Im Rahmen dieser Arbeit wird der Landesausbau der Wettiner, vor allem im meißnisch-thüringischen Raum, untersucht. Dabei wurde auch das Fürstengeschlecht der Askanier, die zu den wichtigsten Nachbarn der Wettiner zählten, miteinbezogen.
Die Wettiner gehörten zu den bedeutendsten Hochadelsgeschlechtern Deutschlands. Ihr angestammter Herrschaftsbereich bildete das Gebiet zwischen Saale und Elbe. Dort herrschten sie anfangs als Markgrafen der Ostmark und von Meißen. Im Laufe der Jahrhunderte wuchsen ihre Macht und ihr Rang stetig. Im Jahr 1247 wurden sie Landgrafen von Thüringen und Pfalzgrafen von Sachsen. Ab 1423 waren sie als Nachfolger der Askanier Herzöge von Sachsen-Wittenberg und damit Kurfürsten des Heiligen Römischen Reiches.
Die Wettiner haben so lange wie kein anderes deutsches Fürstenhaus ununterbrochen Herrschaft im mitteldeutschen Raum ausgeübt, nämlich 829 Jahre lang, vom Februar 1089, als Kaiser Heinrich IV. den Wettiner Heinrich I. von Eilenburg mit der Mark Meißen belehnte, bis 1918, als die Dynastie in Folge der Novemberrevolution abgesetzt wurde. Der Aufstieg der Wettiner von Lehensträgern des deutschen Königtums zu bedeutenden deutschen Territorialfürsten war zwar langsam, aber stetig. Jedoch war dieser auch nicht frei von Fehlentscheidungen. Es kam beispielsweise immer wieder zu Landesteilungen, wie die Chemnitzer Teilung im Jahr 1382 oder die Leipziger Teilung von 1485.
Inhalt
1. Einleitung
2. Untersuchung
2.1. Die Geschichte der Wettiner
2.2. Die Geschichte der Askanier
2.3. Der Vergleich: Wettiner und Askanier in Bezug auf ihren Landesausbau
3. Schlussbemerkung
4. Literaturverzeichnis
1. Einleitung
Die Wettiner1 gehörten zu den bedeutendsten Hochadelsgeschlechtern Deutschlands. Ihr angestammter Herrschaftsbereich bildete das Gebiet zwischen Saale und Elbe. Dort herrschten sie anfangs als Markgrafen der Ostmark und von Meißen. Im Laufe der Jahrhunderte wuchsen ihre Macht und ihr Rang stetig. Im Jahr 1247 wurden sie Landgrafen von Thüringen und Pfalzgrafen von Sachsen. Ab 1423 waren sie als Nachfolger der Askanier Herzöge von Sachsen-Wittenberg und damit Kurfürsten des Heiligen Römischen Reiches.2 Die Wettiner haben so lange wie kein anderes deutsches Fürstenhaus ununterbrochen Herrschaft im mitteldeutschen Raum ausgeübt3, nämlich 829 Jahre lang, vom Februar 1089, als Kaiser Heinrich IV. den Wettiner Heinrich I. von Eilenburg mit der Mark Meißen belehnte, bis 1918, als die Dynastie in Folge der Novemberrevolution abgesetzt wurde.4 Der Aufstieg der Wettiner von Lehensträgern des deutschen Königtums zu bedeutenden deutschen Territorialfürsten war zwar langsam, aber stetig. Jedoch war dieser auch nicht frei von Fehlentscheidungen. Es kam beispielsweise immer wieder zu Landesteilungen, wie die Chemnitzer Teilung im Jahr 13825 oder die Leipziger Teilung von 14856.
Vor diesem Hintergrund soll im Rahmen dieser Arbeit der Landesausbau der Wettiner, vor allem im meißnisch–thüringischen Raum, untersucht werden. Dabei soll auch das Fürstengeschlecht der Askanier, die zu den wichtigsten Nachbarn der Wettiner zählten7, miteinbezogen werden. Hier sollen die Gebiete der Mark Brandenburg, des Fürstentums Anhalt und des Herzogtums Sachsen untersucht werden.
Auf folgende konkrete Forschungsfrage soll am Ende eine Antwort gegeben werden: Wie vollzog sich der Landesausbau der Wettiner im meißnisch-thüringischen Raum im Vergleich zu dem der Askanier in der Mark Brandenburg, Anhalt und im Herzogtum Sachsen bzw. welche der beiden Dynastien verfolgte die bessere Strategie? Dieses Thema wirft zudem noch weitere Fragen auf; zum Einen: Wie sah das Verhältnis zwischen den Wettinern und den Askaniern aus? Zum Anderen: Welche Bedeutung bzw. welche Folgen hatten Landesteilungen und Familienzwist für den Landesausbau? Als zeitliche Begrenzung für die Bearbeitung des Stoffes wurde ein relativ langer Zeitraum gewählt, um den Prozess dieses Landesausbaus gut darstellen zu können, und zwar der Herrschaftsantritt Konrads I. von Wettin 1123 und die Leipziger Teilung 1485. Die Arbeit konzentriert sich vor allem auf das politische und verwaltungsmäßige Handeln der Wettiner, wobei auch das gesellschaftliche Umfeld mit einbezogen werden soll. Dies kann nur erfolgreich analysiert werden, wenn die wichtigsten Angehörigen der Familie und ihr Handeln ausreichend berücksichtigt werden. Deshalb wird der erste Hauptteil dieser Arbeit eine kurze Schilderung der politischen und territorialen Entwicklung der wettinischen Länder unter den jeweiligen Machthabern enthalten. Auch die Geschichte der Askanier soll kurz beschrieben werden. Im zweiten Hauptteil soll dann der Vergleich der Wettiner mit den Askaniern in Bezug auf ihren Landesausbau erfolgen.
Die Anfänge der wettinischen Herrschaft im Hochmittelalter sind in den vergangenen Jahren mehrfach Gegenstand von Forschungen gewesen. Folgende Arbeiten sind dabei besonders hervorzuheben: Stefan Pätzold untersucht in seiner Monografie „Die frühen Wettiner. Adelsfamilie und Hausüberlieferung bis 1221“ die Entwicklung der Dynastie bis 1221. Er behandelt zunächst die politische und soziale Entwicklung der Wettiner, geht dann auf deren Machtgrundlagen ein und setzt sich zuletzt mit der zeitgenössischen Geschichtsschreibung über die Wettiner auseinander.8 In der für das zu behandelnde Thema ebenfalls sehr wichtigen Monografie von Jörg Rogge9 steht die Frage im Mittelpunkt, wie die Familie der Wettiner im Spätmittelalter die Herrschaftsweitergabe innerhalb der Dynastie sicherte.10 Mit den askanischen Herzögen von Sachsen-Wittenberg hat Lorenz Friedrich Beck in seiner 2000 publizierten Dissertationsschrift11 einen der wichtigsten Nachbarn der Wettiner behandelt. Gegenstand ist hier der Aufbau und Ausbau der Landesherrschaft dieser Linie der Askanier von den Anfängen bis zum Jahr 1422. Damit bietet Beck ein sehr gutes Vergleichsmaterial zur gleichzeitigen Entwicklung im wettinischen Bereich.12 Des Weiteren verfasste Jörg Rogge13 ein weiteres für diese Arbeit wichtiges Werk. Hierin schildert Rogge den Aufstieg der Wettiner bis ins ausgehende 16. Jahrhundert. Wichtige Stationen dieser Entwicklung sind die frühe Herrschaftsausbildung der Familie im Saale-Mulde-Raum, die Erlangung der Markgrafschaft Meißen 1089, sowie die Etablierung der Wettiner im Kreis der ranghöchsten Fürsten im 12. Jahrhundert. Außerdem werden der Erwerb Thüringens in der Mitte des 13. Jahrhunderts, innerdynastische Krisen und Landesteilungen, die Verleihung der sächsischen Kurwürde und vieles mehr in diesem Werk berücksichtigt.14 Außerdem dienen einige Aufsätze der Bearbeitung des Themas, z.B. der Aufsatz von Karlheinz Blaschke,15 der die Geschichte der sächsischen Kurwürde unter der Herrschaft der Askanier und der Wettiner rekonstruiert, oder der Aufsatz von Helmut Assing16 über den Aufstieg der askanischen Markgrafen von Brandenburg in den Kurfürstenrang. Außerdem soll noch eine Arbeit von Reiner Groß17, über die Bedeutung der Wettiner in Sachsen und in der Geschichte des deutschen Volkes, sowie eine weitere Arbeit von Karlheinz Blaschke18, über die Dynastiegeschichte, die er am Beispiel der Wettiner analysiert, miteinbezogen werden. Wichtige Quellen für die Bearbeitung des Themas sind Chroniken, vor allem die um 1230 verfasste Petersberger Chronik, welche 1996 von Wolfgang Kirsch aus dem Lateinischen ins Deutsche übersetzt wurde und Urkunden aus der Zeit, die bearbeitet werden soll. Hierzu dienen die Regesten der Urkunden des Sächsischen Hauptstaatsarchivs Dresden über die Jahre zwischen 1351 und 136519.
2. Untersuchung
2.1. Die Geschichte der Wettiner
Die Wettiner haben viele wichtige Etappen in der Geschichte miterlebt; von der frühfeudalen Staatsbildung in Bereichen um den Harz, über die Aufklärung bis zur Industriellen Revolution.20 Ihr Aufstieg war mit der Ausbildung einer Landesherrschaft als einer eigenständigen Form der Herrschaftsausübung im feudalen deutschen Staat verbunden. Diese Struktur haben die Wettiner bewusst mitgestaltet.21 Der Prozess ihres Aufstiegs war langsam, aber dennoch stetig, denn als Markenzeichen der Dynastie galt ihre Beharrlichkeit beim Machtausbau.22
Am Anfang dieser Entwicklung stand der 1098 oder 1099 geborene Konrad I. von Wettin. Er wurde als eigentlicher Begründer des wettinischen Territoriums angesehen.23 Konrad wollte vor allem wieder in Besitz der Mark Meißen und der Ostmark gelangen, die als Reichslehen nach dem Tod seines Vetters Heinrich II. an den König zurückgefallen waren. Dieser hatte beide Markgrafschaften dann an Wiprecht von Groitzsch übertragen.24 Deshalb waren die ersten Jahre seiner Amtszeit überschattet von einem heftigen militärischen Konflikt mit Wiprecht und dem Kaiser Heinrich V. Konrad hatte diesen Konflikt gemeinsam mit Herzog Lothar von Sachsen und dem Askanier Albrecht dem Bären gegen Wiprecht und den Kaiser ausgetragen.25 Der Wettiner und seine Verbündeten gingen auch als Sieger aus diesem Konflikt hervor. Im Jahr 1123 wurde Konrad von Lothar die Markgrafschaft Meißen übertragen, wodurch er in den Kreis der mächtigsten Fürsten im Reich aufstieg. Im Jahr 1136 wurden Konrad die Ostmark, auch Niederlausitz genannt,26 und mit der Grafschaft Groitzsch-Rochlitz Besitzungen aus dem Groitzscher Erbe übertragen, denn Wiprecht von Groitzsch war ohne Erben gestorben.27 Konrad starb 1157. Er regelte seine Nachfolge, indem er seinen Besitz auf fünf Söhne verteilte. Der älteste Sohn Otto I. erhielt die Mark Meißen, der zweitgeborene Sohn Dietrich die Ostmark, Heinrich die Grafschaft Wettin, Dedo die Grafschaft Groitzsch-Rochlitz und Friedrich die Grafschaft Brehna.28
Otto I. erhielt später den Beinamen „der Reiche“. Dieser hing mit der Entdeckung und Erschließung des Silberbergbaus um 1170 im Freiberger Gebiet zusammen, durch den die Mark Meißen auf Jahrhunderte zu gewissem Wohlstand kam. Er beteiligte sich an der Siedlungs- und Rodungsbewegung im 12. Jahrhundert in seinem Herrschaftsbereich, indem er die Ansiedlung einwandernder Bauern aus Franken und Westfalen förderte.29 Um sich nicht in dem vom Vater dafür vorgesehenen Stift auf dem Petersberg begraben zu lassen, gründete Otto das Zisterzienserkloster Altzelle, welches unter den Kloster- und Stiftsgründungen die bedeutendste Stellung einnahm und über einen Zeitraum von etwa zwei Jahrhunderten als Grablege der Wettiner diente.30 Schon vor dem Tod des Vaters Otto I. 1190 hatten seine Söhne Albrecht der Stolze und Dietrich der Bedrängte einen schweren Konflikt um die Verteilung des Erbes und die Nachfolge als Markgraf Meißens.31 Die Wettiner haben ihre Herrschaft und Machtposition bis ins 14. Jahrhundert immer wieder durch Familien-und Erbstreitigkeiten gefährdet.32 Albrecht, der der Nachfolger Ottos wurde, und Dietrich, der die Herrschaft über Weißenfels hatte, gingen auch militärisch gegeneinander vor, denn Albrecht wollte sein Erbe mit Gewalt sichern und Dietrich gab seine Erbansprüche nicht auf.33 Albrecht starb aber bereits 1195 und hinterließ keine Erben. Das Reichslehen Meißen fiel an den König zurück, aber 1197 schaffte es Dietrich wieder in deren Besitz zu gelangen und als Konrad II. von der Ostmark 1210 starb, belehnte der Welfe Otto IV. Dietrich gegen eine Zahlung von 15000 Mark noch mit der Ostmark.34 Somit hatte Dietrich den größten Teil des wettinischen Besitzes wieder in seine Hand gebracht und die Zersplitterung von 1157 war überwunden. Sein Nachfolger wurde sein um 1215 geborener Sohn Heinrich der Erlauchte, der als einer der berühmtesten Wettiner in die Geschichte einging. Sein größter politischer Erfolg war die Eroberung Thüringens, wonach sich das wettinische Land von der Oder bis zur Werra erstreckte.35 Er vereinigte insgesamt vier Fürstentümer unter sich; die Landgrafschaft Thüringen, die Markgrafschaft Meißen, die Ostmark und die Pfalzgrafschaft Sachsen.36
Als Friedrich III. Markgraf von Meißen und Landgraf von Thüringen 1381 starb, trafen sich 1382 seine beiden Brüder Balthasar und Wilhelm I. mit seinem Sohn Friedrich IV. in Chemnitz zur Chemnitzer Teilung. Damit wurde der wettinische Besitz wieder in drei Herrschaftskomplexe geteilt. Balthasar erhielt Thüringen, Wilhelm I. Meißen und Friedrich die Herrschaft in der Mitte an Saale und Mulde, dem sogenannten Pleißen- und Osterland.37 Friedrich IV. -auch der Streitbare genannt- erhielt um 1415 die Alleinherrschaft über die Mark Meißen. An der Seite des Königs Sigismund nahm er ab 1420 an den Hussitenkriegen teil und erhielt dafür 1423 das Kurfürstentum Sachsen-Wittenberg nach dem Tod des Askaniers Albrecht II. 1422. Das Kurfürstentum war zwar klein, aber ihm hing die Kurwürde und damit ein enormes Maß an Prestige und Ehre an.38 Im Jahr 1446 traten Friedrichs Enkel, Ernst der Andächtige und Albrecht der Beherzte, die Nachfolge ihres Vaters Friedrich des Sanftmütigen an. Sie einigten sich zunächst auf eine gemeinsame Verwaltung der wettinischen Lande. Während ihrer Herrschaft gelang ihnen die Erweiterung ihres Machtbereichs durch den Erwerb böhmischer Lehen. Außerdem konnten sie durch die Etablierung zweier Söhne von Ernst in den Erzbistümern Magdeburg und Mainz ihren Einfluss auf die großen geistlichen Territorien, die an ihren Herrschaftsbereich grenzten, deutlich erhöhen.39 Dies zeigte, dass die Wettiner auch wussten, wie sie ihre Macht auf kirchliche Territorien ausdehnen konnten.40 Doch im Laufe der Zeit liefen ihre Interessen auseinander und jeder war an einem eigenen Landesteil interessiert. Am 04. Juli 1484 einigten sie sich in Leipzig auf eine Teilung, die 1485 in Kraft trat. Daraus gingen zwei Territorialeinheiten hervor. Ernst erhielt als Erstgeborener das Kurfürstentum und den größten Teil Thüringens und Albrecht bekam die Mark Meißen. Es war die erste Spaltung, die dauerhaft blieb.41
2.2. Die Geschichte der Askanier
Der um 1100 geborene Albrecht der Bär galt als Stammvater aller späteren Askanier.42 Er wurde 1123 Graf von Ballenstedt und nutzte gleich eine sich ihm bietende Chance zum Aufstieg in die Gruppe der Reichsfürsten. Nach dem erfolgreichen Kampf mit Herzog Lothar von Sachsen und Konrad von Wettin gegen Wiprecht von Groitzsch und den Kaiser Heinrich V. erhielt Albrecht die Lausitz, die er allerdings 1131 wieder verlor. Im Jahr 1134 wurde Albrecht mit der sächsischen Nordmark belehnt. Seine bitterste Niederlage erlitt er als er nach langen kriegerischen Auseinandersetzungen mit den Welfen, besonders mit Heinrich dem Löwen, gezwungen war auf das ihm 1138 übertragene Herzogtum Sachsen wieder zu verzichten, da die Welfen damit nicht einverstanden waren. Jedoch konnte Albrecht als Erbe des slavischen Hevellerfürsten Pribislav-Heinrich im Havelland den Grundstein für die Entstehung der Mark Brandenburg legen. Albrecht förderte die wirtschaftliche Entwicklung der Markgrafschaft und baute durch Eroberung und Siedlung die Landesherrschaft der brandenburgischen Askanier aus. Im Jahr 1152 verlieh ihm Friedrich I. Barbarossa die Grafschaft Plötzkau bei Bernburg, deren Herren 1147 ausgestorben waren.43 Von seinen Söhnen gingen bei der Teilung des Besitzes nach seinem Tod 1170 die einzelnen Linien der Askanier aus.
Sein ältester Sohn Otto I. übernahm die Markgrafschaft Brandenburg. Sie wurde von seinen Nachkommen mittels originärer und sekundärer Siedlung und anderer Herrschaftsbildungsmethoden innerhalb eines Jahrhunderts zu einer relativ dichten, stellenweise bereits flächenhaft geschlossenen Landesherrschaft bei sich lockernder Bindung an das Reich ausgebaut. Allerdings starb die Linie der brandenburgischen Askanier bereits 1290 aus. Der zweite Sohn Albrechts, Hermann, übernahm die Grafschaft Weimar-Orlamünde. Diese Linie erlosch 1140 mit dem Grafen Wilhelm. Am längsten bewahrten die Askanier an der westlichen Mittelelbe und am Nordostharz das Erbe Albrechts.44 Sein jüngster Sohn, Bernhard, übernahm die Grafschaft Aschersleben und die Burg Anhalt. Dazu erhielt er nach dem Tod seines spätestens 1173 verstorbenen Bruders Adalbert dessen Besitz um Ballenstedt, Plötzkau und Wörbzig. Nach der Absetzung Heinrich des Löwen wurde Bernhard 1180 Herzog von Sachsen.45 Er und sein um 1212 geborener Sohn Albrecht I. konnten vorwiegend an der mittleren Elbe im Umkreis von Belzig, Wittenberg und der Burg Aken an der Elbe ein an die brandenburgischen, anhaltinischen und wettinischen Bereiche grenzendes Herrschaftsgebiet ausbilden.46 Seine Nachkommen spalteten das Herzogtum 1261 in Sachsen-Wittenberg und Sachsen-Lauenburg. Den Wittenberger Askaniern bestätigte die Goldene Bulle Karls IV. 1356 den Kurfürstenrang. Diese Linie erlosch 1422 während der Lauenburger Zweig bis 1689 blühte.47 Bernhards ältester um 1170 geborener Sohn Heinrich I. erhielt als Graf von Aschersleben oder von Anhalt die Stammgüter zwischen Harz und Mulde. Ihm gelang es im Umkreis von Ballenstedt, Aschersleben, Bernburg, Nienburg, Köthen, Dessau, Coswig und Gernrode, Landesherrschaft in Gebieten auszubilden, die sich durch überwiegend gute Böden, Bergbau und einige ertragreiche überregionale Verkehrszweige auszeichnete. Heinrichs Söhne stifteten eigene askanische Linien, sodass sich im Spätmittelalter drei, seit 1315 zwei anhaltinische Grafen gleichberechtigt und selbstständig gegenüberstanden; Heinrich II. übernahm Aschersleben, Bernhard I. Bernburg und Siegfried I. Köthen, Dessau und Zerbst.48
[...]
1 Groß, Reiner: Die Wettiner, Stuttgart 2007, S. 22. Die Wettiner, benannt nach ihrer Stammburg Wettin, nordwestlich von Halle gelegen, um die sich dann die gleichnamige Grafschaft entwickelte, stammten mit großer Wahrscheinlichkeit väterlicherseits von den in Schwaben beheimateten Burkhardingern und mütterlicherseits von den Harzgrafen aus dem Geschlecht der Immedinger ab.
2 Pätzold, Stefan: Die frühen Wettiner. Adelsfamilie und Hausüberlieferung bis 1221, Köln [u.a.] 1997, S. 1.
3 Groß: Die Wettiner, S. 22.
4 Vgl. Schwarz, Hilmar: Die Wettiner des Mittelalters und ihre Bedeutung für Thüringen, Leipzig 1994, S. 12-17.
5 Groß: Die Wettiner, S. 283 f. Die Chemnitzer Teilung von 1382 bewirkte die Trennung des wettinischen Landes in Thüringen, das Osterland und Meißen.
6 Vgl. Schwarz, S. 144-146. Die Leipziger Teilung von 1485 war eine der verhängnisvollsten Fehlentscheidungen der Wettiner. Daraus gingen zwei unterschiedliche Territorialeinheiten hervor. Ernst der Andächtige erhielt den Kurkreis und den größten Teil Thüringens und sein Bruder Albrecht der Beherzte erhielt die Mark Meißen.
7 Pätzold, S. 100.
8 Leisering, Eckhart: Die Wettiner und ihre Herrschaftsgebiete 1349-1382. Landesherrschaft zwischen Vormundschaft, gemeinschaftlicher Herrschaft und Teilung , Halle (Saale) 2006, S. 13.
9 Rogge, Jörg: Herrschaftsweitergabe, Konfliktregelung und Familienorganisation im fürstlichen Hochadel. Das Beispiel der Wettiner von der Mitte des 13. bis zum Beginn des 16. Jahrhunderts, Stuttgart 2002.
10 Leisering: Die Wettiner und ihre Herrschaftsgebiete, S. 18.
11 Beck, Lorenz Friedrich: Herrschaft und Territorium der Herzöge von Sachsen-Wittenberg (1212-1422), Potsdam 2000.
12 Leisering: Die Wettiner und ihre Herrschaftsgebiete, S. 20.
13 Rogge, Jörg: Die Wettiner. Aufstieg einer Dynastie im Mittelalter, Ostfildern 2005.
14 Tebruck, Stefan: Rezension von: Rogge, Jörg: Die Wettiner. Aufstieg einer Dynastie im Mittelalter,Ostfildern 2005, in: sehepunkte 6 (2006), Nr. 10 [15.10.2006], URL: <http://www.sehepunkte.de/2006/10/9794.html> (19.02.2013).
15 Blaschke, Karlheinz: Die sächsische Kur. Askanier und Wettiner, in: Wolf, Armin (Hrsg.): Königliche Tochterstämme. Königswähler. Kurfürsten, Frankfurt/M. 2002, S. 187-201.
16 Assing, Helmut: Der Aufstieg der askanischen Markgrafen von Brandenburg in den Kurfürstenrang, in: Wolf, Armin (Hrsg.): Königliche Tochterstämme. Königswähler. Kurfürsten, Frankfurt/M. 2002, S. 317-358.
17 Groß, Reiner: Sachsen und die Wettiner. Ihre Stellung und Bedeutung in der Geschichte des deutschen Volkes, in: ders. (Hrsg.): Sachsen und die Wettiner. Chancen und Realitäten, Dresden 1990, S. 11-28.
18 Blaschke, Karlheinz: Dynastiegeschichte in unserer Zeit. Das Beispiel der Wettiner, in: Groß, Reiner (Hrsg.): Sachsen und die Wettiner. Chancen und Realitäten, Dresden 1990, S.37-44.
19 Leisering, Eckhart: Regesten der Urkunden des Sächsischen Hauptstaatsarchivs Dresden 1351-1365, Halle (Saale) 2003.
20 Vgl. Groß, in: Sachsen und die Wettiner, S. 13.
21 Ebenda, S. 15.
22 Philippi, Hans: Die Wettiner in Sachsen und Thüringen, Limburg 1989, S. 179.
23 Schwarz, S. 14-17.
24 Rogge: Die Wettiner, S. 32-37.
25 Vgl. Pätzold, S. 31-34.
26 Vgl. Rogge: Die Wettiner, S. 32-37.
27 Pätzold, S. 34.
28 Vgl. Rogge: Die Wettiner, S. 36-37.
29 Ebenda, S. 37-42.
30 Vgl. Winkel, Harald: Herrschaft und Memoria. Die Wettiner und ihre Hausklöster im Mittelalter, Leipzig 2010, S. 141.
31 Vgl. Rogge: Die Wettiner, S. 42.
32 Ebenda, S. 45.
33 Vgl. Ebenda, S. 47.
34 Ebenda, S.49. Nach dem Tod König Heinrichs VI. fanden zwei Königswahlen statt. Gewählt wurden der Staufer Philipp von Schwaben und der Welfe Otto IV. Es entwickelte sich ein Kampf um den Königsthron. Dietrich nutze diese Situation aus und okkupierte die Herrschaft in der Mark Meißen.
35 Vgl. Schwarz, S.35-46. Um 1242/43 erhielt er die Eventualbelehnung von Thüringen. Nach dem Tod des thüringischen Landgrafen Heinrich Raspe erhoben auch andere Ansprüche – vor allem der thüringische Adel. Heinrich führte 1243 einen Erbfolgekrieg und 1250 verkündete er in Mittelhausen bei Erfurt einen Landfrieden, wodurch es ihm gelang, sich als oberste Reichsinstanz durchzusetzen. 1254 wurde Heinrich mit der Landgrafschaft Thüringen belehnt.
36 Vgl. Rogge: Herrschaftsweitergabe, S. 17-19. Heinrich ließ seine Söhne Dietrich und Albrecht gemeinsam die Landgrafschaft Thüringen regieren. Diese gemeinsame Regierung hatte sich aber nicht bewährt. Deshalb teilte er jedem seiner Söhne einen eigenen Herrschaftsbereich zu. Dietrich bekam 1261 die Landgrafschaft Thüringen und Albrecht die Markgrafschaft Landsberg, die Heinrich in seinem eigenen Herrschaftsbereich bildete. Im Jahr 1263 nahm Heinrich einen Tausch der Herrschaftsgebiete vor, sodass Dietrich als Markgraf von Landsberg und Albrecht als Landgraf von Thüringen herrschte.
37 Vgl. Rogge: Die Wettiner, S. 120 f.
38 Ebenda, S. 147- 150.
39 Vgl. Rogge: Herrschaftsweitergabe, S. 214.
40 Schwarz, S. 141.
41 Schwarz ,S. 144-146.
42 Vgl. Heinrich, Gerd: Art. Askanier, in : Angermann, Norbert (Hrsg.): Lexikon des Mittelalters, Bd. 1, München, Zürich 1980, Sp. 1109-1112, Sp. 1109. Die Bezeichnung „Askanier“ wurde von der als Stammsitz geltenden Burg Aschersleben abgeleitet. Die „alte Burg“ in Ballenstedt war Namensgeber im 11. und 12. Jahrhundert. Erst Albrecht der Bär und seine Nachkommen gingen nach 1134 dazu über, sich nach ihren Burgen Aschersleben und Anhalt zu benennen. Erster erschließbarer Askanier war der um 1000 geborene Adalbert. Er war der Vater des um 1030/34 urkundlich erwähnten Graf Esico von Ballenstedt. Dessen um 1075 geborene Enkel Otto der Reiche war der Vater des berühmten Askaniers Albrecht des Bären. Die Linie der Fürsten von Anhalt besteht bis heute.
43 Vgl. Partenheimer, Lutz: Die frühen Askanier und die Entstehung Anhalts, in: 800 Jahre Anhalt. Geschichte, Kultur und Perspektiven, Wettin-Löbejün 2012, S. 153-170, S. 160-166.
44 Heinrich, in: Lexikon des Mittelalters, Sp. 1110 f.
45 Partenheimer, in: 800 Jahre Anhalt, S. 168.
46 Heinrich, in: Lexikon des Mittelalters, Sp. 1111.
47 Partenheimer, in: 800 Jahre Anhalt, S. 168.
48 Heinrich, in: Lexikon des Mittelalters, Sp. 1111.