Die traditionelle Satzgliedanalyse, bereits in der Grundschule erlernt, erscheint auf den ersten Blick eindeutig und keine weiteren Probleme oder Fragen offen zu lassen. Das Subjekt ist Gegenstand der Satzaussage, das worüber gesprochen wird und mit wer oder was erfragbar. Das Prädikat wird durch ein Verb oder ein Verbkomplex realisiert und drückt die auf das Subjekt bezogene Handlung, einen Vorgang oder Zustand aus. Das Objekt ist Zielpunkt des verbalen Geschehens; ein Genitivobjekt ist mit wessen erfragbar, das Dativobjekt mit der Frage wem, das Akkusativobjekt mit wen oder was und das Präpositionalobjekt schließlich mit der Präposition + Fragepronomen. Adverbiale Bestimmungen drücken die näheren Umstände des Satzgeschehens aus und werden nach ihrer Semantik eingeteilt in Lokal-, Temporal-, Modal- und Kausalbestimmungen. Zu allen Satzgliedern außer dem Prädikat können außerdem Attribute als sogenannte Satzgliedteile hinzutreten. Attribute treten in der Regel zu einem Substantiv oder Adjektiv hinzu und beschreiben dieses näher. Soweit zu den traditionellen und gebräuchlichsten Termini der traditionellen Satzgliedanalyse.
Die folgenden Ausführungen beschäftigen sich mit der Frage, ob die Zuordnung und Benennung einzelner Satzglieder tatsächlich immer so eindeutig ist. Wie sich herausstellen wird, kann es besonders bei der Unterscheidung zwischen Präpositionalobjekt und adverbialer Bestimmung zu Schwierigkeiten kommen. Wie lässt sich zum Beispiel in dem Satz Die Reisenden fragten am Informationsstand nach dem Weg feststellen, dass es sich bei der Präpositionalphrase am Informationsstand um eine Lokalbestimmung und bei nach dem Weg um ein Präpositionalobjekt handelt? Diese Frage soll hier beantwortet werden. Zunächst werden dazu beide Satzgliedarten, also Präpositionalobjekt und adverbiale Bestimmung, getrennt voneinander erläutert mit dem Ziel die jeweiligen prototypischen Eigenschaften und Merkmale in syntaktischer, semantischer und formaler Hinsicht darzustellen. Anschließend werden anhand des Vergleichs zwischen übereinstimmenden und divergierenden Merkmalen diejenigen herausgestellt, welche zu einer adäquaten Unterscheidung dienlich sind. Das Ergebnis dieser Untersuchung wird die Frage beantworten, ob eine eindeutige Unterscheidung möglich ist oder nicht, oder ob sie nur mit gewissen Einschränkungen zu leisten ist.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Das Präpositionalobjekt
3. Die adverbiale Bestimmung
4. Zur Unterscheidung von präpositionalem Objekt und adverbialer Bestimmung
4.1. Zusammenfassung und F azit
Quellen
1. Einleitung
Die traditionelle Satzgliedanalyse, bereits in der Grundschule erlernt, erscheint auf den ersten Blick eindeutig und keine weiteren Probleme oder Fragen offen zu lassen. Das Subjekt ist Gegenstand der Satzaussage, das worüber gesprochen wird und mit wer oder was erfragbar. Das Prädikat wird durch ein Verb oder ein Verbkomplex realisiert und drückt die auf das Subjekt bezogene Handlung, einen Vorgang oder Zustand aus. Das Objekt ist Zielpunkt des verbalen Geschehens; ein Genitivobjekt ist mit wessen erfragbar, das Dativobjekt mit der Frage wem, das Akkusativobjekt mit wen oder was und das Präpositionalobjekt schließlich mit der Präposition + Fragepronomen. Adverbiale Bestimmungen drücken die näheren Umstände des Satzgeschehens aus und werden nach ihrer Semantik eingeteilt in Lokal-, Temporal-, Modal- und Kausalbestimmungen. Zu allen Satzgliedern außer dem Prädikat können außerdem Attribute als sogenannte Satzgliedteile hinzutreten. Attribute treten in der Regel zu einem Substantiv oder Adjektiv hinzu und beschreiben dieses näher. Soweit zu den traditionellen und gebräuchlichsten Termini der traditionellen Satzgliedanalyse.
Die folgenden Ausführungen beschäftigen sich mit der Frage, ob die Zuordnung und Benennung einzelner Satzglieder tatsächlich immer so eindeutig ist. Wie sich herausstellen wird, kann es besonders bei der Unterscheidung zwischen Präpositionalobjekt und adverbialer Bestimmung zu Schwierigkeiten kommen. Wie lässt sich zum Beispiel in dem Satz Die Reisenden fragten am Informationsstand nach dem Weg feststellen, dass es sich bei der Präpositionalphrase am Informationsstand um eine Lokalbestimmung und bei nach dem Weg um ein Präpositionalobjekt handelt? Diese Frage soll hier beantwortet werden. Zunächst werden dazu beide Satzgliedarten, also Präpositionalobjekt und adverbiale Bestimmung, getrennt voneinander erläutert mit dem Ziel die jeweiligen prototypischen Eigenschaften und Merkmale in syntaktischer, semantischer und formaler Hinsicht darzustellen. Anschließend werden anhand des Vergleichs zwischen übereinstimmenden und divergierenden Merkmalen diejenigen herausgestellt, welche zu einer adäquaten Unterscheidung dienlich sind. Das Ergebnis dieser Untersuchung wird die Frage beantworten, ob eine eindeutige Unterscheidung möglich ist oder nicht, oder ob sie nur mit gewissen Einschränkungen zu leisten ist.
2. Das Präpositionalobjekt
Die Bezeichnung ,Objekt’ stammt vom lateinischen ,obiectum’ und bedeutet , entgegengesetzt’. In der Grammatik ist das Objekt dem Subjekt gegenübergestellt; es ist Zielpunkt des verbalen Geschehens. Dem Subjekt wird prototypisch die Rolle des Agens zugeschrieben, dem Objekt bei direkten Objekten die des Patiens bzw. die des Rezipienten bei indirekten Objekten. Das direkte Objekt ist das vom Verbgeschehen direkt betroffene Objekt, das indirekte Objekt ist nur mittelbar getroffen. Zur Unterscheidung beider Objekttypen sind einige Kriterien und prototypische Merkmale vorhanden, die auch gleichzeitig Probleme der Klassifikation aufwerfen. Diese sind hier aber nicht weiter von Bedeutung1.
Im Kasus werden Objekte entweder durch das Prädikat (Verb oder Prädikativum) oder durch Zuhilfenahme einer Präposition regiert. Im ersteren Fall spricht man von einem Genitiv-, Dativ- oder Akkusativobjekt, im letzteren von einem Präpositionalobjekt. Die Präposition gibt den Kasus vor, die zu verwendende Präposition wiederum wird durch das Verb bzw. Prädikat vorgegeben.
Mithilfe der Phrasenstrukturgrammatik, wie sie beispielsweise im Duden Anwendung findet, lässt sich eine Präpositionalphrase aus einer Präposition und einer eingebetteten Phrase, zumeist einer Nominalphrase, bestehend beschreiben.2 Alternativ kann ein
Präpositionalobjekt neben Substantiven (1+3) auch durch Pronomina (2), Pronominaladverbien (4) und durch Nebensätze (5) sowie durch Infinitivkonstruktionen mit Pronominaladverb als Korrelat (6) realisiert werden.3
(1) Die Polizei ging gegen die Demonstranten vor.
(2) Die Polizei ging gegen sie vor.
(3) Sie beschäftigt sich mit Forschungsarbeiten.
(4) Sie beschäftigte sich damit.
(5) Ich warte darauf, dass du endlich kommst.
(6) Hast du daran gedacht, Katzenfutter zu besorgen?[4]
Da die Präposition vom Verb direkt abhängig ist, ist sie nicht bzw. nur in wenigen Fällen durch eine andere Präposition austauschbar.
Anna kümmert sich um die Einladungen.
Der Wetterdienst warnt vor dichtem Nebel.
Der Lehrer berichtet über seine Reise / von seiner Reise.[5] Die Beispiele zeigen, dass die Präposition in der Regel (aus semantischen Gründen) nicht durch eine andere ersetzt werden kann. In den wenigen Fällen, wo dies möglich ist, wie im dritten Beispiel, gibt es zumeist nicht beliebig viele, sondern nur eine Alternative. Diese Alternative führt zu keinem signifikanten Bedeutungsunterschied.
Durch die feste Verbundenheit von Verb und zugehöriger Präposition resultiert auch der Verlust der ursprünglichen präpositionalen Semantik. Die Präposition auf beispielsweise bezeichnet im Allgemeinen eine Orts- oder Richtungsangabe. In Konstruktionen wie warten auf, wie in Ich warte auf den Brief jedoch, ist diese Bedeutung nicht mehr vorhanden. „Ihr [gemeint ist die Präposition; Anm. d. Verf. ] semantischer Gehalt ist meist gering, teilweise sogar ganz vernachlässigbar.“6
[...]
1 Siehe zur Unterscheidung von direktem und indirektem Objekt: Dürscheid (2012): Syntax. Grundlagen und Theorien. S. 36-38; Hentschel/Weydt (2003): Handbuch der deutschen Grammatik. S. 363/364.
2 Vgl. Duden (2005): Band 4. Die Grammatik. S. 848.
3 Vgl. Hentschel/Weydt: S. 373.
4 Beispiele entnommen aus Hentschel/Weydt: S. 373.
5 Beispiele entnommen aus Duden: S. 851; vgl. auch Hentschel/Weydt: S. 374.
6 Duden: S. 851; vgl. zu dem genannten Beispiel wieder Hentschel/Weydt: S. 374.