Die Wahl des richtigen Standortes spielt für jedes Unternehmen eine wichtige Rolle. Die zunehmende Globalisierung der Weltmärkte und der Abbau von internationalen Hemmnissen, führt immer mehr Unternehmen der produzierenden Industrie dazu, ihre Produktionsstätten ins Ausland zu verlagern. Als Grund dafür werden die schlechten Rahmenbedingungen, die in Deutschland herrschen, angegeben. Demnach machen zu hohe Arbeitskosten, kurze Arbeitszeiten, hohe Lohnnebenkosten und Steuern, den Standort Deutschland, neben den potentiellen Niedriglohnländern, als Standort für eine Produktionsstätte, immer unattraktiver. Weiterhin bieten sich für Unternehmen viele neue Standortalternativen, was die Standortwahl komplexer gestaltet. Anhand von Standortbewertungsverfahren, bei denen verschiedene Standortfaktoren (harte Faktoren und weiche Faktoren) bewertet werden, wird aus den gegebenen Standortalternativen die vorteilhaftteste Variante gewählt.
Dass sich eine Standortverlagerung in einigen Fällen jedoch als eine Fehlentscheidung her-ausstellen kann, zeigen Rückverlagerungsquoten von Unternehmen, die sich in den Jahren 2000 – 2006 für eine Produktionsverlagerung entschieden haben.
In seinem Buch „In- und ausländische Standorte richtig bewerten“, nennt Kinkel (2009) vier Grundfragen, die in jede Standortentscheidung mit einfließen müssen. Nach Kinkel (2009) ist der Grund dafür, weshalb 15 – 25 % der Verlagerungsentscheidungen sich als Fehlentschei-dungen entpuppen, welche einem Unternehmen Verluste in zweistelligen Millionenbeträgen einbringen können, dass diese Unternehmen ihre berücksichtigten Standortfaktoren nicht an-gemessen bewerten. Seine Kritik an traditionellen Standortbewertungsverfahren ist, dass den „harten Faktoren“ bei der Standortbewertung ein viel zu hoher Wert beigemessen wird und im Gegenzug die „weichen Faktoren“ zu kurz kommen, was grobe Fehleinschätzungen bei der Standortbewertung mit sich bringt.
Inhaltsverzeichnis
Inhaltsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
1. Einleitung
2. Standortplanung
2.1 Standortfaktoren
2.2 Traditionelle Standortbewertungsverfahren
2.2.1 Qualitative Bewertungsverfahren
2.2.2 Quantitative Bewertungsverfahren
3. Fehler bei der Standortwahl
3.1 Stimmigkeit von Wettbewerbs- und Standortstrategie
3.2 Optimierungspotentiale am bestehenden Standort werden übersehen
3.3 Netzwerbedarf wird unterschätzt
3.4 Szenarien Denken fehlt
3.5 Anlaufzeiten und Betreuungskosten werden unterschätzt
4. Neue Instrumente in der Standortbewertung
4.1 Checklisten erfolgskritischer Standortfaktoren
4.2 Historieninventur
4.3 Optimierungspotentiale am eigenen Standort untersuchen und bewerten
4.4 Transparenter Netzwerkbedarf
4.5 Szenario-basierte Standortbewertung
4.6 Strategisches Standortcontrolling
5. Schlussbetrachtung
Literaturverzeichnis
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1: Harte und weiche Standortfaktoren (Quelle: Kinkel, 2013, Kostenwahrheit in der Standortbewertung)
Tabelle 2: Qualitative und quantitative Verfahren der Standortbewertung. (Quelle: Kinkel, 2009, S. 36)
Tabelle 3: Nutzwertanalyse. (Quelle: TEIA Lehrbuch, o.S.)
1. Einleitung
Die Wahl des richtigen Standortes spielt für jedes Unternehmen eine wichtige Rolle. Die zunehmende Globalisierung der Weltmärkte und der Abbau von internationalen Hemmnissen, führt immer mehr Unternehmen der produzierenden Industrie dazu, ihre Produktionsstätten ins Ausland zu verlagern.1 Als Grund dafür werden die schlechten Rahmenbedingungen, die in Deutschland herrschen, angegeben. Demnach machen zu hohe Arbeitskosten, kurze Arbeitszeiten, hohe Lohnnebenkosten und Steuern, den Standort Deutschland, neben den potentiellen Niedriglohnländern, als Standort für eine Produktionsstätte, immer unattraktiver.2 Weiterhin bieten sich für Unternehmen viele neue Standortalternativen, was die Standortwahl komplexer gestaltet.3 Anhand von Standortbewertungsverfahren, bei denen verschiedene Standortfaktoren (harte Faktoren und weiche Faktoren) bewertet werden, wird aus den gegebenen Standortalternativen die vorteilhaftteste Variante gewählt.4
Dass sich eine Standortverlagerung in einigen Fällen jedoch als eine Fehlentscheidung herausstellen kann, zeigen Rückverlagerungsquoten von Unternehmen, die sich in den Jahren 2000 - 2006 für eine Produktionsverlagerung entschieden haben.5
In seinem Buch „In- und ausländische Standorte richtig bewerten“, nennt Kinkel (2009) vier Grundfragen, die in jede Standortentscheidung mit einfließen müssen. Nach Kinkel (2009) ist der Grund dafür, weshalb 15 - 25 % der Verlagerungsentscheidungen sich als Fehlentschei- dungen entpuppen, welche einem Unternehmen Verluste in zweistelligen Millionenbeträgen einbringen können, dass diese Unternehmen ihre berücksichtigten Standortfaktoren nicht an- gemessen bewerten. Seine Kritik an traditionellen Standortbewertungsverfahren ist, dass den „harten Faktoren“ bei der Standortbewertung ein viel zu hoher Wert beigemessen wird und im Gegenzug die „weichen Faktoren“ zu kurz kommen, was grobe Fehleinschätzungen bei der Standortbewertung mit sich bringt.6
Weiterhin führt Kinkel an, dass Unternehmen die Optimierungs- und Investitionsmöglichkei- ten des heimischen Produktionsstandort nicht angemessen ausschöpfen, was seiner Meinung nach höhere Gewinne ausschlagen könnte, als die Investition in eine Auslandsverlagerung.7
Diese Arbeit behandelt das Thema der Standortbewertung, mit besonderem Fokus auf die Bedeutung der „weichen Faktoren“ bei Standortentscheidungsfragen für internationale Standortverlagerungen. Mithilfe dieser Arbeit soll ein Lösungsvorschlag geliefert werden, wie „weiche Faktoren“ zukünftig angemessen bewertet, quantifiziert und so in die Standortbewertung mit einbezogen werden können.
Nach Ottmann & Lifka (2011) besteht die allgemeine Aufgabe der betrieblichen Standortplanung darin:
„[…] die Differenz zwischen standortbedingten Vor- und Nachteilen - d.h. den Nutzen für das Unternehmen- auf lange Sicht zu maximieren.“8
Als Motivation bzw. Auslöser der Standortentscheidung nennen sie die Absicht, die bestehende Standortstruktur bzw. ihre Nutzung zu verändern.
Weiterhin führen sie an, dass ein Entscheidungsproblem vorliegt, wenn die Vermutung be- steht, dass das Erreichen von Unternehmenszielen gefährdet ist, was sie als „Risikoproblem“ bezeichnen, bzw. gefördert werden kann, was von ihnen als „Chancenproblem“ bezeichnet wird.9
Im Rahmen der Standortanalyse bzw. -wahl, werden dann für die Problemlösung Handlungsalternativen bestimmt, aus denen die vorteilhafteste Auswahl getroffen werden soll.10
Grundsätzlich ist die Standortwahl durch drei Kriterien Gruppen geprägt: Der Anlass zur Standortwahl, die Standortalternativen und die Standortfaktoren.11 Anlässe für eine Standort- wahl können zum Beispiel eine Neugründung oder eine Standortverlagerung sein. Bei den Standortalternativen sind Kriterien wie: geografische Lage (national, international), Anzahl der Standorte und die Gestaltungsform (Eigentumsrechte: Kauf, Miete) von Bedeutung. Die Standortfaktoren können unterschiedlich sein sowie unterschiedlich gewichtet werden.12
2.1 Standortfaktoren
Um traditionelle Standortbewertungsverfahren im Hinblick auf die Standortkriterien bzw. Standortfaktoren, mit besonderem Fokus auf die weichen Standortfaktoren, analysieren und bewerten zu können, ist es wichtig, sich zu Anfang einen Überblick über die verschiedenen Standortfaktoren zu verschaffen.
In seinem Buch „Über den Standort und Industrien“, führt Alfred Weber den Begriff „Stand- ortfaktor“ im Jahr 1909 in die Wirtschaftswissenschaften ein.13 Dabei beschrieb Alfred Weber den Begriff Standortfaktor als14: „[…] abgegrenzter Vorteil, der für eine wirtschaftliche Tä- tigkeit dann eintritt, wenn sie sich an einem bestimmten Ort oder auch generell an Plätzen be- stimmter Art vollzieht.“
Standortfaktoren sind demnach Kriterien wie15:
- Löhne
- Arbeitszeiten
- Steuern und Subventionen
- Grundstückspreise
- Maschinenkosten
- Infrastruktur
- Energie u. Materialkosten
- Transportkosten
- Netzwerk zuverlässiger Lieferanten und Kundenbeziehungen
- Qualität der Erzeugnisse und Prozesse
- Prozesssicherheit
- Flexibilität
- Innovation
- Umwelt u. Kulturangebot
Diese Faktoren lassen sich weiterführend in zwei Kategorien einteilen: harte und weiche Standortfaktoren:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Tabelle 1: Harte und weiche Standortfaktoren (Quelle: Kinkel, 2013, Kostenwahrheit in der Standortbewertung)
Weiterhin lassen sich die Standortfaktoren in vier Kategorien einteilen:
- Beschaffungsorientierte Standortfaktoren
- z.B. Standortwahl am Ort des Rohstoffabbaus
- Absatzorientierte Standortfaktoren
- z.B. Kaufkraft am Ort
- Fertigungsorientierte Standortfaktoren
- Verlagerung an einen Ort an dem die Fertigung durch Rahmenbedingungen ge- fördert wird (z.B. Klima bei Obstplantagen)
- Geringe Fertigungskosten (z.B. Niedriglohn, geringe Materialkosten)
- Staatlich festgelegte Standortfaktoren
- Steuern u. Subventionen (z.B. Gewerbesteuer)
Da der Zielerfüllungsgrad eines industriellen Unternehmens wesentlich von den relevanten Standortfaktoren beeinflusst wird, erfolgt eine Standortanalyse in der Regel unter Einbeziehung der Unternehmensziele, zur bestmöglichen Wahl einer Handlungsalternative bei der Standortwahl des Unternehmens.16 Dabei werden die Standortfaktoren der verschiedenen Standortalternativen anhand der Unternehmensziele gewichtet und in einer Nutzwertanalyse mit Punkten bewertet.17
Wie die Unterscheidung der harten und weichen Standortfaktoren bereits erahnen lässt, sind die harten Faktoren (monetäre Kriterien, leicht zugreifbare Informationen) diese, die die Standortbewertung verschiedener Unternehmen größtenteils dominieren. Kinkel (2013) kriti- siert diesen Umstand und gibt ihn als hauptsächliche Fehlerquelle an, wegen der sich ca. 25% der Unternehmen, nach einer Verlagerung des Standortes, dann wieder für eine Rückverlage- rung entscheiden.18
2.2 Traditionelle Standortbewertungsverfahren
Kommen wir nun zu den traditionellen Methoden der Standortbewertung, ihrer Schwächen und der generellen Herausforderung der Standortbewertung.
Als die größte Herausforderung der Standortbewertung wird das Zusammentragen einer opti- malen Informationsgrundlage, für eine komplexe und unsichere Entscheidungssituation, ge- nannt.19 20
Bewertungsverfahren lassen sich grob in zwei Kategorien einteilen: qualitative und quantita- tive. Um das Fehlentscheidungsrisiko zu minimieren und angesichts der Komplexität der ver- schiedenen Standortfaktoren und ihrem Einfluss auf das Erreichen der Unternehmensziele, werden verschiedene Bewertungsverfahren kombiniert, um die Vorteilhafteste Standortalter- native zu finden.21 Tabelle 2 zeigt eine Unterteilung der Bewertungsmethoden in qualitative und quantitative.
Tabelle 2: Qualitative und quantitative Verfahren der Standortbewertung. (Quelle: Kinkel, 2009, S. 36)
2.2.1 Qualitative Bewertungsverfahren
In Tabelle 2. ist erkennbar, dass den zahlreichen quantitativen Verfahren nur wenige qualitative Verfahren gegenüber stehen.
Nach Kinkel (2009) wird anhand der qualitativen Verfahren eine erste Vorauswahl getroffen, in der die Anzahl der potentiellen Standortalternativen, mithilfe von Ausschluss-Kriterien, auf eine überschaubare Anzahl zu reduzieren. Dabei können Ausschlusskriterien sein: politische Lage, wirtschaftliche Lage, rechtliche Stabilität, Investitionsrisiko, geographische Eignung, Klima, Umwelt und Infrastruktur.22
Mithilfe von Country-Ratings, die von etwaigen Unternehmen angeboten werden, können an- hand von Länderrisikoindikatoren (politische und wirtschaftliche Risiken), erste Vorentschei- dungen getroffen werden, was die Auswahl der Standortalternativen auf eine überschaubare Anzahl begrenzt.23
Länderrisikoindikatoren werden auf Basis von Scoring Modellen errechnet. Die Scoring Modelle werden anhand von qualitativen und quantitativen Daten erstellt.
Qualitative Daten werden mithilfe von Expertenbefragungen in öffentlichen Organisationen und Banken erhoben, wogegen die quantitativen Daten anhand von Statistiken, Zahlen und Fakten gewonnen werden.24
Das BERI Institut (Business Environment Risk Information) liefert den bekanntesten Index zur Beurteilung des Länderrisikos, auf Basis von 31 qualitativen und 9 quantitativen Krite- rien.25
Um die Anzahl der Standortalternativen weiter einzugrenzen, können Standortfaktoren nach ihrer Relevanz eingeschätzt und aufgelistet werden. Dieses Verfahren nennt sich „Checklistenverfahren“ und bildet nur einen unterstützenden Schritt bei der Standortbewertung. Das Checklistenverfahren kann eine gute Grundlage für die weitere Standortbewertung, beispielsweise durch die Nutzwertanalyse, sein.26
[...]
1 Haaker 2014, S. 49
2 Kinkel 2009, S. V
3 Vahrenkamp & Mattfeld 2007, S. 4
4 Haaker 2014, S. 49 f.
5 Kinkel 2009, S. 24 f.
6 Vgl. Kinkel 2009, o.S.
7 Vgl. Kinkel 2009 , S. VI
8 Ottmann & Lifka 2011, S. 10
9 Vgl. Ottmann & Lifka 2011, S. 11
10 Kinkel & Zanker 2007 , S. 5
11 Arnold et. al.2008, S. 32
12 Kinkel 2009, S. 38 f.
13 Haaker 2014, S. 61
14 Haaker 2014, S. 61
15 Kinkel 2009 , S. 57
16 Haaker 2014 , S. 62
17 Kinkel 2009, S. 57 f.
18 Vgl. Kinkel 2009 , S. 24
19 Kontny 1999 S. 3
20 Kinkel [2009, S. 23
21 Kinkel 2009, S. 36 f.
22 Vgl. Kinkel 2009, S. 37
23 Kinkel 2009, S. 37
24 Ottmann & Lifka, 2011, S. 46
25 Kinkel 2009, S. 37
26 Kinkel 2009, S. 37 f.