einer gewissen inhaltlichen Uniformität der Medienberichterstattung im gesamten Mediensystem Nordrhein-Westfahlens geführt (Baerns 1985:93ff).
Dementsprechend fällt das resümierende Urteil aus: „[…] je mehr Beiträge zur Landespolitik irgendein Medium verbreitete, um so mehr Pressemitteilungen und Pressekonferenzen und je weniger Beiträge irgendein Medium brachte, um so weniger Pressemitteilungen und Pressekonferenzen wurden veröffentlicht. Dieser regelmäßige Zusammenhang wurde in beiden Untersuchungszeiträumen, für alle Medien, für alle Medientypen und für das gesamte Mediensystem beobachtet.“ (Baerns 1985:91)
Den Ergebnissen entsprechend schlecht fällt Baerns Urteil aus: Öffentlichkeitsarbeit kontrolliere die Medienberichterstattung bzgl. Platzierung, Initiierung und Forcierung von Medieninhalten und konstruiere daher deutlich stärker die Medienrealität als es Journalisten tun. Durch Pressemitteilungen und –konferenzen werde Medienberichterstattung unmittelbar ausgelöst weshalb Öffentlichkeitsarbeit das Timing ebenfalls unter Kontrolle habe (Baerns 1985:98f).
Informationsdiversifikation finde daher nur mittels Selektion divergierender Interpretationen und Bewertungen sowie durch medienspezifisch verschiedene Umsetzung statt. Informationsdiversifikation finde also nicht durch journalistische Recherche statt. Interdependente Verhältnisse seien starr, weshalb die Ergebnisse kaum für Dynamik oder sozialen Fortschritt, welchen Journalismus für sich postuliere, sprechen (Baerns 1985:98). Die Untersuchung habe zwar nur den öffentlichen politischen Raum analysiert, jedoch habe sich in vergleichbaren Untersuchungen bzgl. privater Unternehmungen ein ähnliches Bild ergeben (Baerns 1985:99).
Insgesamt sieht sie ihre These Öffentlichkeitsarbeit determiniere Medieninhalte als bestätigt „ […] da Öffentlichkeitsarbeit [fähig] sei […], journalistische Recherchekraft zu lähmen und publizistischen Leistungswillen zuzuschütten.“ (Baerns 1985:99)
Aufgrund Baerns‘ drastischer Schlussfolgerungen über die Beziehung zwischen Öffentlichkeitsarbeit und Journalismus mag es kaum überraschen, dass es zu einer regen und kontrovers geführten wissenschaftlichen Diskussion kam, die hauptsächlich im deutschsprachigen Raum geführt wurde. Letztlich stellte Bearns damit das Selbst- und Fremdverständnis des Journalismus als vierte Gewalt im Staat als auch die bis dahin dominierende Konzeption in den Kommunikationswissenschaften radikal in Frage. Die Kritik bezog sich dabei im Groben vor allem auf zwei Aspekte. Erstens auf die der Untersuchung zu Grunde liegenden theoretischen Annahmen und zweitens auf die empirisch methodische Konzipierung (Fröhlich 2015:310). Verschiedene theoretische Gegenentwürfe und empirische Studien wurden entworfen bzw. durchgeführt, welche im Folgenden zusammenfassend dargestellt werden.
Aus normativer Sicht sei schon der Begriff Determination zu kritisieren, da dieser eine negative Konnotation habe, was der legitimen Funktion von Öffentlichkeitsarbeit als Kommunikationsleistung nicht gerecht werde. Als Hauptkritikpunkt gilt aber vor allem die postulierte monokausale Relation zwischen Quellen und Medieninhalten. Aus system- und handlungstheoretischer Perspektive müsse von einer wechselseitigen Relation der beiden Informationssysteme ausgegangen werden. Aus dieser Perspektive sprechen sich verschiedene Autoren unter anderem dafür aus, von einem Verständnis interdependenter und interpenetrierender Systemrelationen, von struktureller Kopplung oder auch von privilegierten Verhältnissen auszugehen (Fröhlich 2015:310f).
Die Transformation der Resultate von der Mikro- auf die Makroebene kritisierte unter anderem Merten. Es ließen sich mit Baerns‘ Analyse nur Aussagen dazu treffen, wie Öffentlichkeitsarbeit und Journalismus auf der Mikroebene interagieren (Merten 2004:24). Die der Untersuchung zu Grunde liegende ceteris paribus Annahme ließe eine Vielzahl an intervenierenden Variablen außer Acht. Diese wurden in diversen Studien isoliert oder im Verbund analysiert. Einige wenige sollen hier hervorgehoben werden: Der Status der Quelle, der Kommunikationsanlass (Krise gegenüber Routine), spezifische Nachrichtenfaktoren und/oder die journalistische Bedeutungszuschreibung (Fröhlich et al 2015:312).
Beispielsweise ging Saffarina’s Untersuchung ging quasi von der inversen Annahme aus, also davon, dass Journalismus nicht von Öffentlichkeitsarbeit determiniert werde. Er postulierte, übereinstimmend mit der klassischen kommunikationswissenschaftlichen Rezeption, einen relativ autonom agierenden Journalismus. In seiner Untersuchung[25] konnte er diese Annahme bestätigen. Darin stellte er fest, dass bzgl. der Thematisierung und Transformation der untersuchten Medieninhalte weniger als die Hälfte auf standardisierten Quellen basierte. Rund der zweifache Anteil der untersuchten täglichen Medieninhalte basiere nicht auf standardisiertem Material, gegenüber nur rund einem Drittel auf ebendiesem beruhenden. Allerdings stellte auch er fest, dass standardisierte Quellen, so sie denn verwendet wurden, kaum kritisiert wurden (Saffarina 1993:414ff).
Bemängelt wurde von Saffarina vor allem die Tatsache, dass die meisten Untersuchungen zum Beziehungsgefüge von Öffentlichkeitsarbeit und Journalismus standardisierte Quellen mit einem gesellschaftlich zugemessenen, relativ hohen Status untersuchten. Von daher sei es nur wenig überraschend, dass beispielsweise große inter- und intranationale Unternehmen bzw. Organisationen eine hohe Aufmerksamkeit der Medien genießen (Saffarina 1993:420f).
Das Intereffikationsmodell von Bentele et al wurde als direkter Gegenentwurf zu Baerns‘ Determinationsthese entworfen. Der Fokus liegt hierbei auf einer reziprok interdependenten Betrachtung des Beziehungsgefüges von Öffentlichkeitsarbeit und Journalismus. Dieses Modell bezieht sachliche, zeitliche und soziale Faktoren in ihrer Gesamtheit als das Informationssystem beeinflussende mit ein. Determination entspreche in diesem Modell „[…] die Induktionsleistung der Öffentlichkeitsarbeit hinsichtlich des Journalismus.“ (Fröhlich et al 2015:311).
Die Studie von Bentele et al untersuchte unter anderem auch den Status der Quelle sowie die Situation, welche den Kommunikationsanlass bedingte. Auch hierin wurde festgestellt, dass ein hoher Status bzw. eine prominente Person zu einer höheren Wahrscheinlichkeit der Verwendung entsprechender standardisierter Quellen führte. Zusätzlich begünstigte eine krisenhafte Situation des Unternehmens bzw. der Person die Übernahme standardisierter Quellen in die Berichterstattung (Bentele et al 2004:112ff).
Eine relativ umfangreiche Untersuchung führte Grossenbacher für die Schweiz durch. Er verband dabei quantitative und qualitative Forschungsmethoden. Quantitativ wurde die Medienresonanz von 18 Schweizer Tageszeitungen auf 53 Pressekonferenzen untersucht. Auf qualitativer Ebene erfolgten 12 Befragungen von Journalisten (Grossenbacher 1989:30ff).
Die gewichtigsten Resultate dieser Studie sind Folgende: Es ließen sich je nach Tageszeitung unterschiedliche journalistische Bedeutungszuschreibungen in der Weise feststellen, dass die verschiedenartigen Pressekonferenzen je nach Zeitungstyp von verschiedener Bedeutung für die Zeitung sind (Grossenbacher 1989:31ff). Tageszeitungen müssen aktuell berichten, was eine möglichst schnelle Verwertung standardisierter Quellen durch die Tageszeitungen bedinge[26]. Außerdem zeigte sich ein deutlich höheres Medieninteresse bzgl. der bedeutendsten Schweizer Städte Basel, Bern und Zürich gegenüber kantonaler Ereignisse (Grossenbacher 1989:59ff).
Fünf Bedingungen, unter denen Öffentlichkeitsarbeit erfolgreich Einfluss auf die Medieninhalte ausüben könne, ließen sich herausstellen: Erstens, es bestehe eine Korrelation der Art, dass je mehr Journalisten an einer Pressekonferenz teilnahmen die „[…] Zeilenleistung je Pressekonferenz […]“ (Grossenbacher 1989:66) umso höher lag. Es kam also zu umfangreicheren, nicht jedoch zwangsweise zu mehr Artikeln. Zweitens, es begünstigte eine im journalistischen Sinne professionelle Gestaltung der Pressemitteilung die Übernahme standardisierter Quellen in die Medienberichterstattung (Grossenbacher 1989:67). Drittens, es wirke sich der Tageszeitpunkt, zu dem eine Pressekonferenz stattfindet, auf den Umfang der Berichterstattung aus[27]. Viertens, es konnte festgestellt werden, dass sich Unternehmen mit höherem Umsatz größeren Medieninteresses erfreuen[28](Grossenbacher 1989:70ff)). Fünftens, es begünstige eine hohe Auflage „[…] auch umfangreichere Berichterstattung über Pressekonferenzen.“ (Grossenbacher 1989:73)
Zusammenfassend lässt sich also sagen, dass die verschiedenen Studien durchaus eine Abhängigkeit zwischen Öffentlichkeitsarbeit und Journalismus aufzeigten. Diese ist jedoch, im Gegensatz zu Baerns‘ Schlussfolgerung je nach Situation und medienspezifischer Gegebenheiten sehr unterschiedlich ausgestaltet. Im Vergleich der Studien zeigte sich eine starke Streuung bzgl. verwendeter standardisierter Quellen. Verschiedene Faktoren spielen eine wichtige Rolle, wie unter anderem die mitunter sehr unterschiedlichen Kommunikationssituationen und -anlässe, als auch medienspezifisch divergierende Aspekte.
Bei der Lektüre von Baerns Studie fiel mir unter anderem folgender Widerspruch auf, welcher hier als ein Beispiel zu Gunsten der Kritik an ihrer These stehen soll.
Als einen Faktor betrachtete Baerns die Anzahl der von einer Tageszeitung abonnierten Nachrichtenagenturen. Der von Baerns postulierte Zusammenhang ging davon aus, dass je mehr Nachrichtenagenturen abonniert wurden umso größer das Ausmaß journalistischer Eigenleistung sei. Genau dies zeigten die Daten auch, wie sie selber feststellt. Jedoch wird von ihr darauf nicht näher eingegangen. Dies verwundert umso mehr, als sich diese Annahme von ihr nur dadurch aufrechterhalten ließ, dass diejenigen beiden Tageszeitungen ausgeschlossen wurden, welche jeweils nur eine einzige Nachrichtenagentur abonniert hatten. Interessanterweise wiesen grade jene ausgeschlossenen Tageszeitungen den höchsten relativen Anteil journalistischer Eigenleistung auf, nämlich 24% gegenüber dem zweithöchsten mit 17 % (Baerns 1985:68).
Hieran wird deutlich, dass es noch andere gewichtige intervenierende Variablen, geben muss, die abseits des Quellenursprungs liegen. Bearns‘ Schlussfolgerung aus den erhobenen Daten, dass es einen deutlich überwiegenden einseitigen Einfluss von Öffentlichkeitsarbeit auf Journalismus gebe, kann somit nur bedingt zugestimmt werden.
Wie dargelegt wurde, zeigten zwar auch diverse theoretisch und methodisch verschieden angelegte Studien, dass Öffentlichkeitsarbeit tatsächlich einen Einfluss auf das journalistische Geschehen hat. Vor allem multivariate Analysen, wie es die von Bentele oder Grossenbacher sind, zeigten jedoch, dass die „Macht“ von Öffentlichkeitsarbeit äußerst ambivalent ist. Von Determination im engeren Sinne lässt sich jedenfalls nicht sprechen, höchstens von einem Machtungleichgewicht zu Gunsten der Öffentlichkeitsarbeit.
Allerdings bezeichnete Baerns ihre These denn auch selbst nicht als Determinationsthese. Sie wies, wenn auch nur relativ knapp, auf verschiedene theoretische und methodische Einschränkungen ihrer Studie in ebendieser hin. Beispielsweise erkannte sie auch an, dass sich Öffentlichkeitsarbeit den Gegebenheiten des Journalismus anpassen müsse.
Der Arbeit von Bearns ist die Tatsache zu Gute zu halten, dass ihre Studie, wie letztlich nahezu jede wissenschaftliche Untersuchung, von der ceteris paribus Annahme ausgehen muss, um überhaupt einen untersuchbaren Rahmen zu haben. Letztlich kann der Wert ihrer Untersuchung vor allem darin gesehen werden, dass diese zu einer intensiveren Auseinandersetzung der Beziehung von Öffentlichkeitsarbeit und Journalismus und damit zu einem Erkenntnisgewinn und tieferem Verständnis der Beziehung dieser beiden Bereiche geführt hat.
Baerns, Barbara (1991): Öffentlichkeitsarbeit oder Journalismus? Zum Einfluß im Mediensystem. Univ., Habilitations Schrift Bochum, 1981. 2. Auflage Köln: Verlag Wissenschaft und Politik
Bentele, Günter (1995): Public Relations und Öffentlichkeit – ein Diskussionsbeitrag – oder: Über einige Fehlinterpretationen von PR. Zu Joachim Westerbarkeys Aufsatz Journalismus und Öffentlichkeit, in: Publizistik, 40/4, S. 481-486
Bernays, Edward; Schnur, Patrick (2014): Propaganda. Die Kunst der Public Relations. Deutsche. Erstausgabe, 5. Auflage Freiburg im Breisgau: Orange Press
Fröhlich, Romy; Szyszka, Peter; Bentele, Günter (2015): Handbuch der Public Relations. Wiesbaden: Springer Fachmedien Wiesbaden
Grossenbacher, René (1986): Hat die „Vierte Gewalt“ ausgedient? Zur Beziehung zwischen Public Relations und Medien, in: Media Perspektiven 11/1986, S. 725-731
Merten, Klaus (2004): Mikro, Mikro-Makro oder Makro? Zum Verhältnis von Journalismus und PR aus systemischer Perspektive, in: Altmeppen, Klaus-Dieter/Röttger, Ulrike/Bentele, Günter (Hrsg.): Schwierige Verhältnisse: Interdependenzen zwischen Journalismus und PR, VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden, S. 17-36
Saffarnia, Pierre A. (1993): Determiniert PR tatsächlich den Journalismus? Empirische Belege und theoretische Überlegungen gegen die PR-Determinationsannahme, in: Publizistik, 38/3, S. 412-425
[…]
[1] Also der verschiedenen Medienarten sowie interpersonellem Kontakt.
[2] Hierzu in Abschnitt 2.3 mehr
[3] Eine nähere Betrachtung der Landespressegesetze muss aus pragmatischen Gründen entfallen.
[4] Untersucht wurden lnw, dpa, ddp und ap
[5] Spannweite 45% bis 63%
[6] Spannweite 26% bis 47%
[7] Spannweite 16% bis 20%
[8] Spannweite 5% bis 18%
[9] Insgesamt wurden 826 Primärquellen untersucht.
[10] Spannweite 42% bis 57%
[11] Insgesamt wurden im April 828, im Oktober 940 publizistische Erzeugnisse untersucht
[12] Spannweite 33% bis 83%
[13] Spannweite 41% bis 81%
[14] Spannweite 6% bis 46%
[15] Spannweite 3% bis 29%
[16] Diese weisen einen relativen Anteil journalistischer Eigenleistung von 24 % auf
[17] Spannweite 48% bis 67%
[18] Spannweite 10% - 11%
[19] Spannweite 12% bis 19%
[20] Spannweite 49% bis 67%
[21] Spannweite 35% bis 52%
[22] Spannweite 10% bis 19%
[23] Spannweite 44% bis 71%
[24] Spannweite 6% bis 31%
[25] Welcher allerdings nur ein einzige österreichische Tageszeitung und ein zwei wöchiger Untersuchungszeitraum zu Grunde lag.
[26] Rund 94% aller Beiträge erschienen spätestens am dritten Tag nach der Pressekonferenz
[27] Pressekonferenzen welche vormittags stattfanden resultierten in etwas umfangreichere Artikel der untersuchten Tageszeitungen
[28] Der Status der Quelle ist hier also der erklärende Faktor, ähnlich wie bei Saffarina