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Hausarbeit, 2015
24 Seiten, Note: 1,7
Kurzzusammenfassung
Abbildungsverzeichnis
1. Einleitung
2. Begriffsklärungen
2.1 „Assessment Center“
2.2 „Beobachterkonferenz“
3. Erkenntnisse über die Güte von Gruppenentscheidungen
4. Erklärung zweier Gruppeneffekte
4.1 „Gruppendenken“
4.2 „Hidden-Profile“
5. Beispiel für das Zustandekommen von Fehlentscheidungen in der Beobachterkonferenz des Assessment-Centers
5.1 Ausgangssituation
5.2 Fehlentscheidungen aufgrund von Gruppendenken
5.3 Fehlentscheidungen aufgrund von Hidden-Profile Situationen
5.4 Fehlentscheidungen in der Beobachterkonferenz
6. Handlungsempfehlung zur Vermeidung der Gruppeneffekte
6.1 Beobachtertrainings
6.2 Bewusst zusammengestellte Beobachterkonferenzen
6.3 Externe Moderatoren
6.4 Sinnvolle Ablaufstrukturen des Assessment-Centers
7. Stellungnahme und Einschätzung der Praktikabilität der Empfehlungen
8. Literaturverzeichnis
Abb. 4.1 Darstellung des Modells zum Gruppendenken
Zentrales Thema dieser Hausarbeit ist es, Fehlurteile, die aufgrund von in Gruppen getroffenen Entscheidungen in Beobachterkonferenzen entstehen, aufzuzeigen, zu erklären und Möglichkeiten der Vermeidung der Fehlurteile darzustellen. In dieser Arbeit werden der psychologische Effekt des „Gruppendenken“ sowie „Hidden-Profile“ Entscheidungssituationen vorgestellt und in einem Praxisbeispiel veranschaulicht. Ziel der anschließenden Analyse der Praxisbeispiele ist es, eine Handlungsempfehlung herauszuarbeiten. Somit kann sich zeigen, welche Voraussetzungen erfüllt sein müssen, um negative Effekte auf die Qualität von Gruppenentscheidungen und Fehlurteile zu vermeiden. Nach einer persönlichen Stellungnahme erfolgt im Anschluss eine Einschätzung der Praktikabilität der vorgeschlagenen Empfehlungen.
In Deutschland werden pro Jahr laut der Föderation Deutscher Psychologenvereinigungen GbR (2015) 30 bis 50 Millionen Personalentscheidungen getroffen. Entscheidungen, die spürbaren Einfluss, im Positiven wie im Negativen, auf die wirtschaftliche Situation von Unternehmen haben können. Im Falle von Fehlentscheidungen, insbesondere bei der Besetzung von Führungspositionen, kann es neben der Verunsicherung von Mitarbeitern zu einer erheblichen finanziellen Belastung für das Unternehmen kommen, falls sich Unternehmen und Mitarbeiter vorzeitig trennen (Obermann, 2013, S.4). Neben der Vermeidung von Fehlentscheidungen gilt es im Prozess der Personalauswahl Bewerber auszuwählen, deren persönliche Eigenschaften, Fähigkeiten und Motivhaltungen möglichst gut zum Unternehmen und dem Anforderungsprofil der zu besetzenden Arbeitsstelle passen (Obermann, 2013). Dass in Bezug auf die Passung zwischen Mitarbeiter und Unternehmen noch Optimierungspotential besteht, zeigt die aktuelle Gallup-Studie: Diese berichtet 2014, dass aktuell nur jeder siebte Mitarbeiter in Deutschland wirklich begeistert von seinem Job ist.
Der Trend der letzten Dekade zeigt, dass in Deutschland immer häufiger ein Assessment Center bei der Personalauswahl zum Einsatz kommt. Schuler et al. ermittelten in ihrer Vergleichsstudie 2007, dass mittlerweile mehr als 50% der von ihnen befragten Unternehmen das Assessment Center als eignungsdiagnostisches Verfahren nutzen. Die Anwendung des Assessment Centers bietet besonders dann Vorteile bei der Personalauswahl, wenn überfachliche Fähigkeiten wie die Teamfähigkeit, strategisches Denken oder Verhalten in Krisensituationen der Bewerber eine wesentliche Rolle für den späteren Berufserfolg spielen (Obermann, 2013, S.5). Die Stärken der Personalauswahl mittels Assessment Center passen daher optimal zur zunehmenden Bedeutung überfachlicher Fähigkeiten (von der Hagen, A. & Voß, G., S. 777). Die in den Übungen des Assessment Centers von den Kandidaten erbrachten Leistungen werden von mehreren Beurteilern gleichzeitig beobachtet, dokumentiert und in einer anschließenden Beobachterkonferenz in der Gruppe diskutiert. Die Beobachterkonferenz stellt hierbei eine potentielle Fehlerquelle dar, die die Güte der abschließenden Entscheidungen reduzieren kann. Ziel dieser Hausarbeit ist das Aufzeigen möglicher Einflussfaktoren bei Gruppenentscheidungen, sowie konkrete Verfahrensempfehlungen zur Optimierung der Entscheidungsgüte der Beobachterkonferenz.
Schuler (2007, S.3) definiert das Assessment Center (englisch: assessment = Beurteilung), wie folgt: „Assessment Center ist der Name einer multiplen Verfahrenstechnik, zu der mehrere eignungsdiagnostische Instrumente oder leistungsrelevante Aufgaben zusammengestellt werden. Ihr Einsatzbereich ist die Einschätzung aktueller Kompetenzen oder die Prognose künftiger beruflicher Entwicklungen und Bewährungen“.
Ziel eines Assessment Centers ist demnach, mittels einer Arbeitsprobe fundierte Informationen über die Passung zwischen Kandidat und angestrebter Tätigkeit zu erhalten. Assessment-Center werden sowohl in der Personalauswahl als auch Personalentwicklung eingesetzt. Sie dienen sowohl der Auswahl von Führungskräften aus einem Kreis von externen Bewerbern, als auch der Auswahl von internen Bewerbern für höhere Managementaufgaben im Unternehmen und der Evaluierung von Führungskräften in Bezug auf ihren Personalentwicklungsbedarf (Hillebrecht und Peiniger, 2015, S.146). Laut Schuler (2007, S.5) sind weitere Anwendungsgebiete die Ausbildungsberatung, Teamentwicklung, Arbeitsplatzgestaltung und berufliche Rehabilitation. Dabei zeigt ein gut entwickeltes Assessment-Center das ganze Spektrum der Persönlichkeit der Teilnehmer auf. Kommunikative, soziale, sowie persönliche Kompetenzen werden ebenso wie fachliches Verständnis und die Übereinstimmung des Bewerbers mit der Unternehmenskultur, mittels konkreter inhaltsbezogener Aufgaben ermittelt. Die Beurteilung des breiten Spektrums an persönlichen Merkmalen und Fähigkeiten der Teilnehmer wird durch die Zusammenstellung der Aufgaben, die möglichst berufstypischen Situationen entsprechen und an dem im Vorfeld erstellten Aufgabenprofil orientiert sind, erreicht (Hillebrecht und Peiniger, 2015, S. 132). Obermann (2013, S.1f) stellt insbesondere die Beurteilung überfachlicher Fähigkeiten, wie die Kommunikationsfähigkeiten oder analytisches Denken, in den Vordergrund und weist darauf hin, dass das Assessment-Center häufig für Führungs- und Führungsnachwuchskräfte, sowie für Mitarbeiter eingesetzt wird, bei denen kommunikative und überfachliche Anforderungen besonders wichtig sind, wie etwa bei Vertriebsmitarbeitern. Obermann weist außerdem darauf hin, dass mit zunehmend höherer Position in der Führungshierarchie die Bedeutung überfachlicher Fähigkeiten zunimmt, wohingegen die Bedeutung von Fachwissen relativ betrachtet abnimmt.
Charakteristisch für ein Assessment-Center ist, dass die Beobachtung und Beurteilung der Kandidaten durch mehrere Personen („Assessoren“) durchgeführt wird (Schuler, 2007, S.3). Die Assessoren bilden dabei die sogenannte Beobachterkonferenz, in der die Einzelbeobachtungen und -bewertungen zusammengetragen, diskutiert und falls nötig auch korrigiert werden (Schuhmacher, 2014, S.64). Hintergrund der Beobachterkonferenz ist das Prinzip der Mehrfachbeobachtung, um eine Vielfalt unterschiedlicher Blickwinkel auf die Teilnehmer bei der Lösung der gestellten Aufgaben zu erhalten und um die Eindrücke im Anschluss auszutauschen und zu diskutieren (Obermann, 2015 S.3f). In Bezug auf die Zusammensetzung der Beobachterkonferenz empfehlen Hillebrecht und Peiniger (2015, S.132ff.) idealerweise eine Mischung aus Personalverantwortlichen und Fachvorgesetzen. Personalverantwortliche besitzen in dieser Konstellation die Kenntnis der Personalbeurteilung, wohingegen der Fokus der Fachvorgesetzten auf fachspezifischer- und zwischenmenschlicher Passung liegt. Das optimale Verhältnis zwischen Beobachtern und Kandidaten wird dabei als „eins zu eins“, mindestens jedoch als „zwei Beobachter zu drei Kandidaten“ beschrieben. Die Empfohlene Gruppengröße der Kandidaten ist dabei immer geradzahlig und wir mit sechs bis acht Teilnehmern angegeben. Schuler (2007, S.3) hingegen bezeichnet ein Beobachter zu Kandidaten Verhältnis von eins zu zwei, sowie Gruppengrößen von vier bis zwölf Personen als optimal. Die Beurteilergruppe setzt sich dabei vor allem aus Linienvorgesetzten, die typischerweise zwei Hierarchiebenen über der Zielebene der zu Beurteilenden stehen, sowie aus Psychologen und Mitarbeitern des Personalwesens zusammen.
Steigende Komplexität von Entscheidungsproblemen, wie sie bei der Personalauswahl in Assessment-Centern vorliegt, wird zur Lösung zunehmend Gruppen übertragen (Lindstädt, 1997, S.VI). Allerdings erreichen Gruppen oft nicht deren maximale Leistungsfähigkeit beim Treffen von Entscheidungen, da unterschiedlichste Gruppeneffekte negativen Einfluss auf die Entscheidung haben können (Kerr und Tindale, 2004, S.642). Zahlreiche historische Fehlentscheidungen konnten im Nachhinein auf negative psychologische Gruppeneffekte zurückgeführt werden. Dörner (2010, S.48) führt das Reaktorunglück von Tschernobyl, nach Betrachtung der unmittelbaren Umstände, zu einhundert Prozent auf negative psychologische Gruppeneffekte zurück. Der hier verantwortlich gemachte Effekt, der als „Groupthink“ (Janis, 1972; zitiert nach Dörner, 2010, S.55) bezeichnet wird, wird neben dem „Hidden-Profile“ Phänomen, welches ebenfalls ein negativer Effekt ist, der die optimale Entscheidungsgüte in Gruppenentscheidungen verhindert, in dieser Arbeit vertiefend dargestellt.
Einer der negativen psychologischen Gruppeneffekte, das Gruppendenken, resultiert aus dem Streben der Mitglieder einer kohäsiven Gruppe nach Einmütigkeit. Die Einmütigkeit wird dabei auf Kosten einer realistischen Bewertung alternativer Handlungsabläufe erreicht. (Hewstone; Martin, 2014, S.302). (Lehrbuch Sozialpsychologie)
Unterstrichen wird die Gefahr des Gruppendenkens durch die Aussage Obermanns (2013, S.195), dass der Effekt der Wahrnehmungsbeeinflussung durch Gruppendruck unabhängig von Intelligenz, sozialem Status und Bildung sei. Belegt wird diese Aussage von einem Zitat Barrack Obamas, der im Weißen Haus zweifellos von gebildeten Menschen mit hohem sozialem Status umgeben ist.
„Meine Lektüre der Geschichtsbücher lehrte mich eines:
Eine der Gefahren im Weißen Haus ist es, dass man dem
Gruppendenken verfällt, jeder allem zustimmt und es keine
Diskussionen und abweichenden Meinungen gibt.“
Barack Obama, Pressekonferenz am 1.12.2008 (Myers Psychologie, 2008, S.616)
Ein wichtiges ausschlaggebendes Kriterium für das Auftreten von Gruppendenken ist laut Janis (1982) eine hohe Gruppenkohäsion, die Gruppenmitglieder zugunsten der Übereinstimmung mit anderen Gruppenmitgliedern zu fehlerhaftem Entscheidungsverhalten führt. In neueren Forschungen von Postmes, Spears und Cihangir (2001) wird hingegen überwiegend die geteilte Norm der Gruppe für das Auftreten des negativen Effektes des Gruppendenkens verantwortlich gemacht.
Die folgende Schematische Darstellung (Nach Janis, 1982) zeigt modellhaft Ursachen und den Prozess der Entscheidung unter Einfluss des Phänomens „Gruppendenken“. Antezedente Bedingungen, wie zum Beispiel eine hohe Gruppenkohäsion, führen zur Neigung, innerhalb einer Gruppe voreilig zur Übereinkunft zu kommen. Das sich bildende Gruppendenken kann anschließend zu fehlerhaften Entscheidungen führen.
Abb. 4.1. Darstellung des Modells zum Gruppendenken. (Jonas et al. (Hrsg.), 2014, S.303 nach Janis, 1982)
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Ein weiterer negativer Effekt, der die Güte von Gruppenentscheidungen beeinflussen kann, wird als Entscheidung in „Hidden-Profile“ Situationen beschrieben. Eine „Hidden-Profile“ Situation zeichnet sich dadurch aus, dass die Mitglieder einer Entscheider-Gruppe in der Abstimmungssituation nicht auf dem gleichen Kenntnisstand bezüglich entscheidungsrelevanter Informationen sind, was die Findung der optimalen Entscheidung verhindert.
Stasser & Titus’ (1985) experimentelle Untersuchungen zum Informationsaustausch in Kleingruppen, bei der einzelne Gruppenmitglieder mit unterschiedlichen Informationen ausgestattet an einer Gruppenentscheidungssituation teilnahmen, zeigte, dass Gruppenmitglieder dazu tendieren, nicht alle Informationen gruppenintern zu teilen. Im Experiment wurden mehrere Vergleichssituationen bewertet. Entweder wurden alle Gruppenmitglieder im Vorfeld der Entscheidung mit allen relevanten Informationen ausgestattet, oder es wurde nur ein Teil der Gruppe im Vorfeld mit allen relevanten Informationen ausgestattet. Das Ergebnis zeigte, dass das Vorhandensein ungeteilter Informationen zu einer reduzierten Entscheidungsqualität führen kann.
Wie die Effekte „Gruppendenken“ und „Hidden-Profile“ in der Praxis auftreten können, wird im folgenden Beispiel erläutert.
Aufgrund der geplanten horizontalen Diversifikation in einem Großunternehmen für Konsumgüter besteht Personalbedarf für eine Stelle in der Marketingleitung. Die Person soll zukünftig, koordiniert vom langjährigen Chief Marketing Officer und in Absprache mit fünfzehn anderen Marketingleitern, das Marketing des zugeteilten Portfoliobereichs in der Region D-A-CH verantworten. Der Chief Marketing Officer hat den Personalbedarf bereits an zuständiger Stelle angezeigt und die Genehmigung zur Personaleinstellung erhalten. Entsprechend der Vorgaben des Vorstandes wird bei jeder Personaleinstellung das Personalmanagement involviert. Aufgrund der hohen Erwartungen, die der Vorstand in die neue Produktlinie setzt, entschließen sich die Verantwortlichen des Personalmanagements zu einem aufwendigen, zweitägigen Auswahl-Assessment-Center. Nach Selektion der acht vielversprechendsten Bewerber aus den eingegangenen Bewerbungsschreiben, werden diese zum zweitägigen Assessment-Center eingeladen.
[...]
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