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Masterarbeit, 2013
105 Seiten, Note: 1,3
Abkürzungsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
1 Einleitung
2 Die Struktur des deutschen Kraftstoffmarktes
2.1 Handelbare Güter
2.2 Marktteilnehmer
2.3 Marktzutritt
3 Analyse der deutschen Kraftstoffpreisschwankungen
3.1 Beschreibung des Datensatzes
3.2 Deskriptive Analyse der deutschen Kraftstoffpreisschwankungen
3.2.1 Rohölpreisentwicklung
3.2.2 Warum schwankt der Rohölpreis?
3.2.3 Wechselkursauswirkungen
3.2.4 Kraftstoffpreisbestandteile
3.2.5 Kraftstoffpreisentwicklung
3.3 Statistische Analyse der deutschen Kraftstoffpreise
3.3.1 Einfache lineare Regressionen
3.3.2 Zeitreihenanalyse
3.4 Empirische Literatur
4 Wettbewerb auf dem Kraftstoffmarkt
4.1 Kartellrechtlicher Verdacht eines marktbeherrschenden Oligopols
4.1.1 Mäßiger Außenwettbewerb
4.1.2 Markttransparenz
4.1.3 Sanktionen und homogenes Verhalten
4.2 Wettbewerbsschädliche Handlungen
4.2.1 Stille Preisabsprachen und systematische Preissetzung
4.2.2 Preiserhöhungsrunden
4.2.3 Verdrängungspreise
4.3 Kritische Bewertung
5 Kraftstoffpreisentwicklung zu Ostern
5.1 Beschreibung des Datensatzes
5.2 Deskriptive Analyse
5.2.1 Rohölpreisentwicklung zu Ostern
5.2.2 Großhandelspreisentwicklung zu Ostern
5.2.3 Wechselkursentwicklung zu Ostern
5.2.4 Absatzentwicklung zu Ostern
5.2.5 Kraftstoffpreisentwicklung zu Ostern
5.3 Statistische Analyse des Osterferienzeitraums von 2007 - 2010
5.3.1 Durchführung des Modells Osterferien
5.3.2 Ergebnisse des Modells Osterferien
5.4 Empirische Literatur
6 Regulierungen auf den Kraftstoffmärkten
6.1 Regulierungsmaßnahmen
6.1.1 Regulierungen in Luxemburg und Kanada
6.1.2 Regulierung in Österreich
6.1.3 Regulierung in Australien
6.1.4 Schlussfolgerungen
6.2 Markttransparenzstelle
7 Fazit und Ausblick
Literaturverzeichnis
Anhang
Hilfsmittel
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: Rohölpreisentwicklung in $ und €
Abbildung 2: Euro-Dollarwechselkursentwicklung
Abbildung 3: Kraftstoffpreiszusammensetzung
Abbildung 4: Kraftstoffpreisentwicklung
Abbildung 5: Punktwolken für Super und Diesel
Abbildung 6: Impulse-Response-Funktion für Super und Rohöl
Abbildung 7: Rohölpreisentwicklung zu Ostern 2007-2010
Abbildung 8: O.M.R.-Notierungen zu Ostern 2007-2010
Abbildung 9: Euro-Dollarwechselkurs zu Ostern 2007-2010
Abbildung 10: Absatzentwicklung zu Ostern 2007-2010
Abbildung 11: Superpreisentwicklung zu Ostern 2007-2010
Tabelle 1: Straßentankstellen in Deutschland nach Marken
Tabelle 2: Datensatzüberblick 1
Tabelle 3: Datensatzüberblick 2
Die Kraftstoffmärkte in Europa rückten in den letzten Jahren immer wieder in den Fokus der Öffentlichkeit. Die schwankenden Kraftstoffpreise werden kritisch beäugt und die Verbraucher sehen sich ständigen Preiserhöhungen ausgesetzt. Die Mineralölgesellschaften bedienen sich häufig der Thesen, dass die hohen Preise an den Tankstellen die Folge einer Reihe von äußeren Faktoren seien und sich nicht aus einer gewinnorientierten Politik der Gesellschaften ergäben. Sie beziehen sich oftmals auf die schwankende Entwicklung des Rohölpreises, der für häufige Preisanpassungen verantwortlich wäre. Die erhebliche fiskalische Komponente sei ein weiterer Grund für die hohen Preisniveaus, insbesondere auf dem deutschen Kraftstoffmarkt. Die Kritik der Öffentlichkeit richtet sich außerdem auf die erhöhten Preise, die zur Ferienzeit häufig beobachtet werden können. Die Mineralölgesellschaften verteidigen diese mit dem einhergehenden Nachfragezuwachs infolge der Schulferien und vermehrter Reisen. An einigen Wochentagen vermuten die Konsumenten ebenfalls überhöhte Kraftstoffpreise. Die Kritik ist fortwährend aber ist diese auch begründet?
In der vorliegenden Arbeit soll der Wettbewerb auf dem deutschen Kraftstoffmarkt genau untersucht werden. Dabei ist die Arbeit wie folgt gegliedert. Um die Marktteilnehmer, Güter und Verflechtungen näher zu durchleuchten, erfolgt zunächst eine Darstellung der Struktur des Kraftstoffmarktes, an welche sich eine empirische Analyse anschließt. Das Hauptaugenmerk liegt dabei auf der Rohölpreis-, Wechselkurs- und selbstverständlich der Kraftstoffpreisentwicklung. In einer statistischen Analyse soll weiterhin der Zusammenhang des Rohölpreises hinsichtlich der Kraftstoffpreise überprüft werden. Aus diesem Vorgehen ergibt sich eine erste Forschungsfrage der Arbeit: Inwiefern kann der Rohölpreis für schwankende Kraftstoffpreise verantwortlich gemacht werden? Im weiteren Verlauf soll eine Analyse der Wettbewerbssituation gegeben werden. In diesem Zusammenhang wird auf Handlungsweisen der Mineralölgesellschaften aufmerksam gemacht, welche gleichzeitig die zweite Forschungsfrage aufklären sollen: Bedienen sich die Marktteilnehmer einer Systematik bei der Preissetzung? Dieser Abschnitt wird von einer weiteren empirischen Analyse unterstützt. Dabei liegt der Fokus auf dem Osterferienzeitraum, um die erhöhten Preisniveaus dieser Zeit detaillierter zu analysieren. Im Zuge dessen erfolgt die Beantwortung der dritten Forschungsfrage: Beruhen die erhöhten Kraftstoffpreise zu Ostern auf gewinnorientiertem Verhalten der Marktteilnehmer oder entstehen die Preise durch marktwirtschaftliche Mechanismen? Im Anschluss werden bereits durchgeführte Regulierungen anderer Kraftstoffmärkte mit Hilfe vorhandener Literatur diskutiert. Des Weiteren soll die vierte Forschungsfrage beantwortet werden: Ergeben sich Anreizpunkte für Deutschland, um eine solche Regulierung auf den eigenen Markt zu übertragen? Das Fazit sowie ein Ausblick für den deutschen Kraftstoffmarkt bilden den Abschluss der vorliegenden Arbeit.
In diesem Kapitel erfolgt eine detaillierte Analyse des deutschen Kraftstoffmarktes. Hierbei ist eine grundlegende Betrachtung der Marktstruktur von Bedeutung, um die zu handelnden Güter, die Marktteilnehmer sowie die Marktgegebenheiten umfassend zu prüfen.
Die vorliegende Arbeit betrachtet zwei getrennte Kraftstoffmärkte, die Märkte für Otto- sowie die für Dieselkraftstoffe. Die Vorgehensweise ist an das Bedarfsmarktkonzept angelehnt, welches Märkte als getrennt erachtet, sofern sich die Produkte aus Verbrauchersicht nicht ohne weiteres substituieren lassen (Olten 1998, S. 184). Das Oberlandesgericht Düsseldorf[1] und die Europäische Kommission[2] bestätigen diese Abgrenzung. Bei den Kraftstoffen handelt es sich um Untersuchungsgegenstände, welche für Verbrennungsmotoren eingesetzt werden und somit für Kraftfahrzeuge geeignet sind (Schreiner 2011, S. 10). Sie werden aus dem Grundstoff Rohöl gewonnen und im weiteren Produktionsverlauf durch Raffination veredelt.[3] Sie bestehen grundlegend aus einer Reihe von Kohlenwasserstoffverbindungen, die sich bei beiden Produkten deutlich voneinander unterscheiden. Der Ottokraftstoff ist durch leichtere chemische Verbindungen von Kohlenwasserstoffen, welches geringere Kettenlängen der Moleküle impliziert, gekennzeichnet. Der Dieselkraftstoff besteht aus mittelschweren Bestandteilen dieser chemischen Verbindungen und weist dadurch vergleichsweise “gehaltvollere“ Kohlenwasserstoffe auf (Merker 2009, S. 119 ff.). Im weiteren Verlauf wird der Begriff Ottokraftstoff ebenfalls durch die Begriffe Superbenzin, Super oder Eurosuper ersetzt. An den deutschen Tankstellen sind in der Regel Superbenzin E5, E10 sowie Super Plus erhältlich. Handelt es sich speziell um eine dieser Sorten, werden diese explizit angegeben. Der Unterschied der drei Alternativen ist Folgender: Mit Beginn des Jahres 2007 fand in Deutschland das Biokraftstoffquotengesetz Anwendung. Das Gesetz sah vor, eine Mindestquote von Bioethanol für Kraftstoffe an deutschen Tankstellen zu erfüllen, um die Umwelt zu schonen. Dieser Wert wurde schrittweise erhöht und liegt mittlerweile bei einem Anteil von 6,25 Prozent (Biokraftstoffquotengesetz). Superbenzin E5 besteht daher aus einer fünf-prozentigen Beimischung von Bioethanol. Seit Anfang 2011 ist zusätzlich ein Biokraftstoffgemisch mit einem Anteil an 10 Prozent zu erwerben, das Superbenzin E10. Beide Produkte haben eine Oktanzahl von 95. Die Oktanzahl steht für den prozentualen Anteil der chemischen Verbindung Isooktan. Super Plus weist eine Oktanzahl von 98 vor und ist daher ein vergleichsweise effizienteres Produkt (Rampf und Sammer 2004, S. 42 ff.). Die weiteren Eigenschaften spielen jedoch für die vorliegende Arbeit keine Rolle und dienen ausschließlich der Vollständigkeit.
Der Kraftstoffmarkt bietet keine große Produktauswahl, da es sich bei den Kraftstoffen um homogene Güter handelt (Bundeskartellamt 2011a, S. 52). Es sind Produkte, die sich in ihren Eigenschaften nicht unterscheiden. Sie zeichnen sich daher durch ihre Substituierbarkeit und der unterschiedslosen Nutzung aus (Kiefer 2005, S. 86). Der Konsument erhält bei unterschiedlichen Tankstellen somit keinerlei Defizite bei den herkömmlichen Kraftstoffsorten (Eichberger 2004, S. 16 f.). Von Kundenseite wird die Homogenität der Kraftstoffe anhand einer Kunden-Umfrage[4] von 2009 bestätigt. 84 Prozent der Befragten befinden die verschiedenen Benzin-Produkte als “nicht besonders unterscheidbar“ (BBDO Consulting GmbH, S. 6). Interessant ist allerdings eine weitere Befragung im Auftrag des ADAC, welche auf das Konsumentenverhalten der Verbraucher abzielt. 47 Prozent der Befragten sind sich unsicher bezüglich der Kraftstoffqualität verschiedener Tankstellenmarken. Befragt wurden sie, ob der Kraftstoff der “großen Marken“ qualitativ höher sei. Daraus ist zu schließen, dass knapp die Hälfte der Umfrageteilnehmer nicht ausschließen kann, dass Qualitätsunterschiede zwischen den Tankstellenmarken bestehen und die Konsumenten daher aus Unwissenheit die größeren Unternehmen präferieren (Dewenter et al. 2012, S. 32). Des Weiteren unterliegen die Kraftstoffe einer europäischen Norm. Die “Zehnte Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsgesetzes“ regelt die allgemeinen Anforderungen für Diesel- und Superbenzinkraftstoffe. Die Marktteilnehmer sind somit gesetzlich verpflichtet den vorgeschriebenen Qualitätsbestimmungen der Produkte nachzukommen (10. BImSchV). Darüber hinaus sind sie durch zusätzliche Produkte bemüht, ihre geringe Produktvielfalt zu erhöhen. Dabei verwenden die Teilnehmer additive Substanzen, um ihre Kraftstoffe zu veredeln und bieten diese zusätzlich zu den gängigen Kraftstoffsorten als eigene Produkte an ihren Tankstellen an (Gerhardt 2007, S. 9). Die deutsche Mineralölgesellschaft Aral bietet beispielsweise die Kraftstoffprodukte Aral Ultimate 102 (Superbenzin) sowie Aral Ultimate Diesel an.[5] Der Konzern wirbt mit einer erhöhten Produktqualität und einer besonderen Herstellung in der firmeneigenen Raffinerie (Aral AG). Sieht man von diesen Produktvarianten ab sind die Kraftstoffe an den Tankstellen absolut homogen (Auer und Koidl 1997, S. 57). Darüber hinaus macht das Bundeskartellamt darauf aufmerksam, dass die Gemeinschaftslagerung der Marktteilnehmer und die limitierten Innovationen der Produkte für die Homogenität der Kraftstoffe sprechen (Bundeskartellamt 2011a, S. 52 f.).
Der Tankstellenbestand in Deutschland ist in den letzten 40 Jahren deutlich gesunken. Laut Mineralwirtschaftsverband e.V. bedienten über 45.000 Tankstellen den deutschen Kraftstoffmarkt in den 70er Jahren. Dieser Bestand nahm im Laufe der Zeit kontinuierlich ab. Zu Beginn des Jahres 2013 erfasst die Statistik nur noch 14.678 Tankstellen (Mineralölwirtschaftsverband e.V.). Im Juli 2013 sank der Tankstellenbestand weiter auf 14.631 (Energie Informationsdienst GmbH). Der ansteigende Wettbewerb und die einsetzende Ölkrise in den 70er Jahren sind die Hauptgründe für die deutliche Ausdünnung des Tankstellenmarktes (Seeger 2008, S. 5 f.). Die Tankstellen werden von Mineralölgesellschaften mit Kraftstoffen versorgt. Hierbei nehmen sogenannte vertikal integrierte Mineralölgesellschaften eine Hauptrolle ein. Die Gesellschaften liefern nicht nur die Kraftstoffprodukte, sie sind ebenfalls im Besitz der Mehrheit der Tankstellen und Raffineriekapazitäten auf dem deutschen Markt. In diesem Zusammenhang bezieht sich der Ausdruck “vertikal integriert“ darauf, dass die Mineralölgesellschaften zumeist alle Produktionsstufen – von der Rohölgewinnung, über die Kraftstoffveredelung, bis hin zum Transport an die Tankstellen – internalisiert haben. Somit wickeln diese Mineralölgesellschaften ihre Produktionsprozesse völlig autonom ab (Stobbe 1991, S. 447). Hierbei spricht man von Up- und Downstreamvorgängen. Bei Upstreamvorgängen handelt es sich im Allgemeinen um die Rohölexploration sowie dessen Gewinnung. Dazu gehören nicht nur die Erschließung des Naturprodukts, sondern ebenfalls vorbereitende Maßnahmen für den weiteren Transport zu den Produktmärkten. Weiterhin wird das geförderte Rohöl an internationalen Handelsplätzen gehandelt.[6] Für Deutschland ist der Rotterdamer Spotmarkt der bedeutendste Handelsplatz. Die Rohstoffveredelung findet wie einleitend angeführt in den Raffinerien statt. An dieser Stelle gehen die weiterverarbeitenden Prozesse in den Downstreambereich über. Der Handel mit den Endprodukten Benzin und Diesel reiht sich in diesen Bereich mit ein.[7] Der Transport von der Erdölgewinnung bis zur Zapfsäule erfolgt durch Logistikunternehmen – teilweise im Besitz der hiesigen Mineralölgesellschaften – welche zudem Gemeinschaftslager für alle Marktteilnehmer anbieten (Mineralölwirtschaftsverband e.V. 2013b, S. 14). Die vertikal integrierten Mineralölgesellschaften des deutschen Kraftstoffmarktes beziehen das benötigte Rohöl nur zu einem geringen Teil vom heimischen Ölvorkommen. Im Jahr 2012 förderte Deutschland 2,6 Mio. Tonnen Rohöl aus inländischen Ölquellen.[8] Betrachtet man dabei die Rohöleinfuhr aus dem Ausland von 93,2 Mio. Tonnen, lässt sich feststellen, dass Deutschland den Hauptanteil – genauer gesagt 97 Prozent – des Rohölbedarfs importieren muss, da die heimischen Quellen kein ausreichendes Förderungspotential besitzen (Mineralölwirtschaftsverband e.V. 2013a, S. 26). Das Land bezieht das erforderliche Rohöl aus einer Vielzahl von Zuliefererstaaten. Die ehemaligen GUS-Staaten[9] lieferten im Jahr 2012 45 Prozent (ca. 42 Mio. Tonnen) der deutschen Rohölimporte. Der größte Importanteil von 37,1 Prozent (34,7 Mio. Tonnen) erfolgte aus Russland. Großbritannien versorgte Deutschland mit 14,2 Prozent (13,3 Mio. Tonnen). Weitere Zulieferer sind Norwegen, Libyen, Nigeria, Saudi Arabien, Algerien und Ägypten. Die Intention hinter einer diversifizierten Gruppe von Rohöllieferanten liegt darin, dass Deutschland das Risiko von Versorgungsengpässen gering halten möchte (Mineralölwirtschaftsverband e.V. 2013a, S. 6 f.).
In seiner “Sektoruntersuchung Kraftstoffe“ hebt das Bundeskartellamt besonders fünf Gesellschaften heraus, welche einen großen Einfluss auf den deutschen Tankstellenmarkt haben: BP (Aral), Philipps 66 Company (JET), ExxonMobil (Esso), Shell und Total (Bundeskartellamt 2011a, S. 16) . Die genannten Unternehmen sind vertikal integriert. Sie sind jedoch nicht die einzigen Gesellschaften mit internalisierten Produktionsebenen. Orlen, ENI und die OMV sind gleichermaßen strukturiert. In Tabelle 1 ist neben den Marktteilnehmern, auch die Anzahl der Marken-Straßentankstellen ersichtlich.[10] Bundesautobahntankstellen (BAT) finden hingegen keine Berücksichtigung. Die Tankstellenanzahl an den deutschen Autobahnen beläuft sich auf 350 (Energie Informationsdienst GmbH). Im Vergleich zu den Straßentankstellen ist die Anzahl der BAT deutlich geringer, allerdings sind diese äußerst profitabel. Ihr Kraftstoffabsatz ist doppelt so hoch wie an Straßentankstellen bei gleichzeitig höheren Preisen. Aufgrund der geringen Anzahl der Tankstellen an Bundesautobahnen setzen sie zwei Milliarden Liter pro Jahr ab, gegenüber 47 Milliarden Liter, die an Straßentankstellen abgesetzt werden. Da die BAT unter den Marktteilnehmern sehr begehrt sind, wird die Vergabe in Deutschland zentral geregelt. So wird versucht die Vormachtstellung der großen Gesellschaften nicht zu vergrößern. Die Einlieferungs- und Vertriebsrechte für Kraftstoffe an Bundesautobahnen vergibt die Tank & Rast GmbH. Während die Bewirtschaftung von diesem Unternehmen betrieben wird, übernehmen die Mineralölgesellschaften den Kraftstoffvertrieb. Die Tank & Rast GmbH erteilt somit die Rechte für die Veräußerung von Kraftstoffen an den BAT. Vor Januar 2013 wurden diese Rechte ausschließlich mit Hilfe eines Quotenmodells vergeben. Das Quotenmodell richtete sich nach den prozentualen Anteilen der Marktteilnehmer an den Straßentankstellen und sicherte den Marktführern ein Übergewicht auf diesem Marktsegment. Seit 2013 werden Auktionen durchgeführt (Bundeskartellamt 2011a, S. 15 ff.).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Tabelle 1: Straßentankstellen in Deutschland nach Marken. Quelle: EID GmbH.
Die Mineralölgesellschaft Aral ist im Besitz von 2.380 Tankstellen und besitzt einen Marktanteil von 16,7 Prozent der 14.281 Straßentankstellen. Shell folgt auf dem zweiten Platz mit 2.052 Niederlassungen sowie einem Marktanteil von 14,4 Prozent. Diese beiden vertikal integrierten Mineralölgesellschaften sind erkennbare Marktführer, zusammen können beide Vertreter über 4.400 Tankstellen und somit 31,1 Prozent Marktbeteiligung für sich beanspruchen. Jeweils knapp über 1.000 Tankstellen tragen die Marken von Esso (7,2 Prozent) [11] und Total (7,1 Prozent) . Des Weiteren sind 771 JET -Tankstellen (5,4 Prozent) auf dem Markt vertreten. Die fünf Marktführer besitzen somit über die Hälfte des Gesamtbestandes (50,8 Prozent) (Energie Informationsdienst GmbH 2013a).
Die deutsche AVIA ist “ein Verbund von 30 AVIA-Firmen und mehreren Lizenznehmern im In – und Ausland“ (AVIA Mineralöl-GmbH). Die 30 Gesellschafter sind unabhängig und vermehrt in West- und Süddeutschland vertreten (AVIA Mineralöl-GmbH). UNITI und der Bundesverband Freier Tankstellen e.V. (bft) sind Tankstellenverbände, welche durch eine Reihe einzelner mittelständischer Tankstellenbetreiber repräsentiert werden. Der bft gilt allerdings als nicht eigenständige Unternehmergruppe. Diese drei Zusammenschlüsse sind zumeist lokal bzw. regional vertreten und beziehen ihre Kraftstoffe größtenteils von den fünf vertikal integrierten Mineralölgesellschaften (Bundeskartellamt 2011a, S. 60). Der Energie Informationsdienst schätzt regelmäßig den Kraftstoffabsatz der einzelnen Marken. Im Juli 2013 geht der Informationsdienst davon aus, dass 68 Prozent des deutschen Kraftstoffabsatzes auf die fünf Marktführer zurückzuführen ist. Aral hält die meisten Absatzmarktanteile mit 22 Prozent. Bemerkenswert sind in diesem Zusammenhang die Anteile von JET. Obwohl die Gesellschaft nur 5,4 Prozent der deutschen Straßentankstellen besitzt, schätzt der Informationsdienst ihren Kraftstoffabsatz gegenüber dem von Total und Esso höher ein. Diese Gesellschaften verfügen über weit mehr Tankstellen als JET, nämlich jeweils mehr als 230. JET verfügt demzufolge über 10,5 Prozent der Kraftstoff-Absatzmarktanteile. Total erreicht 8 Prozent und verweist Esso mit 7 Prozent auf den fünften Platz. Auf Verbandsebene geht der Informationsdienst von 33 Prozent der UNITI und von 13 Prozent des bft aus. Der Mineralölwirtschaftsverband führt dieses Ranking jedoch eindeutig mit 77 Prozent der Absatzmarktanteile an (Energie Informationsdienst GmbH).[12] Dieser Verband setzt sich aus diversen Up- und Downstreamgesellschaften zusammen. Die fünf großen Mineralölgesellschaften sind ebenfalls im Verband vertreten (Mineralölwirtschaftsverband e.V.).
In diesem Abschnitt soll die Marktstruktur von einem weiteren Winkel betrachtet werden. Es soll ein genauer Einblick in den Marktzutritt gegeben werden. Insbesondere soll untersucht werden, ob es sich bei dem deutschen Kraftstoffmarkt um einen offenen oder mit Zutrittsschranken behafteten Markt handelt. Bei der Analyse bedient sich die vorliegende Arbeit zunächst zweier Marktzutrittsschranken-Konzepte. Diese Konzepte basieren auf Überlegungen bezüglich der Industrieökonomik bzw. der Regulierungsökonomik.[13] Dabei werden die Märkte auf den Zugang potentieller Marktteilnehmer untersucht. Genauer gesagt vergleichen beide Ansätze die Vorzüge etablierter Marktteilnehmer mit denen neuauftretender Konkurrenten. Der industrieökonomische Ansatz ist auf den Kraftstoffmarkt gut übertragbar. Hierbei nimmt der Kostenaspekt einen hohen Stellenwert ein. Das Konzept untersucht die Durchschnittskosten der Teilnehmer, ermittelt die Preise und überprüft, ob sich diese oberhalb der Durchschnittskosten bewegen, um eine dauerhafte Marktteilnahme für Neubewerber auf Profitabilität zu untersuchen. Dieser grenzt dabei drei ausschlaggebende Ursachen für Markteintrittsbarrieren gegeneinander ab. Das Konzept geht davon aus, dass Größenvorteile der Marktteilnehmer den Eintritt von Neuwettbewerbern in einen Markt erschweren können (Knieps 2005, S. 15). Nach den zuvor getroffenen Ausführungen bezüglich der Marktteilnehmer auf dem deutschen Kraftstoffmarkt kann festgestellt werden, dass sehr wohl Größenvorteile zu beobachten sind. Die fünf vertikal integrierten Mineralölgesellschaften besitzen nicht nur die Mehrheit der deutschen Tankstellen, sie erzielen ebenfalls knapp 70 Prozent des deutschen Kraftstoffabsatzes und beherrschen somit den Markt. Ein potentieller Neuwettbewerber sähe sich erheblichen Kosten ausgesetzt, um ähnliche Vorteile erzielen zu können. Der Kraftstoffabsatz bei den Marktführern ist so ausgeprägt, dass eine Vielzahl von Tankstellen nötig wäre, um entsprechende Größenvorteile zu erlangen. Ein Marktzutritt eines finanzkräftigen Unternehmens wäre nicht denkbar, da das Bundeskartellamt intervenieren und nicht zulassen würde, dass die Wettbewerbssituation des Marktes noch weiter verschärft wird (Knieps 2005, S. 15). Die zweite Ursache bezieht sich auf absolute Kostenvorteile. Besitzt einer der Marktteilnehmer Kostenvorteile, so entstehen Zutrittsbarrieren für Neuwettbewerber. Diese Vorteile einiger Teilnehmer sind auf dem Kraftstoffmarkt ebenfalls gegeben, da es sich um vertikal integrierte Gesellschaften handelt. In diesem Fall wäre ein Zugang zu Raffineriekapazitäten ebenso notwendig, wie ein ausgeprägtes Tankstellennetz. Denkbar wären auch Lieferverträge mit den großen Gesellschaften, um Zugang zu den Kapazitäten zu bekommen. Darüber hinaus ist auch die Überwindung dieser Marktbarriere mit hohen finanziellen Aufwendungen verbunden (Knieps 2005, S. 15). Als dritte Ursache hebt das Konzept Vorteile der Marktteilnehmer hervor, die aus dem Angebot differenzierter Produkte entstehen. Die Homogenität der handelbaren Güter wurde unter Abschnitt 2.1 bereits beschrieben. Daher ist diese Ursache in dem betrachteten Markt nicht von besonderer Relevanz (Knieps 2005, S. 15). Ebenso sind Innovationen und somit eine erhöhte Produktdifferenzierung auf dem Kraftstoffmarkt in Zukunft nicht zu erwarten. Eine Ausnahme bieten die Premiumprodukte der Marktteilnehmer, welche allerdings in den Absatzzahlen der Gesellschaften kaum ins Gewicht fallen (Bundeskartellamt 2011a, S. 53).
Das zweite Konzept hat einen regulierungstheoretischen Hintergrund. Dieses Konzept geht auch auf Kostenvorteile ein, wobei es ausdrücklich auf die Produktionsausstattung der Marktteilnehmer aufmerksam macht. Die ungleiche Ausstattung zwischen den potentiellen Marktkandidaten sowie den bereits tätigen Teilnehmern sorgt dem Konzept zufolge für einen erschwerten Zugang zu Märkten. Auf dem beobachteten Markt ist dies insbesondere durch das Tankstellennetz ersichtlich. Die fünf großen Gesellschaften besitzen einen Großteil der Tankstellen. Der Bestand ist seit Jahrzehnten rückläufig und daher der aktuellen Marktlage angepasst. Neue Tankstellen wären für den neuen Wettbewerber nicht nur zwingende Voraussetzung sondern gleichzeitig wohl eine ineffiziente Investition. Des Weiteren führt das Konzept an, dass der Neuwettbewerber eine Risikoprämie aufwenden muss um den Markt betreten zu können. Die Höhe der Prämie hängt von der Ausprägung der Zutrittsbarrieren ab. Je leichter der Zugang zum Markt, desto geringer das Risiko und somit die Prämie. Das zuvor beschriebene Konzept geht ebenfalls von hohen Aufwendungen bei ausgeprägten Marktzutrittsschranken aus. Allerdings bleiben die negativen Effekte von Größenvorteilen der Marktteilnehmer unberücksichtigt, da das Konzept diese bei einem potentiellen Markteintritt zu Grunde legt. Ein Neuwettbewerber würde eigene Größenvorteile am Markt durchsetzen (Knieps 2005, S. 18).
Grundsätzlich ist festzustellen, dass der deutsche Kraftstoffmarkt durch hohe Marktzutrittschranken gekennzeichnet ist. Diese Wettbewerbsineffizienz auf dem Markt ist durch die Überlegenheit der Marktführer gegeben. Sie bringen Voraussetzungen mit, die ihre Position nachhaltig festigen und eine Belebung des Wettbewerbs annähernd ausschließen. Auf Grund dieser Tatsache geht das Bundeskartellamt davon aus, dass die ausgeprägten Marktzutrittsbarrieren mittelfristig nicht zu umgehen sind und der Wettbewerb diesbezüglich weiterhin eingeschränkt wird (Bundeskartellamt 2011a, S. 59 f.).
Dieses Kapitel ist der Bewertung der schwankenden Kraftstoffpreise auf dem deutschen Markt gewidmet. Im Folgenden sollen anhand von Regressionsmodellen, neben einer ausführlichen deskriptiven Analyse, die Schwankungen der Kraftstoffpreise statistisch untersucht werden.
Die Analyse der Modelle basiert auf den deutschen monatlichen Durchschnittsbruttopreisen der Kraftstoffe Superbenzin und Diesel. Des Weiteren werden Monatsdurchschnittswerte des Euro-Dollarwechselkurses sowie der Rohölsorte Brent Crude Oil verwendet. Die Daten beziehen sich auf die Periode von Januar 2003 - Juli 2013, sodass jeweils 127 Beobachtungen in die Analyse mit einbezogen werden. Sicherlich würden die täglichen deutschen Durchschnittspreise der Kraftstoffe die Schwankungen deutlicher wiedergeben, allerdings war es dem Autor der Arbeit nicht möglich an einen entsprechenden Datensatz zu gelangen. Anfragen bei den in Frage kommenden deutschen Mineralölgesellschaften wurden allesamt abgelehnt. Gleiches gilt für das Bundeskartellamt, welches sich auf die Sensibilität der Daten berief, die bezüglich der Erfüllung der gesetzlichen Aufgaben auf der Grundlage von § 59 GWB erhoben werden (GWB). Die Daten enthalten demzufolge Geschäftsgeheimnisse. Die Vertraulichkeit dieser Geschäftsgeheimnisse wahrt das Kartellamt aus gesetzlicher Pflicht. Unter Verwendung der monatlichen Durchschnittswerte der Wechselkurse sowie der Rohölpreise, wurden die Datensätze somit angeglichen. Die Schwankungen der Preise sind in monatlichen Zeithorizonten ersichtlich und problemlos zu analysieren.
Der Fokus der Analysen liegt auf dem deutschen Kraftstoffmarkt. Des Weiteren fließt durch die Betrachtung des Wechselkurses sowie der Rohölsorte, welche in US-Dollar gehandelt wird, weitere Komponenten aus dem internationalen Handel hinzu. Die Kraftstoffpreise sind in Eurocent angegeben und wurden aus der Datenbank des ADAC entnommen (ADAC e.V.). Da es sich dabei um Durchschnittswerte handelt, bilden sich die Kraftstoffpreise aus einer Vielzahl von Tankstellenmarken. Weitere Dateninformationen vom Automobilclub sind auch auf Anfrage nicht gegeben worden.
Anzumerken ist, dass die Werte für Superbenzin ausgehend von Januar 2003 bis einschließlich Februar 2011 auf Super 95 bezogen sind. Ab März 2011 gehen die Beobachtungen in die Kraftstoffsorte Super E10 über. Normalbenzin wurde nicht als Parameter für die statistische Analyse herangezogen, da mit Beginn des Jahres 2011 kaum mehr Normalbenzin in Deutschland angeboten wurde.
Der Euro-Dollarwechselkurs gibt die Beziehung des US-Dollars auf Basis des Euros an. Die Devisenkurse sind auf vielen Internetplattformen erhältlich. Die in diesem Zusammenhang verwendeten Werte gingen aus der Plattform www.finanzen.net hervor. Verwendet wurden die täglichen Devisenschlusskurse, sowie die durchschnittlichen Monatskurse, welche aus diesen ermittelt wurden. Im Datensatz ist der Kurs in US-Dollar pro Euro erfasst. Ähnlich wurde beim Rohöl Brent Crude Oil verfahren. Die Daten sind in US-Dollar pro Barrel angeführt. Bezogen wurden die Werte ebenfalls aus oben genannter Internetplattform. Hierbei wurden die Daten ebenso aus täglichen Schlusskursen in monatliche Durchschnittswerte umgerechnet. Für die folgenden Modelle wurden die Rohölpreise in US-Dollar pro Barrel um den Wechselkurs bereinigt, sodass die Rohölpreise in Euro pro Barrel (im monatlichen Durchschnitt) Anwendung finden. Diese Umrechnung erfolgt, um die ökonomischen Effekte für die Bewertung eindeutiger herauszustellen, ohne auf verschiedene Währungen Rücksicht nehmen zu müssen.
Tabelle 2 zeigt eine Übersicht zu den Preis- bzw. Kursinformationen der durchschnittlichen Werte von Superbenzin, Diesel, Rohöl und dem Euro-Dollarwechselkurs über die Zeitperiode von über einer Dekade. Die letzte Zeile gibt die umgerechneten Werte für das Rohöl auf Eurobasis an. Angegeben sind die Mittelwerte, Standardabweichung, der minimale Wert und der maximale Wert der jeweiligen Variablen.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Tabelle 2: Datensatzüberblick 1. Eigene Darstellung.
An dieser Stelle folgt die deskriptive Analyse der zuvor vorgestellten Modellkomponenten. Beginnend mit dem Rohölpreis erhält der Leser einen Überblick über die Entwicklungen der Komponenten der letzten Dekade.
Die Herstellung von Kraftstoffen erfolgt hauptsächlich durch den Grundstoff Rohöl. Rohöl stellt ein Gemisch verschiedener Kohlenwasserstoffe dar. Durch Raffinerieprozesse werden, mit Hilfe der fraktionierten Destillation, schwere von leichten Kohlenwasserstoffen getrennt. Zur leichten Fraktion gehören Benzin, Diesel und Heizöl(Streitwieser et al. 1995, S. 95–96). Schwefel, Sauerstoff und Stickstoff sind weitere kleinere Bestandteile im Endprodukt. Jedes Rohöl kann je nach Fundort eine andere chemische Zusammensetzung aufweisen. Daher existiert eine Reihe verschiedener Rohölsorten (Eichlseder et al. 2008, S. 32). Als Referenzrohöl für die vorliegende Arbeit wird das europäische Brent Crude Oil[14] zu Grunde gelegt. Neben dieser gehört die Sorte WTI[15] auf dem Weltölmarkt zu den wichtigsten Rohölen. Beide Sorten nehmen einen ähnlichen Verlauf und unterscheiden sich preislich nur geringfügig (Heizöl24).
Der erhebliche Anteil des Rohöls in den Kraftstoffprodukten lässt vermuten, dass die Preisentwicklungen beider Güter eng miteinander verknüpft sind. Im Verlauf der Arbeit wird der Zusammenhang von Rohöl und den Kraftstoffen noch statistisch untersucht. Zunächst erfolgt jedoch eine deskriptive Analyse der Ölpreisentwicklung. Abbildung 1 zeigt die Entwicklung von Januar 2003 - Juli 2013. Es ist deutlich zu erkennen, dass die Preise einer hohen Volatilität ausgesetzt sind. Gleichzeitig ist der Ölpreis im Zeitverlauf erheblich angestiegen. Angegeben sind die täglichen Börsen-Schlusskurse je Barrel[16] Brent-Rohöl in US-Dollar sowie in Euro. Der Rohölpreis in Euro soll zunächst vernachlässigt werden.[17] Im Januar 2003 lag der Preis unter 30 USD/bl. Im Laufe der Zeit stieg dieser jedoch bis Juli 2008 auf über 134 USD/bl. an. Der Rohölpreis hat sich in dieser Periode somit mehr als vervierfacht. An einzelnen Tagen erreichte das Preisniveau sogar Werte über 146 USD/bl. Auf Grund der Finanzmarktkrise sind die Preise jedoch wieder stark zurückgegangen. Im Dezember 2008 fiel der Preis auf 43 USD/bl. zurück, welches ein Drittel des Höchststands vom Sommer 2008 ausmacht. An einzelnen Tagen erreichte das Tief einen Wert von 36 USD/bl. und somit ein ähnliches Niveau wie im Januar 2003. In der Folge stieg der Rohölpreis wieder erkennbar an. Im Zeitraum von 2011 - Juli 2013 lag der Preis, ausgenommen Juni 2012, kontinuierlich über der 100 US-Dollar-Grenze. Das Jahr 2012 wies mit 111 USD/bl. ein jahresdurchschnittliches Rekordniveau auf. 2011 erreichte einen Durchschnitt von 110 US-Dollar je Barrel Rohöl. Das Preisniveau vom Sommer 2008 wurde bis Juli 2013 jedoch nicht wieder erreicht.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: Rohölpreisentwicklung in $ und €. Eigene Darstellung.
Die Preisentwicklung der Rohölsorte Brent Crude Oil nimmt einen stark schwankenden Verlauf. Die Ursachen der deutlichen Preissprünge sind verschiedenen Ursprungs. Die Jahre des Beobachtungszeitraums vor der Finanzmarktkrise waren überwiegend von einer weltweit stetig steigenden Nachfrage nach Rohöl gekennzeichnet. “Allein zwischen 1995 und 2005 stieg die Ölnachfrage weltweit um über 600 Mill. t p. a., d. h. rund 12 mb/d, was mehr als der maximal möglichen Produktion von Saudi-Arabien entspricht. Mehr als 2/3 des Nachfragezuwachses entfielen auf Nordamerika, China und die Staaten des Nahen Ostens“ (Ströbele et al. 2013, S. 143). Im Jahr 2004 wuchs die Nachfrage auf 3,4 Prozent im Vergleich zum Vorjahr an. Dies stellt die größte Zuwachsrate seit 30 Jahren dar. Die Weltwirtschaft ist in dieser Periode deutlich gewachsen und aufstrebende Schwellenländer, wie bspw. China, waren große Abnehmer von Rohöl. Weitere Preistreiber waren:
- Versorgungsengpässe Öl-produzierender Länder
- Naturkatastrophen
- geopolitische Spannungen in Krisengebieten
- sensitive Reaktionen auf Änderungen von Angebot-Nachfrage-Gleichgewichten
Die ständig ansteigende Nachfrage nach Rohöl hatte Auswirkungen auf die Lagerhaltung des Gutes, sodass eine Knappheit der Reservekapazitäten zu Versorgungsengpässen führte und den Preis ansteigen ließ. Hurrikan Katrina sorgte im Jahr 2005 für einen kräftigen Preisanstieg, da im Golf von Mexiko ein erheblicher Anteil der US-amerikanischen Produktion beherbergt ist und mehrere Bohrinseln durch den Hurrikan stark beschädigt und sogar vollkommen zerstört wurden (Focus Online). Ebenso hatten geopolitische Spannungen für Preissprünge gesorgt, da die Produktion durch regionale Unruhen zumeist ausblieb und sie somit das Angebot rapide ins Schwanken brachte (Europäische Zentralbank 2003-2012). Vor allem im Nahen Osten waren diese zu beobachten. Im Jahr 2006 herrschten Unruhen auf Grund der Nuklearpolitik des Iran, sowie Konflikte zwischen Israel und Syrien (Europäische Zentralbank 2006). Zu den größten Ölproduzenten gehören die OPEC-Staaten,[18] welche mehr als 40 Prozent der weltweiten Erdölerzeugnisse produzieren (Graßl 2003, S. 34). Die Staaten sind auf der Angebotsseite maßgeblich für Veränderungen der Förderungsmenge von Rohöl zuständig. Änderungen der Förderungsmenge haben unmittelbar Auswirkungen auf die Angebotssituation. Da die Marktteilnehmer bei einer Veränderung der Angebot-Nachfrage-Gleichgewichte sensitiv reagieren, hat dies wiederum Auswirkungen auf den Ölpreis. In den Jahren 2003 - 2007 war der Rohölmarkt besonders von diesen Auswirkungen geprägt, sodass eine Reihe von Preissprüngen zustande gekommen ist (Europäische Zentralbank 2003-2007).
Es wurde bereits festgestellt, dass der Rohölpreis im Sommer 2008 seinen Höchststand erreicht hat. Im Juli 2008 betrug der Preis mehr als 146 USD/bl. Brent Crude Oil. Im zweiten Halbjahr fiel der Preis allerdings erheblich ab. Bis Mitte des Jahres wurde die Produktion stark angekurbelt, sodass der Preis sein Redkordniveau erreichte. Der darauffolgende Preisabfall ist in Abbildung 1 besonders gut zu erkennen. Hauptgrund für diesen Rückgang war die Finanzmarktkrise und die damit einhergehende weltweite Rezession. Die Nachfrage sank rapide im Gleichschritt mit der abkühlenden Weltproduktion. Die Angebotsseite musste auf diese Entwicklung reagieren und somit sank der Preis bis Ende 2008 auf 40 USD/bl. (Hamilton 2009, S. 224–234). In 2009 nahm die Nachfrage wieder zu und die Preise festigten sich und stiegen im Jahresverlauf wieder leicht an. Prognosen für eine Erholung der Weltwirtschaft sorgten ebenfalls für weitere Preisanstiege (Europäische Zentralbank 2009, S. 32 f.). Das Folgejahr 2010 war erneut geprägt von Nachfragezunahmen und daraus resultierenden Preissprüngen. Des Weiteren sorgten Konflikte in Nordafrika und im Nahen Osten für Knappheit am Ölmarkt (Europäische Zentralbank 2010, S. 30 f.). Politische Aufstände in Libyen und eine ungebremste Nachfrage nach Rohöl bestätigt den Preisanstieg für das Jahr 2011 seit 2008 (Europäische Zentralbank 2011, S. 24). Die USA und Europa übten im Jahr 2012 Druck auf die iranische Regierung aus, indem sie ein Öl-Embargo bei weiteren Zuwiderhandlungen der internationalen Sicherheit ankündigten. Der Iran-Konflikt ließ den Ölpreis auf ein ähnliches Niveau wie im Sommer 2008 ansteigen. Diese Entwicklung war jedoch nicht von anhaltender Dauer und die Erdölförderungen in den genannten Krisengebieten nahmen überraschend schnell wieder zu, sodass im Juni 2012 der Rohölpreis wieder unter die 100 US-Dollar-Grenze gefallen ist. Insgesamt war die Volatilität des Ölpreises in 2012 besonders ausgeprägt (Europäische Zentralbank 2012, S. 26 ff.).
In Abbildung 1 ist neben dem US-Dollar-Preis der in Euro umgerechnete Ölpreis angegeben. Auf dem Weltmarkt wird das Rohöl Brent Crude Oil in US-Dollar gehandelt. In der vorliegenden Arbeit gilt die besondere Aufmerksamkeit allerdings dem deutschen Tankstellenmarkt und den Verbraucherpreisen, die selbstverständlich in Euro zu entrichten sind. Anhand der Abbildung kann man jedoch nicht eindeutig erkennen, in welchen Perioden der Wechselkurs abschwächend oder verstärkend auf die Ölpreisentwicklung gewirkt hat. Anders ausgedrückt ist es von Interesse zu analysieren in welchen Perioden der schwankende Rohölpreis günstiger respektive teurer zu erwerben war. Aus diesem Grund ist in Abbildung 2 der Verlauf des Euro-Dollarwechselkurses der Zeitperiode Januar 2003 - Juli 2013 dargestellt. Angegeben sind die täglichen Börsen-Schlusskurse in US-Dollar pro Euro. Der Euro wurde im Jahr 1999 eingeführt und zunächst nur elektronisch gehandelt. Mit Beginn des Jahres 2002 wurde das Euro-Bargeld in Umlauf gebracht (Siebert und Lorz 2007, S. 286). Mit dem Betrachtungsbeginn des Jahres 2003 erfasst die Abbildung somit einen großen Teil der historischen Entwicklung des Euro-Dollarwechselkurses. Es ist zu erkennen, dass der Wechselkurs, ebenso wie der Rohölpreis, Schwankungen ausgesetzt ist. Zu Beginn der Beobachtungen lag der Wechselkurs bei 1,05 USD/EUR, stieg bis April 2008 auf knapp 1,60 USD/EUR an und erreichte somit ein Rekordniveau. Im Zuge der Finanzmarktkrise sank der Wechselkurs ab September 2008 deutlich. In der Folge erfuhr der Devisenkurs mehrere Hochs und Tiefs.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2: Euro-Dollarwechselkursentwicklung. Eigene Darstellung.
Bis Ende Juli 2013 setzten sich die Schwankungen zwischen 1,19 und 1,51 US-Dollar/Euro bei einem Mittelwert von 1,33 USD/EUR fort. In den Jahren 2003 - 2004 wertete der US-Dollar auf Grund eines hohen Leistungsbilanzdefizits in den USA und einer relativ unsicheren Wirtschaftsentwicklung des Landes ab (Europäische Zentralbank 2003-2012). Im Jahr 2005 erholte sich der Dollar, da der USA eine positive Wirtschaftsentwicklung prognostiziert und ein höherer Zins erwartet wurde (Europäische Zentralbank 2005, S. 74 f.). In der Periode von 2006 - Mitte 2008 wertete wiederum der Euro auf. Dieses resultierte aus einem kontinuierlichen Wirtschaftsaufschwung, speziell in Europa (Europäische Zentralbank 2003-2012). Der Wechselkurssturz vom Herbst 2008 erfolgte größtenteils durch eine neue Marktlage infolge der Finanzmarktkrise, negativen Konjunkturerwartungen und geringer Liquidität des Dollars. Ende 2008 erholte sich der Wechselkurs durch eine Euroaufwertung und einen höheren europäischen Zins, verglichen mit dem amerikanischen Zins (Europäische Zentralbank 2006, S. 79 f.). Im Jahr 2009 schwächte der Euro erneut ab, sodass der durchschnittliche Wechselkurs von 2009 mit 2 Prozent unter dem Durchschnittswert vom Vorjahr lag (Europäische Zentralbank 2009, S. 89 f.). In den beiden Folgejahren 2010 und 2011 fiel der durchschnittliche Euro-Dollarwechselkurs jeweils in Bezug auf das Vorjahr um 4,2 respektive 2,4 Prozent ab (Europäische Zentralbank 2003-2012). Im Jahr 2012 verschlechterte sich der Kurs um 5 Prozent (Europäische Zentralbank 2012, S. 26). Im ersten Halbjahr 2013 bewegte sich der Wechselkurs auf einem leicht verbesserten Niveau im Vergleich zum Vorjahr. Grundsätzlich sind eine Steigerung von Beginn der Beobachtungen bis Herbst 2008, sowie ein stetiger Rückgang des Wechselkurses in der Folgezeit bis Mitte des Jahres 2013 festzustellen. Die letzten drei Jahre erlebte der Euro eine Schwächephase, welche aus der europäischen Staatsschuldenkrise resultierte (Walter und Becker 2011, S. 117 f.). Dennoch war der Kurs insbesondere nach der Finanzmarktkrise von vielen Schwankungen gekennzeichnet.
Zu welchen Zeitpunkten ein starker Wechselkurs den Einkauf des Rohöls am Weltmarkt vergünstigte, ist mit Hilfe von Abbildung 2 nachzuvollziehen. Im Anhang allerdings ist eine weitere Abbildung angeführt, welche die Preise genauer gegenüberstellt (Anlage 7). Abgebildet ist dabei die Differenz zwischen den monatsdurchschnittlichen US-Dollar- und Euro-Rohölpreisen. Ähnlich wie zuvor beschrieben ist bis 2008 ein aufsteigender Verlauf zu erkennen. Die Preise gingen bis 2008 somit immer weiter auseinander. Um den zwischenzeitlichen Unterschied der europäischen Kaufkraft deutlicher zu machen, sei ein Beispiel vom Jahr 2007 gewählt: Ende November 2007 betrug der Rohölpreis für einen Barrel Brent Crude Oil 95,7 und somit 17 US-Dollar über dem Rekordpreis von 2006. Im Vergleich beider Zeitpunkte verteuerte sich der Preis umgerechnet in Euro jedoch um nur 4 Euro. Nach der Finanzmarktkrise gab es ebenfalls einen erheblichen Abfall der Preisdifferenz, sodass sich die Preise in der Folge ähnelten und kaum wechselkursbedingte Einsparungen beim Rohölerwerb erzielt werden konnten. Von Anfang 2003 bis zum Rekordstand von Sommer 2008 stieg der Rohölpreis in US-Dollar stärker als auf Euro-Basis. Der Preisanstieg in US-Dollar erhöhte sich um den Faktor 5, in Euro umgerechnet allerdings nur um den Faktor 3,3. Betrachtet man die komplette Zeitperiode von Januar 2003 - Juli 2013 so ergibt sich ein Anstieg des Rohölpreises in US-Dollar um den Faktor 3,7. Der Rohölpreis in Euro stieg um den Faktor 2,9. Basierend auf dem Wechselkurs von Anfang 2003 würde man aktuell[19] 103,28 Euro pro Barrel Brent Crude Oil aufbringen müssen. Der tatsächliche Preis beläuft sich jedoch auf 81,27 Euro. In dieser Zeitspanne betragen die Wechselkurseinsparungen für den Rohöleinkauf momentan mehr als 27 Prozent.
Der Kraftstoffpreis ist eine wichtige Grundlage für die vorliegende Arbeit. Daher ist ein Blick auf die Zusammensetzung der Preise unerlässlich, um zu beziffern, welchen Preiskomponenten der Konsument an den deutschen Tankstellen ausgesetzt ist. Der Bruttopreis an der Tankstelle beinhaltet nicht nur den Produktpreis, sondern ebenfalls Steuern und einen Deckungsbeitrag. Der Deckungsbeitrag bezieht sich auf Transportkosten, Lagerhaltungskosten, gesetzlich vorgeschriebene Bevorratung, Marketing- und Vertriebskosten und Kosten für den Erwerb und die Beimischung von Biokomponenten (Mineralölwirtschaftsverband e.V.). Enthalten sind somit die Kosten von der Rohstoffgewinnung bis hin zur Produktausgabe an der Tankstelle. Im Deckungsbeitrag ist neben diesen Kosten jedoch noch ein weiterer Bestandteil enthalten, der Gewinn. Die Aral- Gesellschaft beziffert den Gewinn, bezogen auf einen Liter Superbenzin, auf ca. einen Eurocent. Der Produktpreis wird größtenteils durch den Rohölpreis und den Euro-Dollarwechselkurs bestimmt. Der Produktpreis wird weiterhin durch die Wettbewerbssituation auf dem Weltmarkt bestimmt, welche sich schwer vorhersagen lässt. Daher ist der Produktpreis ein besonders volatiler Bestandteil des Kraftstoffpreises (Aral AG). Anteilsmäßig am Kraftstoffpreis überwiegen jedoch nicht der Deckungsbeitrag oder der Produktpreis, sondern die Steuern. Die fiskalische Belastung am Brutto-Kraftstoffpreis besteht aus der Energiesteuer[20] und der Umsatzsteuer. Die Energiesteuer wird auf das Volumen der Kraftstoffe erhoben und variiert daher nicht mit dem Kraftstoffpreis. Die Steuer liegt bei 65,45 Eurocent je Liter Super. Auf einen Liter Diesel verlangt der Staat 47,04[21] Eurocent. Seit dem Jahr 2003 ist diese Steuererhebung auf dem beschriebenen konstanten Niveau (ADAC e.V.). Die Umsatzsteuer wird auf den Gesamtpreis erhoben, somit auf den Deckungsbeitrag, die Energiesteuer und den Produktpreis. Es wird hieraus deutlich, dass der steuerliche Anteil am Brutto-Kraftstoffpreis weiter angehoben wird, da die Umsatzsteuer auf den Gesamtpreis berechnet wird, welcher die Energiesteuer bereits enthält. Aktuell liegt der Umsatzsteuersatz bei 19 Prozent[22] (Bundesministerium der Finanzen).
Anhand einer Aufschlüsselung der Zusammensetzung des Mineralölwirtschaftsverbands sind die oben beschriebenen Bestandteile der Kraftstoffe übersichtlicher zu bewerten. In der folgenden Abbildung 3 wird ein Überblick über die Zusammensetzung der Kraftstoffe Superbenzin und Diesel gegeben. Als Referenz dient der Juli 2013. Es fällt auf, dass die steuerlichen Aufwendungen beträchtlich sind. Der Nettopreis für Superbenzin liegt bei 71,31 Eurocent je Liter. Subtrahiert man diesen vom Gesamtpreis von 162,74 ct/l, so erhält man den Produktpreis zuzüglich des Deckungsbeitrags. Es fallen somit 91,43 ct./l an fiskalischer Belastung an. Dies macht einen Steueranteil von über 56 Prozent aus (Mineralölwirtschaftsverband e.V.). Ein ähnliches Bild ergibt sich für die Kraftstoffsorte Diesel. In diesem Fall liegt der Nettopreis bei 74,06 ct./l. Der Gesamtpreis und das Steueraufkommen belaufen sich auf 144,11 ct./l bzw. 70,05 ct./l. Der Steueranteil für den Dieselliter liegt daher bei 49 Prozent am Gesamtpreis (Mineralölwirtschaftsverband e.V.). Die Konsumenten zahlen daher die Hälfte ihrer Kraftstoffrechnungen an den Staat.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 3: Kraftstoffpreiszusammensetzung. Quelle: MWV e.V.
Bemerkenswert ist ebenfalls, dass die konstante Energiesteuer für Superbenzin (65,45 ct./l) teurer ist als der eigentliche Produktpreis (57,56 ct./l). Diese Beobachtung kann bei Diesel nicht gemacht werden. Hier liegt der Produktpreis ca. 12 ct./l über der konstanten Besteuerung (59,33 ct./l). Der Deckungsbeitrag für Superbenzin beträgt 13,75 ct./l, sowie 14,73 ct./l für Diesel. Der Beitrag macht bei beiden Produkten den kleinsten Anteil der Preiskomponenten am Gesamtpreis aus. Betrachtet man die Entwicklung des Deckungsbeitrages von Superbenzin und Diesel der letzten Jahre, so wird deutlich, dass dieser kontinuierlich angewachsen ist (Mineralölwirtschaftsverband e.V.). Dieser Umstand liegt größtenteils darin begründet, dass die Mineralölgesellschaften zusätzliche Kosten für die gesetzlich verordnete Biobeimischung aufwenden müssen, da die Gesellschaften für die Produktion und die Beimischung Sorge zu tragen haben (Bühler 2010, S. 39).
Auf Grund der hohen steuerlichen Belastung ist es sinnvoll einen Vergleich zu anderen europäischen Staaten heranzuziehen, um die Höhe des Nettopreises der Kraftstoffe einordnen zu können. Der Energie Informationsdienst veröffentlicht regelmäßig die durchschnittlichen Verbraucherpreise an den Tankstellen der 28 Mitgliedsstaaten der Europäischen Union. Angegeben sind die Netto- und Bruttopreise für Eurosuper[23] und Dieselkraftstoff. Deutschland belegt Rang 14 für Eurosuper ohne Steuern.[24] Berücksichtigt man nun die Steuern rückt Deutschland in der Rangfolge auf Platz 8 vor und steigt in das obere Drittel im EU-Vergleich auf. Beim Dieselkraftstoff ist die fiskalische Belastung deutlicher zu erkennen. Ohne Steuern rangiert der Preis verglichen mit den EU-Mitgliedsländern auf dem 20. Platz. Bezogen auf den Bruttopreis allerdings belegt der deutsche Preis Rang 9. Aus dieser Rangfolge lässt sich schließen, dass der Bruttopreis beider Kraftstoffe Deutschlands verglichen mit Staaten der EU im oberen Drittel liegt und dadurch überdurchschnittlich hohe Preise diesbezüglich vorzuweisen hat. Allerdings wird ebenfalls deutlich, dass die Nettopreise im Europavergleich nicht die Spitzenpositionen einnehmen und eher gemäßigt sind (Energie Informationsdienst GmbH 2013b).[25]
Nachdem ein Überblick über die Bestandteile der Kraftstoffpreise gegeben wurde, befasst sich der folgende Abschnitt mit den deutschen Kraftstoffpreisen und deren Entwicklung in der letzten Dekade. Wie zuvor basiert die Untersuchung auf den Kraftstoffen Superbenzin sowie Diesel.
In Abbildung 4 sind die genannten Kraftstoffsorten in der Zeit von Januar 2003 bis Juli 2013 angegeben. Es handelt sich um die monatlichen Durchschnittsbruttopreise, angegeben in Eurocent pro Liter, an den deutschen Tankstellen. Zu Beginn des Beobachtungszeitraumes, im Mai 2003, lag der Preis noch bei 106,7 Eurocent für einen Liter Superbenzin. Der Dieselkraftstoff kostete im Mai dagegen nur 85 ct./l. Im Zeitverlauf nahm der Verbraucherpreis beider Produkte stetig zu. Im Juni 2008 nahmen die Preise ihren zwischenzeitlichen Höhepunkt. Der Superbenzinpreis kletterte auf einen Monatsdurchschnitt von 152,1 ct./l. Der durchschnittliche Dieselpreis lag im Juni bei 148,8 ct./l. Eine Rekordmarke für beide Kraftstoffsorten bis zu diesem Zeitpunkt. Fünf Jahre trennen diese Entwicklung. Der Superbenzinpreis nahm in dieser Zeit um mehr als 42 Prozent zu. Der Dieselpreis stieg im gleichen Zeitraum sogar um mehr als 75 Prozent an. Bis Ende 2008 nahmen die Preise jedoch wieder deutlich an Wert ab und fielen im Winter 2008/2009 auf 111,4 ct./l (Super), bzw. 101,7 ct./l (Diesel) zurück. In der Folgezeit stiegen die Kraftstoffpreise kontinuierlich an, sodass sogar Rekordwerte erreicht wurden. Der Verbraucherpreis für Superbenzin durchbrach das Rekordniveau vom Juni 2008 bereits im April 2011 mit 156,4 ct./l. Der Dieselpreis erreichte im März 2012 mit 152,2 ct./l neue Höhen. Im September 2012 kletterten beide Preise auf ein Allzeithoch: ein Liter Superbenzin kostete im Durchschnitt an deutschen Tankstellen 167,1 ct./l. Für Diesel mussten die Konsumenten 152,4 ct./l aufwenden.
[...]
[1] Das Gericht erklärt in einem Beschluss die Trennung beider Märkte (Oberlandesgericht Düsseldorf, Aufhebung des Beschlusses des Bundeskartellamtes vom 04.08.2010).
[2] Die Kommission folgt der Unterscheidung der Kraftstoffsorten und verkündet diese in einer Verordnung (Europäische Kommission, Declaring a concentration to be compatible with the common market vom 09.02.2000).
[3] In Abschnitt 3.2.1 wird genauer auf die Rohstoffgewinnung eingegangen.
[4] Gemeint ist das “Brand Parity Ranking 2009“ der (BBDO Consulting GmbH 2009).
[5] Im folgenden Kapitel wird ausführlich auf die einzelnen Marktteilnehmer eingegangen.
[6] Für Rohöl sind zwei internationale Handelsplätze von besonderer Wichtigkeit: Die US-amerikanische Warenterminbörse New York Mercantile Exchange (NYMEX) sowie die Londoner Intercontinental Exchange (ICE).
[7] Weitere Endprodukte sind u. a. Heizöl und Kerosin (Mineralölwirtschaftsverband e.V. 2013b, S. 14).
[8] Die inländischen Ölvorkommen sind größtenteils in Schleswig-Holstein und Nord-Niedersachsen beheimatet (Bräuninger et al. 2010, S. 17).
[9] Steht kurz für Gemeinschaft unabhängiger Staaten der ehemaligen Sowjetunion. Mitglieder dieses Zusammenschlusses waren u. a. Russland, Aserbaidschan und Kasachstan. Die genannten Staaten sind allesamt Rohölexporteure Deutschlands (Schubert und Klein 2011, S. 95).
[10] In der Tabelle 1 sind Unternehmen aufgelistet, welche einen Mindesttankstellenbestand von 100 besitzen.
[11] Die Angaben in den Klammern beziffern die jeweiligen Marktanteile an der Gesamtheit der deutschen Straßentankstellen.
[12] An dieser Stelle merkt der Energie Informationsdienst Überschneidungen an, die bei der Schätzung eingetreten sind und somit mehr als 100 Prozent erreicht wurden (Energie Informationsdienst GmbH).
[13] Das industrieökonomische Konzept geht auf den Ökonom Joe S. Bain zurück. Den regulierungsökonomische Ansatz definierte der Ökonom George Stigler (Knieps 2005, S. 15).
[14] Die Rohölsorte Brent wird an der Londoner Warenterminbörse ICE gehandelt (Heizöl24).
[15] Gemeint ist das Rohöl “West Texas Intermediate“, welches an der NYMEX gehandelt wird (Heizöl24).
[16] Ein Barrel Rohöl entspricht ca. 159 Liter.
[17] Im folgenden Abschnitt wird näher auf die Beziehung zwischen den US-Dollar und den Euro-Preisen eingegangen.
[18] Zu den OPEC-Staaten zählen Staaten aus dem Nahen Osten, Afrika und Südamerika. Der größte Ölproduzent ist Saudi Arabien und ist ebenfalls Mitglied der OPEC (Graßl 2003, S. 34).
[19] Die vorliegende Arbeit betrachtet den 31. Juli 2013 als Referenz für den aktuellen Rohölpreis. In US-Dollar beträgt der Preis für einen Barrel Brent Crude Oil an dem beobachteten Zeitpunkt einen Wert von 107,89.
[20] Seit dem 01. August 2006 besteht das Energiesteuergesetz und löste das Mineralölsteuergesetz ab (Brysch 2008, S. 23). Der Begriff Energiesteuer ist gleichbedeutend mit der Mineralölsteuer.
[21] Das Steueraufkommen für einen Liter Dieselkraftstoff ist niedriger im Vergleich zu dem Aufkommen für den Superkraftstoff, da für Diesel-Kraftfahrzeuge eine höhere Kfz-Steuer zu entrichten ist (ADAC e.V.).
[22] Die Umsatzsteuer wurde mit Beginn des Jahres 2007 von 16 auf 19 Prozent angehoben (Weimann 2010, S. 19 f.).
[23] Eurosuper ist eine andere Bezeichnung für Superbenzin. Die Oktanzahl beträgt 95, ebenso wie der Superbenzin-Kraftstoff, welcher in dieser Arbeit als Grundlage dient (Christiansen 2008, S. 13).
[24] Rang 1 steht für den teuersten Preis im EU-Vergleich, wobei Rang 28 den billigsten Preis auszeichnet.
[25] Im Anhang wird in einer Grafik ein Überblick über die aktuellen Energiesteuern, sowie eine Umsatzsteuer-Übersicht verschiedener europäischer Länder gegeben (Anlage 8).